Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 11.12.2003
Aktenzeichen: 2 L 265/02
Rechtsgebiete: LSA-JAPrO, LSA-JAG, GG


Vorschriften:

LSA-JAPrO § 18 II 1
LSA-JAPrO § 22 II
LSA-JAPrO § 33 II
LSA-JAPrO § 47 II
LSA-JAPrO § 49
LSA-JAPrO § 51
LSA-JAG § 1 II
LSA-JAG § 3 II
LSA-JAG § 5
LSA-JAG § 7 Nr. 5
GG Art. 3 I
GG Art. 12 I
GG Art. 80 I
1.Die Befangenheit eines Prüfers kann nicht darauf gestützt werden, dass dieser bei der Korrektur einer Arbeit kritische Bemerkungen verwendet hat. Die Grenze ist erst überschritten, wenn An-haltspunkte dafür vorliegen, dass der Prüfer die gebotene sachliche Distanz verlassen hat.

2.Bei umstrittenen fachwissenschaftlichen Fragen hat der Prüfer den mit seinem Beurteilungsspielraum korrespondierenden Antwortspielraum des Prüflings zu tolerieren. Dieser verpflichtet den Prüfling, seine Lösung zu rechtfertigen. Dass seine Lösung lediglich im Ergebnis vertretbar ist, reicht bei mangelnder Auseinandersetzung und Begründung nicht aus.

3.Innerhalb des Beurteilungsspielraums hält sich die Kritik, der Prüfling habe die Prüfungsaufgabe formal nicht bewältigt, die fachspezifische Begrifflichkeit verletzt oder er habe ungenau gearbeitet.

4.Die Regelung der Prüfungsordnung, bei erheblichen Bewertungsdifferenzen der beiden Prüfer einen "Stichentscheid" durch einen weiteren Prüfer vorzusehen, unterhalb einer Differenzgrenze hingegen einen mathematischen Mittelwert zu bilden, verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz oder gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit.

5.Eine spezielle Ermächtigung für gerade diese Verordnungsregelung muss der Gesetzgeber auch nicht deshalb selbst treffen, wenn und soweit durch den Mittelwert über die Frage des Bestehens oder Nicht-Bestehens entschieden wird.

6.Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung ergeben sich hinreichend bestimmt aus dem Justizausbildungsgesetz des Landes.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 2 L 265/02

Datum: 11.12.2003

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine Neubewertung der von ihm im Rahmen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung angefertigten Aufsichtsarbeiten "Öffentliches Recht I" und "Öffentliches Recht II" sowie eine erneute Gesamtbewertung des schriftlichen Teils der Prüfung.

Der Kläger hat nach seinem rechtswissenschaftlichen Studium die Erste Juristische Staatsprüfung bestanden und anschließend den juristischen Vorbereitungsdienst im Land Sachsen-Anhalt durchlaufen. Nachdem er die Zweite Juristische Staatsprüfung nicht bestanden hatte, wurde er im Ergänzungsvorbereitungsdienst weiter ausgebildet. Anschließend fertigte er ... im Rahmen des schriftlichen Teils der Wiederholungsprüfung sechs Aufsichtsarbeiten an; die Ergebnisse der Pflichtklausuren "Zivilrecht II" und "Öffentliches Recht III" aus der ersten schriftlichen Prüfung ... wurden im Rahmen der Wiederholungsprüfung angerechnet.

Mit Bescheid vom ... teilte der Beklagte dem Kläger das Ergebnis des schriftlichen Teils der Wiederholungsprüfung wie folgt mit:

1. Pflichtklausur (Strafrecht I) ausreichend 6 Punkte,

2. Pflichtklausur (Strafrecht II) mangelhaft 3 Punkte,

3. Pflichtklausur (Zivilrecht I) mangelhaft 3 Punkte,

4. Pflichtklausur (Zivilrecht II) ausreichend 4 Punkte,

5. Pflichtklausur (Zivilrecht III) mangelhaft 2 Punkte,

6. Pflichtklausur (Öffentliches Recht I) mangelhaft 3 Punkte,

7. Pflichtklausur (Öffentliches Recht II) mangelhaft 3 Punkte,

8. Pflichtklausur (Öffentliches Recht III) ausreichend 5 Punkte.

Gleichzeitig stellte der Beklagte fest, dass der Kläger die Zweite Juristische Staatsprüfung endgültig nicht bestanden habe, weil mehr als vier der von ihm angefertigten Aufsichtsarbeiten geringer bewertet worden seien als mit 4,00 Punkten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger ... Widerspruch mit der Begründung, die Ausführungen der Korrektoren der Klausur "Öffentliches Recht I" beinhalteten mehrere Bewertungsfehler; insbesondere genüge der von ihm dargestellte Tatbestand den gesetzlichen Anforderungen, zumal es gesetzliche Vorgaben zum Umfang des Tatbestands nicht gebe. Auch die Bewertung der Aufsichtsarbeit "Öffentliches Recht II" weise erhebliche Bewertungsmängel auf. Es sei schon nicht nachvollziehbar, dass beide Prüfer mit inhaltlich völlig unterschiedlicher Begründung zum gleichen Bewertungsergebnis gelangt seien.

Nachdem der Beklagte zum Widerspruchsvorbringen des Klägers die notwendigen Stellungnahmen der Prüfer eingeholt und diese an ihrer Bewertung festgehalten hatten, wies der Beklagte ... den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass Verfahrens- und Bewertungsfehler im Hinblick auf die vom Kläger angeführten Aufsichtsarbeiten nicht festzustellen seien. Seine Angriffe seien entweder von einer Verkennung der tatsächlichen Rechtslage getragen oder liefen unzulässigerweise darauf hinaus, an die Stelle von Prüfereinschätzungen seine eigenen Bewertungen zu setzen.

Mit Beschluss vom 29. Mai 2000 - 3 B 21/00 - verpflichtete das Verwaltungsgericht Halle den Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung, den Kläger vorläufig zur mündlichen Prüfung im Rahmen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung zuzulassen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf Defekte in der Bewertung der Aufsichtsarbeit "Öffentliches Recht I" hingewiesen und ausgeführt, dass im Rahmen der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes maßgeblichen Prognose davon ausgegangen werden könne oder jedenfalls nicht auszuschließen sei, dass eine erneute Bewertung dieser Klausuraufgabe zu einer besseren Note führen könne; denn nach der fachlichen Einschätzung der Arbeit durch die entscheidende Kammer handele es sich um eine Vorlage, mit der in der Praxis (noch) gearbeitet werden könne. Im Hinblick auf die Aufsichtsklausur "Öffentliches Recht II" habe das erkennende Gericht im Rahmen der summarischen Prüfung keine Bewertungs- oder Verfahrensfehler erkennen können. Diese mündliche Prüfung hat zwischenzeitlich stattgefunden; gegen das Ergebnis dieser Prüfung hat der Kläger Widerspruch erhoben.

In der Folgezeit führte der Beklagte eine Neubewertung der Klausur "Öffentliches Recht I" zunächst durch die ursprünglichen Prüfer herbei. Während der Erstprüfer bei seiner Bewertung der Aufsichtsarbeit mit "mangelhaft (3 Punkte)" verblieb, änderte der Zweitprüfer sein Votum auf "ausreichend (4 Punkte)". Im Einvernehmen mit dem Kläger veranlasste der Beklagte daraufhin eine erneute Erstbewertung der genannten Aufsichtsarbeit durch einen anderen Prüfer und beauftrage hiermit den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts .... Dieser Prüfer war bereits in einer Parallelgruppe von Prüflingen, die ebenfalls die Klausuraufgabe "Öffentliches Recht I" bearbeitet hatten, als Prüfer eingesetzt worden. Dieser Prüfer erstattete unter dem 09.03.2001 sein Votum und bewertete die Aufsichtsarbeit mit "mangelhaft (3 Punkte)". Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Votum Bezug genommen.

Das daraufhin zwischen dem neuen Erstgutachter und dem bisherigen Zweitgutachter durchgeführte Einigungsgespräch führte zu keiner Änderung der jeweils abgegebenen Bewertungen.

Bereits am 23.06.2000 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben. Er hat weiterhin die seiner Auffassung nach fehlerhafte Bewertung der beiden Aufsichtsklausuren gerügt und zur Aufsichtsklausur "Öffentliches Recht I" ergänzend unter Vorlage von Entscheidungen anderer Gerichte und des Parteigutachtens des Rechtsanwalts L. vorgetragen, dass das von ihm gefundene Ergebnis auch in der Rechtsprechung vertreten werde. Weiter hat der Kläger Befangenheit der Prüfer der Klausur "Öffentliches Recht II" geltend gemacht, weil sich diese in der Äußerung zu seinem Widerspruch unsachlich auf sein Vorbringen eingelassen hätten. Schließlich hat er die Mittelwertberechnung bei der Festsetzung der maßgeblichen Endnote der streitbefangenen Arbeit mit der Begründung angegriffen, dass sich hier immer der schlechter votierende Prüfer durchsetze. Dies sei wegen des insoweit gegebenen Eingriffs in seine Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verfassungswidrig.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids ... und des Widerspruchsbescheids ... zu verpflichten, über die Bewertung der Aufsichtsarbeiten "Öffentliches Recht I" und "Öffentliches Recht II" sowie über die Gesamtbewertung des schriftlichen Teils der Zweiten Juristischen Staatsprüfung des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er auf die angefochtenen Bescheide und die zwischenzeitlich erfolgten Nach- und Neubewertungen der Aufsichtsarbeit "Öffentliches Recht I" verwiesen.

Mit Urteil vom 25. April 2002 - 3 A 171/00 HAL - hat das Verwaltungsgericht Halle die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe die Prüfung auf Grund des Ergebnisses der schriftlichen Prüfungsleistungen nicht gemäß § 49 JAPrO LSA bestanden, weil von den acht Aufsichtsarbeiten fünf mit der Note "mangelhaft", d. h. mit weniger als 4,00 Punkten bewertet worden seien. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Neubewertung der streitbefangenen Aufsichtsarbeiten, da formelle Bewertungsfehler nicht festgestellt werden könnten; insbesondere hätten die Prüfer die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten ausreichend begründet, und es sei ein verwaltungsinternes Kontrollverfahren durchgeführt worden. Darüber hinaus habe der Beklagte sogar in einem Fall eine erneute Erstbewertung einer Aufsichtsarbeit veranlasst und insoweit auch das Einigungsverfahren mit den nunmehr beteiligten Prüfern fehlerfrei durchgeführt. Die vorliegenden Prüferbewertungen genügten den prüfungsrechtlichen Anforderungen. Auch dem Anspruch des Klägers auf Überdenken der Prüfungsentscheidungen habe der Beklagte Rechnung getragen, indem er allen Prüfern, deren Benotung der Kläger Einwände entgegen gesetzt habe, die von ihm erhobenen Beanstandungen mit der Bitte um Stellungnahme zugeleitet habe. Einen Erstprüfer habe er sogar - der Sache nach - ausgewechselt. Auch materiell-rechtliche Bewertungsfehler seien nicht festzustellen. Im Hinblick auf die Bewertung der Klausur "Öffentliches Recht II" seien dem Kläger bei der Bearbeitung gravierende Fehler unterlaufen. Eine Befangenheit der Prüfer der Klausur "Öffentliches Recht II" könne der Kläger nicht erfolgreich geltend machen; denn mit nicht besonders freundlichen Worten werde in der beanstandeten Bemerkung lediglich auf einen Allgemeinplatz verwiesen. Im Hinblick auf die streitbefangene Klausur "Öffentliches Recht I" sei der Kläger jedenfalls durch die vom Beklagten veranlassten Maßnahmen klaglos gestellt. Soweit er auch die erneute Erstbewertung der Aufsichtsarbeit angreife, könne sein Vorbringen der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Der neu bestellte Erstprüfer habe zwar in seinem Gutachten überzeugend dargelegt, dass auch er von einem letztlich brauchbaren Tatbestand ausgehe und die in der Arbeit geäußerte Rechtsauffassung im Wesentlichen nicht fehlerhaft sei. Der Prüfer habe aber im Rahmen des ihm zustehenden Bewertungsermessens darüber hinaus den Schwerpunkt seiner Beurteilung auf Stringenz und Argumentation in der Begründung des vorgeschlagenen Ergebnisses gelegt und ausdrücklich klargestellt, dass auch das vom Kläger gefundene Ergebnis bei entsprechend ordentlicher Argumentation jedenfalls vertretbar gewesen wäre. Wenn der Prüfer ausschlaggebend auf das gebotene Argumentationsvermögen abstelle, so sei dies nicht zu beanstanden; denn der Prüfer habe entscheidend auf einen Gesichtspunkt abgestellt, dem in der Rechtspraxis durchaus eine erhebliche Bedeutung zukomme. Juristisches Können erweise sich nämlich nicht nur durch die Abrufbarkeit (präsenten) Wissens, sondern in der Fähigkeit, dieses in eine Prüfung von Rechtsfragen und in ein Rechtsgespräch einzubringen. Schließlich sei auch die Notenberechnung (Mittelwertansatz; § 33 Abs. 2 JAPrO LSA) des Beklagten nicht zu beanstanden, da es im Regelungsermessen von Gesetz- und Verordnungsgeber liege, je nach den Anforderungen des (künftigen) Berufs anspruchsvolle oder weniger strenge Ansprüche an die in der Prüfung erbrachten Leistungen zu stellen.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil es sich bei der vom Kläger ins Feld geführten Frage der Rechtmäßigkeit der Mittelwertbildung um eine gegenwärtig recht umstrittene Rechtsfrage handele, die grundsätzlich klärungsbedürftig sei.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, auch die neue Erstkorrektur sei unzutreffend; insbesondere ziele die Bewertung erkennbar darauf ab, die Klausur Nr. 6 als mangelhaft und damit nicht bestanden zu bewerten. Der Prüfer sei demnach befangen. Im Übrigen leide die Bewertung der Klausur an zahlreichen materiellen Bewertungsfehlern. Insgesamt habe der Prüfer jedenfalls nicht festgestellt, dass die Klausur Nr. 6 mangelhaft und damit unbrauchbar sei. Auch das Verwaltungsgericht habe in seinem Beschluss vom 29.05.2000 eingeräumt, dass die Klausur als solche für die Praxis brauchbar sei. Schließlich sei die Regelung des § 22 Abs. 2 JAPrO im Zusammenhang mit dem Bewertungsverfahren für die Klausur Nr. 6 als verfassungswidriger Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit unwirksam, die Vorschrift nicht anzuwenden und dem Grundrechtsschutz dadurch Rechnung zu tragen, dass ein Drittgutachten im Sinne eines Stichentscheides durch den Präsidenten des Justizprüfungsamtes eingeholt werde. Auch bezüglich der Klausur Nr. 7 lägen sowohl Befangenheit der Prüfer als auch materielle Bewertungsfehler vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 25. April 2002 - 3 A 171/00 HAL - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids ... in Gestalt des Widerspruchsbescheids ... zu verpflichten, über die Bewertung der Aufsichtsarbeiten "Öffentliches Recht I" und "Öffentliches Recht II" sowie über die Gesamtbewertung des schriftlichen Teils der Zweiten Juristischen Staatsprüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Die Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der angefochtene Bescheid des Beklagten ... in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ... rechtmäßig ist; insbesondere hat der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Verpflichtung des Beklagten, über die Bewertung der Aufsichtsarbeiten "Öffentliches Recht I" (Klausur Nr. 6) und "Öffentliches Recht II" (Klausur Nr. 7) sowie über die Gesamtbewertung des schriftlichen Teils der Zweiten Juristischen Staatsprüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 [BGBl I 686] - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 [BGBl I 3987]); denn die von den Prüfern abgegebenen Bewertungen der Klausuren 6 und 7 sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

I. Den verfahrensrechtlichen Anforderungen an die Bewertung berufsbezogener Prüfungsleistungen ist genügt; die Prüfer haben die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten "Öffentliches Recht I" (Klausur Nr. 6) und "Öffentliches Recht II" (Klausur Nr. 7) des Klägers ausreichend begründet; ein verwaltungsinternes Kontrollverfahren ist - soweit überhaupt erforderlich - durchgeführt worden. Insoweit besteht auch unter den Beteiligten kein Streit.

II. Auch kann - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht davon die Rede sein, dass die Prüfer der Aufsichtsarbeiten 6 und 7 befangen waren oder zumindest die Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt war. Eine Besorgnis der Befangenheit besteht nur dann, wenn sich aus objektiv feststellbaren Umständen aus der Sicht des Prüflings subjektiv vernünftige Zweifel an der gebotenen Unparteilichkeit des Prüfers ergeben (OVG NW, Urt. v. 09.11.1988 - 22 A 346/88 - [juris]). Das ist hier nicht der Fall.

1. Hinsichtlich der Klausur Nr. 6 fehlt es bereits an einem objektiven Anhaltspunkt für eine Voreingenommenheit des Prüfers. Darauf hat bereits das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend hingewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Behauptung des Klägers, Art und Inhalt der Formulierungen des Prüfers rechtfertigten den Vorwurf der Befangenheit, ist nicht nachvollziehbar. Kritische Bemerkungen wie "unvollständig", "unklar" oder überflüssig" sind ausschließlich sachbezogen und lassen weder jeweils für sich noch in ihrer Gesamtheit den Schluss zu, der Prüfer habe es bei der Bewertung der Klausur Nr. 6 an der gebotenen Distanz und Objektivität fehlen lassen. Der weitere in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, der Prüfer habe die Ambitionen verfolgt, die Klausur als nicht bestanden zu bewerten, trifft ebenfalls nicht zu. An keiner Stelle seines Votums hat der Prüfer direkt oder auch nur indirekt zum Ausdruck gebracht, er habe seine Bewertung vorgenommen, um zu einem bestimmten negativen Ergebnis zu gelangen. Vielmehr hat der Prüfer mit der gebotenen sachlichen Distanz eindeutig erklärt, dass die Bearbeitung erhebliche Mängel aufweist, und diese Feststellung umfassend begründet, so dass Zweifel an der gebotenen Unvoreingenommenheit nicht aufkommen.

2. Auch bezüglich der Klausur Nr. 7 lässt sich nicht feststellen, dass infolge Befangenheit des Erst- und Zweitkorrektors unsachliche Erwägungen in die Leistungsbewertungen eingeflossen sind. Weder die Nachbewertung des Erstkorrektors ... noch die Randbemerkung des Zweitkorrektors ("eben") vom gleichen Tage lassen ausreichende Anhaltspunkte für eine Verletzung des Gebotes der Sachlichkeit erkennen.

Eine Prüfung wird rechtsstaatlichen Anforderungen nur dann gerecht, wenn der Prüfer sich dem Gebot der Sachlichkeit unterwirft. Die Forderung, der Prüfer müsse die Prüfungsleistung objektiv beurteilen, bedeutet allerdings nicht, dass die Bewertung und Beurteilung nicht von der Persönlichkeit des Prüfers geprägt sein darf; dass in die Leistungsbeurteilung die Überzeugungen, Einsichten und Wertvorstellungen des Prüfers mit einfließen, hat die Rechtsprechung seit langem als unabänderliche Tatsache anerkannt und mit der Anerkennung eines Beurteilungsspielraums des Prüfers rechtlich gebilligt (BVerfG, Beschl. v. 17.04.1991 - 1 BvR 419/81, 213/83 -, BVerfGE 84, 34 [46]). Das ändert aber nichts daran, dass an den Prüfer die Forderung gestellt werden muss, sich bei der Beurteilung einer Prüfungsleistung stets zur Sachlichkeit verpflichtet zu wissen. Hierzu gehört, dass der Prüfer die Prüfungsleistung mit innerer Distanz und frei von Emotionen zur Kenntnis nimmt. Auch kann man von ihm erwarten, dass er sich bemüht, die Darlegungen des Prüflings richtig zu verstehen und auf dessen Gedankengänge einzugehen, ferner dass er gegenüber abweichenden wissenschaftlichen Auffassungen Toleranz aufbringt. Das schließt nicht aus, auf schlechte schriftliche Leistungen mit harten Randbemerkungen zu reagieren, etwa eine abwegige Äußerung mit dem Begriff "Unsinn" oder inhaltsleere Ausführungen mit der Bezeichnung "Phrasen" zu kennzeichnen. Allein aus einer drastischen Ausdrucksweise des Prüfers wird man aber regelmäßig nicht auf eine unsachliche Bewertung der Prüfungsleistung schließen können (BVerwG, Urt. v. 28.04.1978 - BVerwG VII C 50.75 -, BVerwGE 55, 355 [359 f.]). Unsachlich wird die Bewertung erst dann, wenn der Prüfer seiner Verärgerung über schwache Prüfungsleistungen freien Lauf lässt und dadurch die Gelassenheit und emotionale Distanz verliert, ohne die eine gerechte Beurteilung schwerlich gelingen kann (BVerwG, Urt. v. 20.09.1984 - BVerwG 7 C 57.83 -, BVerwGE 70, 143 [153]).

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Prüfer bei der Bewertung der Klausur Nr. 7 das Gebot der Sachlichkeit verletzt haben. Weder die Äußerungen des Erstkorrektors in der Nachbewertung ... noch die Anmerkung des Zweitkorrektors lassen auf eine von unsachlichen Erwägungen und mangelnder Objektivität gekennzeichnete Bewertung schließen. Wenn auch der Redewendung "Der Widerspruchsführer sollte im Laufe seiner Ausbildung gelernt haben, dass juristisch gleiche Ergebnisse sehr häufig auf unterschiedlichen (vertretbaren) Wegen erreicht werden können" eine gewisse Ironie nicht abzusprechen ist, lassen sich hieraus Anzeichen für eine Fehlhaltung des Prüfers bei der Bewertung der Aufsichtsarbeit nicht herleiten.

Auch lässt die Äußerung des Erstkorrektors, "die Arbeit eines Juristen, zumal im Staatsexamen, habe sich auf die Subsumtion von Rechtsnormen zu beziehen", eine Voreingenommenheit des Prüfers nicht erkennen. Die von dem Kläger vorgenommene Interpretation der Aussage des Prüfers entbehrt mit Blick auf die Würdigung der Prüfungsleistung jeglicher Grundlage.

Die von dem Kläger reklamierten unterschiedlichen Voten rechtfertigen ebenfalls nicht die Besorgnis der Befangenheit. Da die Notengebung durch subjektive Eindrücke und die Zufälligkeit fachlicher Prägungen der Prüfer beeinflusst wird, ist es vielmehr prüfungsimmanent und logische Konsequenz des Beurteilungsspielraums der Prüfer, dass Prüfungsleistungen von unterschiedlichen Prüfern auch unterschiedlich bewertet werden. Allein hieraus lässt sich ein Befangenheitsgrund nicht herleiten.

Soweit der Kläger sich ferner gegen die Beurteilung durch den Zweitkorrektor wendet, weil dieser noch am gleichen Tag wie der Erstkorrektor seine Nachbewertung erstellt hat, ist die damit verbundene Rüge, es habe keine tatsächliche inhaltliche Nachbewertung stattgefunden, unbegründet. Angesichts der überschaubaren Widerspruchsbegründung des Klägers ist es in zeitlicher Hinsicht keineswegs ausgeschlossen, eine umfassende sachliche Nachprüfung der Klausur Nr. 7 innerhalb eines Tages vorzunehmen, zumal die Prüfungsakte angesichts der beruflichen Tätigkeit beider Prüfer in Magdeburg kurzfristig ausgetauscht werden konnte.

III. Die Bewertungen der Aufsichtsarbeiten 6 und 7 leiden auch nicht an materiellen Bewertungsfehlern.

Nach den in der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätzen (vgl. BVerfGE 84, 34 ff.; BVerwG, Urt. v. 09.12.1992 - BVerwG 6 C 3.92 -, Buchholz 421.0 [Prüfungswesen] Nr. 307; Urt. v. 21.10.1993 - BVerwG 6 C 12.92 - [juris]), denen der Senat folgt, sind wertende Prüfungsentscheidungen nach wie vor von den Verwaltungsgerichten nur daraufhin überprüfbar, ob die Prüfungsbehörde bzw. die Prüfer die gesetzlichen Vorgaben und allgemeingültigen Bewertungsmaßstäbe beachtet haben, von einem richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sind und das Gebot der Sachlichkeit eingehalten haben. In umstrittenen fachwissenschaftlichen Fragen steht dem nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum der Prüfer jedoch ein Antwortspielraum des Kandidaten gegenüber. Somit darf eine wissenschaftlich vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung nicht (mehr) als falsch bewertet werden. Bei prüfungsspezifischen Wertungen verbleibt es jedoch beim nur eingeschränkt überprüfbaren Bewertungsspielraum. Zu diesen Wertungen gehören namentlich die Entscheidungen darüber, welche Kenntnisse verlangt werden und wie ein Fehler zu bewerten ist, die Einschätzung des Schwierigkeitsgrads der Aufgabe, die Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander, die Beurteilung, ob und in welchem Maß der Prüfling seine Antworten und Begründungen sorgfältig aufbereitet und überzeugend dargelegt hat, die Bewertung der Art der Darstellung, die Bildung des Vergleichsrahmens der Prüfer und insbesondere Benotungsfragen.

1. Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt die Bewertung der Klausur Nr. 6 (Öffentliches Recht I) durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts ... keine rechtserheblichen Bewertungsfehler erkennen. Die gegen die Bewertung der Klausur Nr. 6 erhobenen Einwände des Klägers sind entweder unbeachtlich, weil sie unsubstanziiert sind, oder aber, soweit sie beachtlich sind, unberechtigt, weil nicht ersichtlich ist, dass der Prüfer bei seiner Bewertung allgemeine Bewertungsgrundsätze verletzt, etwa den dem Prüfling zukommenden Antwortspielraum verkannt hat oder auf Grund einer dem Fachkundigen als unhaltbar erscheinenden wissenschaftlich-fachlichen Annahme zu einer willkürlichen Fehleinschätzung der Prüfungsleistung gelangt ist.

1.1. Soweit der Kläger rügt, die Bewertung sei in sich widersprüchlich und unbrauchbar, weil der Prüfer einerseits mehrere Punkte im Rubrum als Kleinigkeit bemängelt, andererseits aber behauptet habe, diese seien nicht in die Bewertung eingeflossen, ist dem nicht zu folgen; denn der Prüfer hat an dieser Stelle keine Bewertung der Prüfungsleistung vorgenommen, sondern lediglich allgemeine Hinweise zur äußeren Gestaltung eines Urteils erteilt, die - was sich aus der zusammenfassenden Bewertung der Prüfungsleistung ergibt - auf das Gesamtergebnis tatsächlich keinen Einfluss hatten. Fließen aber äußere Formen nicht in das Ergebnis der Bewertung ein, kann diese schon vom Ansatz her nicht auf sachwidrigen Erwägungen und damit auf einem Bewertungsfehler beruhen.

1.2. Ein Bewertungsfehler ist auch nicht darin zu sehen, dass der Prüfer den Tenor des Urteils wegen des Fehlens des Vollstreckungsausspruchs (§§ 708 Nr. 11; 711 ZPO) als unvollständig bezeichnet hat; denn zur Urteilsformel gemäß § 117 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gehört auch die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Sinne des § 167 VwGO. Da der Kläger nach dem Bearbeitungsvermerk zur Aufsichtsarbeit Nr. 6 nicht von dieser Entscheidung befreit war, durfte der Prüfer diesen Mangel als Fehler der Klausur berücksichtigen.

1.3. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch keinen Bewertungsfehler darin gesehen, dass der Prüfer die Ausführungen des Klägers auf Seite 5 seiner Aufsichtsarbeit Nr. 6 als "unzutreffend" gerügt hat. Hiergegen wendet sich der Kläger ohne Erfolg. Er meint, seine Auffassung sei nicht falsch gewesen.

Im Klausurfall hatte der Prozessbevollmächtigte den Klageantrag gestellt, "den Bescheid der Beklagten vom 15.09.1998 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17.12.1998, eingegangen am 22.12.1998, aufzuheben". Der Kläger hat hierzu im Tatbestand der Klausur ausgeführt, "gegen diesen Widerspruchsbescheid legte der Kläger am 22.01.99 Klage beim Verwaltungsgericht Magdeburg ein". Hierzu hat der Prüfer vermerkt, es sei unzutreffend, dass der Kläger "gegen diesen Widerspruchsbescheid" Klage erhoben hat. In dieser Bewertung durch den Prüfer ist kein Bewertungsfehler zu erkennen; denn Gegenstand der Anfechtungsklage ist gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO grundsätzlich der Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat; nur unter den Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwGO kann auch der Widerspruchsbescheid alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein. Zwar hat der Kläger dies ausweislich seiner Ausführungen auf Seite 8 seiner Aufsichtsarbeit Nr. 6 zutreffend erkannt. Allerdings stellt es keinen Bewertungsfehler dar, wenn der Prüfer bereits auf korrekte Darstellungen im Tatbestand Wert legt. Insoweit handelt es sich nicht um eine umstrittene fachwissenschaftliche Frage, bei der dem Prüfling ein Antwortspielraum zur Verfügung steht, sondern um eine prüfungsspezifische Wertung zur inhaltlichen Gestaltung eines Urteils, die nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Im konkreten Fall ist es jedenfalls nicht sachwidrig, wenn der Prüfer bemängelt, dass der Kläger im Tatbestand nur auf den "Widerspruchsbescheid" abgestellt hat; denn Gegenstand der Klage war (auch) der Ausgangs-(Gebühren-)Bescheid des Beklagten. 1.4. Weiter stellt es keinen Bewertungsfehler dar, dass der Prüfer die Ausführungen des Klägers zur Zulässigkeit der Klage für überflüssig und die Auslegung des Klagebegehrens für nicht veranlasst gehalten hat. Die Frage, ob ein Prüfling die richtigen Schwerpunkte im Rahmen seiner Aufsichtsarbeit gesetzt hat, ist nämlich von prüfungsspezifischen Wertungen abhängig, die das Gericht nur in der dargelegten Weise (vgl. III.), z. B. auf offensichtliche Fehleinschätzungen, kontrollieren kann. Vorliegend ist der Prüfer aber weder von falschen Tatsachen ausgegangen, wenn er mit Blick auf die Klageschrift des Klausurfalles darauf verweist, dass es überhaupt nicht zweifelhaft sei, dass die Klage sich gegen den Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (§ 79 VwGO) richtete, noch ist es sachwidrig, nicht erörterungsbedürftige Zulässigkeitsfragen als "überflüssig" zu bezeichnen.

1.5. Soweit der Prüfer die Ausführungen des Klägers zum Begründungserfordernis nach § 39 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - für "unklar" hält, liegt ein Bewertungsfehler nicht darin, dass der Fachprüfer den Antwortspielraum des Klägers verletzt hätte. Die Prüferkritik setzt nämlich nicht an der fachlich-inhaltlichen Behandlung der Fallproblematik an, sondern hat die formale Bewältigung der Prüfungsaufgabe zum Gegenstand. Insoweit bemängelt der Prüfer die angesichts der gesetzlichen Regelungen (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) überflüssigen Ausführungen des Klägers. Mit dieser Art der Beanstandung bewegt sich der Prüfer aber im Bereich der grundsätzlich vom Beurteilungsspielraum abgedeckten prüfungsspezifischen Wertungen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 16.03.1994 - BVerwG 6 C 5.93 -, Buchholz 421.0 [Prüfungswesen] Nr. 329; Beschl. v. 17.12.1997 - BVerwG 6 B 55.97 -, Buchholz 421.0 [Prüfungswesen] Nr. 385; OVG RP, Urt. v. 01.06.2001 - 2 A 10205/01.OVG - [juris]), der dem gerichtlichen Kontrollzugriff nur insoweit unterliegt, als "traditionelle" Bewertungsfehler unterlaufen sind.

Insoweit ist dem Kläger zwar zuzustimmen, dass der Prüfer fehlerhaft davon ausgegangen ist, dass die Behörde ihren Ausgangsbescheid ausreichend begründet hat; denn der Gebührenbescheid vom 15.09.1998 enthielt tatsächlich nur den Hinweis auf die Sondernutzung und die Gebührensatzung. Dieser Fehler bei der Bewertung der Klausur Nr. 6 hat sich indessen nicht auf das Prüfungsergebnis ausgewirkt (vgl. zur Kausalitätsprüfung durch die Verwaltungsgerichte z. B. BVerfGE 84, 34 [55] und BVerwG, Urt. v. 20.09. 1984 - BVerwG 7 C 57.83 -, NVwZ 1985, 187 [188]); denn der Prüfer hat die in Rede stehenden Ausführungen des Klägers nicht inhaltlich bewertet, sondern angesichts der Regelung des § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG für überflüssig gehalten. Diese prüfungsspezifische Wertung, die sich ausschließlich auf die von dem Kläger vorgenommene Gewichtung der Prüfungsschwerpunkte bezieht, lässt sachwidrige Erwägungen nicht erkennen.

1.6. Soweit der Prüfer die Bezeichnung des Gebührentatbestands als "Anspruchsgrundlage der Behörde" als terminologisch unzutreffend bezeichnet, ist hierin ein Bewertungsfehler nicht zu erkennen. Die Zweite Juristische Staatsprüfung dient nämlich nicht nur der Feststellung, ob der Prüfling in dem vorausgegangenen Vorbereitungsdienst ausreichendes juristisches Fachwissen erworben hat. In der Prüfung soll der Prüfling auch zeigen, dass er das Recht mit Verständnis erfassen und anwenden kann (vgl. §§ 4 Abs. 4; 5 JAG LSA). Zur Rechtsanwendung gehört auch die Fähigkeit, sich bei Falllösungen wie überhaupt bei Rechtsausführungen begrifflich und grammatikalisch korrekt, in verständlicher Sprache und in einem sachangemessenen Sprachstil in Wort und Schrift auszudrücken.

1.7. Auch die weitere Feststellung des Prüfers, dass bei der Darstellung der Eingriffsgrundlage "ungenau" gearbeitet werde, unterliegt keinem Bewertungsfehler; denn auch hier setzt die Prüferkritik nicht an der fachlich-inhaltlichen Behandlung der Fallproblematik an, sondern hat die formale Bewältigung der Prüfungsaufgabe zum Gegenstand. Insoweit bemängelt der Prüfer die ungenaue - nicht unrichtige - Darstellung des Klägers bei der Prüfung der streitbefangenen Gebührenerhebung. Diese prüfungsspezifische Wertung lässt weder eine offensichtliche Fehleinschätzung noch sachwidrige Erwägungen des Prüfers erkennen; denn Ermächtigungsgrundlage für die im Klausurfall geltend gemachte Sondernutzungsgebühr ist nicht - wie der Kläger meint - § 21 StrG LSA, sondern die von der Gemeinde auf dieser Grundlage erlassene Satzung (§§ 49 Abs. 1 Nr. 6; 50 Abs. 2 StrG LSA). Dies hat der Kläger in seiner Klausur nicht folgerichtig heraus gearbeitet, so dass die Rüge der "ungenauen" Darstellung berechtigt ist.

1.8. Schließlich ist dem Prüfer auch kein Bewertungsfehler insoweit unterlaufen, als er die Ausführungen des Klägers auf Seite 10 ff. seiner Aufsichtsarbeit Nr. 6 bemängelt. Der Einwand des Klägers, die Ansicht des Prüfers sei unzutreffend und ein offensichtlicher Bewertungsmangel, bleibt ohne Erfolg.

Im Klausurfall hatte der Kläger die Auffassung vertreten, es entspreche "ständiger Rechtsprechung, dass ein Allgemeingebrauch dann vorliegen würde, hätte der Kläger (des Klausurfalls) ohne Anpreisung seine Bücher auf dem Markt verteilt und diese angeboten, allerdings kostenlos". Hierzu hat der Prüfer vermerkt, "dass es keineswegs ständige Rechtsprechung sei, dass ein (kostenloses) Verteilen von Flugblättern, Broschüren und/oder Büchern als Gemeingebrauch im Sinne der Landestraßengesetze anzusehen sei". Allerdings kann diese Bewertung nicht losgelöst von den weiteren Ausführungen des Prüfers betrachtet werden, dass für ihn nicht das Ergebnis entscheidend gewesen sei, "sondern - wie auch sonst - die Qualität der Argumentation. Hierzu ist zu bemängeln, dass in der Klausur zwar die These aufgestellt wird, dass das Verteilen von Büchern immer dann Gemeingebrauch ist, wenn es kostenlos geschieht. Eine Begründung wird aber nicht angeboten".

In dieser Gesamt-Bewertung durch den Prüfer ist kein Bewertungsfehler zu erkennen. In den juristischen Staatsprüfungen werden regelmäßig Aufgaben gestellt, bei denen die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen nicht eindeutig bestimmbar sind, deren Beurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum lässt. Hier steht dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zu, den er aber auch nutzen muss. "Vertretbar" ist eine Lösung nur dann, wenn sie mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründet wird (BVerfGE 84, 34 [55]; BVerwG, Urt. v. 21.10.1993 - BVerwG 6 C 12.92 -, BayVBl 1994, 443; Beschl. v. 17.12.1997 - BVerwG 6 B 55.97 -, NVwZ 1998, 738). Entscheidend ist nicht, ob das präsentierte Ergebnis für eine Klausuraufgabe möglicherweise mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründet werden könnte, sondern ob es von dem Prüfungskandidaten in seiner Prüfungsleistung mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründet wird. Eine ganz andere Frage ist, welche Präzision und Tiefe von einer solchen Argumentation verlangt wird. Diese Gesichtspunkte entscheiden über die zu vergebende Punktzahl mit; insofern wird eine geringe Präzision und Tiefe der Argumentation eher für die Vergabe der Note "mangelhaft" als für die Note "ausreichend" sprechen. Keinesfalls aber kann das bloße Ergebnis bereits "ausreichen", wenn es - wie hier - ohne jede Begründung präsentiert wird - und das heißt für die Aufsichtsarbeiten in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung: ohne Auseinandersetzung mit denjenigen rechtlichen Zweifelsfragen, zu deren Erörterung Sachverhalt und Aufgabenstellung Anlass bieten.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist festzustellen, dass der Prüfer hier nicht die fachwissenschaftliche Bearbeitung des Klägers in Frage gestellt hat, sondern die nach seiner Meinung nach unzureichende Aufarbeitung der Aufgabenstellung der Klausur Nr. 6. Hierin liegt aber eine prüfungsspezifische Wertung, die weder eine offensichtliche Fehleinschätzung noch eine sachwidrige Erwägung des Prüfers beinhaltet; denn der Kläger hat sich tatsächlich nicht mit der Abgrenzung Gemeingebrauch/Sondernutzung im konkreten Fall auseinander gesetzt, sondern sich schlicht auf eine seiner Meinung nach "ständige Rechtsprechung" berufen. Insoweit ist es keineswegs sachwidrig, die Qualität der Argumentation zu bemängeln.

1.9. Gleiches gilt für die Rüge des Klägers, die Bewertung des Korrektors gehe unzutreffend davon aus, dass die Grundrechtsprüfung in der Klausur Nr. 6 in der Luft hänge; denn auch hier setzt die Prüferkritik nicht an der fachwissenschaftlichen Behandlung des Falles unter dem Blickwinkel der Grundrechte aus Art. 4 und 5 GG an, sondern bezieht sich auf die Art der Darstellung der Prüfungsaufgabe. Die Beurteilung, ob und in welchem Maß der Prüfling seine Antworten und Begründungen sorgfältig aufbereitet und überzeugend dargelegt hat, ist aber - wie oben ausgeführt (III.) - eine prüfungsspezifische Wertung, die nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Bezogen auf den vorliegenden Fall ist es nicht sachwidrig, wenn der Prüfer eine Grundrechtsprüfung, die nach der abschließenden Feststellung des Klägers "Aus alledem erging der Gebührenbescheid der Beklagten rechtmäßig. Der Bescheid ist somit formell und materiell nicht zu beanstanden" erfolgt, als in der Luft hängend bezeichnet; denn natürlich hätte ein Eingriff in die Grundrechte des Art. 4 oder 5 GG auch Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Gebührensbescheids gehabt.

1.10. Schließlich begegnet auch die Anwendung der sog. Mittelwertberechnung gemäß § 47 Abs. 2 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Juristinnen und Juristen - JAPrO LSA - in der hier anwendbaren Fassung der Änderungsverordnung vom 21.01.1997 (LSA-GVBl., S. 364), i. V. m. §§ 18 Abs. 2 Satz 1; 22 Abs. 2 JAPrO LSA auf Bewertungen von schriftlichen Prüfungsleistungen im Rahmen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung, vorliegend auf die Bearbeitung der Aufsichtsarbeit Nr. 6, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Die Regelung des § 22 Abs. 2 JAPrO LSA ist Bestandteil des Verfahrens, das der Verordnungsgeber des Landes Sachsen-Anhalt für die Bewertung einzelner Leistungen im schriftlichen Teil von juristischen Prüfungen und für die Berücksichtigung der Bewertungsergebnisse, d. h. der vergebenen Noten und Punktzahlen, bei der Ermittlung des Gesamtergebnisses der Prüfung vorgesehen hat. Anknüpfend an § 18 Abs. 1 Satz 1 JAPrO LSA, wonach die schriftlichen Leistungen von zwei Mitgliedern des Landesjustizprüfungsamtes nacheinander bewertet werden, schreibt § 18 Abs. 2 Satz 1 JAPrO LSA die Errechnung der Note aus der durchschnittlichen Punktzahl vor, soweit der Versuch einer Einigung auf eine einheitliche Bewertung - wie hier - erfolglos war. Aus § 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 JAPrO LSA ergibt sich, dass der Verordnungsgeber für schriftliche Prüfungsleistungen zwei eigenständige, unabhängig voneinander durchzuführende Bewertungsvorgänge vorsieht, die mit zwei eigenständigen, nebeneinander stehenden Bewertungsergebnissen abschließen. Demnach werden für jede schriftliche Prüfungsleistung zunächst zwei Noten und Punktzahlen vergeben. Die Anordnung einer Mittelwertberechnung (§ 18 Abs. 2 Satz 1 JAPrO LSA) bei Abweichung der beiden Bewertungsergebnisse einer schriftlichen Prüfungsleistung um nicht mehr als drei Punkte bedeutet, dass der Verordnungsgeber davon absieht, die einzelne schriftliche Prüfungsleistung auch bei Bewertungsdifferenzen in einer solchen Größenordnung in jedem Fall einer bestimmten Notenstufe und Punktzahl zuzuordnen. Vielmehr werden beide Bewertungsergebnisse als gültig anerkannt. Demzufolge werden bei Bewertungsdifferenzen bis zu drei Punkten die von beiden Prüfern vergebenen Punktzahlen nebeneinander mit gleichem Anteil in die Errechnung der Durchschnittspunktzahl der schriftlichen Prüfung und demnach bei der Ermittlung der Bestehensgrenze von mindestens 4,00 Punkten gemäß § 49 JAPrO LSA sowie bei der Errechnung der Gesamtdurchschnittspunktzahl der schriftlichen und mündlichen Prüfung gemäß § 51 JAPrO LSA berücksichtigt. Dem Kläger ist daher nicht zuzustimmen, dass sich bei der Mittelwertberechnung und Außerachtlassung der Dezimalstellen bei einer Bewertungsdifferenz von einem Punkt immer der Prüfer durchsetzt, der die Arbeit als nicht brauchbar (3 Punkte) bewertet hat. Dabei verkennt der Senat nicht, dass sich die sich aus Bewertungen mit drei Punkten und vier Punkten ergebende Bewertungsdifferenz für den Kläger insoweit nachteilig auswirkt, als es um das Erreichen der weiteren Bestehensgrenze gemäß § 49 JAPrO LSA geht, wonach für das Erreichen der mündlichen Prüfung eine bestimmte Anzahl an Einzelpunktzahlen von mindestens 4,00 für schriftliche Prüfungsleistungen gefordert wird. Soweit es um das Erreichen dieser Bestehensgrenze geht, kann davon gesprochen werden, dass die schlechtere Bewertung zu Lasten des Prüfungsteilnehmers den Ausschlag gibt. Diese nachteilige Rechtsfolge ergibt sich allerdings nicht aus der Anordnung der Mittelwertberechnung gemäß §§ 47 Abs. 2; 18 Abs. 2 Satz 1; 22 Abs. 2 JAPrO LSA für Bewertungsdifferenzen von bis zu drei Punkten, sondern aus der Festlegung der Bestehensgrenze in § 49 JAPrO LSA (so auch für die sächsische Juristenausbildungsordnung: SächsOVG, Beschl. v. 11.09.2001 - 4 BS 156/01 -, LKV 2002, 523 ff.).

Einen Widerspruch zum Verfassungsrecht vermag der Senat in §§ 49; 47 Abs. 2 JAPrO LSA i. V. m. §§ 18 Abs. 2 Satz 1; 22 Abs. 2 JAPrO LSA indes nicht zu erkennen; insbesondere verstoßen diese Regelungen weder gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit des Klägers (1.10.1.) noch gegen das in Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG verankerte Gebot der Chancengleichheit (1.10.2.).

1.10.1. Die von dem Kläger geltend gemachte Unvereinbarkeit der Regelungen mit Art. 12 Abs. 1 GG liegt nicht vor.

1.10.1.1. Der Bestehensvoraussetzung des § 49 JAPrO LSA kommt zwar ein Eingriffsgehalt im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG zu, soweit diese Vorschrift im Mittelwertverfahren errechnete Einzelpunktzahlen von 3,5 betrifft. Gemäß § 49 JAPrO LSA muss nämlich zur Teilnahme an der mündlichen Prüfung und damit zum Bestehen der Prüfung in wenigstens vier Aufsichtsarbeiten der schriftlichen Prüfung mindestens eine Einzelpunktzahl von 4,00 erreicht werden, wobei sich gemäß § 47 Abs. 2 i. V. m. § 22 Abs. 2 JAPrO LSA Einzelpunktzahlen von 3,5 nachteilig auf das Erreichen dieser Bestehensgrenze auswirken, da die Dezimalstelle (0,5) bei der Zuordnung zu einer Note außer Betracht bleibt. Dies kann dazu führen, dass die Bestehensgrenze verfehlt wird, obwohl keine schriftliche Prüfungsleistung eindeutig der Notenstufe "mangelhaft" zugeordnet werden kann und mehrere Prüfungsleistungen mit mindestens der Notenstufe "ausreichend" bewertet sind. So hat etwa ein Teilnehmer die Prüfung nicht bestanden, der in drei Aufsichtsarbeiten ein mindestens ausreichendes Ergebnis, in den fünf weiteren Aufsichtsarbeiten aber jeweils eine Einzelpunktzahl von 3,5 erzielt hat.

1.10.1.2. Ein solcher Eingriff ist nach Art. 12 Abs. 1 GG nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zulässig. Die angegriffenen Vorschriften der Juristenausbildungsordnung beruhen auf § 7 Nr. 5 des Gesetzes über die Juristenausbildung im Land Sachsen-Anhalt - JAG-LSA - vom 27.04.1994 (LSA-GVBl., S. 546), wonach das Ministerium der Justiz ermächtigt wird, im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern nähere Vorschriften zu erlassen u. a. über die Bewertung von Prüfungsleistungen. Diese Ermächtigungsgrundlage genügt den formellen Anforderungen der Verfassung.

Nach Art. 79 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt - LVerf-LSA - vom 16.07.1992 (LSA-GVBl., S. 600) müssen Gesetze, die zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigen, Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung bestimmen, d. h. der Gesetzgeber soll im Bereich der Grundrechtsausübung die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen und, sofern Einzelregelungen einer Verordnung überlassen bleiben, die Tendenz und das Programm schon so weit umreißen, dass sich der Zweck und der mögliche Inhalt der Verordnung bestimmen lassen. Allerdings müssen sich die gesetzlichen Vorgaben nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Ermächtigungsnorm ergeben; es genügt, dass sie sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte des Gesetzes (BVerfG, Beschl. v. 14.03.1989 - 1 BvR 1033/82 -, BVerfGE 80, 1 [5] m. w. N.).

In diesem Sinne bestimmt § 7 Nr. 5 JAG-LSA den Gegenstand der vorgesehenen Verordnung hinreichend. Deren Inhalt betrifft das Prüfungs- und Bewertungsverfahren in den juristischen Staatsprüfungen, deren Bestehen letztlich die Voraussetzung für die Feststellung ist, dass der Prüfling die Befähigung zum Richteramt und zum höheren allgemeinen Verwaltungsdienst erlangt hat (§ 1 Abs. 2 JAG-LSA). Darüber hinaus fordert das Gesetz ein rechtswissenschaftliches Universitätsstudium und einen anschließenden juristischen Vorbereitungsdienst (§ 1 Abs. 1 JAG-LSA). Der Zweck der Verordnung ergibt sich aus §§ 3 Abs. 2; 5 JAG-LSA, wonach die juristischen Staatsprüfungen der Feststellung dienen, ob der Bewerber die notwendigen fachlichen Kenntnisse und das praktische Geschick erworben hat, um ihm - als Ausbildungsziel - die Befähigung zum Richteramt zuzusprechen. Ausbildung und Prüfung müssen dementsprechend sicherstellen, dass der Prüfling die Kenntnisse und Fähigkeiten erwirbt und nachweisen kann, die für diese Befähigung erforderlich sind (vgl. zur ärztlichen Prüfungsordnung BVerwG, Urt. v. 18.05.1982 - BVerwG 7 C 24.81 -, BVerwGE 65, 323 [325]). Dem Verordnungsgeber sind Inhalt und Tendenz der erforderlichen Verordnung insoweit vorgegeben.

Zum Ausmaß der Ermächtigung enthält § 7 Nr. 5 JAG-LSA keine ins Einzelne gehenden Angaben. Insbesondere fehlen ausdrückliche Regelungen über den Prüfungsstoff, das Prüfungsverfahren und die Bestehensvoraussetzungen. Vor allem die Festlegung des Bewertungsverfahrens ist von großer praktischer Bedeutung, da es nicht nur das Prüfungsverhalten der Prüflinge beeinflussen kann, sondern auch die Prüfer bei der Abgabe ihrer Bewertungen (der Kläger spricht von einem sog. manipulativen Element). Dennoch ist der Gestaltungsraum des Verordnungsgebers auch insoweit hinreichend begrenzt. Das Prüfungsrecht wird durch Grundsätze beherrscht, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG und aus dem Rechtsstaatsprinzip ergeben. Genauere Festlegungen des Prüfungsverfahrens dürfen dementsprechend weitgehend einer Verordnung vorbehalten bleiben. Sie können auch nur auf dieser Ebene sinnvoll geregelt werden, da die Entwicklung der Rechtswissenschaft und die Vorstellungen von den nötigen Mindestkenntnissen Schwankungen unterliegen können. Es ist daher ein Gebot der Praktikabilität, die Aufstellung etwa von Bewertungsmaßstäben und Berechnungsmethoden dem Verordnungsgeber zu überlassen, der sich dabei an dem gesetzlich vorgegebenen Zweck der Prüfung orientieren muss (vgl. grundsätzlich BVerfGE 80, 1).

1.10.1.3. Die in § 49 JAPrO LSA festgelegte Bestehensgrenze von mindestens vier Einzelpunktzahlen von mindestens 4,00 in acht Aufsichtsarbeiten (§ 48 Abs. 3 JAPrO LSA) ist auch inhaltlich mit dem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.

Dieses Grundrecht fordert, dass das Bestehen einer Berufszulassungsprüfung, wozu auch die Zweite Juristische Staatsprüfung gehört, nicht an überzogene, weil zum Prüfungszweck außer Verhältnis stehende Anforderungen geknüpft wird. Daraus folgt für die Vereinbarkeit von Regelungen über das vorzeitige Nichtbestehen einer solchen Prüfung mit Art. 12 Abs. 1 GG, dass diese Rechtsfolge an Voraussetzungen geknüpft sein muss, die den hinreichend zuverlässigen Schluss auf das Fehlen des erforderlichen Mindestmaßes an fachlichen Kenntnissen und des praktischen Geschicks des Prüfungsteilnehmers zulassen. Dies wiederum ist anzunehmen, wenn ein Prüfungserfolg bei Fortsetzung der Prüfung vernünftigerweise nicht mehr erwartet werden kann oder Leistungsanforderungen nicht genügt worden ist, die der Gesetz- oder Verordnungsgeber in verfassungskonformer Weise unverzichtbar und damit nicht anderweitig ausgleichbar eingestuft hat. Davon ausgehend darf der Erfolg in einer juristischen Staatsprüfung daran geknüpft werden, dass im schriftlichen Prüfungsteil für sich genommen Leistungen erbracht werden, die aufgrund zweier selbständiger Bewertungen nicht eindeutig als soeben noch brauchbar eingestuft sind. Die in § 49 JAPrO LSA für einen Prüfungserfolg geforderte Benotung von mindestens vier, d. h. der Hälfte der schriftlichen Prüfungsleistungen mit wenigstens 4,00 Punkten lässt den hinreichend zuverlässigen Schluss zu, dass der Prüfungsteilnehmer über die fachlichen Kenntnisse verfügt, um ihm die Befähigung zum Richteramt zuzusprechen (§ 5 JAG-LSA). Umgekehrt ist es ein unübersehbares Zeichen für nicht mehr hinnehmbare fachliche Defizite, wenn eine solche Benotung in mehr als der Hälfte der Aufsichtsarbeiten nicht erzielt wird. Auch kann es im Hinblick auf den Prüfungszweck gemäß § 5 JAG-LSA nicht als unverhältnismäßig angesehen werden, wenn der Verordnungsgeber Benotungen von Prüfungsleistungen mit einer gemäß §§ 18 Abs. 2 Satz 1; 22 Abs. 2 JAPrO LSA errechneten Einzelpunktzahl von 3,5 bei der Festlegung der Bestehensgrenze nachteilig gewichtet, ohne ein Drittgutachten vorzusehen; denn bei einer Einzelpunktzahl von 3,5 kann der Prüfungsteilnehmer eben nicht für sich in Anspruch nehmen, dass seine Prüfungsleistung die Mindestanforderungen an die Brauchbarkeit erfüllt (BVerwG, Beschl. v. 11.05.1983 - BVerwG 7 B 85.82 -, Buchholz 421.0 [Prüfungswesen] Nr. 174; Beschl. v. 10.10.1994, a. a. O., Nr. 338; SächsOVG, a. a. O.).

1.10.2. Schließlich ist die Anordnung der Mittelwertberechnung in § 47 Abs. 2 JAPrO LSA i. V. m. §§ 18 Abs. 2 Satz 1; 22 Abs. 2 JAPrO LSA bei Abweichungen um nicht mehr als drei Punkte auch nicht deswegen verfassungswidrig, weil § 18 Abs. 2 Satz 2 JAPrO LSA bei größeren Abweichungen einen sog. Stichentscheid zulässt, während bei Abweichungen bis zu drei Punkten ein Drittgutachten nicht einzuholen ist; insbesondere liegt in dieser Differenzierung kein Verstoß gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG verankerte Gebot der Chancengleichheit.

Die unterschiedliche Behandlung von Bewertungsdifferenzen von bis zu drei Punkten einerseits und größeren Bewertungsdifferenzen andererseits findet seine sachliche Rechtfertigung in dem Umstand, dass die Qualität der Bearbeitungen von Aufsichtsarbeiten in juristischen Prüfungen ausschlaggebend von Bewertungsfaktoren wie der Klarheit und Folgerichtigkeit der Gedankenführung, der Tiefe der Argumentation, dem schriftlichen Ausdrucksvermögen oder der Gewichtung der einzelnen Fragestellungen abhängt. Angesichts der insoweit vorzunehmenden prüfungsspezifischen Wertungen sowie deren unterschiedlicher Gewichtung durch den einzelnen Prüfer ist die Schaffung eines einheitlichen und verbindlichen Bewertungssystems nicht möglich. Vielmehr ist jeder Prüfer gehalten, in Bezug auf die jeweilige Aufgabenstellung eigene Bewertungskriterien zu entwickeln, die auf seinen persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen beruhen. Die Anwendung dieser - subjektiven - Bewertungskriterien auf die Prüfungsleistung kann nur daraufhin nachgeprüft werden, ob bestimmte Rechtsgrundsätze, die den Bewertungsspielraum lenken und begrenzen, eingehalten sind (BVerfGE 84, 34 [54]; SächsOVG, a. a. O.). In Anbetracht dessen kann eine bestimmte Note und Punktzahl als allein zutreffendes Bewertungsergebnis nicht vorgegeben werden. Daraus folgt, dass der Verordnungsgeber bei geringeren Bewertungsdifferenzen davon ausgehen darf, dass beide Bewertungen die Qualität der Prüfungsleistung zutreffend ausdrücken. Demzufolge kann er trotz einer solchen Bewertungsdifferenz beide Bewertungen als gültig akzeptieren und ihre Berücksichtigung bei der Ermittlung des Gesamtergebnisses vorsehen, da diese - trotz aller subjektiver Prägungen - das erforderliche Maß an Objektivität aufweisen. Ebenso sachgerecht ist die Annahme, bei größeren Bewertungsdifferenzen sei ungeachtet des Bewertungsspielraums der Prüfer zu besorgen, dass ein Bewertungsergebnis der Prüfungsleistung nicht gerecht wird. Demnach kann der Verordnungsgeber eine größere Bewertungsdifferenz zum Anlass nehmen, ein Überdenken der Bewertungen durch die Prüfer und gegebenenfalls eine weitere selbständige Bewertung anzuordnen. Mit der Einschätzung, eine Bewertungsdifferenz sei ab einem Unterschied von drei Punkten nicht mehr hinzunehmen, hält sich der Verordnungsgeber im Rahmen des ihm zukommenden Spielraums (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 15.12.1987 - BVerwG 7 B 216.87 -, NVwZ 1988, 437; SächsOVG. a. a. O.).

2. Die Einwände, die der Kläger gegen die angefochtenen prüfungsrechtlichen Entscheidungen mit Blick auf die Klausur Nr.7 (Öffentliches Recht II) erhebt, greifen ebenfalls nicht durch.

2.1. Soweit der Kläger auf die inhaltlich unterschiedlichen Bewertungen der Prüfer und das dennoch gleiche Prüfungsergebnis von "mangelhaft" verweist, ist dies - wie oben bereits erläutert (II. 2.) - die logische Konsequenz des den Prüfern zustehenden Beurteilungsspielraums und beinhaltet für sich genommen keinen materiellen Bewertungsfehler.

2.2. Dem Einwand des Klägers, der Erstkorrektor habe in unzulässiger Weise eine neue Begründung nachgeschoben, ist nicht zu folgen. Der Erstkorrektor hat nämlich auf den Widerspruch des Klägers hin seine Beurteilung lediglich konkretisiert und vertiefend begründet; insbesondere wurde schon in der Erstbeurteilung der Aufbau der Aufsichtsarbeit im Hinblick auf den Aussetzungsantrag bemängelt und die Würdigung in einem gesonderten Bescheid gefordert, um - mit Blick auf die Rechtsbehelfsbelehrung - den Eindruck zu vermeiden, auch gegen die Aussetzungsentscheidung sei die Klage vor dem Verwaltungsgericht begründet. Diese Bewertung steht darüber hinaus mit der vom Prüfer festgestellten Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung selbst in keinem Zusammenhang, sondern stellt einen eigenständigen Mangel der Klausur Nr. 7 dar.

2.3. Soweit der Kläger die Auffassung des Erstkorrektors, der fehlende Hinweis auf § 113 Abs. 1 VwGO analog in der Widerspruchsbegründung habe sich auf die abschließende Bewertung nicht ausgewirkt, als reine Schutzbehauptung wertet, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden; denn der Erstbeurteilung der Klausur Nr. 7 vom 16.09.1999 lässt sich entnehmen, dass die Randbemerkung "Hinweis auf § 113 I 1 VwGO analog fehlt" tatsächlich auf das Gesamtergebnis keinen Einfluss hatte.

2.4. Schließlich ist den Prüfern auch kein Bewertungsfehler insoweit unterlaufen, als sie die Ausführungen des Klägers auf Seite 16 seiner Aufsichtsarbeit Nr. 7 bemängeln; denn auch die Nachbewertungen der Prüfer belegen keinen offensichtlichen Bewertungsmangel.

Im Klausurfall hatte der Kläger die Auffassung vertreten, "Die Zinsen stellen Abgaben i. S. d. Absatz 1 Nr. 1 dar". Hierzu hat der Erstkorrektor in seiner Erstbeurteilung vermerkt, "Der Bearbeiter erkennt nicht, dass die Zinsen nicht Gebühren oder Abgaben im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO sind"; der Zweitkorrektor hat ausgeführt "Die BP nimmt fälschlicherweise an, dass Zinsen zu den öffentlichen Abgaben und Kosten gehören". In der Nachbewertung des Erstkorrektors, der sich der Zweitkorrektor angeschlossen hat, heißt es weiter: "Völlig abwegig ist es, Zinsen als Abgaben im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO zu qualifizieren. Abgaben dienen nämlich der Einnahmesicherung des Staates im Wesentlichen durch Steuern, Gebühren, Beiträge. Hierzu zählen aber die Zinsen nicht. Dies hätte der Widerspruchsführer dem Kommentar entnehmen können".

In dieser Bewertung durch die Prüfer ist kein Bewertungsfehler zu erkennen. Dem Kläger ist zwar zuzustimmen, dass die Frage, ob Zinsen Abgaben im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO sind, in der Rechtsprechung durchaus unterschiedlich beantwortet wird. So wird beispielsweise die Auffassung vertreten, dass bei Stundungs- bzw. Aussetzungszinsen oder anderen vergleichbaren Zuschlägen wegen ihrer engen Verknüpfung mit der Hauptforderung und des Fehlens anderer über die Finanzierungsfunktion hinausgehender Zwecksetzungen danach zu unterscheiden ist, zu welcher Kategorie die Hauptforderung zählt (vgl. zum Diskussionsstand: Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 2. Aufl., § 80 RdNr. 27; Finkelnburg/ Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., RdNr. 684). Mit seiner Argumentation übersieht der Kläger aber, dass es in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung nicht darum geht, in den Aufsichtsarbeiten eine "einzig richtige" Lösung zu finden. Vielmehr kommt es darauf an, anhand der vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen - gegebenenfalls unter Heranziehung der zur Verfügung gestellten Kommentarliteratur - eine von mitunter mehreren vertretbaren Lösungen herauszuarbeiten und mit möglichst überzeugenden Argumenten zu begründen. Dies mag bei der einen Aufsichtsarbeit höhere, bei der anderen niedrigere Anforderungen an den Prüfling stellen, wie dies auch in der täglichen juristischen Praxis der Fall ist. Der Kläger hat sich allerdings in keiner Weise mit der Frage, ob Zinsen tatsächlich Abgaben im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO sind, auseinander gesetzt und seine Lösung mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründet, sondern schlicht festgestellt, dass Zinsen (immer) Abgaben sind. Wie oben bereits ausgeführt ist eine Lösung aber nur dann "vertretbar", wenn sie mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründet wird (BVerfGE 84, 34 [55]; BVerwG, Urt. v. 21.10.1993 - BVerwG 6 C 12.92 -, BayVBl 1994, 443; Beschl. v. 17.12.1997 - BVerwG 6 B 55.97 -, NVwZ 1998, 738). Entscheidend ist nicht, ob das präsentierte Ergebnis für eine Klausuraufgabe möglicherweise mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründet werden könnte, sondern ob es von dem Prüfungskandidaten in seiner Prüfungsleistung mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründet wird. Daran fehlt es. Die Antwort des Klägers stellt insbesondere keine brauchbare oder vertretbare Lösung im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81, 213/83 - (a. a. O.) zum Antwortspielraum des Prüflings dar, so dass sich ihre negative Bewertung durch den Prüfer insgesamt als zutreffend erweist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11; 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil aus Anlass dieses Falls keine weitere Klärung grundsätzlicher Fragen des Bundesrechts oder des Verwaltungsverfahrensrechts zu erwarten ist (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit der sog. Mittelwertberechnung befindet sich der Senat in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 15.12.1987, a. a. O.) und anderen Obergerichten (SächsOVG, Beschl. v. 11.09.2001 - 4 BS 156/01 -, LKV 2002, 523); weder der vorliegende Fall noch die neue Diskussion in der Literatur gibt einen Anlass, die von dem Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen erneut einer grundsätzlichen Klärung zuzuführen. Schließlich weicht der Senat auch von keiner Entscheidung im Instanzenzug, insbesondere von den grundlegenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und Bundesverwaltungsgerichts zur Bewertung von Prüfungsleistungen (vgl. BVerfGE 84, 34 ff.; BVerwG, Urt. v. 09.12.1992 - BVerwG 6 C 3.92 -, Buchholz 421.0 [Prüfungswesen] Nr. 307; Urt. v. 21.10.1993 - BVerwG 6 C 12.92 - [juris]), ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

Zurück