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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 21.11.2003
Aktenzeichen: 2 K 341/00
Rechtsgebiete: VwGO, GG, BNatSchG, LSA-NatSchG, BBergG


Vorschriften:

VwGO § 47 I 2
VwGO § 47 II 1
GG Art. 14 I 2
BNatSchG § 1 I
BNatSchG § 1 II
BNatSchG § 4 3
BNatSchG § 15
LSA-NatSchG § 1
LSA-NatSchG § 17
LSA-NatSchG § 25
BBergG § 8
BBergG § 11 Nr. 10
BBergG § 12 I 1
BBergG § 15
BBergG § 48 I 2
1.Um den Naturschutzzweck zu rechtfertigen, müssen gefährdete Tier- und Pflanzenarten nicht genau nachgewiesen werden; es genügt vielmehr, dass Natur und Landschaft durch ökologische Besonderheiten geprägt sind, die im Allgemeinen auf Lebensstätten einzelner Tier- und Pflanzenarten schließen lassen.

2.Dem Abwägungsgebot ist genügt, wenn der Verordnungsgeber die vorgegebene Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks als zu berücksichtigenden Belang nicht verkennt.

3.Die Rohstoffgewinnung hat keinen absoluten Vorrang vor allen anderen Belangen - wie etwa dem Natur- und Landschaftsschutz.

4.Bei der Abwägung kann eingestellt werden, dass eine bergbaurechtliche Bewilligung seinerzeit rechtswidrig - verfahrensrechtlich ohne das notwendige Beteiligungsverfahren und in der Sache unter Verstoß gegen Landschaftsschutzrecht - erteilt worden ist.

5.Die solche Abwägung, welche dann die Bodengewinnung als einen Teil privatnützigen Eigentums ausschließt, hält sich im Rahmen der Eigentumsbindung i. S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 2 K 341/00

Datum: 21.11.2003

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Verordnung des Antragsgegners über das Naturschutzgebiet "St." vom 05.11.1998, in Kraft getreten am 16.12.1998 (künftig: NatSchVO), soweit sie dadurch in ihren Rechten betroffen ist.

Sie ist Inhaberin einer vom 05.12.1991 datierten und vom Bergamt ... erteilten bergrechtlichen Bewilligung zur Gewinnung von "bergfreien Bodenschatz, Gesteine zur Herstellung von Schotter und Splitt" im Bewilligungsfeld "St...", westlich T., in den Gemeinden W. und Tr. im Landkreis W. in einer Größenordnung von 187.600 m². Grundstückseigentümerin dieser Fläche ist die BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH.

Das waldbestockte Naturschutzgebiet "St." wird gemäß § 2 NatSchVO westlich von den forstlichen Wirtschaftswegen E-Weg (...) und G-Weg sowie dem Verbindungsweg zum K-Berg begrenzt. Die Südabgrenzung bilden der K-Weg, ein Teilstück der L ..., die K ... vom Abzweig Tr. (L ...) bis zur alten R-Straße. Die alte R-Straße begrenzt das Gebiet dann östlich bis zur Waldkante der Forstsiedlung B.. Von dort aus verläuft die Grenze des Naturschutzgebietes entlang der Waldkante in Richtung des Forsthauses E. bis zur "B-Ecke". Entlang der L ... in Richtung W. schließt sich dann die Grenze des Naturschutzgebietes an.

Wesentlicher Schutzzweck der NatSchVO ist nach deren § 3 Abs. 2 die Erhaltung und Entwicklung des Gebietes in seiner naturnahen Ausprägung mit seinen charakteristischen Biotoptypen, Lebensgemeinschaften, wildwachsenden Pflanzen- und wildlebenden Tierarten sowie die Erhaltung der Vielfalt, besonderen Eigenarten und hervorragenden Schönheit des Gebietes. Charakteristisch für das Gebiet sind u. a. Pflanzengesellschaften naturnaher Ausprägung, insbesondere naturnahe Waldgesellschaften (Buchenwaldgesellschaften), die für diese Höhenlage am nördlichen Harzrand repräsentativ und typisch sind.

Gemäß § 4 Abs. 1 NatSchVO sind alle Handlungen verboten, die das Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, verändern oder zu nachhaltigen Beeinträchtigungen führen können. Hierzu zählen beispielsweise nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 NatSchVO die Veränderung der Bodengestalt durch Bodenabtrag.

Nach § 10 NatSchVO kann die obere Naturschutzbehörde Befreiung gewähren, wenn 1. die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall a) zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichungen mit den Belangen des Naturschutzes und der Landespflege zu vereinbaren sind oder b) zu einer nicht gewollten Beeinträchtigung von Natur und Landschaft führen würde oder 2. überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern.

Bereits durch Beschluss des Rates des Bezirks Magdeburg vom 15.06.1967, Beschluss-Nr. 40-14/67, wurden unter "I." u. a. der "Harz" Kreis W. unter Einbeziehung des Landschaftsschutzgebietes "Bode" und der einstweilig sichergestellten Landschaftsschutzgebiete "Oberharz" und "Umgebung von W." zu Landschaftsschutzgebieten erklärt. Unter II. Nr. 1 S. 1 war geregelt, dass in Landschaftsschutzgebieten es nach § 2 Abs. 2 des NSchGes. unzulässig ist, den Charakter der Landschaft zu verändern. Nach S. 2 durften Hoch- und Tiefbauten nur im Einvernehmen mit der Bezirks-Naturschutzverwaltung geplant und ausgeführt werden. Zu I. Nrn. 1-4 ist geregelt, dass die Entwicklung der Landschaft weitgehend auf die Erhaltung und Förderung ihres Erholungswertes ausgerichtet sein muss, und unter I. Nr. 1, dass die bisherigen ausgewiesenen Bergbauschutzgebiete um Rübeland, Elbingerode und Hüttenrode von den Bestimmungen des § 2 Absatz 2 des Naturschutzgesetzes ausgenommen bleiben.

Mit Datum vom 26.11.1992, bekannt gegeben im Amtsblatt Nr. 9 für den Regierungsbezirk Magdeburg wurde die einstweilige Sicherstellung für das Gebiet "St.-Br." nach § 25 NatSchG LSA angeordnet. Mit Verordnung vom 15.11.1994, bekannt gegeben im Amtsblatt Nr. 14, wurde die Unterschutzstellung um zwei Jahre verlängert.

Im April 1992 fanden Gespräche zwischen den Beteiligten über den geplanten Diabasabbau statt. Die Antragstellerin hatte dazu eine Vorlage und ein Arbeitskonzept zum Untersuchungsrahmen der Umweltverträglichkeitsuntersuchungen übergeben. Als Ergebnis der Vorerörterung hatte der Antragsgegner der Antragstellerin schriftlich mitgeteilt, dass das vorgelegte Arbeitskonzept zur Umweltverträglichkeitsprüfung akzeptiert werde und zur grundsätzlichen Entscheidungsfindung im Raumordnungsverfahren ausreichend sei. Am 12.10.1993 hat der Antragsgegner schriftlich bestätigt, dass die Vorerörterung vom 10.04.1992 die Voraussetzung einer Antragskonferenz erfülle.

Im April 1996 reichte die Antragsstellerin mittels eines Ingenieurbüros einen Antrag auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens beim Antragsgegner ein, den dieser am 06.03.1998 ablehnte, da das Vorhaben vorhandenen, räumlich und sachlich hinreichend konkreten Zielen der Raumordnung und Landesplanung widerspreche und somit einer landesplanerischen Beurteilung in einem Raumordnungsverfahren nicht bedürfe.

Ein Rechtsmittelverfahren dagegen betrieb die Antragstellerin nicht.

Dem Erlass der im Normenkontrollverfahren angegriffenen NatSchVO liegt folgendes Verfahren zugrunde:

Mit Schreiben vom 02.09.1996 wurden die verschiedenen Träger öffentlicher Belange gemäß § 26 NatSchG LSA zur Abgabe von Bedenken und Anregungen aufgefordert. Die NatSchVO lag in den Gemeinden W. und Tr. in der Zeit vom 07.01. bis zum 09.02.1998 aus. Mit Schreiben vom 03.02.1998 erhob die Antragstellerin Einwendungen. Über diese Einwendungen fand zwischen den Verfahrensbeteiligten am 23.01.1998 eine Besprechung statt. Die erforderliche Abwägung zwischen den Belangen der Antragstellerin und den Belangen des Naturschutzes nahm der Antragsgegner sodann wie folgt vor:

Im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange hatten die Industrie- und Handelskammer und das Bergamt geltend gemacht, dass aufgrund der Bewilligung vom 05.12.1991 Teilflächen aus dem Naturschutzgebiet ausgeklammert werden müssten. Diabas sei ein begehrter Gesteinsrohstoff, dessen Vorkommen standortgebunden sei. Ca. 8-10 Arbeitsplätze würden mit dem Vorhaben geschaffen. Der Betreiber wolle den Transport vom Steinbruch zur Aufbereitungsstrecke ohne wesentliche Belastung von Siedlungsräumen organisieren. Nach der Einstellung des Abbaus sei eine Eingliederung der Flächen in die Landschaft durch Schaffung von Fels- und Gesteinsbiotopen, Aufforstung der Gurtbandfördertrasse sowie die Schließung der Waldbestände vorgesehen.

Gleichwohl sei den Belangen des Naturschutzes der Vorrang einzuräumen. Das Gebiet der St. gehöre seit dem 15.06.1967 zum Landschaftsschutzgebiet. Dieses habe dort weder ein Vorsorge- noch ein Vorranggebiet für die Rohstoffgewinnung vorgesehen. In den Nebenbestimmungen zur Bewilligung sei die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vorgesehen gewesen. In diesem Verfahren, welches negativ für die Antragstellerin abgeschlossen worden sei, hätten sich lediglich das Geologische Landesamt und die Gemeinde Tr. zustimmend, alle anderen Träger ablehnend zum Vorhaben der Antragstellerin geäußert. Alternative Standorte und Abbauunternehmen seien in der Nähe ausreichend vorhanden. Durch den Abbau würden die vorwiegend schützenswerten Waldmeister-Buchenwälder im Bereich der St. irreparabel vernichtet, es handle sich dabei um ökologisch wertvolle Buchenaltbestände, die zunächst ersatzlos vernichtet würden. Auf den Bergbaufolgeflächen könne sich die Buchenwaldgesellschaft nicht wieder bilden, an Stelle des Waldbiotops entstünde ein Felsbiotop mit einer Pioniervegetation. Die Eingriffe in den geschlossenen Waldbestand seien erheblich. Auf einer Länge von 1.000 m werde ein Waldweg von 2,50 m auf 5,50 m Breite als Zufahrt für die Tagebaugroßtechnik erweitert; im Bereich des Gurtförderbands werde auf 2,5 km Länge eine 15-20 m breite Schneise in den geschlossenen Waldbestand geschlagen. Außerdem würden bedrohte Tierarten gefährdet.

Die NatSchVO wurde am 05.11.1998 im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Magdeburg Nr. 12 bekannt gemacht.

Am 15.09.2000 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren eingeleitet, das sie wie folgt begründet:

Sie sei Inhaberin einer Bergbaubewilligung im Sinne von § 8 des Bundesbergbaugesetzes. Eine Bergbaubewilligung stelle ein absolutes Recht dar. Dieses werde durch die Anwendung der NatSchVO verletzt. Aufgrund der Verordnung sei es ihr rechtlich unmöglich, von ihrer Bergbaubewilligung Gebrauch zu machen. Die bergbauliche Tätigkeit sei nach § 4 Abs. 1 der NatSchVO verboten.

Materiell-rechtlich verstoße die NatSchVO gegen das Abwägungsgebot und gegen Art. 14 GG. Ihre Bergbauberechtigung habe der Antragsgegner nicht in den Abwägungsvorgang eingestellt bzw. die objektive Bedeutung dieses eigentumsähnlichen Rechts verkannt. Der Antragsgegner habe die Belange des Naturschutzes, die er ausschließlich aus Erkenntnissen des Landesumweltamtes gewonnen habe, unzutreffend hoch bewertet. Die Unterschutzstellung des Waldmeister-Buchenwalds sei nicht tragfähig. Im Harz allgemein sowie in unmittelbarer Umgebung seien große und gut ausgeprägte Bestände dieses Buchenwaldtyps vorhanden. Im Übrigen habe er verkannt, dass es sich nur um einen vorübergehenden Eingriff handle und dieser nach dem Abbau durch Rekultivierungsmaßnahmen rückgängig gemacht werde. Die im Untersuchungsgebiet festgestellten drei Fledermausarten seien nicht im Bewilligungsgebiet anzutreffen. Der Antragsgegner habe das öffentliche Interesse an der Ausnutzung des Diabas-Vorkommens verkannt. Diabas sei aufgrund seiner besonderen physikalischen Eigenschaften und seines seltenen Vorkommens ein knappes Gut von hohem volkswirtschaftlichen Wert, insbesondere für den Bau von Bahnstrecken für Hochgeschwindigkeitszüge. Der Antragsgegner habe eine gebotene Konfliktbewältigung zwischen Abbau und Naturschutz nicht einmal in seine Erwägungen eingestellt. In § 4 der Verordnung sei bestimmt, dass jegliche Veränderung der Bodengestalt sowie die Anlegung von Erdaufschlüssen und die Vornahme von Sprengungen oder Bohrungen verboten sei. Dies ziele darauf ab, die Ausnutzung ihrer bergrechtlichen Bewilligung zu verhindern. Das Verbot werde durch die Befreiungsmöglichkeit in § 10 nicht gemildert. Darin sei zwar ein Ermessen eröffnet, dies aber nur, wenn die Durchsetzung des Verbots im Einzelfall zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde. Dies sei in ihrem Fall nicht möglich, da die Absicht der Naturschutzverordnung gerade darin liege, ihr Vorhaben zu verhindern. Ferner habe der Antragsgegner das Interesse der Allgemeinheit an der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen nicht ausreichend in den Abwägungsvorgang eingestellt.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass die Verordnung des Regierungspräsidiums Magdeburg über das Naturschutzgebiet "St." vom 5. November 1998 (...) nichtig ist, soweit sie die Fläche einschließlich der Zuwegung einbezieht, die in der Urkunde über die Bergberechtigung vom 5. Dezember 1991 - II-B-g-206/91 - des Bergamts ... festgelegt ist.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er erwidert: Der Antrag sei unbegründet. Seine Abwägungen zum Verbot des § 4 NatSchVO seien abwägungsfehlerfrei erfolgt; insoweit verweise er auf seine Begründung zur NatSchVO. Er habe sowohl eigene naturschutzrelevante Erhebungen, zum Teil unter Einbeziehung der Naturstation Nordharz und des Landesamts für Umweltschutz, vorgenommen. Ihm hätten ausreichende fachliche Angaben und Unterlagen vorgelegen. Die Arten, die im Naturschutzgebiet vorhanden seien, seien durch das zugrundegelegte ökologische Gutachten des Büros H. vom 01.03.1993 sowie die Erfassung des Standard Datenbogens des Landesamts für Umweltschutz für das "natura 2000"- Netz zur Meldung an die Europäische Union belegt. Einen Vorrang des Bodenabbaus gegenüber dem Naturschutz gebe es nicht. Er habe den Konflikt zwischen der 1991 bewilligten Bodengewinnung und dem Naturschutz erkannt und durch die Schaffung der Befreiungsmöglichkeiten des § 10 der NatSchVO eine Regelung getroffen, die einen Abbau über den Weg einer Befreiung außerhalb des Normenkontrollverfahrens als Einzelfallentscheidung ermögliche. Schließlich unterliege das Bewilligungsfeld schon seit der Unterschutzstellung durch den Landschaftspflegeplan zur Entwicklung, Gestaltung und Pflege des Landschaftsschutzgebiets Harz gemäß dem Beschluss des Rates des Bezirks Magdeburg Nr. 40-14/67 vom 15.06.1967 dem Landschaftsschutz und nicht erst seit dem In-Kraft-Treten der NatSchVO.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Aufstellungsunterlagen sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Raumordnungsverfahrens Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

Der Normenkontrollantrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 10 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO-AG-LSA (= Art. 1 des Gesetzes vom 28.1.1992 [LSA-GVBl., S 36]), geändert durch Gesetze vom 28.8.1993 (LSA-GVBl 441 [448] und vom 27.4.1994 (LSA-GVBl., S 549) statthaft. Entgegen der ursprünglichen Fassung von 1992, welche nur Satzungen der Normenkontrolle zugänglich machte, ist Gegenstand eines solchen Verfahrens seit der Änderung von 1993 jede "im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift". Die Naturschutzverordnung ist eine solche Rechtsvorschrift.

Insbesondere ist die Antragstellerin antragsbefugt i. S. d. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Als Inhaberin einer Bodenabbaugenehmigung im Geltungsbereich der angegriffenen Naturschutzverordnung unterliegt sie deren Verboten und Nutzungsbeschränkungen, die sich als Bestimmungen von Inhalt und Schranken ihres Grundeigentums i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1993 - BVerwG 7 C 26.92 -, UPR 1993, 384). Solche müssen nur hingenommen werden, wenn sie auf rechtmäßigen Normen beruhen. Ob die Naturschutzverordnung rechtmäßig erlassen worden ist, kann daher der von ihren Regelungen Betroffene in einem Normenkontrollverfahren überprüfen lassen.

2. Der Normenkontrollantrag ist hingegen unbegründet.

Gegen die NatSchVO bestehen in dem zur Überprüfung gestellten Umfang keine materiell-rechtlichen Bedenken.

Es bestehen weder Bedenken hinsichtlich der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Naturschutzgebietes i. S. von § 17 des Naturschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 11.02.1992 (LSA-GVBl., S.108) - NatSchG LSA - (2.1.), noch verstößt die Verordnung gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes - BNatSchG - (2.2.).

2.1. Rechtsgrundlage der Verordnung ist - wie dies in ihrem Eingangssatz entsprechend Art. 79 Abs. 1 S. 3 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt zutreffend angegeben wird - § 17 NatSchG LSA. Danach können Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen erforderlich sind, aus einem der in dieser Vorschrift unter Nrn. 1 bis 4 genannten Schutzzwecke durch Rechtsverordnung zu Landschaftsschutzgebieten erklärt werden. Die Rechtsverordnung muss ferner zur Erreichung des in ihr angegebenen Schutzzweckes erforderlich sein, was bedeutet, dass ihr Schutzgegenstand unter Berücksichtigung der besonderen Tatbestandsvoraussetzungen nach § 17 und der allgemeinen Ziele und Grundsätze des Naturschutzes nach §§ 1, 2 BNatSchG; NatSchG LSA schutzwürdig und schutzbedürftig sein muss.

Die Regelung über den Schutzzweck in § 3 der NatSchVO genügt den Anforderungen des § 17 NatSchG LSA. Sie konkretisiert den wesentlichen Schutzzweck hinreichend bestimmt. Die angegebenen Schutzgründe halten sich als solche auch im Rahmen der gesetzlichen Schutzzwecktatbestände nach § 17 Abs. 1-4 NatSchG LSA. Auch der Schutzgegenstand ist in § 2 NatSchVO hinreichend bestimmt bezeichnet.

Der Schutzgegenstand der Verordnung ist gemessen an den in § 3 NatSchVO festgelegten Schutzzwecken auch hinreichend schutzwürdig und schutzbedürftig.

Das Schutzgebiet ist nicht erst seit dem In-Kraft-Treten der Verordnung, sondern bereits seit dem 15. 06.1967 unter Landschaftsschutz gestellt.

Der Schutzgegenstand der Verordnung lag nämlich bereits in einem seit dem 15.06. 1967 festgesetzten Landschaftsschutzgebiet. Die Wirksamkeit dieser Festsetzung hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 18.04.1996 (- 2 L 46/94 -; dazu: BVerwG, Beschl. v. 25.01.2001 - BVerwG 6 NB 2.00 -) festgestellt. Der Senat hat dazu ausgeführt:

"§ 13 Abs. 3 DDR-LdKulturG ermächtigte die Bezirkstage, Landschaftsschutzgebiete förmlich festzusetzen; nach § 13 Abs. 8 DDR-LdKulturG bedurfte dann jede landschaftsverändernde Maßnahme der Zustimmung der "zuständigen örtlichen Räte". § 16 Abs. 2 der Ersten Durchführungsverordnung zum Landeskulturgesetz (Naturschutzverordnung) - DDR-NatSchVO - vom 18.5.1989 (DDR-GBl I Nr. 12 S. 159) ermächtigte den "Rat des Bezirks", ein Landschaftsschutzgebiet als "bezirklich regional" einzustufen, und § 19 Abs. 3 DDR-NatSchVO verpflichtete diese Stelle, Landschaftspflegepläne aufzustellen; § 23 Abs. 4 DDR-NatSchVO gestattete Ausnahmen. § 16 Abs. 3 DDR-NatSchVO wiederholte das gesetzliche Genehmigungserfordernis.

Diese Bestimmungen wurden durch Art. 6 § 3 Satz 3 DDR-UmwRG nach dem 1.7.1990 ausdrücklich aufrecht erhalten und zum 3.10.1990 nach Art. 9 Abs. 1 EV als Landesrecht übergeleitet. Sie galten bis zum 15.2.1992 (§ 60 Abs. 1 NatSchG LSA) weiter. Für die Zeit danach enthält § 45 Abs. 2 S. 1, 2 NatSchG LSA eine allgemeine Ermächtigung auch zur Durchsetzung der durch § 59 Abs. 1 NatSchG LSA übergeleiteten Schutzgebiets-Anordnungen.

Unschädlich ist, daß das hier streitige Landschaftsschutzgebiet nicht unter der Geltung des Landeskulturgesetzes, sondern bereits im Jahr 1967 festgesetzt worden ist. § 41 DDR-LdKulturG hat nämlich die früheren Festsetzungen von Landschaftsschutzgebieten nicht aufgehoben, so daß sie wie Gebiete des § 13 DDR-LdKulturG zu behandeln waren, und § 59 Abs. 1 NatSchG LSA mit Anlage 1 stellt die aufgrund der früheren Naturschutzvorschriften festgesetzten Landschaftsschutzgebiete übergangsweise bis zu einer ausdrücklichen Regelung im Einzelfall den Gebieten nach § 20 NatSchG LSA gleich. Das gilt nach Anlage 1 Nrn. 5, 6 zu § 59 Abs. 1 NatSchG LSA auch für Festsetzungen auf der Grundlage des Rechts, das vor dem in Art. 6 § 3 Abs. 1 Satz 3 DDR-UmwRG genannten gegolten hat.

Der Beschluß Nr. 40-14/67 vom 15.6.1967 des Rats des Bezirks Magdeburg stützt sich ausdrücklich auf das vor dem Landeskulturgesetz von 1970 anwendbare "Gesetz zur Erhaltung und Pflege der heimatlichen Natur (Naturschutzgesetz)" - DDR-NatSchG - vom 4.8.1954 (DDR-GBl I Nr. 71 S. 695) und die Erste Durchführungsbestimmung zum Naturschutzgesetz - DDR-1.DB-NatSchG - vom 15.2.1955 (DDR-GBl I Nr. 17 S. 165). Diese Festsetzung ist seinerzeit auch formell ordnungsgemäß vorgenommen worden; denn anders als nach § 13 Abs. 3 DDR-LdKulturG war nicht der Bezirkstag, sondern der Rat des Bezirks als "Bezirks-Naturschutzverwaltung" (§§ 6 Abs. 2 lit. b; 11 Abs. 1 lit. b DDR-NatSchG) zuständig, die Schutzanordnung "Landschaftsschutzgebiet" zu treffen. Die übrigen formellen Bestimmungen der §§ 5, 6 DDR-1.DB-NatSchG und der Anlagen 1, 3 und 4 hierzu sind eingehalten.

Den Beschluß hat schließlich auch die für W. zuständige Behörde in Magdeburg gefaßt."

Mit Datum vom 26.11.1992, bekannt gegeben im Amtsblatt Nr. 9 für den Regierungsbezirk Magdeburg, wurde die einstweilige Sicherstellung für das Gebiet "St.-Br." nach § 25 NatSchG LSA angeordnet. Mit Verordnung vom 15.11.1994, bekannt gegeben im Amtsblatt Nr. 14 des Regierungspräsidiums Magdeburg, wurde die Unterschutzstellung um zwei Jahre verlängert.

Die Festlegung des Schutzgegenstand in § 2 und des Schutzzweckes in § 3 der Verordnung schafft somit nicht erstmals Naturschutzrecht für das zur Überprüfung anstehende Gebiet, sondern passt den ohnehin schon seit langem bestehenden Landschaftsschutz an die neue Rechtslage an und "zont" das Gebiet - nur insoweit konstitutiv - zum Naturschutzgebiet "hoch".

Der Schutz von Natur und Landschaft in diesem Gebiet ist zur Erhaltung und Entwicklung seiner naturhaften Ausprägung mit seinen charakteristischen Biotopen, Lebensgemeinschaften wildwachsender Pflanzen- und wildlebender Tierarten sowie der Erhaltung der Vielfalt, besonderen Eigenarten und hervorragenden Schönheit als Pflanzengesellschaften naturhafter Ausprägung, insbesondere naturhafter Waldgesellschaften (Buchenwald), die für diese Höhenlage am nördlichen Harzrand repräsentativ und typisch sind (§ 3 NatSchVO), erforderlich. Grundlegende Voraussetzung für die langfristige Sicherung und Entwicklung der Lebensbedingungen der Pflanzen- und Tierwelt des Gebiets sind u. a. die Erhaltung und Entwicklung von naturnahen Waldbeständen. Von der Schutzwürdigkeit dieses Gebietes i. S. d. § 3 NatSchVO ist der Senat aufgrund der fundierten naturfachlichen Erläuterungen der Fachbehörden in den Verwaltungsvorgängen überzeugt.

Die gegen diese Bewertung gerichteten Angriffe der Antragstellerin greifen nicht durch.

Die Antragstellerin meint, für die Beurteilung der Schutzwürdigkeit des Gebiets i. S. d. § 17 NatSchG LSA fehlten hinreichende naturschutzfachliche Feststellungen und Bewertungen. Das trifft nicht zu. Das Landesamt für Umweltschutz als die insoweit zuständige Fachbehörde (§ 47 NatSchG LSA) hat vor Erlass der Verordnung das gesamte Schutzgebiet einschließlich der bereits unter Landschaftsschutz stehenden Bereiche über mehrere Jahre nach naturfachlichen Kriterien untersucht, die schutzwürdigen Flächen räumlich eingegrenzt und dokumentiert sowie dem Antragsgegner ein detailliertes Schutzgebietskonzept vorgelegt. Dies lässt sich aus den Akten des Antragsgegners entnehmen.

Diesen auf Naturfachkompetenz beruhenden Erkenntnissen können die Ausführungen des Ingenieurbüros, das die Antragstellerin mit der Erstellung der Antragsunterlagen für die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens beauftragt hatte, nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden. Im Übrigen muss die Antragstellerin insoweit daran festgehalten werden, dass sie die Ablehnung des Antrags auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens hat rechtskräftig werden lassen.

Schließlich bedurfte es keines genauen Nachweises, welche besonders gefährdeten Tier- und Pflanzenarten in dem betreffenden Gebiet ihren Lebensraum haben; denn der besondere ökologische Schutz von Natur und Landschaft i. S. d. § 17 NatSchG LSA setzt das konkrete Vorkommen bestimmter gefährdeter wildlebender Tier- und Pflanzenarten nicht voraus. Für eine Unterschutzstellung genügt vielmehr, dass Natur und Landschaft durch ökologische Besonderheiten geprägt sind, die im Allgemeinen auf Lebensstätten einzelner Tier- und Pflanzenarten schließen lassen. Dies ist hier der Fall.

2.2. Das Verbot des § 4 Abs. 1 NatSchVO, wonach alle Handlungen verboten sind, die das Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, verändern oder zu nachhaltigen Beeinträchtigungen führen können, sowie die Befreiungsmöglichkeit nach § 10 NatSchVO verstößt nicht - wie die Antragstellerin meint - gegen das naturschutzrechtliche Abwägungsgebot.

Das BNatSchG enthält in § 1 Abs. 1 eine Vorschrift über die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege und bestimmt in § 1 Abs. 2 BNatSchG, dass die sich daraus ergebenden Anforderungen untereinander und gegen die sonstigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft abzuwägen sind. Gemäß § 4 Satz 3 BNatSchG gilt § 1 BNatSchG unmittelbar. § 1 NatSchG LSA enthält eine mit § 1 BNatSchG identische Regelung.

Eine diesen Anforderungen entsprechende Abwägung hat der Verordnungsgeber hier vorgenommen.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 16.06.1988 - BVerwG 4 B 102.88 -, NVwZ 1988, S. 1020), im Rahmen des Naturschutzrechtes davon auszugehen, dass es für die rechtsstaatlich wirksame Beachtung des Abwägungsgebotes ausreicht, wenn der Satzungsgeber die vorgegebene Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks als zu berücksichtigenden Belang nicht verkennt. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu in der zitierten Entscheidung ausgeführt:

15 BNatSchG knüpft die Unterschutzstellung von Landschaftsteilen an bestimmte normativ vorgegebene Kriterien und Voraussetzungen, deren Vorliegen die Behörden - und gegebenenfalls auch die Verwaltungsgerichte - zu prüfen haben. Der danach verbleibende Handlungsspielraum ist von der Sachlage her in erster Linie durch eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen des Landschaftsschutzes auf der einen und der Nutzungsinteressen auf der anderen Seite geprägt. Der Senat hat in einem Beschluß vom 18.12.1987 (NVwZ 1988, 728), in dem es um die teilweise Aufhebung einer Landschaftsschutzverordnung ging, ausgeführt, daß die Naturschutzbehörde zu prüfen habe, ob eine - teilweise - Preisgabe der gesetzlichen Schutzgüter mit den Zielen des Bundesnaturschutzgesetzes und der entsprechenden landesrechtlichen Regelung vereinbar und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Diese Prüfung ist, auch wenn man sie ebenfalls als Abwägung bezeichnet, mit der auf ein bestimmtes Vorhaben bezogenen Abwägung aller in Betracht kommenden Belange vor Feststellung eines Planes nicht identisch."

Anlass, die Anforderungen einer gerechten Abwägung nach § 1 Abs. 2 BNatSchG zu verfeinern, hat das Bundesverwaltungsgericht bisher nicht gesehen (vgl. Beschl. v. 25.01.2001 - BVerwG 6 NB 2.00 -, m. w. N., n. v.).

Unter Berücksichtigung dieses Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts sieht der Senat das naturschutzrechtliche Abwägungsgebot verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat, in die Abwägung Belange nicht eingestellt wurden, die nach Lage der Dinge eingestellt werden mussten und wenn die Bedeutung der öffentlichen Belange bzw. allgemeinen und privaten Belange verkannt wurde (vgl. auch: Louis, DVBl. 1990, 800 f.).

Der Verordnungsgeber hat den Konflikt zwischen der genehmigten Bodengewinnung und dem Naturschutz hier erkannt und in seine Abwägung eingestellt.

Die Antragstellerin selber, die Industrie- und Handelskammer sowie das Bergamt Staßfurt haben mit verschiedenen Schreiben im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange auf den Konflikt zwischen der genehmigten Bodenschatzgewinnung und den Belangen des Naturschutzes hingewiesen. Der Antragsgegner hat die Einwendungen der Antragstellerin mit dieser am 23.01.1998 mündlich erörtert und ihre Belange bezüglich der genehmigten Bodenschatzgewinnung und ihres Gewerbebetriebes bei der Auswertung der jeweiligen Einwendungen gewürdigt und sachgerecht abgewogen (Beiakte 47.22401/4.4:, Aktenvermerk vom 25.03.1998).

Ein absoluter Vorrang der Rohstoffsicherung und -gewinnung vor allen anderen Belangen - wie etwa dem Natur- und Landschaftsschutz -, der eine Abwägung der Belange erübrigen würde, existiert nicht.

Dies ergibt sich nicht aus § 48 Abs. 1 Satz 2 des Bundesberggesetzes vom 13.08.1980 (BGBl. I, S. 1310) - BBergG -. Danach ist bei Anwendung von Rechtsvorschriften, welche gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 BBergG in bergrechtlichen Verfahren unberührt bleiben, dafür zu sorgen, dass die Gewinnung von Bodenschätzen so wenig wie möglich beeinträchtigt wird. Zu den Rechtsvorschriften, deren Anwendung unberührt bleibt, zählen unstreitig auch Normen des Naturschutzrechtes (Amtliche Begründung zum Regierungsentwurf des BBergG, BT-Drs. 8/1315 S. 104). Die Auslegung des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG ergibt nicht, dass danach ein genereller oder absoluter Vorrang der Rohstoffsicherung und -gewinnung vor allen anderen Belangen begründet werden soll (vgl. insoweit Urteil des Senats vom 20.04.2000 - C 2 S 67/98 - und den dazu ergangenen Beschl. d. BVerwG v. 25.01.2001, a. a. O.).

Besteht demnach kein Vorrang der Bodengewinnung vor dem Natur- und Landschaftsschutz, so muss eine Abwägung zwischen den kollidierenden Interessen stattfinden.

Zugunsten der Antragstellerin geht der Senat davon aus, dass der Verordnungsgeber mit dem Erlass der Verordnung nicht nur ein generelles Bodenabbauverbot mit einer potenziell zukünftigen Befreiungsmöglichkeit mit Einzelfall ausgesprochen hat, sondern bereits auf der Ebene der Normsetzung durch sein gefundenes Abwägungsergebnis eine künftige Befreiung vom Bodenabbauverbot des § 4 NatSchVO bedacht und ausgeschlossen hat. Die Abwägungsentscheidung des Antragsgegners gegen die Belange der Antragstellerin gibt allerdings auch unter diesem Gesichtspunkt zu Beanstandungen keinen Anlass. Dies ergibt sich aus folgendem:

Nicht abwägungsbeachtlich sind geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht (BVerwG, Beschl. v. 25.01.2001, a. a. O.).

Die Bewilligungsgenehmigung vom 05.12.1991, auf die die Antragstellerin allein ihre Betroffenheit durch die NatSchVO zu stützen vermag, ist eine solche geringwertige Rechtsposition; sie war von Anfang an rechtswidrig.

Nach II. Nr. 1 S. 1 des Beschlusses des Rates des Bezirks Magdeburg vom 15.06. 1967, Beschluss-Nr. 40-14/67, war es in dem Landschaftsschutzgebiet "Umgebung von W." verboten, den Charakter der Landschaft zu verändern. Dass es sich bei dieser Landschaftsschutzgebietsfestsetzung um eine rechtswirksame Festsetzung gehandelt hat, hat der Senat, wie dargelegt, bereits festgestellt.

Dass die Rodung des Buchenwalds zum Zwecke der Diabasgewinnung, die Verbreiterung des Waldwegs auf einer Länge von 1.000 m von 2,5 m auf 5,5 m und die Rodungen im Bereich des Gurtförderbandes den Charakter der Landschaft der "St." verändert hätten, ist für den Senat nicht zweifelhaft. Der Verlust an Waldflächen und die mit dem Steinbruchbetrieb verbundenen Aktivitäten lassen eine massive Landschaftsumgestaltung besorgen mit der Folge, dass auch die verbleibenden Lebensräume der Tier- und Pflanzenwelt Schaden nehmen würden. Das Vorhaben der Antragstellerin bewirkt eine massive Veränderung der Gesamtsituation. Diese ist mit den Zwecken des Natur- und Landschaftsschutzes nicht vereinbar. Dies gilt auch dann, wenn sich Kausalzusammenhänge zwischen den geplanten Betriebsvorgängen und einzelnen Veränderungen der Tier- und Pflanzenwelt (außerhalb des zerstörten Bereichs) nicht im Sinne einer konkreten Gefahrenprognose individualisieren lassen sollten.

Die Erteilung einer Bewilligung richtet sich § 8 BBergG. Die Bewilligung hat zwar keine Konzentrationswirkung mit der Folge, dass die Zuständigkeiten anderer Behörden, über Genehmigungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zulassungen usw. nach anderen Vorschriften zu entscheiden, unberührt bleiben. Gleichwohl bestimmt § 12 Abs. 1 Satz 1 BBergG, dass für die Versagung der Bewilligung § 11 Nr. 10 BBergG entsprechend gilt. Nach § 11 Nr. 10 BBergG ist die Bewilligung zu versagen, wenn überwiegende öffentliche Interessen die Aufsuchung oder die Gewinnung im gesamten zu zuteilenden Feld ausschließen können. Gemäß § 15 BBergG hat das zuständige Bergamt vor der Entscheidung nach § 8 BBergG den Behörden Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, zu deren Aufgaben die Wahrnehmung öffentlicher Interessen im Sinne des § 11 Nr. 10 BBergG gehören.

Zu den öffentlichen Interessen, die nach im Sinne von § 11 Nr. 10 BBergG zählen insbesondere solche, die einen Bezug zu dem in Betracht kommenden Feld haben, gegenüber den volkswirtschaftlichen-bergbaulichen Interessen zu überwiegen geeignet sind sowie die Aufsuchung oder Gewinnung im gesamten zuzuteilenden Feld ausschließen können. Als öffentliche Interessen, die einem Bergbauvorhaben entgegenstehen können, werden bereits im Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 8/1315, S. 87) beispielhaft die Erfordernisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege, der Raumordnung, des Verkehrs und des Gewässerschutzes genannt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.10.1998 - BVerwG 4 B 94.98 -, BRS 60 Nr. 204 [1998].

Das Bergamt ... hat bei der Genehmigungserteilung nicht einmal das nach § 15 BBergG erforderliche Beteiligungsverfahren durchgeführt und erst recht nicht die zwingend erforderliche Abwägung zwischen den Belangen des Landschaftsschutzes und den volkswirtschaftlich-bergbaulichen Belangen vorgenommen.

Bergrechtliche Bewilligungen schließen nur dritte Unternehmer vom Aufsuchen und Gewinnen von Bodenschätzen in dem zugeteilten Feld aus. Liegt der gesamte Abbaubereich - wie hier - innerhalb einer naturschutzrechtlichen Schutzanordnung, die den Abbau ausschließt, ist die bergrechtliche Bewilligung nach § 8 BBergG gemäß § 11 Nr. 10 BBergG zu versagen (so auch Louis, Bundesnaturschutzgesetz, 2. Aufl., § 12 RdNr. 32).

Selbst wenn man zugunsten des Bergamtes ... davon ausgehen würde, dass es mit der "Nebenbestimmung, für das Vorhaben sei ein Raumordnungsverfahren gemäß der Verordnung zu § 6a Abs. 2 des Raumordnungsgesetzes vom 13.12.1990 zur Prüfung des Vorhabens bei der Bezirksregierung Magdeburg zu beantragen", die Absicht verbunden haben sollte, die naturschutzrechtliche Fragen in das Raumordnungsverfahren zu verlagern, würde dies an der Mangelhaftigkeit der Rechtsposition der Antragstellerin nichts ändern. Zum einen steht dem § 15 BBergG entgegen. Zum anderen hat sie es durch Rechtsmittelverzicht versäumt, dem Raumordnungsverfahren einen für ihren Bodenabbau günstigen Abschluss zu verschaffen.

Die von der Antragstellerin angebotene Wiederherstellung der Landschaft nach Beendigung des Abbaus brauchte der Antragsgegner nicht vertieft in seine Erwägungen einzustellen. Schon der Einwand, dass nach dem Abbau die "St." wegen der eintretenden Verkarstung nicht mehr als Buchenwaldbiotop, sondern allenfalls als Felsbiotop wiederhergestellt werden könnten, überzeugt den Senat. Naturschutz bezweckt die Erhaltung natürlicher Gebiete in ihrer Eigenart, nicht deren spätere Wiederherstellung. Darüber hinaus geht es nicht um die Natur- und Landschaftskulisse in der Mitte des nächsten Jahrhunderts, sondern um die Ungestörtheit und Kontinuität von Lebens- und Naturräumen in der Jetzt-Zeit.

Die Gewinnung von Diabasgestein an dem vorgesehenen Standort würde den schutzwürdigen Belangen der Natur gegenüber selbst dann zurückstehen, wenn der diesbezügliche Bedarf tatsächlich als öffentliches Interesse gewertet werden müsste, weil der bereits in anderen Teilen des Harzes oder anderswo stattfindende Diabasabbau kostenintensiver wäre als in dem von der Antragstellerin vorgesehenen Abbaugebiet. Die Natur ist im Gegensatz zur technisch-wirtschaftlichen Gestaltung von "Strecken für Hochgeschwindigkeitszüge" allenfalls beschränkt disponibel.

Im Übrigen sind die Einlassungen des Antragsgegners, Diabasabbau sei auch an anderen Standorten möglich, nicht widerlegt worden.

Die wirtschaftlichen Erwägungen der Antragstellerin sind in ihrer Allgemeinheit nicht abwägungserheblich, da sie mit den Naturschutzgesetzen bereits vorbedacht sind. Für einen Vorrang der Rohstoffgewinnung gegenüber dem Naturschutz spricht im vorliegenden Fall jedenfalls nichts.

Der Erlass der Naturschutzverordnung verstößt auch nicht gegen Art. 14 GG. Da durch eine Naturschutzverordnung die Privatnützigkeit der betroffenen Grundstückflächen nicht vollständig aufgehoben, sondern allein aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes beschränkt wird, handelt es sich dabei nur um Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums, die Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässt. Als unzumutbare Beschränkung der Eigentümerbefugnisse erweist sich eine Naturschutzverordnung nur dann, wenn nicht genügend Raum mehr für einen privatnützigen Gebrauch des Eigentums oder für eine Verfügung über den Eigentumsgegenstand verbleibt oder wenn eine Nutzung, die bisher ausgeübt worden ist oder die sich nach Lage der Dinge objektiv anbietet, ohne jeglichen Ausgleich unterbunden wird (BVerwG, Beschl. v. 18.07.1997 - BVerwG 4 NB 5.97 -, NuR 1998, 37). Die Antragstellerin hat den Diabasabbau im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der NatSchVO noch nicht ins Werk gesetzt; sie war nur Inhaberin einer zwar wirksamen, aber rechtswidrigen, bergrechtlichen Bewilligung. Im Vertrauen auf die rechtswidrige Genehmigung hat die Antragstellerin keine schutzwürdigen Dispositionen getroffen, die einer Ausweisung eines Naturschutzgebiets entgegenstehen könnten. Hinsichtlich des beantragten Raumordnungsverfahrens und der damit möglicherweise verbundenen Aufwendungen muss sie sich entgegenhalten lassen, dass sie das Raumordnungsverfahren schon vor dem In-Kraft-Treten der hier strittigen Naturschutzverordnung von sich aus nicht weiter betrieben hat. Im Übrigen ließe sich daraus nicht etwa ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den Verboten des § 4 der NatSchVO herleiten, sondern allenfalls Entschädigungsansprüche hinsichtlich der Aufwendungen für ein eingeleitetes Raumordnungsverfahren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen; insbesondere wirft dieses Verfahren keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, da die Rechtsfragen, auf denen die Entscheidung beruht, bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt sind.

Ende der Entscheidung

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