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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 30.01.2003
Aktenzeichen: 1 L 74/01
Rechtsgebiete: EkrG, LSA-StrG


Vorschriften:

EkrG § 3 Nr. 3
EkrG § 5
EkrG § 6
EkrG § 13 I S 1
LSA-StrG § 11 I
LSA-StrG § 11 II Nr 4

Entscheidung wurde am 23.03.2004 korrigiert: Überschrift Gründe eingefügt
Der Wechsel der Straßenbaulast lässt Verbindlichkeiten des bisherigen Trägers aus der Durchführung früherer Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen unberührt (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 4 StrG -LSA). Für die Abgrenzung von früheren zu laufenden Baumaßnahmen ist abzustellen auf die Durchführung der gesamten Baumaßnahme einschließlich der landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen. Der Wortlaut des § 11 Abs. 2 Nr. 4 StrG LSA lässt keinen Raum für die Annahme, vom Übergang der Verbindlichkeiten seien nicht nur Ansprüche aus früheren Maßnahmen, sondern auch aus abgeschlossenen Teilbauarbeiten einer laufenden Maßnahme ausgeschlossen. Ein "Leistungsschnitt" mag Billigkeitserwägungen entsprechen, hat aber in der landesgesetzlichen Regelung keinen Niederschlag gefunden.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 1 L 74/01

Datum: 30.01.2003

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine anteilige Beteiligung der Beklagten an den Kosten für den Ersatz eines höhengleichen Bahnübergangs durch eine Straßenüberführung.

Die Beklagte hat sich mit sieben weiteren Gemeinden zur Verwaltungsgemeinschaft Sch... zusammengeschlossen. Nach § 2 Abs. 2 der Vereinbarung über die Bildung der Verwaltungsgemeinschaft "Sch..." vom 19. Mai 1993 haben die Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft alle Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis zur Erfüllung im eigenen Namen übertragen. Mit einer am 24. November 2000 bekannt gemachten Änderung der Vereinbarung setzten die Gemeinden ihre Verwaltungsgemeinschaft zwar fort, änderten aber § 2 Abs. 2 dahin, dass den Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft nur noch die Aufgaben der gemeinsamen Schiedsstellen und der Wahrung der Interessen der weiblichen Beschäftigten durch die Gleichstellungsbeauftragte der Verwaltungsgemeinschaft zur Erfüllung übertragen wurden.

Die Eisenbahnstrecke Berlin - Halle wird im Rahmen des "Verkehrsprojekts Deutsche Einheit" ausgebaut. Vorgesehen ist nach den unbestrittenen Angaben der Klägerin eine Streckengeschwindigkeit von 200 km/h im hier betroffenen Abschnitt. Auf der Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses des Eisenbahnbundesamtes vom 1. April 1997 wurde der höhengleiche Bahnübergang in Bahnkilometer 122,172 für die Gemeindestraße "Platz der Jugend/Ernst-Thälmann-Straße" beseitigt und durch eine Straßenunterführung in Bahnkilometer 122,311 ersetzt.

Vergeblich forderte die Klägerin die Beklagte durch Schreiben vom 26. Oktober 1995 auf, eine Kreuzungsvereinbarung abzuschließen, in der die kreuzungsbedingten Kosten auf 15.202.681,00 DM veranschlagt wurden.

Die Klägerin hat am 15. Januar 1997 beim Verwaltungsgericht Dessau Klage erhoben, die sie zunächst allein auf die Feststellung gerichtet hat, dass die Beklagte zur anteiligen Erstattung der kreuzungsbedingten Kosten der eisenbahnkreuzungsrechtlichen Maßnahme verpflichtet sei. Nachdem die Klägerin auf Abschlagsrechnungen nach Baufortschritt gezahlt hatte, hat sie zusätzlich Leistungsklage auf Zahlung bezifferter Beträge nebst Kreditzinsen, hilfsweise Prozesszinsen erhoben. Sie hat vorgetragen: Die Verpflichtung der Beklagten zur anteiligen Kostenerstattung ergebe sich aus § 13 i. V. m. § 3 Nr. 3 EkrG. Der von der Beklagten erhobene Einwand mangelnder finanziellen Leistungsfähigkeit könne einem Anspruch nach § 13 EkrG nicht entgegengehalten werden. Die Klägerin habe im Übrigen Anspruch auf anteiligen Ausgleich der auf Abschlagsrechnungen geleisteten Zahlungen. Dies finde auch in den Richtlinien des Bundesverkehrsministers über das Verfahren bei der Bauausführung und Abrechnung von Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz Ausdruck. Der Anspruch auf Ersatz für die Aufwendungen für Kreditzinsen ergebe sich aus den Regelungen über den Zahlungsverzug und im Übrigen aus den Vorschriften zur Geschäftsführung ohne Auftrag.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. an die Klägerin 2.340.201,33 DM zu zahlen,

2. als Aufwendungsersatz Kreditzinsen in Höhe von drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 9. Juni 1998 (BGBl. I Seite 1242) vom Hundert jährlich,

auf 435.900,00 DM ab 29. Dezember 1999, auf 718.800,00 DM ab 29. März 2000 und auf 767.700,00 DM ab 5. Juli 2000

jeweils bis Wirksamwerden der Klageänderung zu zahlen,

3. ab Wirksamwerden der Klageänderung Zinsen aus einem Betrag von 2.114.640,00 DM jährlich mit 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 9. Juni 1998 (BGBl. I Seite 1242) zu zahlen;

hilfsweise,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin gemäß §§ 3, 13 EkrG ein Drittel der Kosten zu erstatten, welche für den Ersatz des Bahnübergangs im Zuge der Gemeindestraße Platz der Jugend/Ernst-Thälmann-Straße im Gemeindegebiet der Beklagten in km 122,172 der Bahnstrecke von Berlin nach Halle durch den Bau einer Eisenbahnüberführung in Bahnkilometer 122,3 + 11,693 und die dazugehörenden Straßenanlagen erforderlich sein werden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erwidert: Die Klage sei unzulässig, weil sie - die Beklagte - beim Bundesminister für Verkehr einen Antrag auf kreuzungsrechtliche Anordnung nach § 6 EkrG gestellt habe, über den noch nicht entschieden sei. Das Verwaltungsverfahren sei dem gerichtlichen Verfahren vorzuziehen, weil die Anordnungsbehörde gemäß § 17 EkrG auch eine Entscheidung über einen Zuschuss treffen solle. Die Voraussetzungen des § 13 EkrG lägen nicht vor, weil es sich um eine Maßnahme allein im Interesse der Klägerin und allein auf deren Veranlassung handele. Die Inanspruchnahme auf Kostenbeteiligung an der Kreuzungsmaßnahme verletze die Beklagte in ihrem Selbstverwaltungsrecht gemäß Art. 28 GG, sie werde hierdurch unmittelbar in ihrer finanziellen Handlungsfähigkeit beeinträchtigt. Selbst wenn 75 vom Hundert ihres Anteils gefördert werde, entspreche der verbleibende Anteil vom 25 vom Hundert dem mehrfachen des jährlichen Vermögenshaushalts der Gemeinde. Überdies sei die beantragte Förderung auch nicht gesichert.

Durch Urteil vom 14. Dezember 2000 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Beklagte zum Ersatz eines Drittels der kreuzungsbedingt entstehenden Kosten für die Baumaßnahme verpflichtet sei, und die Klage im Übrigen abgewiesen: Die Beklagte sei richtiger Anspruchsgegner. Sie sei nach § 42 Abs. 1 Satz 3 StrG LSA als Straßenbaulastträger Kreuzungsbeteiligter i. S. des § 1 Abs. 6 EkrG. Im Zeitpunkt der Klageerhebung sei dies noch die Verwaltungsgemeinschaft Sch... gewesen. Aufgrund der im Amtsblatt des Landkreises Bitterfeld vom 24. November 2000 bekannt gemachten Änderung der Gemeinschaftsvereinbarung der Verwaltungsgemeinschaft sei die Straßenbaulast wieder auf die Beklagte Gemeinde übergegangen. Der Wechsel führe gemäß § 11 Abs. 1 StrG LSA zu einem Übergang aller Rechte und Pflichten, die mit der Straße in Zusammenhang stünden, auf den neuen Träger der Straßenbaulast. Die Forderung der Klägerin sei hiervon nicht nach § 11 Abs. 2 Nr. 4 StrG LSA ausgenommen. Unter "früheren Maßnahmen" i. S. dieser Vorschrift seien solche zu verstehen, die am Überleitungsstichtag de facto, d. h. arbeitsmäßig, abgeschlossen, aber noch nicht abgerechnet seien. Die hier abzurechnende Baumaßnahme sei noch nicht abgeschlossen, weil noch umfängliche Arbeiten zur Durchführung des landschaftspflegerischen Begleitplans ausstünden. Die Beklagte sei dem Grunde nach zur anteiligen Erstattung der kreuzungsbedingten Kosten der Baumaßnahme verpflichtet, der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 1 EkrG setze weder eine Kreuzungsvereinbarung noch ein vorheriges Kreuzungsrechtsverfahren voraus. Die materiellen Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 i. V. m. § 3 Nr. 3 EkrG lägen vor. Die Inanspruchnahme der Beklagten gemäß §§ 13, 3 Nr. 3 EkrG verstoße auch nicht gegen Art. 28 Abs. 2 GG. Ein Zahlungsanspruch setze allerdings eine Abrechnung der Baumaßnahme voraus, daran fehle es hier. Ein Anspruch auf Beteiligung an bereits geleisteten Abschlagszahlungen lasse sich auf §§ 3, 13 EkrG nicht stützen.

Mit Beschluss vom 23. Oktober 2002 hat der Senat die Berufung der Klägerin zugelassen, soweit die auf Zahlung von 2.340.201,33 DM nebst Prozesszinsen gerichtete Klage abgewiesen wurde.

Die Klägerin trägt vor: Eine mit Schriftsatz vom 1. September 2000 erhobene Teilforderung i.H.v. 1.196.526,08 Euro, die die Beteiligung an geleisteten Abschlagszahlungen an die bauausführende Firma H... GmbH betreffe, sei am 10. Dezember 2000 - drei Monate nach Zugang des Schriftsatzes vom 1. September 2000 fällig geworden. Die dem Schriftsatz beigefügten Unterlagen seien hinreichende Nachweise der Teilforderung entsprechend den Grundsätzen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juni 2002 - 9 C 6.01 -. Am 7. Januar 2003 sei der Rest der Gesamtforderung von 1.656.869,89 Euro fällig geworden. Nach dem Leistungsstand September 2002 seien Bau- und Grunderwerbskosten in Höhe von insgesamt 4.083.195 Euro angefallen. Die Kostenmasse erhöhe sich um 10 vom Hundert Verwaltungskosten gemäß § 5 1. EkrV sowie 16 vom Hundert Mehrwertsteuer auf Drittel der Beklagten und des Bundes. Die Forderung werde hinreichend belegt durch die Rechnungsunterlagen zum Stand September 2002, die der Beklagten am 7. Oktober 2002 zugestellt worden seien. Drei Monate danach sei die Forderung fällig geworden.

Nachdem die Beklagte im Januar 2003 an die Klägerin 1.196.526,08 Euro gezahlt hat, haben die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Dessau - 2. Kammer - vom 14. Dezember 2000 die Beklagte zu verurteilen, an sie den Betrag von 460.343.81 Euro sowie Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 1.196.526,08 Euro ab dem 10. Dezember 2000 bis zum 20. Januar 2003 sowie auf den Betrag von 460.343,81 Euro ab dem 7. Januar 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert: Das von der Klägerin in ihrer Berufungsbegründungsschrift vorgetragene Zahlenmaterial und die darin vorgenommenen Berechnungen seien grundsätzlich nachvollziehbar. Die Baumaßnahme sei mangelhaft durchgeführt. Im Übrigen seien die Berechnungen der Klägerin zur anteiligen Beteiligung an der Umsatzsteuer bedenklich.

Gründe:

II.

Nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend den Rechtsstreit hinsichtlich einer Teilforderung von 1.196.526,08 Euro für erledigt erklärt haben, war insoweit das verwaltungsgerichtliche Urteil für wirkungslos zu erklären und das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

Im Übrigen sind die zulässige Berufung der Klägerin und die Klage hinsichtlich der Hauptforderung von 460.343,81 Euro in vollem Umfang und hinsichtlich der Prozesszinsen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, hinsichtlich weitergehender Prozesszinsen unbegründet.

1. Die Klägerin hat gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 EkrG gegen die Beklagte einen fälligen Anspruch auf Zahlung von 460.343,81 Euro.

a. Der Abschluss einer Kreuzungsvereinbarung nach § 5 EkrG oder die Durchführung eines Kreuzungsrechtsverfahrens nach § 6 EkrG sind keine Vorbedingung für die prozessuale Durchsetzung eines Zahlungsanspruchs nach § 13 EkrG oder dessen Entstehung (vgl. BVerwG, U. v. 12.6.2002 - 9 C 6.01 - Buchholz 407.2 § 13 EkrG Nr. 3; S. 19 BVerwGE 112, 253 <257>; OVG LSA, DVBl. 2000, 1362 ff = NVwZ-RR 2001, 66 ff.).

b. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, der Klägerin ein Drittel der kreuzungsbedingt entstehenden Kosten für den Ersatz des Bahnübergangs im Zuge der Gemeindestraße "Platz der Jugend/Ernst-Thälmann-Straße" im Gemeindegebiet der Beklagten im Kilometer 122, 172 der Bahnstrecke von Berlin nach Halle durch den Bau einer Eisenbahnüberführung in Kilometer 122, 311 zu erstatten.

aa. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der §§ 13, 3 Nr. 3 EkrG sind erfüllt. Wegen des Bahnstreckenausbaus für eine Streckengeschwindigkeit 200 km/h erforderte die Sicherheit des Verkehrs gemäß § 3 Nr. 3 EkrG den Ersatz des höhengleichen Bahnübergangs durch eine Überführung. Ein Bahnübergang ist bei Strecken mit einer zugelassenen Geschwindigkeit von mehr als 160 km/h gemäß § 11 Abs. 2 der Eisenbahn Bau und Betriebsordnung vom 8. Mai 1967 (BGBl. II S. 1563), in der hier maßgebenden Fassung der Verordnung vom 8. Mai 1991 (BGBl. I S. 1098) nicht mehr zulässig.

bb. Die Beklagte ist als Straßenbaulastträger der den Schieneweg kreuzenden Gemeindestraße Kreuzungsbeteiligter gemäß § 1 Abs. 6 EkrG. Die Straßenbaulast ist am 25. November 2000, einen Tag nach Bekanntmachung der geänderten Gemeinschaftsvereinbarung der Verwaltungsgemeinschaft Sch.... im Amtsblatt des Landkreises Bitterfeld vom 24. November 2000, übergegangen. Denn nach § 2 Abs. 2 der geänderten Vereinbarung gehört die Straßenbaulast nicht mehr zu den zur Erfüllung durch die Verwaltungsgemeinschaft übertragenen Aufgaben. Damit sind auch Ansprüche der Klägerin gegen die Verwaltungsgemeinschaft auf anteilige Erstattung von Kosten für bereits erbrachte Leistungen für die Kreuzungsänderung auf die Beklagte übergegangen:

Nach § 11 Abs. 1 StrG LSA gehen bei einem Übergang der Straßenbaulast grundsätzlich alle Rechte und Pflichten auf den neuen Träger der Straßenbaulast über. § 11 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 StrG LSA sieht vor, dass dies nicht für Verbindlichkeiten des bisherigen Trägers der Straßenbaulast aus der Durchführung früherer Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen gilt. Frühere Baumaßnahmen sind in Abgrenzung zu laufenden Baumaßnahmen solche, die im Zeitpunkt des Wechsels der Straßenbaulast abgeschlossen sind (vgl. Rinke in: Kodal/Krämer, StrR, 6. Aufl. 1999, Kap. 13 Rdnr. 36.2; Marschall/Schröter/Kastner, BFernStrG, 5. Aufl., § 6 Anm. 7). Abzustellen ist auf die Durchführung der gesamten Baumaßnahme einschließlich der landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen. Der Wortlaut des § 11 Abs. 2 Nr. 4 StrG LSA lässt keinen Raum für die Annahme, vom Übergang der Verbindlichkeiten seien nicht nur Ansprüche aus früheren Maßnahmen, sondern auch aus abgeschlossenen Teilbauarbeiten einer laufenden Maßnahme ausgeschlossen. Ein "Leistungsschnitt" mag Billigkeitserwägungen entsprechen, hat aber in der landesgesetzlichen Regelung keinen Niederschlag gefunden. Da die Abwicklung laufender Maßnahmen nicht als Ausnahmefall von § 11 Abs. 1 StrG LSA geregelt ist, greift in solchen Fällen die allgemeine Vorschrift des § 11 Abs. 1 StrG LSA (a. A.: Marschall/Schroeter/Kastner, BFernStrG, 5. Aufl., § 6 Anm. 7; Fickert, StrWG NRW, 3. Aufl., § 10 Anm. 15; Hubert, StrG LSA, 2. Aufl., Seite 58). Hier war die bauliche Maßnahme im Zeitpunkt des Übergangs der Straßenbaulast nicht abgeschlossen. Insbesondere standen noch landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen aus, die - wie einzelne Rechnungen belegen - nach November 2000 ausgeführt worden. Deshalb sind gemäß § 11 Abs. 1 StrG LSA die Ansprüche aus der laufenden Maßnahme auf die Beklagte übergegangen.

Der Senat weicht nicht ab von Ausführungen im - insoweit in Buchholz a. a. O. nicht abgedruckt Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juni 2002 - 9 C 6.01 - UA 18, 24. Er stellt im Einklang mit den Hinweisen des Bundesverwaltungsgerichts in Bezug auf den Begriff "frühere Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen" nicht darauf ab, ob die Forderung vor oder nach dem Wechsel der Straßenbaulast fällig geworden ist, sondern darauf, ob die Bauarbeiten im Zeitpunkt des Wechsels der Straßenbaulast abgeschlossen waren. Die vom Senat verneinte Frage, ob darüber hinaus als "frühere" Baumaßnahmen bei laufenden Arbeiten auch solche Tätigkeiten anzusehen sind, die bis zum Tag des Übergangs der Straßenbaulast durchgeführt worden sind, hat das Bundesverwaltungsgericht nicht entschieden.

cc. Die Beklagte kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, die Forderung verletze sie in der sich aus der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie ergebenden Finanzhoheit. Denn die Klägerin muss zur Wahrung der kommunalen Finanzhoheit der Beklagten nicht auf ihren Anspruch aus § 13 EkrG verzichten. Die Wahrung der gemeindlichen Finanzhoheit obliegt dem Bund und dem Land und nicht der Klägerin (vgl. BVerwG, Buchholz 407.2 § 13 EkrG Nr. 3, S. 26).

b. Der Höhe nach ist ein Erstattungsanspruch von 1.656.869,89 Euro entstanden. Der Anspruch auf anteiligen Ersatz nach § 13 EkrG entsteht jeweils mit der Bezahlung kreuzungsbedingt anfallender Unternehmerleistungen. Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung vom 25. November 2002 unter Vorlage von Belegen und Rechnungsunterlagen dargelegt, dass sie 3.957.370,20 Euro für Baukosten und 125.825,02 Euro für Grunderwerb, insgesamt 4.083.195,22 Euro (ohne Berücksichtigung von Umsatzsteuer) verauslagt hat. Nachdem die Beklagte ausdrücklich erklärt hat, dass sie nach Prüfung des Zahlenwerks und der Unterlagen insoweit keine Einwände erhebt, sieht der Senat keinen Anlass, die geltend gemachten Bau- und Grunderwerbskosten und deren Verauslagung in Zweifel zu ziehen.

Gemäß § 5 Satz 1 der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung vom 2. September 1964 (BGBl. I S. 711), geändert durch Verordnung vom 11. Februar 1983 (BGBl. I S. 85) kommen Verwaltungskosten in Höhe 10 vom Hundert der verauslagten Bau- und Grunderwerbskosten hinzu. Die Summe der entstandenen Kosten erhöht sich damit auf 4.491.514,74 Euro.

Die kreuzungsbedingte Kostenmasse erhöht sich weiter dadurch, dass sich die Umsatzsteuerpflicht gemäß §§ 10 Abs. 1 Satz 1 und 2; 1 Abs. 1 Nr. 1; 2 Abs. 1 UStG auch auf Umsätze erstreckt, die in einer anteiligen Kostenerstattung für von der Klägerin durchgeführte Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz bestehen (vgl. VG Augsburg, NVwZ 1983, 307 <308>; Marschall/Schweinsberg, Eisenbahnkreuzungsgesetz, 5. Aufl., § 4 1. EkrV Anm. 7.3; zur Umsatzsteuerpflicht des Bundesdrittels: Bundesminister für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben vom 5. April 1993, VkBl. 1993, S. 324). Hiernach gehören zur aufzuteilenden Kostenmasse auch je 16 vom Hundert Umsatzsteuer auf die beiden Drittel von 4.491.514,74 Euro, die vom Bund und von der Beklagten zu tragen sind, mithin 479.094,91 Euro. Ein Drittel der gesamten kreuzungsbedingten Kosten beträgt hiernach 1.656.869,88 Euro.

c. Die gesamte Forderung ist jedenfalls am 20. Januar 2003 fällig geworden.

aa. Zur Fälligkeit hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 12. Juni 2002 - 9 C 6.01 - (Buchholz 407.2 § 13 EkrG Nr. 3, S. 22 f.) ausgeführt:

"... Allerdings müssen Entstehung und Fälligkeit eines Anspruchs nicht zwangsläufig zusammenfallen (vgl. etwa § 135 Abs. 1 BauGB, § 220 AO). Davon ausgehend zwingt die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme im kreuzungsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis dazu, auch die Interessen des zur anteiligen Zahlung verpflichteten Kreuzungsbeteiligten angemessen zu berücksichtigen. Er muss zunächst einmal die Höhe der bereits entstandenen Kosten kennen. Es bedarf mithin der Anforderung eines bestimmten Betrages unter gleichzeitiger Vorlage einer Nachweisung über die Bezahlung angefallener Unternehmerleistungen. Hierdurch wird gewährleistet, dass der bauausführende Beteiligte seine konkreten Aufwendungen zügig ermittelt. Die Beklagte hat ferner zutreffend darauf verwiesen, dass sie im Rahmen des Gemeinschaftsverhältnisses auch die Möglichkeit haben muss, die Richtigkeit der geforderten Summe zu überprüfen. Deshalb ergibt sich aus der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme im Kreuzungsrechtsverhältnis, dass der bauausführende Beteiligte hinreichende Nachweise über die entstandenen Kosten zur Verfügung stellt ... Dies wiederum hat zur Folge, dass dem anderen Kreuzungsbeteiligten eine angemessene Zeit zur Überprüfung dieser Unterlagen verbleiben muss. Auch ist ihm eine gewisse Frist zuzugestehen, um die notwendigen Dispositionen zur Beschaffung der nicht selten erheblichen Geldbeträge treffen zu können.

Die Bemessung des Zeitraums hat unter Beachtung der Interessen der Kreuzungsbeteiligten zu erfolgen. Zu berücksichtigen ist einerseits, dass der Zeitraum, in dem die Zahlung zu erfolgen hat, überschaubar sein muss, um den Bauausführenden vor unangemessenen Kreditkosten zu bewahren. Andererseits werden die Kostenabrechnungen nicht selten einen erheblichen Überprüfungsaufwand erfordern. So werden die Kosten für eine einzelne Anlage - wie auch die hier eingerechten Belege ergeben - aus Rechnungen, die mehrere Baumaßnahmen betreffen, zu ermitteln sein. Auch ist die Höhe der Kosten häufig beträchtlich und wird die Finanzkraft der anderen Kreuzungsbeteiligten erheblich in Anspruch nehmen. Angesichts dieser widerstreitenden Interessen bemisst der Senat in seiner Interpretation der gegenseitigen Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis die Frist, innerhalb derer ein entstandener Kostenerstattungsanspruch fällig wird, mit drei Monaten.

Der Senat folgt dieser Ansicht, so dass die Fälligkeit drei Monate nach dem Zeitpunkt eintritt, in dem beim Ausgleichspflichtigen eine Kostenforderung und hinreichende Nachweise eingegangen sind.

bb. Ausgehend hiervon ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht schon am 10. Dezember 2000 eine Teilforderung fällig geworden. Die der Kostenanforderung vom 1. September 2000 beigefügten Unterlagen waren keine hinreichenden Nachweise, weil keine vollständigen Bauverträge vorgelegt wurden. Der vorgelegte Auftrag vom 11. Oktober 1999 nimmt Bezug auf ein Angebot der Firma H.... GmbH und bestimmt Anlagen zu Vertragsbestandteilen. Weder das Angebot noch die Anlagen waren der Kostenforderung beigefügt. Derart lückenhafte Bauverträge sind für eine Prüfung nicht hinreichend. Vollständige Bauverträge gehören zu den unerlässlichen Nachweisen der Finanzierung von Bauleistungen. Dies kommt in den Richtlinien des Bundesministeriums für Verkehr über das Verfahren bei der Bauausführung und Abrechnung von Maßnahmen nach dem EkrG vom 27. März 1969 (VKBl. 1969, S. 500, abgedruckt auch bei Marschall/Schweinsberg, EkrG, 5. Aufl., Anlage E 26) mehrfach zum Ausdruck. Gemäß Ziffer 2.3 der Richtlinien sind der Nachweisung über bezahlte Leistungen u. a. Abschriften der Bauverträge sowie Zweitstücke der Schlussrechnungen beizufügen. Gemäß Ziff. 1.5 der Richtlinien sind dem Kostenpflichtigen Zweitstücke der Bauverträge und sonstige Bestellurkunden vorzulegen. Auch nach den neuen Richtlinien vom 6. März 2000 (VKBl. 2000, 172) sind die zugrundeliegenden Verträge als Nachweisung vorzulegen. Es ist kein Grund ersichtlich, hinsichtlich der Vorlage der zugrunde liegenden Verträge im vorliegenden Kostenerstattungsverfahren geringere Anforderungen an die Nachweisungen zu stellen als eine den Richtlinien entsprechende ständige Verwaltungspraxis (zum Rückschluss aus den Richtlinien auf eine bundesweit eingehaltene ständige Verwaltungspraxis vgl. BVerwG a. a. O. UA S. 13). Vollständige Vertragsunterlagen und Aufträge sind für eine verlässliche Prüfung des Ausgleichsanspruchs notwendig.

cc. Am 7. Januar 2003 ist der Teilbetrag fällig geworden, der die Verbindlichkeiten aus den vorgelegten Grundstückskaufverträgen, den darauf bezogenen Notarrechnungen, den Nutzungsverträgen und Entschädigungsverträgen sowie einem Grundsteuerbescheid betrifft. Denn insoweit sind die maßgebenden Verträge und Zahlungsnachweise der Beklagten am 7. Oktober 2002 zugestellt worden.

Die Restforderung ist mangels hinreichender Nachweise nicht am 7. Januar 2003 fällig geworden. Hinsichtlich der Bauleistungen der Firma H.... hat die Klägerin keine weiteren Vertragsunterlagen vorgelegt. Es fehlt auch an den zugrundeliegenden Verträgen oder Aufträgen für alle übrigen Baukosten. Gleiches gilt für die Kostenforderungen der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH, der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure M... und B... und die Rechnungen des Amtsgerichts und Landkreises Bitterfeld.

dd. Die gesamte Forderung ist dadurch fällig geworden, dass die Beklagte durch einen der Klägerin am 20. Januar 2003 zugegangenen Schriftsatz erklärt hat, dass "das von der Klägerin in ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 25. November 2002 vorgetragene Zahlenmaterial und die darin vorgenommenen Berechnungen grundsätzlich nachvollziehbar" seien. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu erläutert, dass sie nach Prüfung der Unterlagen keine Einwände gegen die zusammengestellten Bau- und Grunderwerbskosten erhebe. Zudem hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt, eine Prüfungsfrist werde auch nicht im Hinblick auf die Beschaffung der finanziellen Mittel geltend gemacht. Hiernach hat die Beklagte die ihr am 7. Oktober 2002 übersandten Unterlagen als hinreichende Nachweise anerkannt und auf weitere Fristen zur Prüfung der Unterlagen verzichtet. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, ob die Unterlagen den objektiven Mindestanforderungen genügten. Nachdem die zu prüfenden Unterlagen drei Monate der erstattungspflichtigen Beklagten vorlagen, wurde die Forderung zu dem Zeitpunkt fällig, in dem bei der Klägerin die Erklärung des Verzichts eingegangen ist.

Nach alledem ist die Gesamtforderung in Höhe von 1.656.869,89 Euro seit dem 20. Januar 2003 in vollem Umfang fällig. Nachdem hierauf 1.196.526,08 Euro gezahlt wurden, verbleibt die im Tenor zuerkannte Restforderung.

2. Der Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 460.343,18 Euro ab dem 20. Januar 2003 und auf den am 7. Januar 2003 fälligen Teilbetrag für den Zeitraum vom 7. Januar 2003 bis 19. Januar 2003 folgt aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 291, 288 BGB. Prozesszinsen für weitergehende Zeiträume oder höhere Beträge stehen der Klägerin mangels Fälligkeit nicht zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Insbesondere fallen der Klägerin die Kosten des erledigten Teils zur Last, weil die Beklagte bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses im Ergebnis zu Recht die Zahlung verweigert und bei Eintritt der Fälligkeit geleistet hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils auf die Leistungsklage ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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