Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 16.01.2009
Aktenzeichen: 1 M 2/09
Rechtsgebiete: GG, LSA-BG, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
LSA-BG § 8 Abs. 1
VwGO § 123 Abs. 1
VwGO § 146 Abs. 4
1. Zur Vergleichbarkeit von dienstlichen Beurteilungen, insbesondere zum Verhältnis von Anlass- und Regelbeurteilungen, in Falle einer Beförderungskonkurrenz zwischen Beamten.

2. Zur Aktualität von dienstlichen Beurteilungen im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung des Dienstherrn.


Gründe:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 11. Dezember 2008, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die von ihm dargelegten Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg.

Die Einwendungen des Antragsgegners rechtfertigen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht. Das Verwaltungsgericht hat die begehrte einstweilige Anordnung im Ergebnis zu Recht erlassen.

Soweit sich der Antragsgegner unter Ziffer II. seiner Beschwerdebegründungsschrift gegen die selbständig tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes dahingehend wendet, dass angesichts des den Beigeladenen betreffenden deutlich kürzeren und lediglich auf dessen Tätigkeit beim C. abstellenden Beurteilungszeitraumes auch für den Antragsteller eine Anlassbeurteilung hätte erstellt werden müssen, tritt er der angefochtenen Entscheidung nicht schlüssig entgegen.

Der Beamte hat gegenüber dem Dienstherrn bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl unmittelbar nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (so in ständiger Rechtsprechung: BVerwG, zuletzt Urteil vom 17. August 2005 - Az.: 2 C 36.04 -, zitiert nach juris [m. z. N.]). Ein Beförderungsbewerber hat dementsprechend einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entscheidet (so genannter Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. hierzu: BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 9. Juli 2002 - Az.: 2 BvQ 25/02 -, NVwZ 2002, 1367, und vom 24. September 2002 - Az.: 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - Az.: 2 C 14.02 -, BVerwGE 118, 370 [m. z. N.]).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (etwa: Urteil vom 21. August 2003, a. a. O., m. w. N.) entspricht es dem bei der Beförderung zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Regelmäßig sind dies die - bezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung - aktuellsten Beurteilungen, wobei der Dienstherr im Rahmen ordnungsgemäßer Personalbewirtschaftung dafür zu sorgen hat, dass die Beamten grundsätzlich regelmäßig dienstlich beurteilt werden, da die dienstliche Beurteilung mit ihrer auf das innegehabte Amt bezogenen Bewertung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung vor allem dem Vergleich zwischen den für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens oder für die Verleihung eines Beförderungsamtes in Betracht kommenden Beamten dient. Allerdings hindert selbst das Fehlen wirksamer dienstlicher Beurteilungen im maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nicht die Durchführung eines Stellenbesetzungsverfahrens. Indes sind von der Behörde die eignungs-, leistungs- und befähigungsrelevanten Merkmale des Bewerbers zu ermitteln, die einen Vergleich nach den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG ermöglichen (vgl.: BVerwG, a. a. O.).

Da die Auswahlentscheidung bei der Beförderung den Grundsatz der Bestenauslese zu beachten hat und zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber bezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen ist, dürfen der Bewerberauswahl für die Besetzung eines öffentlichen Amtes nur Kriterien zugrunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen, also solche, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte oder Richter den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Anderen Kriterien darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung von Bewerbern ergibt (so ausdrücklich: BVerwG, Urteil vom 17. August 2005, a. a. O. [m. w. N.]; siehe im Übrigen: Beschluss des beschließenden Senates vom 21. April 2006 - Az.: 1 M 54/06 -).

Ob ein deutlicher oder aber nur ein geringfügiger Leistungsunterschied im Vergleich der Bewerber vorliegt (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 10. November 1993 - Az.: 2 ER 301.93 -, ZBR 1994, 52; OVG LSA, Beschluss vom 14. Mai 2002 - Az.: 3 M 76/02 -) und damit sonstige Auswahlkriterien zum Zuge kommen können, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern ist im Einzelfall zu ermitteln. Dabei sind zum einen die jeweiligen dienstlichen Beurteilungen und der sonstige Personalakteninhalt in den Blick zu nehmen. Zum anderen sind im Hinblick auf das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle auch weitere Kriterien wie besondere Fachkenntnisse oder eine bereits erworbene Funktionserfahrung für das angestrebte Amt zu berücksichtigen.

Bei dem Vergleich der letzten (aktuellen) dienstlichen Beurteilungen ist es gegebenenfalls notwendig und sachgerecht, wenn beim Leistungsvergleich nicht lediglich auf die Gesamtbewertung, sondern zugleich auf einzelne, in den dienstlichen Beurteilungen zum Ausdruck kommende Leistungsmerkmale abgestellt wird. Denn eine dienstliche Beurteilung erschließt sich mitunter nicht nur durch ihr Gesamturteil. Sie ist zugleich auch durch ihren Inhalt, namentlich durch Art und Umfang ihrer eignungs- und leistungsrelevanten Aussagen, gekennzeichnet (OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2006 - Az.: 1 M 216/06 -, Beschluss vom 14. Mai 2002 - Az.: 3 M 76/02 - [m. w. N.]). Ergänzend sind die früheren dienstlichen Beurteilungen heranzuziehen, denn beim Leistungsvergleich zur Realisierung des Grundsatzes der Bestenauslese ist eine vollständige Auswertung des verfügbaren und verwertbaren Informationspotentials geboten. Zuvor hat die zur Auswahlentscheidung berufene Stelle allerdings stets zu prüfen, ob das den dienstlichen Beurteilungen zugrunde liegende Bewertungssystem einheitlich ist und die durch die dienstlichen Beurteilungen ausgewiesenen Leistungen auch im übrigen einem Vergleich unterzogen werden können (OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]). Dabei ist auch in Betracht zu ziehen, ob die jeweiligen Beurteilungen gleichwertige Dienstposten betreffen. Sind nämlich zwei Bewerber auf Dienstposten mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad gleich gut beurteilt worden, so hat derjenige eine höherwertige Leistung erbracht, der die Aufgaben des schwierigeren Dienstpostens erfüllt hat (BVerwG, Beschluss vom 2. April 1981 - Az.: 2 C 13.80 -, DÖD 1981, 279; OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]).

Die Entscheidung über die Auswahl unter mehreren Bewerbern steht im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, wobei das Ermessen insofern gebunden ist, als die Entscheidung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen ist (Art. 33 Abs. 2 GG, § 8 Abs. 1 BG LSA). Der Bewerber hat dementsprechend (nur) einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, welcher dann verletzt ist, wenn die für den Bewerber nachteilige Auswahlentscheidung unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist oder auf einer fehlerhaften Ausübung von Ermessens- bzw. Beurteilungsspielräumen beruht (siehe: OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2006 - Az.: 1 M 216/06 -, Beschluss vom 14. Mai 2002 - Az.: 3 M 76/02 - [m. w. N.]). Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, bei dem der Ernennungsbehörde durch Art. 33 Abs. 2 GG, § 8 Abs. 1 Satz 2 BG LSA ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist mit der Folge, dass Verwaltungsgerichte bei der Überprüfung der behördlichen Entscheidung darauf beschränkt sind, die Einhaltung seiner Grenzen zu kontrollieren, nämlich ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungsermächtigung verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (siehe: OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]). Wird das subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass der unterlegene Beamte eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d. h. wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - Az.: 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200).

Die vorstehenden Grundsätze hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt und insbesondere - selbständig tragend - die Fehlerhaftigkeit der vom Antragsgegner getroffenen Auswahlentscheidung u. a. damit begründet, dass diese auf einer Beurteilung des Beigeladenen beruhe, welche "die (nur) 16-monatige Tätigkeit des Beigeladenen auf einem höherwertigen Dienstposten ohne Berücksichtigung seiner vormaligen Arbeit beim Landesverwaltungsamt" umfasse, während die Beurteilung des Antragstellers einen Zeitraum von 36 Monaten zum Gegenstand habe, der bereits mit dem 31. Dezember 2007 ende. In der Sache rügt das Verwaltungsgericht letztlich damit zu Recht, dass die Auswahlentscheidung auf der Grundlage unzureichend miteinander vergleichbarer dienstlicher Beurteilungen erfolgt ist, ohne diesen Mangel anderweitig ausgeglichen zu haben.

Im Verhältnis von Regel- und Anlassbeurteilungen zueinander bzw. von Anlassbeurteilungen untereinander sind allerdings nicht dieselben strengen Anforderungen an die Vergleichbarkeit zu stellen, wie sie für Regelbeurteilungen gelten. Dass die nötige höchstmögliche Vergleichbarkeit der Beurteilungen grundsätzlich nur dann gewährleistet ist, wenn auch die Beurteilungsstichtage und die erfassten Beurteilungszeiträume formal gleich sind, ist in den BeurtRL nicht vorgegeben und lässt sich auf Anlassbeurteilungen nicht übertragen, weder im Verhältnis zueinander noch im Verhältnis zu Regelbeurteilungen. Diese Forderung stieße schon an praktische Grenzen und würde die anders gelagerte Funktion von Anlassbeurteilungen vernachlässigen. Diese sollen lediglich einen aktuellen Leistungsvergleich ermöglichen, wo dieser anders nicht herzustellen ist, und darüber hinaus Aussagen zur Eignung bezogen auf das konkret angestrebte Amt enthalten. Von daher ist die Aussagekraft von Anlassbeurteilungen grundsätzlich auf den Anlass und den von ihr erfassten Zeitraum beschränkt und verändert nicht die an eine nachfolgende Regelbeurteilung gestellten Anforderungen. Demgegenüber soll die Regelbeurteilung - für alle Beamten gleichmäßig - die zu beurteilenden Merkmale nicht nur punktuell, sondern in ihrer zeitlichen Entwicklung und unabhängig von einer konkreten Verwendungsentscheidung erfassen (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2001 - Az.: 2 C 41.00 - ZBR 2002, 211; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Juni 2006 - Az.: 1 B 195/06 -, zitiert nach juris [m. w. N.]; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15. März 2007 - Az.: 4 S 339/07 -, zitiert nach juris; OVG LSA Beschluss vom 6. Juli 2007 - Az.: 1 M 117/07 -). Hierdurch bedingt sind weniger strenge Anforderungen zu stellen, was die Übereinstimmung der Beurteilungszeiträume von Anlassbeurteilungen angeht. Die Einholung - auch gebotener - Anlassbeurteilungen darf indes nicht dazu führen, dass einem der Bewerber ein nicht nur marginaler Aktualitätsvorsprung zuwächst. In einem solchen Fall ist der Dienstherr gehalten, die resultierenden Erkenntnisdefizite bei den übrigen Bewerbern auszugleichen und die Vergleichbarkeit sämtlicher dienstlichen Beurteilungen herzustellen (siehe: OVG LSA, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.; VGH Baden-Württemberg, a. a. O.; ähnlich: BayVGH, Beschluss vom 20. September 2002 - Az.: 3 CE 02.2056 -, zitiert nach juris). Inwieweit die Beurteilungszeiträume differieren können, ohne dass dadurch ein aussagekräftiger Leistungsvergleich ausgeschlossen wird, bedarf vorliegend keiner exakten Festlegung. Von einem nicht mehr aussagekräftigen aktuellen Vergleich der Leistungen kann jedenfalls dann keine Rede mehr sein, wenn die der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Beurteilungszeiträume überhaupt nicht oder nur noch geringfügig übereinstimmen (siehe: OVG LSA, a. a. O.; vgl. zudem: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23. August 1993 - Az.: 2 B 11694/93 -, NVwZ-RR 1994, 225; OVG Saarland, Beschluss vom 1. Juli 1994 - Az.: 1 W 38/94 -, zitiert nach juris).

Hieran gemessen ist die Vergleichbarkeit der den Antragsteller und den Beigeladenen betreffenden Beurteilungen, die der Antragsgegner ausschließlich seiner Auswahlentscheidung zugrunde gelegt hat (vgl. Bl. 35 der Beiakte A), nicht mehr gegeben. Zum einen ist bereits zu beachten, dass in Bezug auf den Antragsteller bei der Auswahlentscheidung dessen letzte Regelbeurteilung zugrunde gelegt wurde, während für den Beigeladenen lediglich eine Anlassbeurteilung gefertigt wurde. Dies mag zwar grundsätzlich rechtlich nicht zu erinnern sein. Gleichwohl kann deren unterschiedliches Gewicht bei der Auswahlentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben. Denn während - wie bereits ausgeführt - die Aussagekraft von Anlassbeurteilungen grundsätzlich auf den Anlass und den von ihr erfassten Zeitraum beschränkt ist, soll die Regelbeurteilung für alle Beamten gleichmäßig die zu beurteilenden Merkmale nicht nur punktuell, sondern in ihrer zeitlichen Entwicklung und unabhängig von einer konkreten Verwendungsentscheidung erfassen. Kommt zum anderen im gegebenen Fall aber noch hinzu, dass die Regelbeurteilung des Antragstellers einen Zeitraum von 36 Monaten umfasst (1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2007), die des Beigeladenen hingegen nur etwas mehr als 15 Monate (1. April 2007 bis 6. Juli 2008) und damit nur etwa 40 % der Beurteilungspanne des Antragstellers, kann von einer Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen dem Grunde nach nicht mehr gesprochen werden. Vorliegend tritt hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Beurteilungen hinzu, dass aufgrund der differierenden Beurteilungszeiträume lediglich in einer Zeitspanne von 9 Monaten (1. April 2007 bis 31. Dezember 2007) ein unmittelbarer Leistungsvergleich ermöglicht wird. Hiernach ist im gegebenen Fall zu konstatieren, dass die der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Beurteilungszeiträume nur noch geringfügig übereinstimmen und damit nicht mehr hinreichend Auskunft über den aktuellen Leistungsstand des Antragstellers und der Beigeladenen geben.

Der Antragsgegner hat bei seiner Auswahlentscheidung trotz der nicht hinreichend vergleichbaren dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen lediglich diese und nicht etwaige vorangegangene dienstliche Beurteilungen zugrunde gelegt. Dass über die Leistungen des Beigeladenen - wie der Antragsgegner selbst ausführt - bereits seit 8 Jahren keine dienstliche (Regel-)Beurteilung erstellt wurde, hätte daher im vorliegenden Fall bezogen auf den Beigeladenen geboten, eine Anlassbeurteilung gemäß Ziffer 4 Satz 2 der Beurteilungsrichtlinie des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt vom 24. Mai 2007 - künftig: BeurtRL MK 2007 - erstellen zu lassen, die einen der dienstlichen Regelbeurteilung des Antragstellers vergleichbaren Beurteilungszeitraum umfasst.

Die insoweit vom Antragsgegner in der Beschwerdebegründungsschrift vorgetragenen Einwände greifen nicht durch. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf den Zeitpunkt der Erstellung der dienstlichen Beurteilungen abstellt, liegt dies rechtlich neben der Sache. Maßgeblich ist im Hinblick auf die Aktualität und Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen nicht der Zeitpunkt ihrer Fertigung, sondern ausschließlich der von ihnen umfasste Beurteilungszeitraum. Dieser allein bestimmt den zeitlichen Umfang, insbesondere den zeitlichen Schlusspunkt der Beurteilung der bis dahin erbrachten dienstlichen Leistungen des Beamten.

Auch die weiteren Einwendungen betreffend die Möglichkeit der Beurteilung des Beigeladenen bleiben ohne Erfolg. Zugrunde zu legen sind vorliegend die BeurtRL MK 2007, denn maßgebend ist allein, welches Beurteilungssystem zum Beurteilungsstichtag gegolten hat (vgl.: BVerwG, Urteil vom 2. März 2000 - Az.: 2 C 7.99 -, Buchholz 237.8 § 18 RhPLBG Nr. 1 [m. w. N.]; OVG LSA Beschluss vom 27. März 2006 - Az.: 1 L 1/06 -, veröffentlicht bei juris). Im Hinblick auf die hier erfolgten Beurteilungen galten die vorbezeichneten BeurtRL MK 2007. Auf eine vormalige Zuständigkeit für die Fertigung dienstlicher Beurteilungen kommt es - entgegen dem Beschwerdevorbringen - hingegen nicht an. Die BeurtRL MK 2007 sehen in Ziffer 4 Satz 2 zudem ohne zeitliche Beschränkung die Möglichkeit der Erstellung von Anlassbeurteilungen vor. Im Falle eines Dienstpostenwechsels bzw. Wechsels im Unterstellungsverhältnis ist überdies ein Beurteilungsbeitrag einzuholen (Ziffer 5 BeurtRL MK 2007). Dass eine Beurteilung der dienstlichen Leistungen des Beigeladenen für die Zeit vor dem 1. April 2007 nicht möglich gewesen wäre, legt die Beschwerde mithin nicht schlüssig dar und ist auch anderweitig nicht zu erkennen.

Schließlich bestehen durchgreifende Bedenken, ob im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung seitens des Antragsgegners (Vermerk vom 8. September 2008, Bl. 33 ff. der Beiakte A) noch von einer im Verhältnis zur Anlassbeurteilung des Beigeladenen aktuellen Regelbeurteilung des Antragstellers ausgegangen werden kann. Dabei ist - wie bereits ausgeführt - nicht auf den Zeitpunkt der Fertigung dienstlicher Beurteilungen, sondern auf den von ihnen umfassten Beurteilungszeitraum abzustellen. Während im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung durch den Antragsgegner die Beurteilung des Beigeladenen nach wie vor aktuell war (Ende des Beurteilungszeitraumes: 6. Juli 2008 durch die Zweitbeurteilung), endet der Zeitraum der beurteilten Leistungen des Antragstellers bereits mit dem 31. Dezember 2007, so dass dessen Leistungen in mehr als sieben Monaten unberücksichtigt geblieben sind, während bei dem Beigeladenen ausschließlich die aktuellsten dienstlichen Leistungen in die Auswahlentscheidung eingezogen wurden. Die Einholung - auch gebotener - Anlassbeurteilungen darf indes - wie der Senat an anderer Stelle ausgeführt hat - nicht dazu führen, dass einem der Bewerber ein nicht nur marginaler Aktualitätsvorsprung zuwächst. Dies ist jedoch vorliegend bei einem Zeitraum von mehr als sieben Monaten bei gleichzeitiger erheblicher Differenz der zugrunde liegenden Beurteilungszeiträume der Fall. Überdies führt das Fehlen einer den Antragsteller betreffenden Anlassbeurteilung im vorliegenden Verfahren auch dazu, dass es an der zu erwartenden Aussage zur Eignung bezogen auf das konkret angestrebte Amt mangelt.

In einem solchen Fall ist der Dienstherr daher gehalten, die resultierenden Erkenntnisdefizite auszugleichen und die Vergleichbarkeit sämtlicher dienstlichen Beurteilungen herzustellen. Dass dies erfolgt wäre, legt die Beschwerde(begründungs)schrift hingegen nicht (substantiiert) dar und ist für den Senat auch anderweitig nicht ersichtlich. Das Anfertigen eines den Antragsteller betreffenden bloßen Beurteilungsbeitrages genügt dem - entgegen dem Beschwerdevorbringen - jedenfalls nicht. Bei dieser Sachlage hätte sich die Auswahlentscheidung auch nicht entscheidend auf die Ergebnisse der geführten Auswahlgespräche stützen können, da es bereits an einer hierfür erforderlichen Herstellung der Vergleichbarkeit der Bewertung der dienstlichen Leistungen der Beamten mangelt. Unabhängig davon geht der Antragsgegner in seinem Vermerk vom 8. September 2008 selbst davon aus, dass sich aus den über die Auswahlgespräche gefertigten Protokollen "kein eindeutiger Vorsprung eines Bewerbers entnehmen" lässt.

Auf das übrige Beschwerdevorbringen des Antragsgegners kommt es nach alledem nicht mehr entscheidungserheblich an.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren waren nicht aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären, da dieser sich weder dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt noch das Beschwerdeverfahren (wesentlich) gefördert hat.

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 und 5 Satz 2 GKG, wobei der Senat die Hälfte des 6,5-fachen Endgrundgehaltes (hier: Festbesoldung) der Besoldungsgruppe B 2 BBesO nach Maßgabe der Anlage 19 zu § 18c LBesG zugrunde gelegt hat.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück