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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 08.05.2007
Aktenzeichen: 1 O 52/07
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 40 Abs. 1 S. 1
Eine Haftungserklärung, mit der sich ein Gesellschafter des Zuwendungsempfängers auf die Forderung der Zuwendungsbehörde bereit erklärt, in das Subventionsverhältnis einzutreten und mit dem Zuwendungsempfänger für die Erfüllung der Fördervoraussetzungen und eine eventuelle Rückzahlung der Zuwendung als Gesamtschuldner zu haften, ist als eine auf einen öffentlich-rechtlichen Schuldbeitritt gerichtete Erklärung auszulegen. Für Streitigkeiten hieraus ist bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung des Subventionsverhältnisses der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Für die Durchsetzung des von der Klägerin erhobenen Anspruchs ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, die nicht einem anderen Gericht zugewiesen ist.

Die Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Streitigkeiten richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Rechtsanspruch hergeleitet wird; öffentlich-rechtlich sind Streitigkeiten, wenn sie sich als Folge eines Sachverhaltes darstellen, der nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, §40 RdNr. 6).

Hiervon ausgehend ist die Streitigkeit dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Der mit der Leistungsklage geltend gemachte Zahlungsanspruch stützt sich auf die von der Beklagten der Klägerin gegenüber abgegebene Haftungserklärung vom 8./18. Mai 1998. Hierin hat sich die Beklagte neben einem weiteren Gesellschafter der Fa. D GmbH auf die Forderung der Klägerin bereit erklärt, in das "Subventionsverhältnis lt. Zuwendungsbescheid zum Investitionszuschuss aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe `Verbesserung der regionalen WirtschaftsstrukturŽ an die Fa. D GmbH ... unter dem Aspekt der gesamtschuldnerischen Haftung einzutreten." Das heiße - so die Erklärung weiter -, dass die Fa. D GmbH und die Gesellschafter für die Erfüllung der der Bewilligung zugrunde liegenden Fördervoraussetzungen und für eine eventuelle Rückzahlung des gewährten Investitionszuschusses als Gesamtschuldner haften. Insbesondere die Bezugnahme auch auf die Erfüllung der Fördervoraussetzungen macht deutlich, dass die Beklagte und der weitere Gesellschafter zusätzlich zur Zuwendungsempfängerin in das mit der Klägerin bestehende öffentlich-rechtliche Subventionsverhältnis eintreten, die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen der Zuwendungsempfängerin aus dem Subventionsverhältnis als eigene übernehmen sollen. Damit ist die Haftungserklärung als auf einen Schuldbeitritt zielende Erklärung zu werten, bei dem sich die Schuld des Beitretenden nach Inhalt und Beschaffenheit der Hauptschuld richtet (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 65. Auflage 2006, Vor §414 RdNr. 4; BGH, Urteil vom 7. November 1995 - XI ZR 235/94 -, NJW 1996, 249).

Eine Auslegung als Bürgschaft, mit der eine zwar akzessorische, aber von der Verbindlichkeit des Hauptschuldners verschiedene, eigene Verbindlichkeit des Bürgen begründet wird, und die zum Teil auch dann dem Zivilrechtsweg zugeordnet wird, wenn sie der Sicherung öffentlich-rechtlicher Ansprüche dient (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 1984 - IX ZR 45/83 -, NJW 1984, 1622 ff.; OLG Frankfurt/M., Urteil vom 14. April 1983 - 1 U 216/82 -, NVwZ 1983, 573; BayVGH, Urteil vom 23. November 1989 - 22 B 88.3677 -, NJW 1990, 1006 s. a. Kraushaar/Häuser, Rechtsweg für Klagen aus Bürgschaften für Sozialversicherungsbeiträge, NVwZ 1984, 217; vgl. allerdings BVerwG, Urteil vom 22. April 1970 - V C 11.68 -, BVerwGE 35, 170 ff. zu §350 a LAG), kommt schon nach oben Gesagtem nicht in Betracht. Im Übrigen ergibt sich dies auch aus der in der Haftungserklärung vorgesehenen Übernahme einer gesamtschuldnerischen Haftung, denn bei der Übernahme einer Bürgschaft entsteht kein Gesamtschuldverhältnis zum Hauptschuldner (vgl. Erman-Westermann, BGB, 10. Auflage 2000, Vor 414 RdNr. 9; Kraushaar/Häuser, a. a. O.; vgl. auch VG Weimar, Urteil vom 21. März 2007 - 8 K 71/05 -, juris). Hinzu kommt, dass die Beklagte als Gesellschafterin der Zuwendungsempfängerin ein eigenes sachliches Interesse an der Erfüllung der Verbindlichkeiten aus dem Subventionsverhältnis hatte, welchem jedenfalls in Zweifelsfällen der Abgrenzung indizielle Bedeutung für einen gewollten Schuldbeitritt zukommt (vgl. VG Weimar a. a. O.; Palandt-Grüneberg, a. a. O., Überbl. v. § 414 RdNr. 4; BGH, Urteil vom 25. September 1980 - VII ZR 301/79 -, NJW 1981, 47; Erman-Westermann, a. a. O. RdNr. 9).

Da das Subventionsverhältnis zwischen Klägerin und D GmbH öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist, ist auch der Beitritt in die aus diesem Verhältnis bestehenden Verpflichtungen und die hierauf gerichtete Haftungserklärung öffentlich-rechtlicher Natur. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass der Klägerin mit der Haftungserklärung keine Befugnis eingeräumt werde, die Ansprüche hieraus durch Verwaltungsakt geltend zu machen, kann dahinstehen, ob dies rechtlich überhaupt zulässig wäre (vgl. hierzu: VG Weimar, Urteil vom 21. März 2007 - 8 K 71/05 -, juris), denn es ist jedenfalls nicht Voraussetzung für die Annahme eines auf einen Schuldbeitritt gerichteten öffentlich-rechtlichen Rechtsgeschäfts. Dass der öffentlich-rechtliche Schuldbeitritt als öffentlich-rechtlicher Vertrag der Schriftform unterliegt und hier Bedenken wegen der nur von der Beklagten unterschriebenen Haftungserklärung an seiner Formwirksamkeit bestehen könnten, vermag seine rechtliche Qualifizierung nicht beeinflussen (a. A. BayVGH, Urteil vom 23. November 1989 - 22 B 88.3677 -, NJW 1990, 1006; vgl. kritisch hierzu die Anmerkung von Arndt, a. a. O., 1007). Soweit die Beklagte der Beschwerde entgegenhält, sie sei bei Unterzeichnung der Erklärung nicht darauf hingewiesen worden, welche Bedeutung diese habe, betrifft auch dies nicht die Frage der Rechtsnatur der Erklärung. Dies gilt schließlich ebenso für die Ausführungen zur Frage der Wirksamkeit und Zulässigkeit des Schuldbeitritts, auf die die Beklagte im Beschwerdeverfahren Bezug genommen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe für die Zulassung der weiteren Beschwerde (§ 17a Abs. 4 Satz 4 und 5 GVG) liegen nicht vor.

Der Festsetzung eines Streitwertes bedarf es wegen des in Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG vorgesehenen Festbetrages nicht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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