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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 21.10.2008
Aktenzeichen: 1 P 125/08
Rechtsgebiete: BVerfGG, LSA-LWG, VwGO


Vorschriften:

BVerfGG § 39 Abs. 2
LSA-LWG § 1 Abs. 2
LSA-LWG § 2 S. 1 Nr. 2
LSA-LWG § 2 S. 2
VwGO § 20 S. 2
VwGO § 21 Abs. 1 Nr. 3
VwGO § 24 Abs. 1 Nr. 1
VwGO § 24 Abs. 1 Nr. 5
VwGO § 24 Abs. 3 S. 1
Gibt ein ehrenamtlicher Richter infolge Ummeldung seinen Hauptwohnsitz in dem Land, in welchem er zum ehrenamtlichen Richter gewählt wurde, auf und geht damit der Verlust des aktiven Wahlrechtes einher, ist auf Antrag des zuständigen Präsidenten des Verwaltungsgerichtes der ehrenamtliche Richter gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 VwGO von seinem Amt zu entbinden.
Gründe:

Dem gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 VwGO i. V. m. § 24 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaften Antrag des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Halle auf Entbindung des ehrenamtlichen Richters von seinem Amt war zu entsprechen. Der ehrenamtliche Richter ist zuvor angehört worden (§ 24 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist der ehrenamtliche Richter von seinem Amt zu entbinden, wenn er nach §§ 20 bis 22 VwGO nicht berufen werden konnte oder nicht mehr berufen werden kann. Die Regelung ermöglicht damit u. a. eine Reaktion auf Veränderungen in der Person des ehrenamtlichen Richters, welche erst nach seiner Wahl eingetreten sind (Bader, VwGO, 4. Auflage, § 24 Rn. 1, 3; Eyermann/Fröhler, VwGO, 12. Auflage, § 24 Rn. 2; Schoch/A.-Aßmann, VwGO, Band I, § 24 Rn. 3; Sodan/Ziekow, VwGO, Band I, § 24 Rn. 4; Posser/Wolff, VwGO, 1. Auflage, § 24 Rn. 1). Im gegebenen Fall kann der ehrenamtliche Richter gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 3 VwGO nicht mehr berufen werden, weil er das - aktive - Wahlrecht zu der gesetzgebenden Körperschaft des Landes (Landtag von Sachsen-Anhalt) nicht mehr besitzt. Nach § 1 Abs. 2 des Wahlgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (LWG) erfolgt die Wahl zum Landtag nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und der Wahlordnung des Landes Sachsen-Anhalt. Wahlberechtigt ist gemäß § 2 Satz 1 Nr. 2 LWG jedoch nur, wer - am Wahltage seit drei Monaten - im Land Sachsen-Anhalt seinen Wohnsitz hat.

Hiernach ist der ehrenamtliche Richter nicht mehr wahlberechtigt, weil er seinen Wohnsitz nicht mehr im Land Sachsen-Anhalt, sondern infolge seiner entsprechenden Ummeldung im Land Mecklenburg-Vorpommern hat. Voraussetzung für die Beibehaltung des ehrenamtlichen Richteramtes ist nach den vorbezeichnten landesrechtlichen Bestimmungen über das aktive Wahlrecht zur gesetzgebenden Körperschaft des Landes Sachsen-Anhalt mithin - ungeachtet etwaiger Fristenbestimmungen - jedenfalls, dass der ehrenamtliche Richter seinen Hauptwohnsitz im Land Sachsen-Anhalt behält (vgl. jeweils eingehend und überzeugend: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31. März 1993 - Az.: 16 F 198/93 -, NVwZ-RR 1994, 60 [m. w. N]; OVG Hamburg, Beschluss vom 7. Februar 2002 - Az.: 3 So 6/02 -, NVwZ-RR 2002, 552 [m. w. N und unter Aufgabe seiner Rechtsprechung mit Beschluss vom 15. April 1985 - Az.: OVG Verw. I 11/85 -, DÖV 1986, 248]; vgl. zudem: Schoch/A.-Aßmann, a. a. O., § 21 Rn. 3; Posser/Wolff, a. a. O., § 21 Rn. 4; a. A. Sodan/Ziekow, VwGO, Band I, § 21 Rn. 11). Der - wohl nur allein noch - von Ziekow (a. a. O.) geäußerten gegenteiligen Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen. Aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 1 Nr. 3 VwGO ergibt sich keine einschränkende Auslegung. Auch folgt aus den weiteren Bestimmungen der §§ 20 Satz 2, 24 Abs. 1 Nr. 5 VwGO, dass der Gesetzgeber dem Wohnsitzerfordernis (dort für den Gerichtsbezirk) eine besondere Bedeutung für die Wahrnehmung der Aufgaben eines ehrenamtlichen Richters zugemessen hat (siehe hierzu auch: OVG LSA, Beschluss vom 15. September 1999 - Az.: E 1 S 112/99 -, veröffentlicht bei juris [m. w. N.]). Erst recht kommen diese Gesichtspunkte zum Tragen, wenn ein ehrenamtlicher Richter sein aktives Wahlrecht in dem Land, in welchem er als ehrenamtlicher Richter gewählt ist, infolge der Aufgabe seines Wohnsitzes in diesem Land verliert. Der Gesetzgeber hat dementsprechend § 21 Abs. 1 Nr. 3 VwGO gerade nicht dahingehend gefasst, dass das Wahlrecht nur aufgrund eines Ausspruches des Bundesverfassungsgerichtes nach § 39 Abs. 2 BVerfGG verlustig gegangen oder aufgrund einer besonderen landesrechtlichen Bestimmung ausgeschlossen sein darf.

Dass der ehrenamtliche Richter vorliegend möglicherweise eine Nebenwohnung im Land Sachsen-Anhalt innehat, ändert nichts an der mangelnden Wahlberechtigung nach dem LWG. Denn gemäß § 2 Satz 2 LWG ist bei Inhabern von Haupt- und Nebenwohnungen im Sinne des Melderechtes der Wohnsitz am Orte der Hauptwohnung. Diese befindet sich im gegebenen Fall jedoch außerhalb des Landes Sachsen-Anhalt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 24 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

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