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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 07.07.2006
Aktenzeichen: 1 L 510/05
Rechtsgebiete: VwVfG, BBG, BhV


Vorschriften:

VwVfG § 48 I
VwVfG § 48 II
VwVfG § 48 IV 1
BBG § 79
BhV § 6 I Anl. 2 Nr. 4
1. Nach Nr. 4 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV sind Aufwendungen für mehr als vier Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen.

2. "Grob fahrlässig" im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG bedeutet, dass der Betreffende die Rechtswidrigkeit eines Bescheides deswegen nicht kannte, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Bei der Frage, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, kommt es auf die individuellen Gegebenheiten, insbesondere auch auf die persönlichen Umstände und Fähigkeiten des Betroffenen an.

3. Dem Beamten ist auf Grund seiner Treuepflicht zuzumuten, die ihm ausgehändigten Unterlagen auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Bei Unklarheiten und Zweifeln ist er gehalten, sich durch Rückfragen Gewissheit darüber zu verschaffen, ob ein ihm günstiger Bescheid zu Recht ergangen ist.

4. § 48 Abs. 4 VwVfG erfasst nicht nur die Fälle, in denen die Rücknehmbarkeit eines begünstigenden Verwaltungsaktes darauf beruht, dass der Behörde bei Erlass dieses Verwaltungsakts nicht alle entscheidungserheblichen Tatsachen bekannt waren. Die Norm regelt vielmehr auch die Fälle, in denen die Behörde bei voller Kenntnis des entscheidungserheblichen Sachverhalts unrichtig entschieden hat, und findet somit auch Anwendung, wenn die Behörde nachträglich erkennt, dass sie den beim Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts vollständig bekannten Sachverhalt unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt hat.

5. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG beginnt erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes erkannt hat und ihr die für die Rücknahme außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG verlangt, dass der Behörde sämtliche für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Die Frist zur Entscheidung über die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die Behörde Kenntnis von Tatsachen erhält, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen. Hierzu gehört zunächst die Kenntnis davon, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, und damit die Kenntnis derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts ihrerseits ergibt.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 1 L 510/05

Datum: 07.07.2006

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung eines Bescheides, mit dem ihm im Wege der Beihilfe Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen (Implantate) bewilligt worden waren.

Der Kläger ist Bundesbeamter des gehobenen Dienstes. Mit Antrag vom 5. Dezember 2002 beantragte er unter Beifügung einer ärztlichen Abrechnung vom 15. November 2002 Beihilfe für zahnärztliche Leistungen. Ausweislich der ärztlichen Liquidation wurden bei dem Kläger insgesamt sechs Implantate in den Unterkiefer eingebracht (Zähne 34/35/36 und 44/45/46). Der Rechnungsbetrag belief sich auf insgesamt 2.544,94 €.

Unter dem 12. Dezember 2002 erließ die seinerzeitige Bundesanstalt für Arbeit (Zentralamt) einen Beihilfebescheid, mit dem dem Kläger insgesamt Beihilfe in Höhe von 4.172,01 € gewährt wurde. Dem Bescheid lagen insgesamt fünf Rechnungen (Belege) zugrunde. Unter der laufenden Beleg-Nr. 4 war die zahnärztliche Rechnung vom 1

5. November 2002 mit dem Rechnungsbetrag von 2.544,94 € aufgeführt. Unter der Rubrik "beihilfefähig" wurde der Betrag ungekürzt und bei einem Bemessungssatz von 50 v. H. die Beihilfe mit 1.272,47 € beziffert. Der Bescheid enthielt unmittelbar nach der Berechnung zum Beihilfeantrag "Beleghinweise", und zwar ausdrücklich zum Beleg Nr. 4. Insoweit wurde ausgeführt, dass Aufwendungen für implantologische Leistungen nur unter den dort im Einzelnen genannten Indikationen beihilfefähig seien. Weiter heißt es dort:

"Aufwendungen für mehr als zwei Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, sind nur bei Einzelzahnlücken oder mit besonderer Begründung zur Fixierung von Totalprothesen beihilfefähig; Aufwendungen für mehr als vier Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, sind von der Beihilfe ausgeschlossen (Nr. 4 der Anlage 2 - zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV -).

Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, ob die beihilferechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Aufwendungen erfüllt sind. Es wird empfohlen, hierfür den Nachweis unter Darlegung der medizinischen Gründe zu führen und die Aufwendungen ggf. erneut geltend zu machen. Außerdem bitte ich vom Zahnarzt bescheinigen zu lassen, ob und ggf. wie viele Implantate je Kiefer bereits vorhanden sind.

Die Vorlage eines Zahnschemas/Befundplan vor Beginn der Behandlung wäre sehr hilfreich."

Der festgesetzte Beihilfebetrag wurde sodann an den Kläger ausgezahlt.

Auf einen weiteren Beihilfeantrag vom 13. November 2003, der ebenfalls zahnärztliche Leistungen zum Gegenstand hatte, wurde der Bundesanstalt für Arbeit (Zentralamt) mit Erklärung vom 8. Januar 2004 seitens des den Kläger behandelnden Zahnarztes eine Erläuterung der Implantatversorgung unter Bezugnahme auf seine Liquidation vom 21. Oktober 2003 vorgelegt. Auf diesen Beihilfeantrag hin erließ die Beklagte unter dem 2. Februar 2004 einen - nicht streitbefangenen - Beihilfebescheid.

Am 7. Oktober 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage eines Kostenvorschlages vom 13. September 2004 für eine zahnärztliche Behandlung, der weitere implantologische Leistungen vorsah, die Prüfung/Entscheidung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2004 wurde die beabsichtigte zahnärztliche Behandlung durch den den Kläger behandelnden Zahnarzt erläutert.

Daraufhin setzte die Beklagte Bezug nehmend auf den Beihilfeantrag des Klägers vom 5. Dezember 2002 mit Bescheid vom 27. Dezember 2004 ("Nachberechnung") die Beihilfe auf insgesamt 3.440,67 € fest und verwies darauf, dass der Beihilfebescheid vom 12. Dezember 2002 "entsprechend geändert" werde. Zur Begründung führte die Beklagte unter anderem aus, bei einer Überprüfung sei festgestellt worden, dass die Bearbeitung des Beihilfeantrages vom 5. Dezember 2002 (Beihilfebescheid vom 12.12. 2002) fehlerhaft gewesen sei, da nach den Beihilfevorschriften nur bis zu zwei Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, berücksichtigungsfähig gewesen seien. Da die besonderen Ausnahmetatbestände für mehr Implantate nicht vorlägen, gleichwohl Aufwendungen für insgesamt sechs Implantate berücksichtigt worden seien, hätten lediglich zwei Implantate berücksichtigt werden dürfen. Der Festsetzungsbescheid vom 12. Dezember 2002 sei daher rechtswidrig, soweit dem Kläger Beihilfe für Aufwendungen hinsichtlich der nicht beihilfefähigen Implantate gewährt worden sei. Die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsaktes sei gemäß § 48 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG zulässig, weil zu unterstellen sei, dass er - der Kläger - die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes bei sorgfältiger Überlegung hätte erkennen müssen oder dies nicht erkannt habe, weil einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt worden seien (grobe Fahrlässigkeit). Im Beihilfebescheid sei zum Beleg Nr. 4 ein Beleghinweis vorhanden, der die Beihilfefähigkeit erläutere und darauf hinweise, dass im vorliegenden Fall nicht erkennbar sei, ob diese Voraussetzungen erfüllt seien. Mit dem Beihilfebescheid vom 2. Februar 2004 sei auf den klägerischen Antrag vom 13. November 2003 und aufgrund der vorgelegten zahnärztlichen Bescheinigung vom 8. Januar 2004 eine Beihilfe zu zwei Implantaten bewilligt worden. Insoweit könnten mit der Neufestsetzung der Beihilfe zum Beihilfebescheid vom 12. Dezember 2002 die Aufwendungen für zwei gesetzte Implantate beihilferechtlich berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die sich unter Abwägung des Sachverhalts ergebende verschärfte Haftung könne sich der Kläger auch nicht auf Vertrauensschutz bzw. den Wegfall der Bereicherung berufen. In Anbetracht des Sachverhalts gebe es auch keinen Raum für eine Billigkeitsentscheidung, ganz oder teilweise auf die Rückzahlung der zu viel gewährten Beihilfen zu verzichten.

Hiergegen legte der Kläger am 10. Januar 2005 bei der Beklagten Widerspruch ein, zu dessen Begründung er im Wesentlichen geltend machte: Er habe die weiteren Mittel verbraucht. Im Übrigen habe er weder die Rechtswidrigkeit des zurückgenommen Bescheides gekannt noch habe er diese erkennen müssen. Gerade aufgrund des Beleghinweises sei er in seinem Vertrauen geschützt. Dieser korrespondiere nämlich mit dem Verhalten der Beklagten überhaupt nicht, und zwar derart, dass für ihn kein Grund bestanden habe, an der Rechtmäßigkeit der Bewilligung zu zweifeln. Schließlich habe er gerade eine Bewilligung erhalten. Wäre diese derart offensichtlich rechtswidrig, wie die Beklagte meine, sei nicht nachvollziehbar, warum eine derartige Leistung überhaupt bewilligt worden sei. Nicht er, sondern die Beklagte habe diesen angeblichen Fehler merken müssen und hätte die Beihilfe nicht bewilligen wie auszahlen dürfen. Indem sie dies dennoch und unbedingt getan habe, habe sie ihm unmissverständlich zu verstehen gegeben, es sei alles in Ordnung. Keineswegs habe er aus den Hinweisen und dem Verhalten der Beklagten ableiten können, dass die Bewilligung nicht rechtens gewesen sei. Darüber hinaus scheitere die Rücknahme des Bescheides vom 12. Dezember 2002 auch an der in § 48 Abs. 4 VwVfG geregelten Jahresfrist, da die Leistung bereits seinerzeit nicht hätte bewilligt werden dürfen. Der Beklagten hätte sich bereits im Jahre 2002 aufdrängen müssen, dass eine insoweitige Bewilligung ausscheide.

Mit - dem Kläger am 6. Juni 2005 zugestellten - Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt: Der Bewilligungsbescheid vom 12. Dezember 2002 sei in dem bereits bezeichneten Maße rechtswidrig und habe daher gemäß § 48 Abs. 1 VwVfG zurückgenommen werden dürfen. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, denn aufgrund des Beleghinweises hätte er nicht ohne nähere Prüfung davon ausgehen dürfen, dass die Gewährung einer Beihilfe zu diesen Aufwendungen rechtens gewesen sei. Selbst wenn er davon ausgegangen sei, dass ihm die Beihilfe dem Grunde nach zustände, hätte er erkennen müssen, dass die Anzahl der beihilfefähigen Implantate überschritten worden und die Beihilfe in jedem Fall fehlerhaft gewesen sei. Nach Würdigung des Sachverhaltes sei die Beihilfe zu vier beihilferechtlich nicht berücksichtigungsfähigen Implantaten in Höhe von 731,34 € zurückzufordern. Der Kläger könne sich im Hinblick auf § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG nicht auf den Wegfall der Bereichung berufen. Des Weiteren sei die teilweise Rücknahme des Bewilligungsbescheides nicht nach der Jahresfrist gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ausgeschlossen, denn im vorliegenden Sachverhalt sei erst anlässlich einer Überprüfung im Dezember 2004 Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der mit Bescheid vom 12. Dezember 2002 erfolgten Beihilfefestsetzung erlangt worden. Im vorliegenden Fall sei das Ermessen pflichtgemäß ausgeübt worden. Insoweit ergebe sich kein Raum für eine Billigkeitsentscheidung, ganz oder teilweise auf die Rückzahlung der Beihilfe zu verzichten.

Mit am 6. Juli 2005 bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er geltend machte: Die Voraussetzungen für die Bewilligung und die Rückforderung des Betrages in Höhe von 731,34 € lägen nicht vor. Er sei in seinem Vertrauen geschützt, und zwar gerade aufgrund der Beleghinweise. Er habe die Rechtswidrigkeit weder gekannt noch sei ihm grob fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen. Im Gegenteil könne und müsse er davon ausgehen, dass die ursprüngliche Bewilligung rechtmäßig gewesen sei. Die Hinweise korrespondierten nämlich mit dem Verhalten des Beklagten nicht, und zwar derart, dass für ihn überhaupt kein Grund bestanden habe, an der Rechtmäßigkeit der Bewilligung zu zweifeln. Er sei zwar Beamter und als solcher grundsätzlich beihilfeberechtigt; wann jedoch was auf einer komplizierten Zahnarztrechnung beihilfefähig sei, entziehe sich seiner Kenntnis. Außerdem habe er eine unbedingte Bewilligung erhalten. Wäre die Bewilligung für Außenstehende derart offensichtlich rechtswidrig gewesen, wie die Beklagte meine, sei unverständlich, warum eine derartige Leistung überhaupt bewilligt worden sei. Nicht er, sondern die Beklagte habe eine angeblich nicht gegebene Beihilfefähigkeit bemerken müssen und hätte weder die Leistungen bewilligen noch auszahlen dürfen. Indem sie dies dennoch und unbedingt getan habe, habe sie ihm unmissverständlich zu verstehen gegeben, es sei alles in Ordnung. Insoweit handele es sich bei den Beleghinweisen ersichtlich allenfalls um generelle Hinweise ohne weitere Bedeutung für ihn. Die Beklagte verkenne, dass eine behördliche Entscheidung über die Beihilfe voraussetze, dass die Behörde die eingereichten Unterlagen prüfe und dann über den Antrag entscheide. Soweit eine Behörde der Auffassung sei, dass die eingereichten Unterlagen nicht ausreichten, dürfe sie die Beihilfe nicht festsetzen. Unter Vorbehalt sei der hier maßgebliche Bescheid nicht erlassen worden. In den vollkommen missverständlichen und allgemeinen Hinweisen in dem aufgehobenen Bescheid könnten keine höheren Hürden für das geschützte Vertrauen ersehen werden. Darüber hinaus scheitere die Rücknahme des Bescheides vom 12. Dezember 2002 an der Vorschrift des § 48 Abs. 4 VwVfG, denn die Beklagte habe nicht innerhalb der darin bestimmten Jahresfrist einen entsprechenden Bescheid erlassen. Nach ihrem eigenen Vortrag hätte die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt nicht bewilligen dürfen und habe sich dies ihr bereits im Jahre 2002 aufdrängen müssen. Keineswegs dürfe sie über zwei Jahre abwarten, bis sie eine Entscheidung über die Rücknahme treffe, zumal alle Erkenntnisse, auf die sich die Beklagte stütze, bereits von Anfang an in ihrer Sphäre gelegen hätten. Sie könne sich auch nicht auf Unkenntnis berufen, weil sie es unterlassen habe, eine rechtzeitige Prüfung vorzunehmen und sich ihr darüber hinaus eine Rücknahme gerade habe aufdrängen müssen. Im Übrigen werde bestritten, dass im Hinblick auf die von der Beklagten behauptete Überprüfung innerhalb eines Jahres die Rücknahmeentscheidung getroffen worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2005 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zur Begründung ausgeführt: Der hier teilweise zurückgenommene Bescheid vom 12. Dezember 2002 habe in dem bezeichneten Umfange gemäß § 48 VwVfG zurückgenommen werden dürfen. Der Rücknahme des Bescheides vom 12. Dezember 2002 stehe wegen der Regelung in § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG kein Vertrauensschutz des Klägers entgegen. Dieser habe nur aufgrund grober Fahrlässigkeit die Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht gekannt. Der Beleghinweis habe unter anderem den Hinweis enthalten, dass im vorliegenden Fall nicht erkennbar sei, ob die beihilferechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Aufwendungen der zahnärztlichen Behandlung erfüllt seien. Ferner sei empfohlen worden, den Nachweis der medizinischen Erforderlichkeit zu führen und die Aufwendung ggf. erneut geltend zu machen. Außerdem sei der Kläger gebeten worden, vom Zahnarzt bescheinigen zu lassen, ob und wie viele Implantate je Kiefer bereits vorhanden seien. Aufgrund dieser konkreten Hinweise habe sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass der Beihilfebescheid abgeändert oder gar zurückgenommen werden würde, wenn die beihilferechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung seiner Aufwendungen nicht von ihm nachgewiesen würden. Der Kläger hätte unter den gegebenen Umständen bei ihr - der Beklagten - zurückfragen müssen, ob er die gewährte Beihilfe auch behalten könne, falls er die von ihr genannten Unterlagen und Nachweise nicht beibringe. Aufgrund seiner persönlichen Vorbildung und Fähigkeiten als Verwaltungsbeamter im gehobenen Dienst und als solcher einschlägig vorgebildet, hätte ihm eine solche Notwendigkeit bei auch nur geringster Aufmerksamkeit bewusst sein müssen. Da er nicht mit der ihm obliegenden und von ihm zu erwartenden Sorgfalt gehandelt habe, habe er die Rechtswidrigkeit des Bescheides - wenn überhaupt - nur aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht erkannt. Eine Überschreitung der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG liege nicht vor, da nicht nur die Kenntnis über die Tatsachen, die den Verwaltungsakt rechtswidrig sein ließen, sondern auch die Kenntnis über die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsaktes als solche erforderlich sei. Die Erkenntnis über die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 12. Dezember 2002 habe sie jedoch erst anlässlich einer Überprüfung im Dezember 2004 gewonnen. Zur Überprüfung habe ein neuer Antrag des Klägers vom 5. Oktober 2004 geführt, mit welchem dieser um Prüfung der Beihilfefähigkeit weitere Zahnimplantate gebeten habe. Aufgrund dessen sei der Kläger mit Schreiben vom 8. Oktober 2004 gebeten worden, ein vom Zahnarzt ausgefülltes Formblatt vorzulegen, aus dem die bisherigen Implantate hervorgingen. Nachdem der Kläger dieses am 12. Dezember 2004 von seinem Zahnarzt ausgefüllte Formblatt vorgelegt habe, sei zu überprüfen gewesen, für welche und für wie viele Implantate der Kläger bereits Beihilfen erhalten habe. Dabei sei die zuständige Sachbearbeiterin auf den Bescheid vom 12. Dezember 2002 gestoßen, mit welchem dem Kläger bereits Beihilfe für sechs Implantate gewährt worden sei, ohne dass die beihilferechtlichen Voraussetzungen vorgelegen hätten. Kurzfristig, nämlich mit Bescheid vom 27. Dezember 2004, sei dann die Beihilfe neu festgesetzt und zu viel geleistete Beihilfe in Höhe von 731.34 € zurückgefordert worden. Die Rückforderung der gewährten Beihilfe verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben, denn der Hinweis in dem zurückgenommen Bescheid sei eindeutig. Ebenso wenig sei die Rücknahme unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung unzulässig, da es hier schon an dem insoweit relevanten längeren Zeitraum fehle.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 15. Dezember 2005 den Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2005 aufgehoben.

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Der Beklagten stehe kein Recht zu, den streitbefangenen, zu viel geleisteten Beihilfebetrag in Höhe von 731,34 € zurückzufordern, denn der Kläger habe auf den Bestand des Beihilfebescheides vom 12. Dezember 2002 vertrauen dürfen. Die Rücknahmevoraussetzungen nach § 48 Abs. 2 Satz Nr. 3 VwVfG lägen nicht vor, denn der Kläger habe die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes weder gekannt noch infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Aufgrund des im Bescheid aufgenommenen Hinweises zu Beleg Nr. 4 habe der Kläger nicht von der Rechtswidrigkeit der festgesetzten Beihilfezahlung ausgehen können, denn dieser sei allgemein gehalten und gebe Grundlagen der Beihilfefähigkeit wieder. Der weitergehende Hinweis sei nicht geeignet, dem Kläger die Rechtswidrigkeit der Festsetzung vor Augen zu führen. Die Offensichtlichkeit einer fehlerhaften Beihilfefestsetzung liege gerade nicht vor, insbesondere kein bloßer offensichtlicher Additionsfehler. Denn die im Bescheid vorgenommene Kombination zwischen tatsächlicher Festsetzung der Leistung und tatsächlicher Auskehr des Betrages mit einem gleichzeitigen Hinweis über die Nichterkennbarkeit der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen verstoße gegen das behördliche Prüfverfahren. Gerade dadurch solle geklärt werden, ob die vom Beihilfeberechtigten mit seinem Antrag geltend gemachten Aufwendungen beihilfefähig und vom Beihilfeträger zu erstatten seien. Es sei gerade für den Beihilfeberechtigten schier unmöglich, die tatsächliche Erstattungsfähigkeit der entstandenen Kosten einzuschätzen. Dies sei schließlich Aufgabe der Beihilfestelle; der Beihilfeberechtigte dürfe generell auf die Richtigkeit der Festsetzung vertrauen. Soweit die Prüfbehörde aufgrund der eingereichten Unterlagen nicht in der Lage sei, die Prüfung vorzunehmen, müsse sie vom Antragsteller weitere Nachweise zur Prüffähigkeit anfordern und die Erstattung entsprechend ablehnen. Dies habe die Beklagte im vorliegenden Verfahren indes unterlassen, sondern im Gegenteil die Beihilfeberechtigung ausgesprochen und die Zahlung angewiesen. Dies sei auch nicht unter Vorbehalt erfolgt. Demnach liege hier eindeutig ein Versäumnis bei der damaligen Berechnung der Beihilfe seitens der Beklagten vor, was nicht zu Lasten des Klägers gehen könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die mit Beschluss des Senates vom 30. März 2006 zugelassene Berufung der Beklagten.

Sie trägt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen vor: Der Bewilligungsbescheid vom 12. Dezember 2002 habe im Umfange von 731,34 € gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 Nr. 3 VwVfG zurückgenommen werden dürfen. Dabei könne sich der Kläger nicht auf Vertrauen berufen, da er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Der deutliche Hinweis zum Beleg Nr. 4 im Beihilfebescheid vom 12. Dezember 2002 in Verbindung mit der Empfehlung der Nachweisführung und der Bitte, sich vom Zahnarzt das Vorhandensein etwaiger Implantate bescheinigen zu lassen, habe für den Kläger erkennbar nur den Sinn haben können, ihn darauf hinzuweisen, dass die Beihilfe endgültig nur unter diesem Vorbehalt gewährt werde. Anderenfalls machten die Hinweise keinen Sinn. Diese Hinweise seien auch nicht bloß allgemein gehalten. Jedenfalls ihr Hinweis, dass Aufwendungen für mehr als vier Implantate pro Kiefer nicht beihilfefähig seien, hätte dem Kläger wegen der ihm als Beamten obliegenden Prüfpflicht Anlass geben müssen, die gleichwohl von ihr vollumfänglich berücksichtigten und hälftig erstatteten Aufwendungen für sechs Implantate zu hinterfragen. Auch ohne weitere Kenntnisse hätte sich dem Kläger hiernach aufdrängen müssen, dass die vollumfängliche Berücksichtigung und hiernach bemessene 50%ige Erstattung nicht rechtmäßig sein könne. Er hätte unter den gegebenen Umständen die von ihr erbetenen Unterlagen vorlegen oder zumindest bei ihr zurückfragen müssen, ob er die gewährte Beihilfe auch dann behalten könne, wenn er die genannten Unterlagen und Nachweise nicht beibringe. Aufgrund seiner persönlichen Vorbildung und Fähigkeiten als Verwaltungsbeamter im gehobenen Dienst und insoweit einschlägig vorgebildet hätte ihm eine solche Notwendigkeit bei auch nur geringster Aufmerksamkeit bewusst sein müssen. Aufgrund seiner Treuepflicht sei es ihm auch zuzumuten, den ihm ausgehändigten Beihilfebescheid auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen. Da der Kläger nicht mit der ihm obliegenden und von ihm zu erwartenden Sorgfalt gehandelt, die einfachsten und ganz nahe liegenden Überlegungen im Sinne der Hinweise im Bescheid nicht angestellt und deshalb die erbetenen Unterlagen und Nachweise nicht vorgelegt bzw. nicht zurückgefragt habe, habe er die Rechtswidrigkeit des Bescheides - wenn überhaupt - nur aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht erkannt. Ein grob fahrlässiges Verhalten sei auch nicht aufgrund Verstoßes gegen das behördliche Prüfverfahren ausgeschlossen, denn es komme für das Vorliegen grober Fahrlässigkeit nicht auf objektive Erfordernisse des Rechtsverkehrs, sondern vielmehr auf individuelle Gegebenheiten, insbesondere persönliche Umstände und Fähigkeiten des Betroffenen an. Für den Kläger habe jedenfalls offensichtlich sein müssen, dass der Beihilfebescheid fehlerhaft gewesen sein könne. Der Bescheid vom 27. Dezember 2004 sei auch deshalb rechtmäßig, weil eine Abwägung gemäß § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ergeben habe, dass ein eventuelles Vertrauen des Klägers gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme des Leistungsbescheides nicht schutzwidrig sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteiles des Verwaltungsgerichtes C-Stadt - 5. Kammer - vom 15. Dezember 2005 die Klage in vollem Umfange abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er aus: Die Bescheide seien rechtswidrig und verletzten ihn in seinen Rechten. Er sei in seinem Vertrauen auf den Bestand des Beihilfebescheides geschützt. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG lägen nicht vor, denn er habe die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes weder gekannt, noch sei ihm diesbezüglich grob fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen. Insbesondere habe er nicht aufgrund des Hinweises betreffend den Beleg Nr. 4 von der Rechtswidrigkeit der festgesetzten Beihilfezahlung ausgehen müssen. Der Hinweis sei allgemein und zusammenhanglos gehalten. Soweit darin formuliert werde, dass nicht erkennbar sei, ob die beihilferechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien und empfohlen werde, hierfür den Nachweis unter Darlegung der medizinischen Gründe zu führen, sei dieser Hinweis nicht dazu geeignet, ihm die Rechtswidrigkeit vor Augen zu führen. Hier liege ein offensichtlicher, einem bloßen Additionsfehler vergleichbarer Mangel im rechtlichen Grunde nicht vor. Auch der Hinweis darauf, dass er Verwaltungsbeamter im gehobenen Dienst sei, gehe "aufgrund der Spezialmaterie Beihilferecht glatt an der Sache vorbei". Die in dem Bescheid vorgenommene Kombination zwischen tatsächlicher Festsetzung der Leistung und tatsächlicher Auskehrung des Betrages mit einem gleichzeitigen Hinweis über die Nichterkennbarkeit der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen verstoße gegen das behördliche Prüfverfahren. Gerade dadurch solle geklärt werden, ob die vom Beihilfeberechtigten mit seinem Antrag geltend gemachten Aufwendungen beihilfefähig seien. Für Beihilfeberechtigte sei es schlicht unmöglich, die tatsächliche Erstattungsfähigkeit einzuschätzen. Dafür sei die Beihilfestelle da. Auf die Festsetzungen der Beihilfestelle könne der Beihilfeberechtigte vertrauen. Ihrer Prüfpflicht sei diese offensichtlich nicht nachgekommen, sondern habe vielmehr ohne jeglichen Vorbehalt, der auch nicht in dem Hinweis zum Beleg Nr. 4 zu sehen sei, die Kosten festgesetzt und die Zahlung vorgenommen. Für irgendwelche Rückfragen habe für ihn überhaupt keine Veranlassung bestanden. Auch treffe ihn als Beamten keine besondere Prüfpflicht. Hier gehe es vielmehr um abstrakte und allgemeine Hinweise, die zusammenhanglos irgendwo auf dem Bescheid aufgetaucht seien, und um die Frage der Beihilfefähigkeit komplizierter Zahnarztrechnungen. Darüber hinaus korrespondierten die Hinweise überhaupt nicht mit dem Verhalten der Beklagten, so dass auch aus diesem Grund keine Veranlassung bestanden habe, die Bewilligung zu hinterfragen. Mit der Bewilligung habe diese vielmehr unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Bewilligung in Ordnung sei. Insoweit müsse das Interesse an einer sparsamen Verwaltung öffentlicher Mittel hinter dem Vertrauensschutz zurückstehen. Überdies habe er die Mittel verbraucht.

Das Urteil des Verwaltungsgerichtes sei jedenfalls im Ergebnis auch deswegen zutreffend, weil die Rücknahme des Bescheides vom 12. Dezember 2002 an der Vorschrift des § 48 Abs. 4 VwVfG scheitere. Nach ihrem eigenen Vorbringen hätte die Beklagte zum Zeitpunkt der Bewilligung die Beihilfe nicht gewähren dürfen. Wenn dem so sei, sei der Beklagten dies bereits im Jahre 2002 bekannt gewesen. Insbesondere habe sie in dem Bescheid selbst darauf verwiesen, dass nicht erkennbar sei, ob die beihilferechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Aufwendungen erfüllt seien. Keineswegs habe die Beklagte über zwei Jahre abwarten dürfen, bis sie eine Entscheidung über die Rücknahme treffe, zumal alle Erkenntnisse, auf die sie sich stütze, bereits von Anfang an in ihrer Sphäre gelegen hätten. Sie könne sich insoweit nicht auf Unkenntnis berufen, weil sie es unterlassen habe, eine rechtzeitige Prüfung, die sich ihr von Anfang an aufgedrängt haben müsste, vorzunehmen. Es gehe vorliegend nicht bloß um den Fall, dass die Behörde nachträglich erkenne, dass sie den ihr bei Erlass des Verwaltungsaktes vollständig bekannten Sachverhalt unrichtig gewürdigt und deshalb rechtswidrig entschieden habe. Vielmehr habe die Beklagte aufgrund ihrer eigenen Ausführungen den Vorgang von Anfang an dauernd im Blick haben müssen, da sich eine Rücknahme aufgedrängt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, insbesondere die gewechselten Schriftsätze der Parteien, sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte A) verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung der Beklagten gemäß § 130a Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für begründet und - wie sich aus den nachfolgenden Gründen ergibt - die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes C-Stadt - 5. Kammer - vom 15. Dezember 2005 ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2005 zu Unrecht aufgehoben.

Der Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2004 und ihr Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger mithin nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Bescheid vom 27. Dezember 2004 findet seine Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 VwVfG. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Im gegebenen Fall war der Beihilfebewilligungsbescheid der damaligen Bundesanstalt für Arbeit vom 12. Dezember 2002 zumindest im Umfange seiner Rücknahme über 731,34 € rechtswidrig.

Nach den aufgrund § 79 BBG erlassenen, ab dem 1. Januar 2002 geltenden und hier maßgeblichen Beihilfevorschriften (GMBl. 2001, 918) - künftig: BhV - werden Bundesbeamten (§§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 1 Nr. 1 BhV) u. a. in Krankheitsfällen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BhV) Beihilfen gewährt, auf die gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BhV ein Rechtsanspruch besteht. Nach dem für die im Zusammenhang mit den implantologischen Leistungen entstandenen Aufwendungen des Klägers vorliegend als Grundlage für die Beihilfegewährung allein in Betracht kommenden § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 BhV sind aus Anlass einer Krankheit zwar die Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen beihilfefähig. Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für zahnärztliche und kieferorthopädische Leistungen - wie hier - bestimmen sich gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 BhV indes nach Anlage 2. Nach Nr. 4 Satz 1 dieser Anlage 2 sind Aufwendungen für implantologische Leistungen einschließlich aller damit verbundenen weiteren zahnärztlichen Leistungen nur bei Vorliegen einer der folgenden Indikationen beihilfefähig:

Einzelzahnlücke, wenn beide benachbarten Zähne intakt und nicht überkronungsbedürftig sind, Freiendlücke, wenn mindestens die Zähne acht und sieben fehlen, Fixierung einer Totalprothese.

Nach Nr. 4 Satz 2 der Anlage 2 sind Aufwendungen für mehr als zwei Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, nur bei Einzelzahnlücken oder mit besonderer Begründung zur Fixierung von Totalprothesen beihilfefähig; Aufwendungen für mehr als vier Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, sind von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen.

Mit dem teilweise zurückgenommenen Bewilligungsbescheid vom 12. Dezember 2002 hat die seinerzeitige Bundesanstalt für Arbeit dem Kläger indes eine Beihilfe für insgesamt sechs Implantate gewährt. Dies ergibt sich nicht nur aus dem unzweideutigen Wortlaut des Bescheides, nach dem dem Kläger insgesamt eine Beihilfe in Höhe von 4.172,01 € "gewährt" wurde, sondern zugleich aus der zugehörigen Begründung des Bescheides, die sämtliche vom Kläger eingereichten Belege (Nr. 1 bis 5) mit den entsprechenden jeweiligen Aufwendungen ausweist, wonach die Beihilfe auf insgesamt 4.172,01 € "festgesetzt" und dieser Betrag als Auszahlungsbetrag ausgewiesen wurde. Beihilfefähig waren allerdings lediglich Aufwendungen für nur zwei der im Unterkiefer des Klägers insgesamt sechs gesetzten (Zähne 34/35/36 sowie 44/45/46) Implantate. Da bei dem Kläger seinerzeit weder eine Totalprothese fixiert wurde und es sich zugleich nicht um Endlücken im vorbezeichneten Sinne handelte, kommt als beihilfefähige Indikation nach Nr. 4 Satz 1 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV lediglich die darin bezeichnete Einzelzahnlücke in Betracht. Es kann vorliegend dahinstehen, ob im Hinblick auf die gesetzten Implantate betreffend die Zähne 34/35/36 sowie 44/45/46 und damit infolge des Fehlens von "benachbarten" (intakten und nicht überkronungsbedürftigen) Zähnen die Lücken im klägerischen Gebiss des Unterkiefers überhaupt noch als Einzelzahnlücken anzusehen sind, da die Beklagte im gegebenen Fall lediglich die Aufwendungen von vier der sechs gesetzten Implantate - insoweit jedenfalls zu Recht - als rechtswidrig angesehen und den Bewilligungsbescheid insoweit zurückgenommen hat. Denn nach Nr. 4 Satz 2 1. HS. der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV sind Aufwendungen für mehr als zwei Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, nur bei Einzelzahnlücken oder mit besonderer Begründung zur Fixierung von Totalprothesen beihilfefähig. Letzteres scheidet hier offenkundig aus; im Übrigen haben in dem Unterkiefer des Klägers keine Einzelzahnlücken (mehr) vorgelegen. Denn im Hinblick auf die von der Beklagten mit Bescheid vom 27. Dezember 2004 anerkannten Implantate in "regio 45 und 36" mangelte es schon im Sinne von Nr. 4 Satz 1 lit. a) der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV an (intakten und nicht überkronungsbedürftigen) benachbarten Zähnen.

War damit der den Kläger begünstigende Bewilligungsbescheid vom 12. Dezember 2002 im Umfange der Aufwendungserstattung für das Setzen weiterer vier Implantate in Höhe von 731,34 € rechtswidrig, konnte dieser gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG durch die Beklagte (vgl. § 48 Abs. 5 VwVfG) dem Grunde nach in diesem Umfange zurückgenommen werden.

Der Rücknahme stand auch nicht § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG entgegen. Danach darf ein Verwaltungsakt, der - wie im gegebenen Fall - ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil (begünstigender Verwaltungsakt) begründet oder bestätigt hat, nur unter den Einschränkungen von § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG zurückgenommen werden. Insofern darf gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der - wie hier - eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Darauf, dass der Kläger - wie er geltend macht - auf den Bestand des Bewilligungsbescheides vom 12. Dezember 2002 vertraut und insoweit insbesondere den Bewilligungsbetrag verbraucht hat, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Das - etwaige - klägerische Vertrauen auf den vollumfänglichen Bestand des Bewilligungsbescheides vom 12. Dezember 2002 ist vorliegend nämlich nicht schutzwürdig, denn gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. So liegt der Fall hier.

Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Kläger die - teilweise - Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 12. Dezember 2002 zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hat. "Grob fahrlässig" im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG bedeutet, dass der Betreffende die Rechtswidrigkeit eines Bescheides deswegen nicht kannte, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 2004 - Az.: 5 B 52.04 -, zitiert nach juris.web). Bei der Frage, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, kommt es auf die individuellen Gegebenheiten, insbesondere auch auf die persönlichen Umstände und Fähigkeiten des Betroffenen an (siehe: BVerwG, Urteil vom 12. März 1991 - Az.: 6 C 51.88 -, Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 23).

In Anlegung dieser Maßstäbe ist davon auszugehen, dass der Kläger, sofern ihm die partielle Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides nicht bereits bewusst gewesen ist, nach seinen persönlichen Umständen und Fähigkeiten die Kenntnis von der teilweisen Rechtswidrigkeit jedenfalls nur deshalb - grob fahrlässig - nicht hatte, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hatte. Dass der Bewilligungsbescheid vom 12. Dezember 2002 zumindest teilweise rechtswidrig war, hätte sich dem Kläger nach den konkreten Umständen und seinen Befähigungen geradezu aufdrängen müssen.

Dem Bescheid lag ein entsprechender Antrag des Klägers vom 5. Dezember 2002 zugrunde, dem die zahnärztliche Liquidation vom 15. November 2002 über das Setzen von sechs Implantaten im Unterkiefer des Klägers (Zähne 34/35/36 sowie 44/45/46) mit ausgewiesenen Kosten in Höhe von 2.544,94 € beigefügt war. Diesen gesamten Rechnungsbetrag hat die damalige Bundesanstalt für Arbeit in dem Beihilfebewilligungsbescheid vom 12. Dezember 2002 sowohl als "Rechnungsbetrag", als "dem Grunde nach beihilfefähig" sowie als "beihilfefähig" unter Beleg Nr. 4 aufgeführt. Unter Zugrundelegung des für den Kläger maßgeblichen Bemessungssatzes von 50 % wurde die Beihilfe mit 1.272,47 beziffert und floss als Einzelbetrag in die ausgewiesen Gesamtsumme der festgesetzten Beihilfe in Höhe von 4.172,01 € ein. Damit war für jedermann auch ohne besondere Kenntnisse des Beihilferechtes offenkundig, dass der Rechnungsbetrag ungekürzt berücksichtigt und nach Maßgabe des Bemessungssatzes vollständig erstattet (bewilligt und ausgezahlt) wurde.

Dass diese vollständige Anerkennung sämtlicher Aufwendungen für das Setzen der sechs Implantate in den Unterkiefer des Klägers und die damit verbundene vollständig-anteilige Erstattung der Aufwendungen nicht rechtskonform ist, musste sich aufgrund der unmittelbar nachfolgenden "Beleghinweise" nicht nur dem Kläger, sondern jedermann gleichsam aufdrängen. Denn die darin gegebenen Hinweise sind - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes und des Klägers - nicht bloß allgemein gehalten oder gar zusammenhanglos. Diese beziehen sich vielmehr ausdrücklich auf den "Beleg-Nr. 4" und damit offenkundig auf die zahnärztliche Liquidation vom "15.11.2002" über "2.544,94 EUR". Der Hinweis bezeichnet nicht nur die bereits vom Senat oben angeführten erforderlichen und unschwer verständlichen Indikationen, deren Vorliegen für die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für implantologische Leistungen notwendig ist. Des Weiteren wird u. a. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Aufwendungen für mehr als vier Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind. Ausgehend davon, dass dem Kläger das Setzen von insgesamt sechs Implantaten in seinen Unterkiefer naturgemäß bekannt war, hätte ihm - wie auch jedem verständigen Dritten - jedenfalls wegen des letztgenannten Hinweises unmissverständlich klar sein müssen, dass die Berücksichtigung von Aufwendungen für das Setzen von zumindest zwei der sechs Implantate beihilferechtlich ausgeschlossen ist. Dass die Bundesanstalt für Arbeit gleichwohl die Aufwendungen vollumfänglich bei der Erstattung zugrunde gelegt hat, ist offenkundig und führt die teilweise Rechtswidrigkeit der Bewilligung ersichtlich vor Augen. Der Umfang der Rechtswidrigkeit ist insoweit rechtlich ohne Belang, denn die soeben bezeichneten Umstände hätte der Kläger nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Umständen ohne weitere Überlegungen und Nachforschungen erkennen können, wenn er den Bewilligungsbescheid vom 12. Dezember 2002 aufmerksam gelesen hätte. Schon allein der letztgenannte Hinweis hätte für den Kläger sodann Anlass sein müssen, die "Ordnungsmäßigkeit" bzw. die Rechtmäßigkeit der vollumfänglichen Erstattung seiner diesbezüglichen Aufwendungen bei der Bundesanstalt für Arbeit zu hinterfragen. All dies hat der Kläger unter Verletzung der erforderlichen und ihm unschwer möglichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße unterlassen. Bei dieser Sachlage durfte sich der Kläger nicht mit guten Gründen auf die Rechtmäßigkeit der Festsetzung verlassen. Er war zu einer Überprüfung des Bewilligungsbescheides verpflichtet und in dem hier erforderlichen Umfang nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten als Verwaltungsbeamter des gehobenen Dienstes - selbst ohne (besondere) Kenntnisse im Dienst- oder gar Beilhilferecht - auch in der Lage. Indem er diese Prüfung unterließ, hat er die im Rechtsverkehr mit der Beklagten erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen. Denn dem Beamten ist auf Grund seiner Treuepflicht zuzumuten, die ihm ausgehändigten Unterlagen auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Bei Unklarheiten und Zweifeln ist er gehalten, sich durch Rückfragen Gewissheit darüber zu verschaffen, ob ein ihm günstiger Bescheid zu Recht ergangen ist (vgl.: BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1986 - Az.: 2 C 40.84 -, Buchholz 232.5 § 52 BeamtVG Nr. 3 [m. w. N.]; Urteil vom 12. März 1991 - Az.: 6 C 51.88 -, Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 23).

Hier kommt im Übrigen hinzu, dass die weiteren Hinweise in dem Bescheid vom 12. Dezember 2002 zum Inhalt haben, dass "im vorliegenden Fall nicht erkennbar" sei, ob die beihilferechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Aufwendungen erfüllt sind. Es wurde dem Kläger empfohlen, hierfür den Nachweis unter Darlegung der medizinischen Gründe zu führen und die Aufwendungen gegebenenfalls erneut geltend zu machen. Zumindest nach diesen Ausführungen sowie auf die nachfolgende Bitte und Anregung hätte sich dem Kläger bei der von ihm zu erwartenden Überprüfung des Bewilligungsbescheides auch ohne besondere Kenntnisse aufdrängen müssen, dass die gleichwohl erfolgte vollumfängliche "Festsetzung" und "Auszahlung" der Aufwendungen für - sämtliche - Implantate entweder (noch) nicht beabsichtigt oder jedenfalls nicht vollumfänglich rechtmäßig sein kann. Bei Unklarheiten bzw. erkennbar berechtigten Zweifeln war er auch hier gehalten gewesen, sich durch Rückfragen Gewissheit darüber zu verschaffen, ob der ihn begünstigende Bescheid zu Recht ergangen ist. Auch insoweit hat er die im Rechtsverkehr mit der Beklagten erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen.

Stand der partiellen Rücknahme des Bescheides vom 12. Dezember 2002 im Umfange der zunächst gewährten Beihilfe in Höhe von 731,34 € damit kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegen, durfte die Beklagte den Bewilligungsbescheid auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen. In den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG wird der Verwaltungsakt nämlich gemäß § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Gründe, nach denen die Beklagte insoweit von einer Rücknahme überhaupt absehen oder in anderer Weise Gebrauch hätte machen können oder gar müssen, sind seitens des Klägers weder dargelegt noch für den Senat ersichtlich. Insbesondere hat die Beklagte das ihr obliegende Ermessen ausweislich des Bescheides vom 27. Dezember 2004 und ihres Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2005 erkannt und in einer ermessenfehlerhaften Weise (vgl. § 114 VwGO) ausgeübt.

Schließlich steht der teilweisen Rücknahme des Bewilligungsbescheides in Höhe von 731,34 € nicht die Regelung des § 48 Abs. 4 VwVfG entgegen. Danach ist die Rücknahme - außer im Falle des (hier nicht einschlägigen) § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG - nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig, wenn die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen.

Im gegebenen Fall ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagte im Sinne von § 48 Abs. 4 VwVfG länger als ein Jahr vor Erlass des Teilrücknahmebescheides vom 27. Dezember 2004 Kenntnis von der partiellen Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 12. Dezember 2002 hatte.

§ 48 Abs. 4 VwVfG erfasst nicht nur die Fälle, in denen die Rücknehmbarkeit eines begünstigenden Verwaltungsaktes darauf beruht, dass der Behörde bei Erlass dieses Verwaltungsakts nicht alle entscheidungserheblichen Tatsachen bekannt waren. Die Norm regelt vielmehr auch die Fälle, in denen die Behörde bei voller Kenntnis des entscheidungserheblichen Sachverhalts unrichtig entschieden hat, und findet somit auch Anwendung, wenn die Behörde nachträglich erkennt, dass sie den beim Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts vollständig bekannten Sachverhalt unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt hat (so ausdrücklich: BVerwG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1984 - Az.: GrSen 1.84, GrSen 2.84 -, BVerwGE 70, 356). Dementsprechend unterfällt der vorliegende Fall, in dem die Beklagte in Kenntnis des entscheidungserheblichen Sachverhalts unrichtig über die - wie oben ausgeführt -Gewährung von Beihilfeleistungen betreffend die klägerischen Aufwendungen für alle sechs Implantate positiv entschieden hat, der Bestimmung des § 48 Abs. 4 VwVfG. Die Beklagte hat des Weiteren auch erst nachträglich erkannt, dass sie den ihr beim Erlass des begünstigenden Verwaltungsakts am 12. Dezember 2002 bekannten Sachverhalt unzureichend berücksichtigt und unrichtig gewürdigt hat, denn sie hat trotz jedenfalls zum Teil fehlender Voraussetzungen für die Bewilligung von Beihilfeleistungen für Aufwendungen für sechs Implantate die insoweitigen klägerischen Aufwendungen ungekürzt zugrunde gelegt und die Beihilfe vollumfänglich anteilig "festgesetzt" bzw. "gewährt" und letztlich ausgezahlt. Die Beklagte hat auch erst nach Erlass des Bewilligungsbescheides erkannt, dass sie unter Verkennung des gegebenen Sachverhaltes die Beihilfe vollumfänglich und damit teilweise rechtswidrig gegenüber dem Kläger - bereits - bewilligt hatte. Dies hat die Beklagte nämlich erst anlässlich einer Überprüfung des Begehrens des Klägers mit Schreiben vom 8. Dezember 2004 betreffend die Übernahme von Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen - auch - für "die Implantatversorgung" festgestellt. Entgegen der Ansicht des Klägers hat für die Beklagte auch keine Notwendigkeit einer anlasslosen nachträglichen und damit gleichsam abstrakten Überprüfung bereits in der Vergangenheit erlassener Bewilligungsbescheide bestanden. Eine solche allgemeine, anlasslose Revision ist weder ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben noch unter sonstigen rechtlichen, insbesondere fürsorgerechtlichen Gesichtspunkten angezeigt oder geboten. Gegenteiliges legt auch der Kläger nicht dar. Vielmehr ergab sich ein konkreter Prüfungsanlass erst aus der Anfrage des Klägers betreffend die weitere implantologische Behandlung.

Vorliegend war im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 27. Dezember 2004 über die teilweise Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 12. Dezember 2002 die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG noch nicht abgelaufen. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG beginnt nämlich erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes erkannt hat und ihr die für die Rücknahme außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (so: BVerwG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1984 - Az.: GrSen 1.84, GrSen 2.84 -, BVerwGE 70, 356). Zur Auslösung der Jahresfrist genügt daher insbesondere nicht, dass die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigenden Tatsachen aktenkundig - aus den Akten ersichtlich - sind. Die Jahresfrist beginnt ebenso wenig schon mit dem Erlass des Verwaltungsaktes zu laufen, und zwar selbst dann nicht, wenn eine bewusste oder gewollte Fehlentscheidung vorliegt, mit der dem Begünstigten ein rechtswidriger Vorteil zugewendet werden soll (so: BVerwG, Großer Senat, a. a. O.). Vielmehr beginnt die Frist zur Entscheidung über die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts mit dem Zeitpunkt, in dem die Behörde Kenntnis von Tatsachen erhält, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen. Hierzu gehört zunächst die Kenntnis davon, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, und damit die Kenntnis derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts ihrerseits ergibt. Das sind die Tatsachen, die den im Einzelfall unterlaufenen Rechtsanwendungsfehler und die Kausalität dieses Fehlers für den Inhalt des Verwaltungsakts ausmachen, mithin die konkreten Entscheidungsfehler, die im Einzelfall den Verwaltungsakt als rechtswidrig im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG qualifizieren (so: BVerwG, a. a. O.). Indes setzt selbst die - bloße - Kenntnis davon, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, für sich allein die Rücknahmefrist nicht in Lauf, sondern § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG verlangt, dass der Behörde sämtliche für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Hierzu gehören auch alle Tatsachen, die im Falle des § 48 Abs. 2 VwVfG ein Vertrauen des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsaktes entweder nicht rechtfertigen oder ein bestehendes Vertrauen als nicht schutzwürdig erscheinen lassen, sowie die für die Ermessensausübung wesentlichen Umstände. Die Frist beginnt demgemäß zu laufen, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage ist, unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme des Verwaltungsakts zu entscheiden (so ausdrücklich: BVerwG, a. a. O.; siehe auch: Beschluss vom 28. Mai 2004 - Az.: 5 B 52.04 -, zitiert nach juris.web).

Hiernach ist - entgegen der vom Kläger geäußerten Auffassung - rechtlich ohne Belang, dass die Tatsachen, welche die - teilweise - Rücknahme des Bescheides vom 12. Dezember 2002 rechtfertigen, bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses aktenkundig waren. Vielmehr hatte die Beklagte bzw. die für sie tätig gewordene Amtswalterin ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge frühestens mit dem Eingang des Schreibens vom 8. Januar 2004 des den Kläger seinerzeit behandelnden Zahnarztes Kenntnis von denjenigen, oben bereits angeführten Tatsachen darüber erhalten, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen. Für eine etwa frühzeitigere Überprüfung des Bescheides vom 12. Dezember 2002 ist nichts ersichtlich, wird von der Beklagten auch ausdrücklich negiert und wird seinerseits vom Kläger nichts (substantiiert) dargelegt. Die Beklagte hatte sich erstmals aufgrund des am 18. November 2003 bei ihr eingegangenen Beihilfeantrages des Klägers vom 13. November 2003 überhaupt wieder mit krankheitsbedingten Aufwendungen des Klägers zu befassen, aufgrund dessen die soeben angeführte Erklärung des Zahnarztes vom 8. Januar 2004 nachgereicht wurde. Dementsprechend ist der letztlich noch im Jahre 2004 am 27. Dezember ergangene Rücknahmebescheid innerhalb der Jahresfrist erlassen worden.

Ungeachtet dessen ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen der Beklagten, die ihrerseits mit deren Vorbringen bezüglich des Überprüfungsvorganges korrespondieren, dass seit dem Jahre 2002 erstmals im Hinblick auf die klägerische Anfrage vom 5. Oktober 2004 wieder implantologische Leistungen Gegenstand von (etwaigen) Beihilfeleistungen waren und sich damit erst in diesem Zusammenhang gemäß Nr. 4 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV (wieder) die Frage nach bereits vorhandenen Implantaten sowie nach der seitens der Beihilfestelle bereits insoweit bewilligter Beihilfen stellte. Dies belegt im Übrigen auch der weitere Verfahrensgang ausweislich der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (vgl. insbesondere Bl. 36 bis 40 der Beiakte A). Die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 12. Dezember 2002 und vor allem den Umfang der Rechtswidrigkeit hat die Beklagte mithin erst nach dem 7. Oktober 2004 (Bl. 33 der Beiakte A) infolge der in diesem Zusammenhang erfolgten Sichtung des Bewilligungsverfahrens aus dem Jahre 2002 erkannt. Auch insoweit ist damit die teilweise Rücknahme des Bescheides vom 12. Dezember 2002 alsbald am 27. Dezember 2004 und damit jedenfalls innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in §§ 132 VwGO, 127 BRRG genannten Gründe vorliegt.

Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Berufungsverfahren folgt gemäß §§ 72 Nr. 1, 71 Abs. 1 GKG (in Kraft getreten am 1. Juli 2004 als Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, BGBl. I, S. 718) aus §§ 52 Abs. 3, 40, 47 GKG.

Ende der Entscheidung

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