Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 24.03.2004
Aktenzeichen: 2 L 129/02
Rechtsgebiete: LSA-KAG


Vorschriften:

LSA-KAG § 6 V 1
1. Bei einer "Anliegerstraße" handelt es sich um eine Straße, die überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder durch eine Zuwegung mit ihr verbundenen Grundstücke dient. Als Anliegerverkehr ist derjenige Verkehr anzusehen, der zu diesen Grundstücken hinführt und von ihnen ausgeht.

Sind der Anliegerverkehr und der übrige Verkehr, also derjenige, der nicht Ziel- und Quellverkehr in Bezug auf die angrenzenden Grundstücke ist, hingegen in etwa gleich stark oder überwiegt letzter, so scheidet eine Einstufung als Anliegerstraße aus.

2. Handelt es sich um durchgehenden innerörtlichen Verkehr oder überörtlichen Durchgangsverkehr, dann ist die Straße als "Hauptverkehrsstraße" einzuordnen; bei Straßen die neben dem Anliegerverkehr in erheblichem Maße dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder Ortslagen dienen, handelt es sich um "Haupterschließungsstraßen".

3. Welcher Straßenkategorie die konkrete Ausbaumaßnahme zuzuordnen ist, richtet sich danach, welche Funktion sie nach der Verkehrsplanung der Gemeinde, dem darauf beruhenden Ausbauzustand (z. B. Breite und Länge der Straße) und der straßenrechtlichen Gewichtung haben soll. Ferner kommt den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen Bedeutung zu.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 129/02

Datum: 24.03.2004

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf § 13 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]), <Streitwert>.

1. Die geltend gemachten "ernstlichen Zweifel" i. S. v. § 124 Abs. 1 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor.

Die verwaltungsgerichtliche Entscheidung gibt zu Bedenken keinen Anlass.

Bei einer überwiegend dem Anliegerverkehr dienenden Straße (sog. Anliegerstraße) im Sinne von § 3 Abs. 6 SABS handelt es sich um eine Straße, die überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder durch eine Zuwegung mit ihr verbundenen Grundstücke dient. Als Anliegerverkehr ist derjenige Verkehr anzusehen, der zu diesen Grundstücken hinführt und von ihnen ausgeht. Dieser sog. Ziel- und Quellverkehr hinsichtlich der angrenzenden Grundstücke ist nicht nur in Bezug auf Kraftfahrzeuge erheblich, sondern hinsichtlich aller Formen der Fortbewegung, also beispielsweise auch in Bezug auf den Fußgänger- und Fahrradverkehr; denn die Straße dient auch diesen Verkehrsformen. Wenn der so umschriebene Anliegerverkehr insgesamt "überwiegt", also mehr als 50 % ausmacht, handelt es sich um eine Anliegerstraße. Sind der Anliegerverkehr und der übrige Verkehr, also derjenige, der nicht Ziel- und Quellverkehr in Bezug auf die angrenzenden Grundstücke ist, hingegen in etwa gleich stark oder überwiegt letzter, so scheidet eine Einstufung als Anliegerstraße aus. In solchen Fällen kann eine Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr vorliegen. Handelt es sich um durchgehenden innerörtlichen Verkehr oder überörtlichen Durchgangsverkehr, dann ist die Straße als Hauptverkehrsstraße einzuordnen; bei Straßen die neben dem Anliegerverkehr in erheblichem Maße dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder Ortslagen dienen, handelt es sich um Haupterschließungsstraßen.

Welcher Straßenkategorie die konkrete Ausbaumaßnahme zuzuordnen ist, richtet sich danach, welche Funktion sie nach der Verkehrsplanung der Gemeinde, dem darauf beruhenden Ausbauzustand (z. B. Breite und Länge der Straße) und der straßenrechtlichen Gewichtung haben soll. Ferner kommt den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen Bedeutung zu (so auch NdsOVG, Urt. v. 11.11.1986 - 9 A 25/86 -, KStZ 1987, 136; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl., § 34 RdNr. 34). Liegt eine Straße am Gemeinderand und in einem reinen Wohngebiet, so ist sie regelmäßig eine überwiegend dem Anliegerverkehr dienende Straße (vgl. a. a. O.). Dies gilt ausnahmsweise nicht, wenn sich aus ihrem Verhältnis zu den übrigen Straßen und/oder aufgrund der örtlichen Besonderheiten ergibt, dass die Straße in erheblichem Umfang auch andere Funktionen hat, etwa eine Verbindungsfunktion, weil sie z. B. den Verkehr von anderen Anliegerstraßen oder Gebieten aufnimmt und zu übergeordneten Straßen weiterleitet.

Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist es der Zulassungsschrift nicht gelungen darzulegen, dass die abgerechnete Straße in erheblichem Umfang eine Verbindungsfunktion hat. Das Gegenteil ist der Fall. Die Zulassungsschrift legt dar, dass das Verkehrsaufkommen in der abgerechneten Straße überwiegend aus den täglichen An- und Abfahrten der Arbeiternehmer und der Kunden der anliegenden Gewerbebetriebe besteht.

Dieser Ziel- und Quellverkehr ist Anliegerverkehr.

2. Soweit die Zulassungsschrift gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 5 VwGO geltend macht, das Verwaltungsgericht habe die Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 VwGO verletzt, indem es dem Vorbringen, der Kläger habe für die abgerechnete Straße bereits Vorausleistungen auf einen Erschließungsbeitrag erbracht, nicht weiter nachgegangen sei, führt dies ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. In dieser Hinsicht wird der geltend gemachte Verfahrensmangel schon nicht in einer den Anforderungen des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO genügenden Weise dargetan. Hierzu ist es erforderlich, dass substantiiert dargelegt wird, entweder welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Gericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären und welches für die Entscheidung erhebliche Ergebnis von einer entsprechenden Beweisaufnahme zu erwarten gewesen wäre. Derartige Darlegungen enthält die Zulassungsschrift schon nicht. Darüber hinaus war das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner zutreffenden Rechtsansicht nicht gehalten, weitere Sachaufklärung zu betreiben. Auf dem angeblichen Verfahrensfehler beruht daher die verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Ausbau des streitbefangenen "M-Wegs" der Straßenausbaubeitragspflicht unterliegt. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger für die gleiche Ausbaumaßnahme bereits Vorausleistungen auf einen Erschließungsbeitrag mussten sich dem Verwaltungsgericht nicht aufdrängen.

Im Übrigen wäre eine Aufrechnung im öffentlichen Recht auch nur mit rechtskräftig oder bestandskräftig festgestellten oder unbestrittenen Forderungen möglich (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.10.1998 - BVerwG 3 B 68.97 -, DVBl. 1999, 160 -161).

Ende der Entscheidung

Zurück