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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 09.03.2004
Aktenzeichen: 2 L 250/03
Rechtsgebiete: LSA-KAG, LSA-GemHVO, KrW/AbfG


Vorschriften:

LSA-KAG § 5 I 2
LSA-KAG § 5 IIb
LSA-KAG § 5 IIc
LSA-KAG § 5 III 3
LSA-KAG § 10 I
LSA-GemHVO § 17
KrW/AbfG § 3 VII
1. Der Begriff des Kalkulationszeitraums i. S. des § 5 Abs. 2c KAG LSA ist identisch mit demjenigen i. S. des § 5 Abs. 2b KAG LSA. Er wird durch den kommunalen Abgabengläubiger festgelegt.

2. Aus der (bis zum sog. Investitionserleichterungsgesetz von 2003 geltenden) Fassung der 1. Va-riante des § 5 Abs. 2c KAG LSA (Kostenüberdeckung innerhalb eines Jahres) lässt sich für die 2. Variante (Kostenunterdeckung) nicht der "Umkehrschluss" ziehen, dass der Zeitraum für die Kostenunterdeckung volle drei Jahre beträgt.

3. Überlässt es die Kommune einem Dritten, die Gebührenbescheide zu erstellen, so dürfen die dafür aufgewendeten Kosten nur in die Kalkulation eingestellt werden, wenn die Leistung durch Dritte in der Satzung geregelt ist.

Die Satzung muss zur Abgabenverwaltung ermächtigen; dass sie die Abfallentsorgung durch Dritte zulässt, reicht nicht aus.

4. Fehler der Gebührenkalkulation oder deren Fehlen führen grundsätzlich zur Nichtigkeit des Ge-bührensatzes. Ob die Gerichte den Gebührensatz im Ergebnis allein deshalb halten" können, weil Unterlagen eingereicht worden sind, welche einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA (Kostenüberschreitungsverbot) nicht erkennen lassen, bleibt offen.

5. Eine spätere "Heilung" (im gerichtlichen Verfahren) dürfte sich jedenfalls nur dadurch herbeiführen lassen, wenn sich die Gebührensatzobergrenze als nicht überschritten erweist u n d der Kreistag auf dieser Grundlage nachträglich sein Ermessen ausübt, ob er die volle mögliche Gebühr erheben will (§ 5 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA, 2. Halbsatz; § 5 Abs. 3 Satz 3 KAG LSA).


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 250/03

Datum: 09.03.2004

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf § 13 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]), <Streitwert>.

I. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen; denn diese sind nicht hinreichend dargelegt worden (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Der Darlegungslast genügt nur, wer den "Grund" benennt, der ausnahmsweise die Zulassung rechtfertigt, und dessen Voraussetzungen "schlüssig" beschreibt. Dazu gehört bei § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dass belegt wird, es beständen gerade "ernstliche Zweifel an der Richtigkeit" der angefochtenen Entscheidung. Dies verlangt zunächst, dass der Antrag einzelne tatsächliche Feststellungen des Gerichts oder Elemente der rechtlichen Ableitung konkret bezeichnet, die beanstandet werden sollen, sowie zusätzlich, dass aufgezeigt wird, aus welchem Grund die konkrete Passage ernstlichen Zweifeln begegnet. Da § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO außerdem verlangt, dass ernstliche Zweifel an der "Richtigkeit" des Ergebnisses bestehen, muss der Zulassungsantragsteller ferner darlegen, dass das Gericht bei Vermeidung der gerügten Fehler zu einer anderen, für den Rechtsmittelführer positiven Entscheidung gelangt wäre. Daran fehlt es.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der angefochtene Gebührenbescheid des Beklagten rechtswidrig ist und den Gebührenschuldner in dessen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil die in § 2 der Abfallgebührensatzung - AbfGebS - des Beklagten vom 10.07.2000 festgelegten Gebührensätze für die Abfallgrundgebühr gegen das in § 5 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 des Kommunalabgabengesetzes - KAG-LSA - i. d. F. d. Bek. v. 13.12.1996 (LSA-GVBl., S. 405), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.07.2003 (LSA-GVBl., S. 158 [158 <Art. 3>]), geregelte Kostenüberschreitungsverbot verstoßen und daher unwirksam sind. Dabei kann der Senat in diesem Verfahren offen lassen, ob der Beklagte in Rahmen seiner Gebührenkalkulation für das Jahr 2001 zu hohe Rücklagen für die Deponienachsorge berücksichtigt hat; denn die der Satzung zugrundeliegende Gebührenkalkulation ist schon deshalb fehlerhaft, weil der Beklagte darin eine Kostenunterdeckung aus dem Jahre 1999 (1.) und die Kosten für die an die Kommunale Datenverarbeitungsgesellschaft mbH (KDG) für die Gebührenbescheiderstellung zu zahlenden Entgelte (2.) fehlerhaft eingestellt hat; bereits diese Fehler haben die Ungültigkeit des Gebührensatzes zur Folge (3.).

1. Das Einstellen der im Jahr 1999 entstandenen Kostenunterdeckung in Höhe von 1.025.421,00 DM (= 524.289,43 €) in die Gebührenkalkulation für das Jahr 2001 stellt einen erheblichen methodischen Fehler dar.

Der Beklagte trägt insoweit vor, er könne nach den gesetzlichen Vorgaben Kostenunterdeckungen in einem Zeitraum von drei Jahren ausgleichen, weil zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Kreistages über die neue Abfallgebührensatzung (in der Regel im letzten Vierteljahr des Kalkulationszeitraums) das Ist-Ergebnis des vorausgegangenen Kalkulationsjahres regelmäßig noch nicht vorliege, so dass allenfalls mit Prognosewerten gearbeitet werden könne. Dieser vom Beklagten vorgenommene Ansatz steht nicht im Einklang mit § 5 Abs. 2c Halbsatz 2 KAG-LSA, wonach Kostenunterdeckungen nur im nächsten Kalkulationszeitraum ausgeglichen werden können.

Der in § 5 Abs. 2c KAG-LSA verwendete Begriff "im nächsten Kalkulationszeitraum" ist schon von seinem Wortlaut her (wörtliche Auslegung) nicht in dem von dem Beklagten ausschließlich verstandenen Sinne "innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren" gleichzusetzen. Vielmehr ergibt sich aus dem unmittelbaren Zusammenhang der Vorschrift mit § 5 Abs. 2b KAG-LSA (systematische Auslegung), dass es grundsätzlich dem kommunalen Abgabengläubiger überlassen bleiben soll, den Kalkulationszeitraum im Einzelnen zu bestimmen. § 5 Abs. 2b KAG-LSA gibt lediglich vor, dass der Zeitraum drei Jahre nicht übersteigen soll. Nach dem Willen des Gesetzgebers kann der kommunale Abgabengläubiger damit einen einjährigen, zweijährigen oder dreijährigen Kalkulationszeitraum wählen; mit dieser Wahl bestimmt er zugleich den "Kalkulationszeitraum" im Sinne des § 5 Abs. 2c KAG-LSA. Entscheidet sich also der kommunale Abgabengläubiger gemäß § 5 Abs. 2b KAG-LSA für einen einjährigen Kalkulationszeitraum, hat dies für die Auslegung des Kalkulationszeitraums im Sinne des § 5 Abs. 2c KAG-LSA zur Folge, dass der "nächste" Kalkulationszeitraum das nächstfolgende Jahr ist. Diese Auslegung, die dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers entspricht (vgl. LT-Drs. 1/304 v. 21.03.1991, S. 35 f.: "Der Ausgleich der Kostenüber- oder -unterdeckungen im jeweils nachfolgenden Kalkulationszeitraum folgt zwangsläufig aus dem bei der Veranschlagungsmaxime eingeräumten Kalkulationsspielraum."), wird auch durch den Zweck der Vorschrift (teleologische Auslegung), dem Kostendeckungsprinzip des § 5 Abs. 1 Satz 2 KAG-LSA periodengerecht Rechnung zu tragen, bestätigt: Das Kostendeckungsprinzip verpflichtet den kommunalen Abgabengläubiger nämlich nicht nur dazu, die Gebührensätze für die In-Anspruch-Nahme der öffentlichen Einrichtung so zu kalkulieren, dass das im gewählten Kalkulationszeitraum zu erwartende Gebührenaufkommen die in diesem Zeitraum zu erwartenden und nach § 5 Abs. 2 KAG-LSA ansatzfähigen Kosten der öffentlichen Einrichtung in ihrer Gesamtheit nicht übersteigt (sog. Kostenüberschreitungsverbot; NdsOVG, Urt. v. 25.09.1980 - 3 C 2/79 -, KStZ 1988, 193 [195]; VGH BW, Urt. v. 27.01.2000 - 2 S 1621/97 -, NVwZ-RR 2000, 710 [712]), sondern auch im Rahmen seiner Kalkulation zu beachten, dass das Gebührenaufkommen ohne begründeten Anlass nicht unterschritten wird (sog. Kostendeckungsgebot). Diesem Zweck liefe es aber zuwider, würde man es dem kommunalen Abgabengläubiger überlassen, die Kostendeckung je nach Haushaltslage auch außerhalb des gewählten Kalkulationszeitraums herbeizuführen.

Schließlich steht dieser Auslegung auch die Entstehungsgeschichte des § 5 Abs. 2c KAG-LSA (historische Auslegung) nicht entgegen; denn der Landesgesetzgeber hat mit der Änderung des Kommunalabgabengesetzes durch Gesetz vom 15.08.2000 (LSA-GVBl., S. 526) - KAG-LSA 2000 - die Frage der Kostenunterdeckung nicht neu regeln wollen. Dies ergibt sich aus Folgendem: Vor In-Kraft-Treten des § 5 Abs. 2c KAG-LSA bestimmte § 5 Abs. 2 Satz 3 des Kommunalabgabengesetzes vom 11.06.1991 (LSA-GVBl., S. 105) - KAG-LSA 1991 -: "Weichen am Ende eines Kalkulationszeitraums die tatsächlichen von den kalkulierten Kosten ab, so sind Kostenüberdeckungen innerhalb des nächsten Kalkulationszeitraums auszugleichen; Kostenunterdeckungen können im nächsten Kalkulationszeitraum ausgeglichen werden." Die Auslegung dieser Regelung dahingehend, dass auch bei einer fortlaufend ein- oder zweijährigen Gebührenkalkulation für den Ausgleich von Kostenüberdeckungen ein Zeitraum von bis zu drei Jahren in Anspruch genommen werden kann (vgl. Kirchmer, in: Kirchmer/Schmidt/Haack, Kommentar zum KAG-LSA, 2. Aufl., § 5 Anm. 2.4.1.), führte zu der Neuregelung des § 5 Abs. 2c Halbsatz 1 KAG-LSA (vgl. Art. 1 des Gesetzes vom 15.08.2000). Ausweislich der Beratungen des Gesetzentwurfs sollte die Gesetzesänderung ausschließlich einen sofortigen Ausgleich der Kostenüberdeckungen - selbst aus einer mehrjährigen Gebührenkalkulation - im ersten Jahr des nächsten Kalkulationszeitraums sicherstellen (LT-StenBer. 3/40 vom 22.06.2000, S. 2794). Hintergrund dieser Gesetzesänderung war die Annahme, "dass die derzeitige Praxis ...es den Kommunen überlässt, Überdeckungen zur Haushaltskonsolidierung gemäß § 17 GemHVO (= Gemeindehaushaltsverordnung - GemHVO - vom 22.10. 1991 [LSA-GVBl., S, 378], zuletzt geändert durch Gesetz vom 07.12.2001 [LSA-GVBl., S. 540]) einzusetzen. Die vorgesehene Regelung füllt somit den § 17 aus, indem sie die Zweckbindung festschreibt" (vgl. LT-Drs. 3/1386, S. 7). Es kann dahinstehen, ob diese Annahme haushaltsrechtlich zutrifft (verneinend: Kirchmer, a. a. O., § 5 Anm. 2.4.2.). Ziel der Gesetzesänderung war es mit Blick auf das in § 5 Abs. 1 Satz 2 KAG-LSA enthaltene Prinzip der Kostendeckung jedenfalls, etwaige Mehreinnahmen unverzüglich wieder bei der Gebührenkalkulation zu berücksichtigen, um auf diese Weise die Gebührenpflichtigen zu entlasten; hingegen war die Frage, wie eine etwaige Kostenunterdeckung im Rahmen der Gebührenkalkulation zu behandeln ist, nicht Gegenstand der Beratungen, so dass der ursprüngliche Wille des Gesetzgebers, den Ausgleich der Kostenunterdeckung von dem gewählten Kalkulationszeitraum abhängig zu machen, auch zukünftig zu beachten ist.

Ob die inzwischen erfolgte erneute Änderung des § 5 Abs. 2c Halbsatz 1 KAG-LSA durch Art. 3 des Zweiten Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen im Land Sachsen-Anhalt vom 16.07.2003 (LSA-GVBl., S. 158) Auswirkungen auf die Auslegung des § 5 Abs. 2c Halbsatz 2 KAG-LSA hat, was nach den obigen Ausführungen zu verneinen sein dürfte, kann hier dahinstehen; denn diese Vorschrift findet auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, da sich das Gesetz keine Rückwirkung beigemessen hat.

Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass der Beklagte, der die Abfallgebühren jährlich kalkuliert, die aus dem Jahr 1999 resultierende Kostenunterdeckung gemäß § 5 Abs. 2c Halbsatz 2 KAG-LSA in die Gebührenkalkulation für das Jahr 2000 hätte einstellen müssen. Sein Einwand, zu diesem Zeitpunkt sei ihm das wirtschaftliche Ist-Ergebnis der vorausgegangenen Kalkulation nicht bekannt gewesen, greift nicht durch; denn - wie das Verwaltungsgericht zutreffend feststellt - basiert eine Gebührenkalkulation notwendigerweise auch auf Prognosen und Schätzungen, so dass es rechtlich unbedenklich ist, Kostenunterdeckungen auf der Grundlage eines zum Jahresende geschätzten Betriebsergebnisses bzw. der (haushaltsrechtlich) vorläufigen Jahresrechnung kalkulatorisch einzubeziehen (Lichtenfeld, in: Driehaus, a. a. O., § 6 RdNr. 726i).

2. Weiter ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte die Kosten für die an die Kommunale Datenverarbeitungsgesellschaft mbH (KDG) für die Gebührenbescheiderstellung zu zahlenden Entgelte in Höhe von 271.600,00 DM (= 138.866,87 €) fehlerhaft in die Gebührenkalkulation eingestellt hat.

Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, ein Verstoß gegen § 10 Abs. 1 KAG-LSA sei schon deswegen nicht anzunehmen, weil die KDG lediglich seine Informationen softwaremäßig verarbeitet und den Druck der Grundgebührenbescheide besorgt habe, ist dem nicht zuzustimmen; denn § 10 Abs. 1 KAG-LSA soll gerade diese Fälle der lediglich Hilfszwecken dienenden, verwaltungsökonomischen Abwicklung von Massenverfahren im Abgabenbereich erfassen, wobei die abschließende Entscheidungskompetenz der abgabenerhebenden Körperschaft vorbehalten bleiben muss, da das Recht zur Abgabenerhebung ein Hoheitsrecht ist (Lichtenfeld, in: Driehaus, a. a. O., § 6 RdNr. 768).

§ 10 Abs. 1 Satz 1 KAG-LSA ermöglicht es den Gemeinden und Landkreisen, in ihrer Satzung zu bestimmen, dass die Ermittlung von Berechnungsgrundlagen, die Abgabenberechnung, die Ausfertigung und Versendung von Abgabenbescheiden sowie die Entgegennahme der zu entrichtenden Abgaben von einem damit beauftragten Dritten wahrgenommen werden. Dazu können sie sich auch der dort vorhandenen Datenverarbeitungseinrichtung bedienen (§ 10 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 KAG-LSA). Da § 10 Abs. 1 KAG-LSA die Vielzahl der möglichen Hilfstätigkeiten im Rahmen der Gebührenverwaltung nicht im Einzelnen regeln kann, müssen im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit in der kommunalen Gebührensatzung zwingend alle diejenigen Tätigkeiten im Rahmen des Gebührenverfahrens festgelegt werden, die aufgrund eines Auftragsverhältnisses von dem dazu ermächtigten Dritten wahrgenommen werden (vgl. LT-Drs. 1/304 vom 21.03.1991). Über eine derartige Regelung verfügt der Beklage in seiner Abfallgebührensatzung vom 10.07.2000 nicht, so dass es an der notwendigen Grundlage dafür fehlt, auch die durch die Beschäftigung des Dritten entstandenen Kosten in die Gebührenkalkulation hätten einzustellen. Der Hinweis des Beklagten auf § 2 Abs. 2 seiner Abfallentsorgungssatzung vom 21.12.1998 geht fehlt; denn diese Vorschrift sieht keine Übertragungsmöglichkeit im Rahmen der Abgabenverwaltung vor, sondern regelt allein die Aufgabe der Abfallentsorgung, d. h. wem die Verwertung und Beseitigung von Abfällen im Sinne des § 3 Abs. 7 KrW-/AbfG obliegt (vgl. auch § 3 Abs. 1 und 3 AbfG LSA). Eine Übertragung des § 2 Abs. 2 der Abfallentsorgungssatzung des Beklagten auf das Abfallgebührenrecht scheidet aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtung der beiden Aufgabengebiete von vornherein aus.

3. Ist damit die dem Kreistag des Beklagten vorgelegte Gebührenkalkulation in zwei für die Gebührenhöhe wesentlichen Punkten bereits fehlerhaft, hat dies im vorliegenden Fall die Ungültigkeit des in der Abfallgebührensatzung festgelegten Gebührensatzes zur Folge.

Dabei kann der Senat offen lassen, ob Fehler in der Kalkulation nur dann die Unwirksamkeit des Gebührensatzes nach sich ziehen, wenn sie zur Folge haben, dass sich der Gebührensatz - wie das Verwaltungsgericht meint - im Ergebnis als nicht richtig erweist; denn ausweislich der von dem Beklagten nachgereichten Betriebsabrechnung für das Jahr 2001 ergibt sich daraus ebenfalls eine erhebliche Kostenüberdeckung für den mit den Grundgebühren abgedeckten Leistungsbereich, so dass die Gebührensätze für Grundgebühren für das Jahr 2001 auch im Ergebnis nicht gerechtfertigt sind; diese Feststellung des Verwaltungsgerichts wird mit der Zulassungsschrift nicht angegriffen.

Nach der Auffassung des Senats spricht allerdings aufgrund der rechtlichen Regelungen in § 5 KAG-LSA Vieles dafür, dass eine in wesentlichen Punkten fehlerhafte Gebührenkalkulation bereits zwingend die Unwirksamkeit des Gebührensatzes zur Folge hat, ohne dass es auf eine (nachträgliche) Ergebniskontrolle ankommen kann; denn der Kreistag kann ohne eine ordnungsgemäße Gebührenkalkulation das ihm bei der Festsetzung des Gebührensatzes eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei ausüben (so auch NdsOVG, Urt. v. 12.09.1990 - 9 L 119/89 -, KStZ 1991,160; VGH BW, Beschl. v. 27.02.1996 - 2 S 1407/94 -, VBlBW 1996, 382; OVG MV, Urt. v. 25.02.1998 - 4 K 8/97 -, KStZ 2000, 12 [13]; SächsOVG, Urt. v. 09.09.1998 - 2 S 617/95 -, LKV 1999, 275; a. A. OVG NW, Urt. v. 24.07.1995 - 9 A 2251/93 -, NVwZ-RR 1996, 695, und für das Abwassergebührenrecht OVG LSA, Urt. v. 09.10.2003 - 1 K 459/01 -).

Der Senat geht dabei von folgenden Überlegungen aus: Über die Höhe des Gebührensatzes, dessen Festsetzung zum Inhalt einer Abgabensatzung gehört (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG-LSA), hat der Kreistag als zuständiges Rechtssetzungsorgan (§ 33 Abs. 3 Nr. 6 der Landkreisordnung für das Land Sachsen-Anhalt - LKO LSA - vom 05.10.1993 [LSA-GVBl., S. 598], zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.11.2003 [LSA-GVBl., S. 318]), innerhalb der gesetzlichen Schranken nach pflichtgemäßem Ermessen zu beschließen. Es trifft zwar zu, dass weder das Kommunalabgabengesetz noch die Gemeinde- oder Landkreisordnung den Satzungsgeber zwingen, vor dem Satzungsbeschluss eine Kalkulation zu erstellen oder erstellen zu lassen (OVG LSA, Urt. v. 09.10.2003 - 1 K 459/01 -). Voraussetzung für eine sachgerechte Ermessensbetätigung kann allerdings nur eine Gebührenkalkulation sein, aus der die kostendeckende Gebührensatzobergrenze hervorgeht. Das Kostendeckungsprinzip des § 5 Abs. 1 Satz 2 KAG-LSA, das sowohl ein Kostenüberschreitungsverbot als auch ein Kostendeckungsgebot enthält, gilt hier auch für die von dem Beklagten vorgehaltenen Abfallentsorgungseinrichtungen, zu deren Betrieb der Landkreis gesetzlich verpflichtet ist (§ 3 Abs. 1 AbfG LSA). Dieses gesetzlich geregelte generelle Kostendeckungsprinzip wird weder durch das bundesrechtliche KrW-/AbfG, das sich zu den Gebühren überhaupt nicht verhält, noch durch § 6 AbfG LSA berührt. Vielmehr hat sich der Landesgesetzgeber auf eine Erweiterung des Kostenbegriffs beschränkt (vgl. § 6 Abs. 2 AbfG LSA).

Die genannte Gebührensatzobergrenze wird ermittelt, indem die gebührenfähigen Kosten der öffentlichen Einrichtung auf die möglichen Benutzer nach Maßgabe des in der Satzung vorgesehenen Gebührenmaßstabs verteilt werden, wobei der voraussichtliche Umfang der Benutzung in der Regel geschätzt werden muss. Die Gebührensatzobergrenze ist danach das Ergebnis eines Rechenvorgangs, bei dem die voraussichtlichen gebührenfähigen Gesamtkosten durch die Summe der voraussichtlichen maßstabsbezogenen Benutzungseinheiten geteilt werden. Da § 5 Abs. 1 Satz 2 KAG-LSA den Landkreis nicht verpflichtet, eine vollständige Kostendeckung anzustreben, hat sich der Satzungsgeber vor oder bei Beschlussfassung über den Gebührensatz im Wege einer Ermessensentscheidung darauf festzulegen, welche gebührenfähigen Kosten der öffentlichen Einrichtung in den Gebührensatz eingestellt werden sollen. Außerdem ist dem Landkreis bei der Ermittlung der in den Gebührensatz einzustellenden Kostenfaktoren überall dort ein Beurteilungsermessen eingeräumt, wo sich diese Kosten nicht rein rechnerisch, sondern im Wege von Schätzungen oder finanzpolitischen Bewertungen ermitteln lassen, z. B. bei der Ermittlung der "angemessenen" Verzinsung des von den kommunalen Gebietskörperschaften aufgewandten Eigenkapitals (§ 5 Abs. 2a Satz 1 Halbsatz 2 KAG-LSA). Als im Rahmen der Gebührenkalkulation ausschließlich dem kommunalen Abgabengläubiger vorbehaltene Ermessensentscheidung stellen sich darüber hinaus z. B. die Entscheidungen dar, ob ein ein-, zwei- oder dreijähriger Kalkulationszeitraum gewählt werden soll (§ 5 Abs. 2b KAG-LSA), wann und unter welchen Voraussetzungen ein Ausgleich von Kostenunterdeckungen erfolgen soll (§ 5 Abs. 2c KAG-LSA) und ob bei der Festlegung der Gebührensätze soziale Gesichtspunkte berücksichtigt werden sollen (§ 5 Abs. 3 Satz 3 KAG-LSA). Die Ausübung dieses Ermessens steht wegen des untrennbaren Zusammenhangs mit der Entscheidung über die Höhe des Gebührensatzes im Bereich des Abfallgebührenrechts allein dem Kreistag als dem zuständigen Rechtssetzungsorgan zu. Da - wie bereits erwähnt - § 5 Abs. 1 Satz 2 KAG-LSA nicht zur vollständigen Kostendeckung verpflichtet, darf der zu beschließende Gebührensatz hinter der ermittelten kostendeckenden Gebührensatzobergrenze zurückbleiben. Ist dem Satzungsgeber aber vor oder bei der Beschlussfassung über den Gebührensatz keine Gebührenkalkulation zur Billigung unterbreitet worden oder ist die unterbreitete Gebührenkalkulation in einem für die Gebührensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, konnte der Kreistag das ihm bei der Festsetzung des Gebührensatzes eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei ausüben, mit der Folge, dass der Gebührensatz ungültig ist. Eine Überprüfung des Gebührensatzes "von Amts wegen" ohne Berücksichtigung der nach § 5 KAG-LSA vorgesehenen Ermessensentscheidungen, die es z. B. nach dem nordrhein-westfälischen Landesrecht nicht gibt (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NW), würde den dem kommunalen Abgabengläubiger vorbehaltenen und auch von den Gerichten zu respektierenden Ermessenspielraum in Frage stellen.

Eine spätere "Heilung" lässt sich deshalb nur dadurch herbeiführen, dass sich die Gebührensatzobergrenze als nicht überschritten erweist und der Kreistag nachträglich sein Ermessen ausübt.

II. Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen; denn für eine "grundsätzliche Bedeutung" (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist keine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, aber in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechtsfrage aufgeworfen, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die Frage muss so eindeutig bezeichnet sein, dass bereits im Zulassungsverfahren beurteilt werden kann, ob sie in dem anhängigen Rechtsmittelverfahren klärungsbedürftig und -fähig ist (BVerwG, Beschl. v. 14.02.1984 - BVerwG 1 B 10.84 -, Buchholz 402.24 § 10 AuslG Nr. 102 [S. 75]). Insbesondere muss dargelegt werden, dass die Frage, so, wie sie formuliert worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits entscheidungserheblich (gewesen) ist (OVG LSA, Beschl. v. 18.02.1998 - A 1 S 134/97 -; OVG NW, Beschl. v. 31.05.1995 - 1 A 2214/99.A -; VGH BW, Beschl. v. 10.05.1999 - A 6 S 1784/98 -). Mit dem Hinweis darauf, dass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Dessau zur doppelten Berücksichtigung der periodenbezogenen Kalkulationsmethode im Bereich der Deponienachsorge ein grundsätzlich zu klärendes Problem aufgeworfen habe, genügt die Zulassungsschrift diesen Anforderungen nicht; denn die Frage, inwieweit Deponiefolgekosten im Rahmen der Gebührenkalkulation zu berücksichtigen sind, ist nach den obigen Ausführungen (I.) nicht klärungsbedürftig, da sich die Frage nach einem weiteren Mangel des Gebührensatzes in einem Berufungsverfahren nicht mehr stellen würde.

Ende der Entscheidung

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