Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 09.04.2008
Aktenzeichen: 1 M 25/08
Rechtsgebiete: GG, AufstgallgD-VO LSA, BG LSA, LVO LSA, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
AufstgallgD-VO LSA § 2 Abs. 1
AufstgallgD-VO LSA § 2 Abs. 2
AufstgallgD-VO LSA § 3 Abs. 4
AufstgallgD-VO LSA § 3 Abs. 5
AufstgallgD-VO LSA § 3 Abs. 6
AufstgallgD-VO LSA § 3 Abs. 7
BG LSA § 15 Abs. 1
BG LSA § 15 Abs. 3
BG LSA § 23
BG LSA § 25 S. 2
BG LSA § 8 Abs. 1 S. 2
LVO LSA § 14 Abs. 1
LVO LSA § 14 Abs. 2
LVO LSA § 24 Abs. 1
VwGO § 123
VwGO § 65 Abs. 1
VwGO § 65 Abs. 2
1. Dem Dienstherrn ist eine verwaltungsgerichtlich nur beschränkt nachprüfbare Beurteilungsermächtigung für die Frage eingeräumt, ob und gegebenenfalls in welchem Maße ein Beamter die über die Anforderungen der bisherigen Laufbahn wesentlich hinausgehende Eignung für den Aufstieg besitzt bzw. erwarten lässt, ferner eine Ermessensermächtigung hinsichtlich der Frage, wie viele und welche der als geeignet erscheinenden Beamten zum Aufstieg zugelassen werden.

2. Der Beamte kann beanspruchen, dass über seine vorgeschlagene oder beantragte Zulassung zum Aufstiegsverfahren ohne Rechtsfehler entschieden sowie von praktizierten ermessensbindenden Richtlinien nicht zu seinem Nachteil grundlos abgewichen wird. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich insoweit darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Sind Richtlinien erlassen, so kontrolliert das Gericht auch, ob die Richtlinien eingehalten worden sind, ob sie sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung halten und auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen.

3. Da der Aufstieg von einer Laufbahn in die nächst höhere Laufbahn regelmäßig mit einer Beförderung einhergeht und die Entscheidung über die Zulassung eines Beamten zum Aufstieg letztendlich die nachfolgende Beförderungsentscheidung prädestiniert, hat eine nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 2 GG leistungsbezogene Auswahl zu erfolgen, wenn mehrere Beamte die formellen Voraussetzungen der §§ 14 Abs. 2, 24 Abs. 1 LVO LSA für die Zulassung zum Aufstieg erfüllen und nicht anderweitige gesetzliche Bestimmungen besondere Anforderungen regeln.

4. Kriterien, anhand derer die Auswahlentscheidung zu treffen ist, wenn mehrere Beamte die Aufstiegsvoraussetzungen erfüllen, normieren das BG LSA, die LVO LSA und die AufstgallgD-VO LSA nicht.

5. Es entspricht dem hiernach zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurück zu greifen. Regelmäßig sind dies die - bezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung - aktuellsten Beurteilungen.

6. Der Grundsatz der Bestenauslese verlangt einen Qualifikationsvergleich, der in erster Linie auf der Grundlage der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber erfolgt, wobei die gleiche Beurteilungsnote in einem höheren Statusamt im Allgemeinen einen Qualifikationsvorsprung verschafft. Dieser Grundsatz gilt indes nicht ausnahmslos, weil gleiche Beurteilungsnoten in unterschiedlichen Statusämtern gleichwohl zu einer gleichen Qualifikation führen können, wenn ihnen dieselben Leistungsanforderungen zugrunde liegen. Überdies darf der Grundsatz nicht schematisch auf jeden Fall einer Konkurrenz zwischen Beamten unterschiedlicher Statusämter angewendet werden; vielmehr hängt das zusätzlich zu berücksichtigende Gewicht der in einem höheren Statusamt erteilten Beurteilung von den Umständen des Einzelfalls ab.

7. Es steht dem Dienstherrn im Rahmen seiner Beurteilungsermächtigung im Übrigen frei, das Verhältnis der Auswahlkriterien zu gewichten und einzelnen Merkmalen besondere Bedeutung beizumessen.

8. Soweit der Dienstherr Tests oder Prüfungen durchführen lässt, darf er zum einen das Ergebnis nicht unreflektiert übernehmen, sondern darf es sich erst nach eigener Überprüfung zu Eigen zu machen. Hat sich der Dienstherr zu einer entsprechenden Berücksichtigung entschlossen, darf er das Ergebnis zum anderen nur neben etwaigen dienstlichen Beurteilungen, Berichten, Prüfungsergebnissen u. a. als Beitrag zu seinem eigenen umfassenden Eignungsurteil verwerten; eine Auswahlentscheidung allein auf dieser Grundlage ist hingegen - sofern nicht gesetzlich zugelassen - ausgeschlossen.


Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 28. Februar 2008, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die von ihr fristgerecht dargelegten Gründe beschränkt ist, ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die begehrte einstweilige Anordnung zu Unrecht abgelehnt; vielmehr hat die Antragstellerin in dem begehrten und aus dem Hauptsachetenor ersichtlichen Umfang den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO erforderlichen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn die Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sowie die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit den §§ 920 Abs. 2, 924 ZPO glaubhaft zu machen. Wird mit einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen und dadurch in aller Regel ein faktisch endgültiger Zustand geschaffen, kann eine Regelung nur ergehen, wenn der Antragsteller in der Hauptsache zumindest überwiegende Erfolgsaussichten hat und schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen werden müsste. Überwiegende Aussichten in der Hauptsache bestehen hingegen nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch mit größter Wahrscheinlichkeit begründet ist und aller Voraussicht nach auch im Hauptsacheverfahren bestätigt werden wird (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 5. Januar 2007 - Az.: 1 M 1/07 -, veröffentlicht bei juris [m. w. N.]).

So liegt der Fall in dem vorbezeichneten Umfange hier. Aus den von der Antragstellerin dargelegten Gründen hat die Antragsgegnerin - dem Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg vom 14. Februar 2008 in dem Parallelverfahren 5 B 24/08 MD folgend - den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin verletzt, indem sie ihre Auswahlentscheidung unter Missachtung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG getroffen hat.

Der Aufstieg eines Beamten in die nächst höhere Laufbahn bildet im Hinblick auf das Laufbahnprinzip sowie auf die zu stellenden Anforderungen an Eignung und Leistung, die über die Anforderungen der bisherigen Laufbahn wesentlich hinausgehen, die Ausnahme. Soweit der Dienstherr in dem dadurch vorgegebenen Rahmen Stellen für Aufstiegsbewerber vorsieht, steuert er schon den Zugang zum Aufstiegsverfahren nach seinem Eignungsurteil und seinem personalpolitischen Ermessen: Ihm ist eine verwaltungsgerichtlich nur beschränkt nachprüfbare Beurteilungsermächtigung für die Frage eingeräumt, ob und gegebenenfalls in welchem Maße ein Beamter die über die Anforderungen der bisherigen Laufbahn wesentlich hinausgehende Eignung für den Aufstieg besitzt bzw. erwarten lässt, ferner eine Ermessensermächtigung hinsichtlich der Frage, wie viele und welche der als geeignet erscheinenden Beamten zum Aufstieg zugelassen werden. Der Beamte kann andererseits beanspruchen, dass über seine vorgeschlagene oder beantragte Zulassung zum Aufstiegsverfahren ohne Rechtsfehler entschieden sowie von praktizierten ermessensbindenden Richtlinien nicht zu seinem Nachteil grundlos abgewichen wird. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich insoweit darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Sind Richtlinien erlassen, so kontrolliert das Gericht auch, ob die Richtlinien eingehalten worden sind, ob sie sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung halten und auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1982 - Az.: 2 A 1.79 -, Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 1 [m. w. N.]).

Der Aufstieg von einer Laufbahn in die nächst höhere Laufbahn (§ 25 BG LSA) geht regelmäßig mit einer Beförderung einher, die gemäß § 23 BG LSA nach den Grundsätzen des § 8 Abs. 1 Satz 2 BG LSA, mithin nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen ist (OVG LSA, Beschluss vom 9. August 2007 - Az.: 1 M 145/07 -). Dementsprechend prädestiniert die Entscheidung nach §§ 25 Satz 2, 15 Abs. 1 und 3 BG LSA i. V. m. §§ 14 Abs. 2 LVO LSA, 2 AufstgallgD-VO LSA über die Zulassung eines Beamten zum Aufstieg letztendlich die nachfolgende Beförderungsentscheidung. Daher hat eine nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 2 GG leistungsbezogene Auswahl zu erfolgen, wenn - wie hier - mehrere Beamte die formellen Voraussetzungen der §§ 14 Abs. 2, 24 Abs. 1 LVO LSA für die Zulassung zum Aufstieg erfüllen und nicht anderweitige gesetzliche Bestimmungen besondere Anforderungen regeln (vgl.: BayVGH, Beschluss vom 1. Februar 2005 - Az.: 3 CE 04.2323 -, zitiert nach juris [m. w. N.]; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. November 2007 - Az.: 6 A 1249/06 -, zitiert nach juris; OVG Berlin, Beschluss vom 8. Dezember 2000 - Az.: 4 SN 60.00 -, NVwZ-RR 2001, 395). Mithin gelten im Wesentlichen diejenigen Grundsätze, die für eine Auswahlentscheidung im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens maßgeblich sind.

Besondere Regelungen dahingehend, wie die Beamten für das Aufstiegsverfahren auszuwählen sind, bestehen vorliegend nicht. § 25 BG LSA erschöpft sich allein darin, den Aufstieg von einer Laufbahn in die nächst höhere Laufbahn auch ohne Erfüllung der Eingangsvoraussetzungen zuzulassen (Satz 1) und hierfür grundsätzlich eine Prüfung vorzuschreiben (Satz 2). Die auf der Grundlage von §§ 15 Abs. 1 und 3, 25 Satz 2 BG LSA erlassene LVO LSA beschränkt lediglich die Aufstiegsmöglichkeit auf dieselbe Fachrichtung (§ 14 Abs. 1) und regelt in § 14 Abs. 2, dass die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle über den Aufstieg entscheidet, nachdem auf ihre Veranlassung die Stellungnahme einer Auswahlkommission eingeholt oder eine in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung vorgeschriebene Eignungsprüfung durchgeführt worden ist. In § 24 Abs. 1 LVO LSA wird für den Aufstieg eines Beamten des mittleren Dienstes lediglich weiter verlangt, dass er sich in einer Dienstzeit gemäß § 14 Abs. 11 LVO LSA von mindestens 7 Jahren bewährt und ein Beförderungsamt erreicht hat. Schließlich bestimmt die AufstgallgD-VO LSA für die vorliegend erstrebte Laufbahn zudem, dass die von ihrer obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle vorgeschlagenen Beamten zu einer Eignungsprüfung geladen werden, wenn sie in der Vergangenheit regelmäßig überdurchschnittlich beurteilt und durch die Beurteilenden zum Aufstieg empfohlen wurden (§ 2 Abs. 2), und dass die betreffenden Beamten des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes zum Aufstieg in die Laufbahn des gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienstes zugelassen werden können, wenn sie erfolgreich an einer vom Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt durchgeführten Eignungsprüfung teilgenommen haben (§ 2 Abs. 1 Satz 1).

Kriterien, anhand derer die erst nachfolgende Auswahlentscheidung zu treffen ist, wenn - wie hier - mehrere Beamte die vorgenannten Voraussetzungen erfüllen, normieren die vorbezeichneten Bestimmungen mithin nicht. Die Auswahlentscheidung über die Zulassung der Bewerber zum Aufstiegsverfahren richtet sich daher - wie bereits eingangs ausgeführt - nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Auswahlprinzipien. D. h., die Entscheidung ist gemäß dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen, nach dem der am besten Geeignete festzustellen ist (vgl. auch: BayVGH, Beschluss vom 1. Februar 2005; a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. November 2007, a. a. O.; vgl. zum sog. gestuften Auswahlverfahren auch: BVerwG, Beschluss vom 6. April 2006 - Az.: 2 VR 2.05 -, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 33).

Es entspricht dem hiernach zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurück zu greifen. Regelmäßig sind dies die - bezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung - aktuellsten Beurteilungen. Neben diesen aktuellen dienstlichen Beurteilungen können auch frühere dienstliche Beurteilungen - und zwar nicht als bloße Hilfskriterien - zu berücksichtigen sein. Bei einem Vergleich zwischen den Bewerbern ermöglichen frühere Beurteilungen Rückschlüsse und Prognosen für die künftige Bewährung (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 1. April 2004 - Az.: 2 C 26.03 -, NVwZ 2004, 1257 [m. w. N.]). Da die Auswahlentscheidung den Grundsatz der Bestenauslese zu beachten hat und zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber bezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen ist, dürfen der Bewerberauswahl nur Kriterien zugrunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen, also solche, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines künftigen Amtes genügt und er sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Anderen Kriterien darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung von Bewerbern ergibt (vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. August 2005, a. a. O. [m. w. N.]; vgl. im Übrigen: OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2006 - Az.: 1 M 216/06 -, veröffentlicht bei juris [m. w. N.]).

Ob ein deutlicher oder aber nur ein geringfügiger Leistungsunterschied im Vergleich der Bewerber vorliegt (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 10. November 1993 - Az.: 2 ER 301.93 -, ZBR 1994, 52; OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2006, a. a. O. [m. w. N.]) und damit sonstige Auswahlkriterien zum Zuge kommen können, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern ist im Einzelfall zu ermitteln. Dabei sind zum einen die jeweiligen dienstlichen Beurteilungen und der sonstige Personalakteninhalt in den Blick zu nehmen. Zum anderen sind im Hinblick auf das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle auch weitere Kriterien wie besondere Fachkenntnisse oder eine bereits erworbene Funktionserfahrung für das angestrebte Amt zu berücksichtigen.

Bei dem Vergleich der letzten (aktuellen) dienstlichen Beurteilungen ist es gegebenenfalls notwendig und sachgerecht, wenn beim Leistungsvergleich nicht lediglich auf die Gesamtbewertung, sondern zugleich auf einzelne, in den dienstlichen Beurteilungen zum Ausdruck kommende Leistungsmerkmale abgestellt wird. Denn eine dienstliche Beurteilung erschließt sich mitunter nicht nur durch ihr Gesamturteil. Sie ist zugleich auch durch ihren Inhalt, namentlich durch Art und Umfang ihrer eignungs- und leistungsrelevanten Aussagen, gekennzeichnet (OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2006, a. a. O. [m. w. N.]). Ergänzend sind ferner die früheren dienstlichen Beurteilungen heranzuziehen, denn beim Leistungsvergleich zur Realisierung des Grundsatzes der Bestenauslese ist eine vollständige Auswertung des verfügbaren und verwertbaren Informationspotentials geboten. Zuvor hat die zur Auswahlentscheidung berufene Stelle allerdings stets zu prüfen, ob das den dienstlichen Beurteilungen zugrunde liegende Bewertungssystem einheitlich ist und die durch die dienstlichen Beurteilungen ausgewiesenen Leistungen auch im übrigen einem Vergleich unterzogen werden können (OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2006, a. a. O. [m. w. N.]). Dabei ist auch in Betracht zu ziehen, ob die jeweiligen Beurteilungen gleichwertige Dienstposten betreffen. Sind nämlich zwei Bewerber auf Dienstposten mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad gleich gut beurteilt worden, so hat derjenige eine höherwertige Leistung erbracht, der die Aufgaben des schwierigeren Dienstpostens erfüllt hat (BVerwG, Beschluss vom 2. April 1981 - Az.: 2 C 13.80 -, DÖD 81, 279; OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2006, a. a. O. [m. w. N.]).

Der Grundsatz der Bestenauslese verlangt damit nach alledem einen Qualifikationsvergleich, der in erster Linie auf der Grundlage der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber erfolgt, wobei die gleiche Beurteilungsnote in einem höheren Statusamt im Allgemeinen einen Qualifikationsvorsprung verschafft (vgl. zudem: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. November 2007, a. a. O.). Dieser Grundsatz gilt indes nicht ausnahmslos, weil gleiche Beurteilungsnoten in unterschiedlichen Statusämtern gleichwohl zu einer gleichen Qualifikation führen können, wenn ihnen dieselben Leistungsanforderungen zugrunde liegen. Überdies darf der Grundsatz nicht schematisch auf jeden Fall einer Konkurrenz zwischen Beamten unterschiedlicher Statusämter angewendet werden; vielmehr hängt das zusätzlich zu berücksichtigende Gewicht der in einem höheren Statusamt erteilten Beurteilung von den Umständen des Einzelfalls ab (siehe: BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des 2. Senates vom 20. März 2007 - Az.: 2 BvR 2470/06 -, NVwZ 2007, 691).

Es steht dem Dienstherrn im Rahmen seiner Beurteilungsermächtigung im Übrigen frei, das Verhältnis der Auswahlkriterien zu gewichten und einzelnen Merkmalen besondere Bedeutung beizumessen, d. h. dienstliche Beurteilungen für den Aufstieg geeignet erachteter Beamter nicht lediglich schematisch gegeneinander abzuwägen, ohne damit bereits gegen den Leistungsgrundsatz zu verstoßen. Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn ist es überlassen, in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 1983 - Az.: 2 B 67.82 -, zitiert nach juris [m. w. N.]). Insbesondere kann der Dienstherr bei der Bildung seines Eignungsurteils im Hinblick auf die Aufstiegszulassung auch ein von ihm aus sachlichen Erwägungen für zweckmäßig gehaltenes - generell auch objektiv geeignetes - Testverfahren mit heranzuziehen, wobei die Gewichtung der Ergebnisse eines solchen Testverfahrens im Verhältnis zu anderen Auswahlkriterien unter die Beurteilungsermächtigung des Dienstherrn fällt. Ob er innerhalb des dargestellten Rahmens das zweckmäßigste und gerechteste Verfahren getroffen hat, ist demgegenüber gerichtlich nicht nachzuprüfen (vgl.: BVerwG; Beschluss vom 11. Februar 1983 - Az.: 2 B 103.81 -, Buchholz 237.6 § 8 LBG ND Nr. 2 [m. w. N.]). Soweit der Dienstherr derartige Tests oder Prüfungen durchführen lässt, darf er zum einen das Ergebnis indes nicht unreflektiert übernehmen, sondern darf es sich erst nach eigener Überprüfung zu Eigen zu machen. Hat sich der Dienstherr zu einer entsprechenden Berücksichtigung entschlossen, darf er das Ergebnis zum anderen nur neben etwaigen dienstlichen Beurteilungen, Berichten, Prüfungsergebnissen u. a. als Beitrag zu seinem eigenen umfassenden Eignungsurteil verwerten (vgl.: BVerwG, Urteil vom 22. September 1988 - Az.: 2 B 35.86 -, BVerwGE 80, 224); eine Auswahlentscheidung allein auf dieser Grundlage ist hingegen - sofern nicht gesetzlich zugelassen - ausgeschlossen.

An den vorstehenden Maßgaben gemessen erweist sich die vorliegend streitbefangene erneute Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2008 (Bl. 86 ff. der Gerichtsakte) - wie die Antragstellerin zu Recht rügt - als rechtsfehlerhaft und verletzt die Antragstellerin in ihrem Anspruch auf leistungsgerechte, verfahrensfehlerfreie Einbeziehung in die Auswahlentscheidung über die Zulassung zum Aufstieg in den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst.

Die Antragsgegnerin hat im Hinblick auf die von ihr ausgeschriebenen drei Stellen zum Aufstieg in den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst der Antragstellerin drei Beamte anhand eines Auswahlkriteriums vorgezogen, welches dem Leistungsgrundsatz nicht entspricht.

Die der Antragstellerin vorgezogenen drei Beamten sowie die Antragstellerin erfüllen zunächst jeweils die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 14, 24 LVO LSA, sie wurden gemäß § 2 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 AufstgallgD-VO LSA zur Eignungsprüfung geladen und haben diese jeweils bestanden. Hierzu reichte gemäß § 3 Abs. 6 AufstgallgD-VO LSA, wenn der Beamte gemäß § 3 Abs. 5 AufstgallgD-VO LSA zum mündlichen Teil zugelassen wurde und in diesem mindestens drei Punkte erreicht hat.

Entgegen der wiederholten Auffassung des Verwaltungsgerichtes, die sich die Antragsgegnerin nunmehr zu eigen gemacht und die zu der hier getroffenen erneuten Auswahlentscheidung geführt hat, ergeben sich - wie der Senat bereits ausgeführt hat - aus den Bestimmungen des BG LSA, der LVO LSA und der AufstgallgD-VO LSA keine besonderen Regelungen dahingehend, wie die Beamten für das Aufstiegsverfahren auszuwählen sind, insbesondere kein Vorrang der Ergebnisse des Eignungstests nach § 2 Abs. 1 AufstgallgD-VO LSA. Vielmehr steht es der Antragsgegnerin frei, die unterschiedlichen Ergebnisse der Eignungsprüfung in die von ihr nach dem Leistungsgrundsatz zu treffende Auswahlentscheidung einzubeziehen. Dementsprechend ist die Bestimmung in der Verfügung des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin vom 31. Januar 2002 (dort Ziffer 4 Abs. 2), geändert durch Verfügung vom 11. Juli 2006, dem Grunde nach rechtlich nicht zu erinnern, wonach die Auswahl "nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung anhand der Ergebnisse des Eignungstests" erfolgt. Denn der Dienstherr kann sein Ermessen insoweit auch durch Verwaltungsvorschriften binden. Durch die vorbezeichnete Verfügung hat sich die Antragsgegnerin selbst gebunden, um sicherzustellen, dass die Bewerber für den Aufstieg sachgemäß ausgewählt und dabei einheitlich und gleichmäßig behandelt werden. Die Verfügung stellt sich als eine der Verwaltung im Voraus bekannt gegebene (antizipierte) Verwaltungspraxis dar (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1981 - Az.: 2 C 42.789 -, Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 19). Hiervon ist die Antragsgegnerin indes nunmehr zu Lasten der Antragstellerin aus sachwidrigen, nämlich nicht vom Leistungsgrundsatz getragenen Gründen abgewichen.

Soweit Eignung, Befähigung und fachliche Leistung "anhand" der Ergebnisse des Eignungstests zu bewerten sind, ergibt sich gerade keine Differenzierung zwischen den ausgewählten Beamten und der Antragstellerin. Alle vier Beamten haben vielmehr den Eignungstest im "Ergebnis" mit dem höchsten Gesamteignungsgrad im Sinne von § 3 Abs. 7 AufstgallgD-VO LSA ("ohne Einschränkungen geeignet [5 Punkte]") bestanden. Dies gilt insbesondere auch für den schriftlichen Teil, auf den die AufstgallgD-VO LSA ausweislich der Regelung des § 3 Abs. 7 AufstgallgD-VO LSA besonderes Gewicht legt. Eine weitergehende Differenzierung erfolgt nach der AufstgallgD-VO LSA - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - gerade nicht, zumal in § 3 Abs. 4 AufstgallgD-VO LSA lediglich drei Stufen der Eignungsfeststellung vorgesehen sind, von denen alle hier maßgeblichen vier Beamten die Höchstbewertung erzielt haben.

Da ein Leistungsvergleich zwischen den hier maßgeblichen vier Beamten "anhand d(ies)er Ergebnisse der Eignungstests" damit keinen wesentlichen Eignungsvorsprung eines Kandidaten ergibt, wäre es Aufgabe der Antragsgegnerin gewesen, auf (weitere) unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurück zu greifen. Hierzu gehört indes das ausschließlich von ihr ergänzend herangezogene "Hilfskriterium ,Herausgehobener Dienstposten/Wertigkeit des Dienstpostens'" als solches nicht. Die Einstufung des Dienstpostens, den der Beamte im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung innehat, stellt nämlich kein leistungsbezogenes Auswahlkriterium dar. Zwar sind bei der Beurteilung des Leistungsvermögens eines Beamten und seiner voraussichtlichen Bewährung in einem höheren Amt die Anforderungen in den Blick zu nehmen, die sein Dienstposten stellt. Daraus kann jedoch nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass Inhaber höherwertiger Dienstposten leistungsstärker sind als Inhaber niedriger bewerteter Dienstposten. Die unterschiedliche Einstufung der Dienstposten von Bewerbern rechtfertigt nicht, von einem Leistungsvergleich zwischen ihnen abzusehen (so ausdrücklich: BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - Az.: 2 C 36.04 -, zitiert nach juris; OVG LSA Beschluss vom 30. Juni 2006 - Az.: 1 L 4/06 -, nachfolgend BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 2006 - Az.: 2 B 54.06 -, jeweils veröffentlicht bei juris). Demzufolge stände die Auswahl des Inhabers eines höherwertigen Dienstpostens ohne Bewerberauswahl allenfalls dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn der Beförderungsdienstposten seinerseits aufgrund einer Bewerberauswahl in Anwendung des Leistungsgrundsatzes vergeben worden ist (so: BVerwG, Urteil vom 17. August 2005, a. a. O.). Dass ein solches (Besetzungs-)Verfahren seinerzeit gewählt wurde, hat indes weder die Antragsgegnerin dargelegt, noch ist dies anderweitig, insbesondere aus den vorliegenden Akten, ersichtlich.

Dementsprechend unterliegt es dem Grunde nach keinen rechtlichen Bedenken, dass die Antragsgegnerin ihre ursprüngliche, hiernach indes revidierte Auswahlentscheidung vom 19. November 2007 u. a. nach Maßgabe der Ergebnisse der letzten dienstlichen Beurteilungen getroffen hatte, da es sich hierbei - wie bereits ausgeführt - um ein unmittelbar leistungsbezogenes Kriterium handelt. Dabei sind die dienstlichen Beurteilungen nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen des Senates einer wertenden Betrachtung zu unterziehen. Welches Gewicht bei der Auswahlentscheidung dem Eignungstest beigemessen werden kann, bedarf vor dem Hintergrund der Rechtsfehlerhaftigkeit derselben vorliegend keiner Entscheidung. Hinzuweisen ist indes darauf, dass jedenfalls Auswahlgesprächen nach der Rechtsprechung im Grundsatz nur eine Abrundungswirkung zukommt (vgl.: OVG Thüringen, Beschluss vom 31. März 2003 - Az.: 2 EO 545/02 -, NVwZ-RR 2004, 52; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. November 2007, a. a. O. [m. w. N.]). Auswahlgesprächen oder dem vorliegenden Eignungstest kommt auch nicht ausnahmsweise eine besondere Aussagekraft zu, weil bei einem Laufbahnwechsel aus der dienstlichen Beurteilung nicht zuverlässig auf die Eignung des Bewerbers in der neuen Laufbahn geschlossen werden könnte. Es ist nämlich nichts dafür ersichtlich, dass die Prognose über die Eignung zum Laufbahnwechsel etwa auf der Grundlage von Eignungstests oder Auswahlgesprächen nach der Art eines Assessment-Center-Verfahrens von höherer Güte ist, als wenn sie anhand dienstlicher Beurteilungen vorgenommen wird. Auswahlgespräche mögen zur Persönlichkeit des Bewerbers im Hinblick auf die Erfüllung der künftigen Anforderungen Aufschluss vermitteln. Gleichwohl ist jedoch nicht zu erkennen, aus welchen durchgreifenden Gründen Eignungstests oder Auswahlgespräche bei der Persönlichkeitsbewertung der Verwendungsprognose des Vorgesetzten überlegen sein sollen, zumal Auswahlgespräche regelmäßig nur eine Momentaufnahme in einer Prüfungssituation darstellen, während der Vorgesetzte seine Beurteilung grundsätzlich auf eine längere persönliche Zusammenarbeit stützt (vgl. zum Vorstehenden auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. November 2007, a. a. O. [m. w. N.]).

Die Antragstellerin hat - wie sich aus dem Beschluss des Senates in dieser Sache vom 29. Februar 2008, der mit der nunmehrigen Entscheidung gegenstandslos geworden ist, ergibt - auch den erforderlichen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Eine Beiladung der weiteren, insbesondere von der Antragsgegnerin zugelassenen Bewerber war weder gemäß § 65 Abs. 2 VwGO erforderlich, noch war sie gemäß § 65 Abs. 1 VwGO angezeigt. Mit der vorläufigen Zulassung der Antragstellerin werden ebenso wenig unmittelbar Rechte dieser Beamten betroffen wie mit der begehrten und ausgesprochenen Verpflichtung, über die Bewerbung der Antragstellerin im Rahmen einer erneuten Auswahl zu entscheiden. Aus diesem Grund erschien dem Senat eine Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO nicht zweckmäßig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG, wobei im Hinblick auf die Vorläufigkeit der Zulassung der Antragstellerin der hälftige Auffangstreitwert zugrunde gelegt wurde (siehe Ziffer II., 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 2004, NVwZ 2004, 1327; vgl. im Übrigen OVG LSA, Beschluss vom 9. August 2007 - Az.: 1 M 145/07 -).

Ende der Entscheidung

Zurück