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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 21.10.2004
Aktenzeichen: 1 L 83/04
Rechtsgebiete: KAG LSA


Vorschriften:

KAG LSA § 8 1
1. Eine Erneuerung i. S. d. § 8 Satz 1 KAG LSA liegt vor, wenn ein nach bestimmungsgemäßem Gebrauch abgenutzter Anschluss durch einen neuen Anschluss gleicher Ausdehnung und gleicher Ausbauqualität unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts ersetzt wird.

2. Ob und wann eine Erneuerung notwendig ist, unterliegt der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilung durch die Gemeinde.

3. Bei der Entscheidung über die Erneuerung von Abwassergrundstücksanschlüssen hat die Gemeinde dem überragend gewichtigen Interesse der Allgemeinheit an einem wirksamen und vorsorgenden Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen Rechnung zu tragen. Deshalb darf sie mit der Erneuerung nicht zuwarten, bis verschleißbedingte Störungen im Betrieb der Anlage eintreten.

4. Bei einer über 80 Jahre alten Steinzeugleitung darf die Gemeinde ohne weitere Ermittlungen von einem Erneuerungsbedarf ausgehen, obwohl damit nach den Wertermittlungs-Richtlinien 1976 erst der untere Bereich der Spannbreite der durchschnittlichen technischen Lebensdauer von 80 bis 100 Jahren erreicht ist.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 1 L 83/04

Datum: 21.10.2004

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zur Erstattung von Grundstücksanschlusskosten. Sie ist Eigentümerin des in der Straße D-Straße in B-Stadt belegenen Grundstücks. Die Beklagte erneuerte im Jahr 1996 Regen- und Abwasserverbindungsleitungen zwischen den Hauptsammlern in der Straße und dem Grundstück der Klägerin.

Mit Bescheid vom 08. August 2000 machte die Stadtwerke B-Stadt GmbH im Auftrage der Beklagten für die Erneuerung von "2 Stück Anschlusskanäle"(n) und die Errichtung eines Revisionsschachtes einen Erstattungsbetrag von 5.861,18 DM geltend. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. April 2001 zurück.

Mit der am 30. April 2001 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, eine Erstattungspflicht bestehe nach den Regelungen in der Satzung nur, wenn der Grundstückseigentümer die Erneuerung beantragt habe. Einen solchen Antrag habe sie nicht gestellt. Dafür habe auch kein Anlass bestanden, weil der funktionsfähige Anschluss erst 1974 bei der Neugestaltung der Straße als "Einkaufszone" vollständig erneuert worden sei. Zudem halte sie die geltend gemachten Kosten für unangemessen hoch. Die Aufmaßblätter enthielten Kostenpositionen auch für die Nachbargrundstücke. Es seien insbesondere keine 22,5 m bzw. 37 m Entwässerungsrohrleitung verlegt worden, weil das Grundstück an der Straße nur eine Breite von 10 m aufweise. Es sei auch kein Putz ausgebessert worden. Zudem habe sie einen Anspruch auf Herabsetzung des Erstattungsbetrages, weil die Erstattungspflichtigen über das beabsichtigte Vorhaben nicht frühzeitig informiert worden seien.

Nachdem die Beklagte den angefochtenen Bescheid unter dem 29. Juni 2001 hinsichtlich eines Teilbetrages i. H. v. 641,68 DM aufgehoben hatte, haben die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 08. August 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03. April 2001 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ausgeführt, der Bescheid sei in einer Höhe von 5.219,50 DM rechtmäßig. Dass in den Aufmaßblättern auch die Nachbargrundstücke aufgeführt seien, beruhe darauf, dass die Leitungen jeweils in einem gemeinsamen Graben verlegt worden seien. Deshalb seien die Erd- und Rohrverlegungsarbeiten jeweils in einem Aufmaß erfasst. Bei der Erstattung sei dem durch eine Aufteilung der Kostenmassen zwischen den Grundstücken Rechnung getragen. Auch die Länge der Rohrleitungen stimme. Die Grundstücksbreite stehe in keinem Zusammenhang mit den Hausanschlusslängen. Die Anschlüsse seien vom Haus in Richtung Straßenmitte verlegt worden. Die Putzausbesserung sei beim Einbau eines Regenrohreinlaufs erforderlich geworden, um das Mauerwerk des Regenrohreinlaufs mit seinem Unterbau gegen anstehende Nässe zu schützen.

Das Verwaltungsgericht Halle hat die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 21. Januar 2004 aufgehoben, soweit nicht die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten: Es sei schon zweifelhaft, ob der Beklagten ein eigener Aufwand entstanden sei, weil die Baumaßnahmen der Stadtwerke B-Stadt GmbH und nicht der Beklagten in Rechnung gestellt worden seien. Denn jedenfalls handele es sich bei der Baumaßnahme nicht um eine Erneuerung, weil die Beklagte nicht nachgewiesen habe, dass die 1915 verlegten Grundstücksanschlüsse erneuerungsbedürftig gewesen seien, so dass dahingestellt bleiben könne, ob an den Leitungen seit der Errichtung Arbeiten durchgeführt worden seien.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend, die Ein- und Auszahlungen für den Eigenbetrieb Abwasserbeseitigung der Beklagten seien von dessen kaufmännischen und technischen Betriebsführer, der Stadtwerke B-Stadt GmbH, abgewickelt und über ein Verrechnungskonto mit der Stadt ausgeglichen worden. Bei der Neugestaltung des G-Marktes im Jahre 1974 seien möglicherweise einzelne Reparaturarbeiten durchgeführt worden. Doch sei den beim Bauamt der Beklagten vorhandenen Unterlagen nicht zu entnehmen, dass im Zuge der Neugestaltung auch die Grundstücksanschlüsse erneuert worden seien.

Sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 4. Kammer - vom 25. März 2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Frage, ob die Grundstücksanschlüsse im Zuge der Umgestaltung des G-Marktes (früher: H-Straße) zu einer Fußgängerzone im Jahre 1974 erneuert worden sind. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift für dieses Verfahren und auf die Sitzungsniederschrift im Verfahren 1 L 84/04 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung, über die der Berichterstatter im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats entscheidet (§§ 87 a Abs. 2 und 2, 125 Abs. 2 VwGO), ist teilweise begründet, weil das Verwaltungsgericht der zulässigen Klage zu Unrecht in vollem Umfang stattgeben hat. Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, soweit damit ein Erstattungsbetrag von 4.833,06 DM (= 2.471,10 €) festgesetzt und angefordert wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wegen des diese Summe übersteigenden Betrages ist die Berufung unbegründet, weil das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid insoweit im Ergebnis zu Recht aufgehoben hat.

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Erstattungsbescheid ist § 2 Abs. 2 der Satzung über Kostenerstattungen für die zentralen Abwasserbeseitigungsanlagen der Stadt B-Stadt (Kostenerstattungssatzung - KS) vom 09. Juni 1994. Danach sind der Stadt die Aufwendungen für die Erneuerung von Grundstücksanschlüssen in der tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten.

1) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist Voraussetzung für das Entstehen der Erstattungspflicht nicht, dass der Anschlussnehmer einen Antrag auf Erneuerung seiner Grundstücksanschlussleitung gestellt hat (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 08.05.2003 - 1 L 148/03 -). Gemäß § 2 Abs. 1 KS sind der Beklagten die Aufwendungen für die Herstellung zusätzlicher Grundstücksanschlüsse in tatsächlich entstandener Höhe zu erstatten, wenn der Grundstückseigentümer die Herstellung des weiteren Anschlusses beantragt hat. Gemäß § 2 Abs. 2 KS gilt gleiches für die Erneuerung sämtlicher Grundstücksanschlüsse (Erstanschlüsse und zusätzliche Anschlüsse). Die Wendung "Gleiches gilt für ... die Erneuerung ... sämtlicher Grundstücksanschlüsse ..." bezieht sich auf die in § 2 Abs. 1 KS angeordnete Rechtsfolge. Zwar mag der Wortlaut der Regelung auch eine Deutung zulassen, die die Kostenerstattungspflicht neben den in § 2 Abs. 2 KS genannten Voraussetzungen zudem nur von der in Abs. 1 genannten weiteren Voraussetzungen eines entsprechendes Antrages abhängig macht. Ein solches Ergebnis entspricht indes nicht dem in der Regelung erkennbar zum Ausdruck gebrachten Zweck der Bestimmung. Wenn § 2 Abs. 1 KS die Kostenerstattungspflicht für einen weiteren Grundstücksanschluss davon abhängig macht, dass dieser weitere Anschluss auf Antrag des Grundstückseigentümers hergestellt worden ist, so beruht dies auf der Erwägung, dass der Pflicht zum Anschluss an die zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage (vgl. § 3 Abs. 3 und Abs. 1 der Abwasserbeseitigungssatzung der Stadt B-Stadt vom 18.12.1997) genügt, wer über einen Grundstücksanschluss verfügt. Die Kosten für diesen ersten Grundstücksanschluss trägt der Eigentümer als Bestandteil des Anschlussbeitrages (vgl. § 2 Abs. 2 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage der Stadt B-Stadt vom 08.12.1994). Ist der Anschlusspflicht durch Herstellung des ersten Grundstücksanschlusses genügt, so soll der Grundstückseigentümer mit den Kosten für weitere Grundstücksanschlüsse, die nicht erforderlich sind, um der Anschlusspflicht zu genügen, nur dann tragen, wenn er selbst die Kosten veranlasst hat, weil er die Herstellung weiterer Grundstücksanschlüsse beantragt hat. Anderes gilt indes für die in § 2 Abs. 2 KS genannten Maßnahmen einschließlich der hier einschlägigen Erneuerung deshalb, weil die Anschlusspflicht den Grundstückseigentümer nicht nur verpflichtet, sich an die Anlage anzuschließen, sondern zudem, an die Anlage angeschlossen zu bleiben. Dieser Verpflichtung, den Anschluss dauerhaft aufrechtzuerhalten, kann der Grundstückseigentümer nur nachkommen, wenn der Anschluss durch notwendige Maßnahmen zur Erneuerung, Veränderung und Unterhaltung funktionsbereit bleibt. Während die Erneuerung, Veränderung und Unterhaltung somit der Aufrechterhaltung der Anschlussnahme dient, so dass die Kostentragungspflicht nur die Kehrseite der Anschlusspflicht darstellt, ist die Herstellung weiterer Anschlüsse nicht Folge der Anschlusspflicht, sondern des Anschlussrechtes. Die dafür entstehenden Kosten soll der Grundstückseigentümer anders als bei Maßnahmen i. S. d. § 2 Abs. 2 KS, die mit der Anschlusspflicht im Zusammenhang stehen, nur dann tragen müssen, wenn er die Kosten durch einen Antrag selbst veranlasst hat (OVG LSA, a. a. O).

2) Die vom Verwaltungsgericht erhobenen Bedenken, ob der Beklagten überhaupt ein eigener Aufwand entstanden ist, da die Rechnungen an die Stadtwerke B-Stadt GmbH und nicht an die Beklagte gerichtet seien, teilt der Senat nicht. Die Beklagte hat hierzu nach den Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht geltend gemacht und im Berufungsverfahren durch Vorlage von Unterlagen belegt, dass sich die Beklagte zur Durchführung der ihr als abwasserbeseitigungspflichtiger Körperschaft (vgl. § 151 Abs. 1 Satz 1 WG LSA) obliegenden Aufgaben der Stadtwerke B-Stadt GmbH als Drittem bedient. Danach sind die Kosten für die von der Stadtwerke B-Stadt GmbH namens der Beklagten in Auftrag gegebenen Arbeiten über ein Verrechnungskonto der Beklagten beglichen worden, für das der Stadtwerke B-Stadt GmbH eine entsprechende Verfügungsbefugnis eingeräumt ist. Das folgt insbesondere aus den von der Beklagten auszugsweise zitierten Prüfberichten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft I GmbH aus dem Jahre 1996 betreffend die Stadtwerke B-Stadt GmbH, wonach "der kaufmännische Teil der Betriebsführung in einem separaten, vom eigenen Buchungskreis getrennten, Mandanten Abwasser geführt" werde. Die Verbindung zum eigenen Buchungskreis erfolge "über ein Verrechnungskonto". Entsprechend heißt es in dem von der Beklagten auszugsweise zitierten Prüfbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft J betreffend den Eigenbetrieb Abwasser der Beklagten, die Stadtwerke B-Stadt GmbH seien kaufmännischer und technischer Betriebsführer des Eigenbetriebes. Der Zahlungsverkehr werde ebenfalls "über die Stadtwerke abgewickelt. Einnahmen und Ausgaben werden über das Verrechnungskonto Stadtwerke dokumentiert." Ungeachtet dessen erscheint die den Bedenken des Verwaltungsgerichts zugrunde liegende Annahme, die Stadtwerke B-Stadt GmbH erbringe Zahlungen für die Beklagte, ohne gegenüber der Beklagten einen Kostenausgleich geltend zu machen, lebensfremd.

3) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Baumaßnahme als Erneuerung i. S. d. § 2 Abs. 2 KS eine erstattungspflichtige Maßnahme. Eine Erneuerung i. S. dieser Regelung liegt in Übereinstimmung mit § 8 Satz 1 KAG LSA dann vor, wenn ein nach bestimmungsgemäßem Gebrauch abgenutzter Anschluss durch einen neuen Anschluss gleicher Ausdehnung und gleicher Ausbauqualität unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts ersetzt wird (OVG LSA, Urt. v. 24.06.2003 - 1 L 523/02 -). Dabei hat die Gemeinde bei der Beurteilung, ob eine Erneuerung notwendig ist, einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren, weiten Beurteilungsspielraum (zur Duldungspflicht bei einer Erneuerungsmaßnahme nach der AVBWasserV: OVG LSA, Urt. v. 08.08.2002 - 1 L 428/01 -; Nds.OVG, NVwZ-RR 2001, 264 <265>; Dietzel, in: Driehaus <Hrsg.>, Kommunalabgabenrecht, zu § 10 Rdnr. 21). Zwar ist es ihr verwehrt, eine Erneuerung ohne jegliche sachliche Gründe gleichsam auf Vorrat vornehmen zu lassen, ohne dass das Alter oder besondere Bedingungen im Einzelfall einen in absehbarer Zeit eintretenden, auf Verschleiß zurückzuführenden Havariefall befürchten ließen. Auf der anderen Seite hat sie bei der ihr vorbehaltenen Einschätzung, wann eine Anlage verschlissen und infolgedessen erneuerungsbedürftig ist, dem überragend gewichtigen Interesse der Allgemeinheit an einem wirksamen und vorsorgenden Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen (vgl. § 2 Abs. 4 WG LSA) Rechnung zu tragen, für die sie als Abwasserbeseitigungspflichtige i. S. d. § 151 Abs. 1 Satz 1 WG LSA in besonderer Weise Verantwortung trägt. Um dem Interesse an einem wirksamen vorsorgenden Schutz der Gewässer gerecht zu werden, darf die Gemeinde wegen der Verpflichtung, Abwasseranlagen dem Stand der Technik entsprechend zu betreiben (vgl. § 154 Abs. 1 Satz 1 WG LSA) mit der Erneuerung nicht zuwarten, bis verschleißbedingte Störungen im Betrieb der Anlage eintreten und das Grundwasser wegen Havarien aufgrund schadhafter Grundstücksanschlussleitungen verunreinigt wird. Der Aufgabe, einen vorsorgenden nachhaltigen Gewässerschutz zu gewährleisten, wird die Gemeinde nur gerecht, wenn sie vorhandene Grundstücksanschlüsse, bei denen nach den Umständen des konkreten Falles oder nach allgemein anerkannten Regeln von Wissenschaft und Technik in absehbarer Zukunft die Gefahr besteht, dass ihre Funktionsfähigkeit verloren geht oder in einer Weise eingeschränkt wird, die zu Gefährdungen des Grundwassers führen kann, so rechtzeitig austauscht, dass eine Gefährdung des Grundwassers hinlänglich ausgeschlossen werden kann.

a) Im Sinne eines notwendigen vorsorgenden Gewässerschutzes ist es jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn eine Gemeinde - wie hier - Grundstücksanschlussleitungen, die spätestens bis 1915 als Steinzeugleitungen verlegt worden sind, im Jahr 1996 und somit nach über 80 Jahren gegen neue Anschlussleitungen auswechselt. Denn nach der Ziffer 1.1 der Anlage 7 zu Teil I der Richtlinien des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken (Wertermittlungs-Richtlinien 1976 - WertR 1976) vom 31. Mai 1976 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 146 vom 06.08.1976, S. 41), die als Anhaltspunkt für die durchschnittliche Nutzungsdauer herangezogen werden können (OVG LSA, Urt. v. 24.06.2003 - 1 L 483/02 -), ist bei Steinzeugleitungen von einer technischen Lebensdauer von 80 bis 100 Jahren auszugehen. Weist eine Leitung - wie hier - dieses Alter auf, so darf die Gemeinde, ohne die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums zu überschreiten, ohne weitere Ermittlungen von einem Erneuerungsbedarf ausgehen, weil die Erneuerung von Abwasserleitungen, wie oben dargelegt, gerade dazu dient, dem Eintritt eines künftigen verschleißbedingten Schadensfalles vorzubeugen. Das gilt wegen der besonderen Gefahren, die von Abwasserleitungen für das Grundwasser ausgehen, auch dann, wenn im Zeitpunkt der Baumaßnahme erst der untere Bereich in der Spannbreite der durchschnittlichen Lebensdauer erreicht wird. Das folgt aus dem Umstand, dass die Gemeinde bei der Bestimmung des Zeitpunktes für eine Erneuerung von Grundstücksanschlüssen auch berücksichtigen darf, ob die Möglichkeit besteht, die Erneuerungsmaßnahme gemeinsam mit weiteren anstehenden Baumaßnahmen in der Weise zu verbinden, dass die Erneuerung von Anschlüssen in ganzen Straßenzügen durchgeführt wird oder dass die Erneuerung gemeinsam mit anderen Maßnahmen, wie etwa eines Straßenausbaues durchgeführt wird und dem Umstand, dass der den Kommunen bei der Bestimmung, wann aus ihrer Sicht eine Erneuerung notwendig ist, vorbehaltene Beurteilungsspielraum auch zur angemessenen Berücksichtung auch von fiskalischen Erwägungen dient. Denn die Kommunen müssen bei der Bestimmung des Zeitpunktes einer Baumaßnahme auch berücksichtigen, ob und wann ihr die notwendigen Haushaltsmittel für die Vorfinanzierung der Erneuerungsmaßnahmen zur Verfügung stehen.

b) Die bis zum Jahr 1915 verlegten Grundstücksanschlussleitungen sind entgegen der Behauptung der Klägerin auch nicht im Jahre 1973/74 erneuert worden, so dass jedenfalls eine erneute Erneuerung im Jahr 1996 nach etwas über 20 Jahren nicht notwendig gewesen sei. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die im Zuge der Umgestaltung des G-Marktes (früher: H-Straße) in den Jahren 1973 bis 1974 durchgeführten Bauarbeiten keine Erneuerung der Abwassergrundstücksanschlussleitungen vorgenommen worden ist. Eine Erneuerung i. S. d. § 8 Satz 1 KAG LSA setzt voraus, dass die vorhandene Anschlussleitung in ihrer gesamten Ausdehnung ausgetauscht und durch eine neue Leitung gleicher Länge ersetzt wird. Wird hingegen nur ein Teilstück einer Grundstücksanschlussleitung - etwa wegen einer Beschädigung - ersetzt, so handelt es sich nicht um eine Erneuerung, sondern allenfalls um eine Unterhaltungsmaßnahme (vgl. OVG LSA, Urt. v. 24.06.2003 - 1 L 523/02 -). Nach diesen Maßstäben mögen die Leitungen im Bereich des M-Marktes durch Reparaturarbeiten von Unterhaltungsmaßnahmen betroffen gewesen sein. Eine Erneuerung hingegen ist nicht erfolgt. Bei dem Bau der Fußgängerzone in diesem Bereich der Altstadt wurden nur die für die Umgestaltung der Oberfläche notwendigen Baumaßnahmen durchgeführt. Ver- und Entsorgungsleitungen sind nicht flächendeckend ausgetauscht worden. Nur bei den Gasleitungen sind Hausanschlüsse erneuert worden. Die Abwasseranschlüsse hingegen sind nur und nur bei entsprechendem Bedarf instand gesetzt worden, soweit sie durch Arbeiten an anderen Versorgungsleitungen beschädigt worden sind:

Der Zeuge K, der seinerzeit bei dem für die Energieversorgung zuständigen Betrieb als Gasmeister tätig gewesen ist, hat zu den Arbeiten im Bereich G-Markt in der Verhandlung zur Sache 1 L 84/04 ausgeführt, er habe damals mit seinen Arbeitskollegen im Bereich des G-Marktes Gasanschlüsse ausgetauscht. Die Straße sei in ihrer gesamten Breite von Bauarbeiten betroffen gewesen. Die Tiefe, bis zu der ausgeschachtet worden sei, sei jedoch unterschiedlich gewesen. Teilweise sei auch bis auf die Tiefe der Hausanschlüsse für die Grundstücksentwässerung ausgeschachtet worden. Bei den Arbeiten an den Gashausanschlüssen seien jedoch von ihm und seinen Kollegen gelegentlich Leitungen anderer Versorgungsträger, darunter auch Schmutzwasseranschlussleitungen beschädigt worden. Sie hätten sich dann jeweils mit dem zuständigen Versorgungsträger in Verbindung gesetzt, der die für die Instandsetzung notwendigen Baumaterialien zur Verfügung gestellt habe. Diese seien dann von ihnen eingebaut worden. Auf diese Weise seien nach seiner Erinnerung etwa 10 bis 20 v. H. der Abwasserhausanschlüsse "erneuert" worden. Dass dabei auch an den Hauptsammlern Arbeiten durchgeführt worden wären, konnte der Zeuge K aus eigener Anschauung nicht bezeugen. Das macht deutlich, dass es sich bei den Maßnahmen zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der beschädigten Grundstücksanschlüsse nicht um eine Erneuerung, sondern um eine Instandsetzungs- und damit um eine Unterhaltungsmaßnahme gehandelt hat. Denn wenn der für die Abwasserbeseitigung zuständige Versorgungsträger die in diesem Bereich vorhandenen Grundstücksanschlüsse als erneuerungsbedürftig angesehen hätte, so wären diese Leitungen im Zuge der Baumaßnahme flächendeckend ausgewechselt worden, so wie dies nach dem vom Kläger zu den Akten gereichten Auszug des Stadtführers aus dem Jahr 1977 für die Baumaßnahmen am ehemaligen L-Platz (heute: M-Markt) geschehen sein mag. Das aber ist nach der Aussage des Zeugen K gerade nicht gemacht worden. Vielmehr hat man sich auf die Ausbesserung von festgestellten Beschädigungen beschränkt. Dafür spricht auch, dass der Zeuge K nicht wahrgenommen hat, dass auch an den Hauptsammlern Arbeiten durchgeführt worden wären. Eine Erneuerung i. S. d. § 8 Satz 1 KAG LSA liegt nur dann vor, wenn ein Anschluss in Gänze durch einen neuen Anschluss gleicher Ausdehnung ersetzt wird. Es genügt nicht, wenn - wie hier - nur beschädigte Teile eines vorhandenen Anschlusses ausgewechselt werden (vgl. OVG LSA, Urt. v. 24.06.2003 - 1 L 523/02 -). Wenn bei den Baumaßnahmen in den Jahren 1973/74 Grundstücksanschlüsse erneuert worden wären, so hätte die erneuerte Anschlussleitung am Anschlusspunkt im Straßenkörper in den Hauptsammler eingebunden werden müssen. Dass an den Hauptsammlern Arbeiten durchgeführt worden wären, konnte indes der Zeuge gerade nicht bestätigen.

Bestätigt wird dieses Ergebnis auch durch die Angaben des Zeugen A., der damals ebenfalls bei der für die Gasversorgung zuständigen Energieversorgung B-Stadt gearbeitet hatte und in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Zeugen K dargelegt hat, dass die Gasanschlüsse anlässlich der Umgestaltung des G-Marktes zu einer Fußgängerzone ausgewechselt worden sind, weil diese z. T. aus Stahl oder Gussleitungen gefertigt waren und zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr den anerkannten Regeln der Technik entsprachen.

Dieses Ergebnis wird auch nicht durch den Vortrag Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Frage gestellt, obwohl sie geltend macht, nach ihrer Erinnerung seien damals sämtliche Leitungen einschließlich der Abwasseranschlüsse "erneuert" worden. Auch sei sehr tief ausgeschachtet worden, so dass nach ihrer Erinnerung auch die Hauptsammler freigelegt worden seien. Denn sie hat dabei ausdrücklich hervorgehoben, sie könne nicht sagen, ob an den Leitungen nur Ausbesserungsarbeiten durchgeführt worden seien oder ob die Leitungen sämtlich ausgetauscht worden seien.

Damit fügt sich dieser Vortrag der Klägerin dem Inhalt nach mit den Aussagen der Zeugen K und A. jedenfalls insoweit zu einem widerspruchsfreien Bild zusammen, als dass weder die Klägerin noch die Zeugen angegeben haben oder angeben konnten, dass Grundstücksanschlussleitungen, über bloße Reparatur- und Instandhaltungsmaßnahmen hinaus, die nach § 8 Satz 1 KAG LSA nur Unterhaltungsmaßnahmen darstellen würden, in ihrer Gesamtlänge durch neue Leitungen ausgetauscht worden wären.

Auch der Akteninhalt lässt einen anderen Schluss nicht zu. Zwar ist nach den Angaben in dem dem Gericht im Verfahren 1 L 84/04 vorgelegten, vom Rat der Stadt B-Stadt im Jahr 1977 herausgegebenen Stadtführer bezüglich des Baus der Fußgängerzone bemerkt, dass bei der Umgestaltung des L-Platzes (heute: M-Markt) neue Abwasserhauptsammler einschließlich der dazugehörigen Hausanschlüsse verlegt worden seien. Diese Bemerkung bezieht sich jedoch ausdrücklich nur auf den Bereich jenes Platzes und lässt keine Rückschlüsse darauf zu, dass die Arbeiten im weiteren Bereich der Altstadt ein vergleichbares Ausmaß gehabt hätten. Vielmehr beschränken sich die Ausführungen hinsichtlich des hier in Rede stehenden G-Marktes (früher: H-Straße) auf den Hinweis, die "völlig neue Gestaltung" des L-Platzes" habe "unter den Bauschaffenden und Bürgern eine Initiative" ausgelöst, "so dass in der Folge auch die H- und N-Straße, ... ihr Gesicht änderten und als geschlossenes Ensemble zur verkehrsfreien Zone wurden, ..." Dass die ehemalige H-Straße in ihrer Gestaltung durch den Umbau erheblich verändert worden ist, lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass auch in diesem Bauabschnitt sämtliche Ver- und Entsorgungsmedien vollständig erneuert worden wären, wie dies nach dem Inhalt des Stadtführers im Bereich des L-Platzes der Fall gewesen sein soll. Auch der dem Gericht in jenem Verfahren vorgelegte Zeitungsartikel, in dem eine damalige Stadtverordnete die Baumaßnahmen beschreibt (NDW/DU v. 30.04.1974, S. 3), ist nicht geeignet, das Ergebnis der Beweisaufnahme in Frage zu stellen. Denn danach sind in der Altstadt (nur) die Hauptleitungen Gas und Wasser erneuert und die dazugehörigen Hausanschlüsse ausgewechselt und zusätzlich Telefonkabel verlegt worden. Dass hingegen auch die Abwassergrundstücksanschlüsse Gegenstand der Baumaßnahmen gewesen wären, lässt sich dem Inhalt des Artikels nicht entnehmen. Vielmehr fügt sich auch der Inhalt dieses Zeitungsartikels widerspruchsfrei ein in die Schilderung der Zeugen K und A. zu dem Umfang der Baumaßnahmen.

4) Indes hat die Beklagte den Umfang der auf die Klägerin entfallenden tatsächlichen Kosten (vgl. § 2 Abs. 1 KS) zu hoch bemessen.

a) Zwar wendet die Klägerin zu Unrecht ein, Putzarbeiten seien nicht durchgeführt worden, so dass die darauf entfallende Kostenposition abzuziehen sei. Denn die Beklagte hat hierzu erläutert, die Ausbesserung sei beim Einbau des Regenrohreinlaufs erforderlich geworden und beinhalte auch den Unterbau des Regenrohreinlaufes. Dem ist die Klägerin mit substanziierten Einwänden nicht entgegengetreten, so dass für das Gericht kein Anlass besteht, dieser Frage von Amts wegen (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) nachzugehen.

b) Ohne Erfolg wendet die Klägerin auch gegen die Bemessung der Kosten für die Erneuerung des Schmutzwasseranschlusses ein, die Leitungslängen seien fehlerhaft angegeben. Denn nach der im Verhandlungstermin vorgelegten Karte, die die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend als maßstabsgetreu angesehen haben, weist die Schmutzwassergrundstücksanschlussleitung an der Grenze zwischen den Grundstücken D-Straße und G-Markt 9 bis zum Anschlusspunkt an dem in der Straße verlegten Hauptsammler eine Länge von 5 cm auf. Das entspricht bei dem Maßstab von 1 : 250 einer Länge von 12,50 m. Soweit die Klägerin geltend macht, es seien nicht 12,5 m, sondern 19 m Leitungslänge abgerechnet worden, verkennt sie, dass die Leitungen für ihr Grundstück gemeinsam mit der Regenwasserleitung des Nachbargrundstücks G-Markt 9 in einem Schacht verlegt worden sind. Deshalb hat die Beklagte bei der Bemessung der Kosten den Aufwand für Schächte und Rohrleitungen auf beide Grundstücke hälftig aufgeteilt, so dass ihr Leitungs- und Schachtlängen von nur 9,5 m in Rechnung gestellt worden sind. Da Anhaltspunkte dafür, dass die Leitungslänge nach der Karte nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, nicht ersichtlich und nicht geltend gemacht worden sind, ist der Aufwand für den Schmutzwasseranschluss mit der von der Beklagten ermittelten Summe von 4.391,42 DM jedenfalls nicht zu hoch bemessen worden.

c) Anders verhält es sich hingegen hinsichtlich der Bemessung der Kosten für den Regenwassergrundstücksanschluss. Dieser Anschluss weist nach der zeichnerischen Darstellung in der Karte eine Länge von 6 m (= 2,4 cm x 250) auf. Abgerechnet worden sind jedoch Leitungslängen von 22,5 m. Zwar ist auch hier die Anschlussleitung in einem Schacht gemeinsam mit der Anschlussleitung des Nachbargrundstücks G-Markt 7 verlegt worden. Doch nach der danach vorzunehmenden Halbteilung beliefe sich die auf die Klägerin entfallende Leitungslänge auf 11,25 m, obwohl sie nach der zeichnerischen Darstellung in der Karte tatsächlich nur 6 m beträgt. Deshalb ist der der Klägerin in Rechnung gestellte Aufwand von 720,07 DM in dem Verhältnis zu kürzen, in dem die tatsächliche Leitungslänge von 6 m die abgerechnete Leitungslänge von 11,25 m übersteigt. Danach verbleibt eine Kostenposition von 384,04 DM, die zuzüglich 15 v. H. USt zu einem auf den 6 m langen Regenwasseranschluss entfallenden Erstattungsbetrag von 441,64 DM führt. Deshalb ist der Kostenerstattungsbescheid der Beklagten rechtswidrig, soweit damit ein Erstattungsbetrag für die Erneuerung des Schmutz- und des Regenwasseranschlusses von mehr als insgesamt 4.833,06 DM (= 2.471,10 €) geltend gemacht wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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