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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 01.04.2005
Aktenzeichen: 2 L 33/05
Rechtsgebiete: VwGO, GKG, TierNebG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124a Abs. 4
VwGO § 124a Abs. 5
VwGO § 124a Abs. 6
VwGO § 154 Abs. 2
GKG § 47 Abs. 1
GKG § 52 Abs. 2
TierNebG § 8 Abs. 1 S. 1
TierNebG § 8 Abs. 1 S. 2
TierNebG § 3 Abs. 1
TierNebG § 3 Abs. 1 S. 1
TierNebG § 3 Abs. 1 S. 2
TierNebG § 4
TierNebG § 4 S. 1 Nr. 1
TierNebG § 5 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 33/05

Datum: 01.04.2005

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. der Novellierung v. 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO -, diese in der jeweils gültigen Fassung, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf §§ 47 Abs. 1; 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. des Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 05.05.2004 (BGBl I 718) - GKG - <Streitwert>.

Mit Bescheid vom 15.03.2004 untersagte der Beklagte der Klägerin, die Tierkörper der von ihr gehaltenen Hunde nach deren Ableben auf ihrem Grundstück zu vergraben. Stattdessen wurde ihr aufgegeben, sämtliche anfallenden Tierkörper von der Firma SARIA Bio-Industries GmbH entsorgen zu lassen. Der Beklagte begründete den Bescheid damit, dass die Klägerin im Zeitpunkt 04.03.2004 18 Hunde unterschiedlicher Rasse halte, von denen viele schwer krank seien. Bei einer Kontrolle ihrer Hundehaltung am 30.10.2003 habe die Klägerin angegeben, dass eingeschläferte bzw. verendete Tiere bisher auf ihrem Grundstück abgraben worden seien. Bereits damals sei die Klägerin darüber informiert worden, dass bei der Anzahl der durchschnittlich von der Klägerin gehaltenen Hunde diese nicht auf dem klägerischen Grundstück begraben werden könnten, sondern der gesetzlich vorgeschriebenen Tierkörperbeseitigung unterlägen. Beseitigungspflichtig seien gemäß § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung gemeinschaftlicher Vorschriften über die Verarbeitung und Beseitigung von nicht für den menschlichen Verzehr bestimmten tierischen Nebenprodukten, die nach Landesrecht zuständige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Erfüllung dieser Pflicht sei im Lande Sachsen-Anhalt der Firma SARIA Bio-Industries GmbH übertragen worden. Soweit zukünftig von der Klägerin gehaltene Hunde eingeschläfert werden müssten oder verendeten, sei daher die SARIA Bio-Industries zu benachrichtigen und ihr die Tierkörper zu überlassen. Tatbestände für die Ausnahme von der Beseitigungspflicht gemäß § 4 des Gesetzes zur Durchführung gemeinschaftlicher Vorschriften lägen nicht vor. Des Weiteren könne einer Ausnahme gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 aufgrund der großen Anzahl der bei der Klägerin durchschnittlich gehaltenen Hunde nicht zugestimmt werden.

Dagegen hat die Klägerin erfolglos das Widerspruchsverfahren betrieben und Klage beim Verwaltungsgericht Magdeburg erhoben.

Das Gericht hat die Klage mit Urteil vom 01.12.2004 unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Bescheide abgewiesen. Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Der Senat konnte die Berufung nicht zulassen, da die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124a Abs. 1 S. 4 VwGO), nämlich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vorliegen.

1. Die Zulassungsschrift vermag nicht ernstliche Zweifel an Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu begründen.

§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO öffnet den Zugang zur Rechtsmittelinstanz mit Blick auf das prognostizierte Ergebnis des angestrebten Rechtsmittels. Er soll die Richtigkeit im Einzelfall gewährleisten; die maßgebliche Frage geht also dahin, ob die Rechtssache richtig entschieden worden ist. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO will Zugang zu einer inhaltlichen Überprüfung des angefochtenen Urteils in einem Berufungsverfahren in den Fällen eröffnen, in denen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist.

Deshalb reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Das wird zwar regelmäßig der Fall sein. Jedoch schlagen Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verlangt nicht, die Berufung wegen eines Fehlers zuzulassen, der für den Ausgang des Berufungsverfahrens und damit für das Ergebnis des Prozesses mit Sicherheit bedeutungslos bleiben wird.

Allerdings ist das Oberverwaltungsgericht nicht verpflichtet, schon im Zulassungsverfahren umfassend nachzuprüfen, ob das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt, wenn an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente Zweifel bestehen. Die Frage nach der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung kann im Zulassungsverfahren nicht abschließend geklärt werden. Das Zulassungsverfahren wäre anderenfalls in der Sache ein Berufungsverfahren. Die abschließende Prüfung des angefochtenen Urteils in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ist nach wie vor dem Berufungsverfahren vorbehalten. Das Oberverwaltungsgericht soll sich jedoch zu seiner Entlastung nicht mehr mit den Rechtssachen befassen müssen, in denen dies mit Blick auf die zu gewährleistende Gerechtigkeit im Einzelfall nicht erforderlich erscheint. Das sind die Rechtssachen, von denen sich ohne den Aufwand eines Berufungsverfahrens schon im Zulassungsverfahren zuverlässig sagen lässt, das Verwaltungsgericht habe sie im Ergebnis richtig entschieden und die angestrebte Berufung werde deshalb voraussichtlich keinen Erfolg haben. Das Oberverwaltungsgericht kann demgemäß im Zulassungsverfahren nur dann auf andere Gründe abstellen, aus denen das angefochtene Urteil im Ergebnis richtig ist, wenn diese Gründe ohne Weiteres auf der Hand liegen, ihre Heranziehung also nicht über den Aufwand hinausgeht, der in einem Zulassungsverfahren mit Blick auf dessen Zweck vernünftigerweise zu leisten ist. Anderenfalls ist die Berufung zuzulassen, wenn entscheidungstragende Gründe des Verwaltungsgerichts in ihrer Richtigkeit zweifelhaft sind; dem Berufungsverfahren ist dann die Prüfung vorbehalten, ob das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig erweist (BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838).

Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts als richtig.

Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes zur Durchführung gemeinschaftlicher Vorschriften für die Verarbeitung und Beseitigung von nicht für den menschlichen Verzehr bestimmten tierischen Nebenprodukten - Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz - vom 25.01.2004 (BGBl. I S.82) - TierNebG -. Danach sind die in § 3 Abs. 1 S. 1 TierNebG bezeichneten Behörden vorbehaltlich des § 4 TierNebG und unbeschadet des Artikels 24 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 verpflichtet, das in ihrem Gebiet anfallende Material der Kategorie 1 gemäß Art. 4 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 zu beseitigen. Nach S. 3 des Absatzes 1 können sie sich zur Erfüllung dieser Pflicht Dritter bedienen. Nach Art. 4 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 h der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 03.10.2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte, ABl. Nr. L 273 v. 10.10.2002, S. 1 - nachfolgend: EG-TierNebVO -; geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 808/2003 der Kommission vom 12.05.2003 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte, ABl. Nr. L 117 v. 13.05.2003, S. 1 sowie die Verordnung (EG) Nr.668/2004 der Kommission vom 10.03.2004 zur Änderung bestimmter Anhänge der Verordnung (EG) Nr.1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Einfuhr und Durchfuhr bestimmter Produkte aus Drittländern, ABl. Nr. L 112 v. 19.04.2004, S. 1 sind Material der Kategorie 1 andere Tiere als Nutztiere und Wildtiere, insbesondere u. a. Heimtiere. Nach Art. 2 Abs. 1 h sind Heimtiere Tiere von Arten, die normalerweise von Menschen zu anderen Zwecken als zu landwirtschaftlichen Nutzzwecken gefüttert und gehalten, jedoch nicht verzehrt werden. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 und 2 TierNebG hat der Beseitigungspflichtige das in § 3 Abs. 1 S.1 bezeichnete Material nach Maßgabe des Artikels 7 Abs. 1, 2 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 unverzüglich abzuholen, zu sammeln, zu befördern und zu lagern.

Die Ausnahmetatbestände des § 4 TierNebG liegen nicht vor. Nach Art. 24 der EG-TierNebVO, den § 3 Abs. 1 S. 2 TierNebG in Bezug nimmt, kann die zuständige Behörde zwar bei Bedarf entscheiden, dass tote Heimtiere durch Vergraben direkt als Abfall beseitigt werden können. Diese Ausnahme liegt, darauf hat der Beklagte zu Recht abgestellt, bei der Klägerin indes nicht vor. Nach § 5 Abs. 2 des alten Tierkörperbeseitigungsgesetzes vom 11.04.2001 - TierKBG - (BGBl. I 523) galt die Beseitigungspflicht nicht für einzelne Körper u. a. von Hunden, die auf geeigneten und von der zuständigen Behörde hierfür besonders zugelassenen Plätzen oder auf eigenem Gelände, jedoch nicht in Wasserschutzgebieten und nicht in unmittelbarer Nähe öffentlicher Wege und Plätze, vergraben oder in dafür zugelassene Abfallbeseitigungsanlagen verbrannt werden. Das TierNebG hat im Wesentlichen die aus den alten TierKBG bekannten und bewährten Regelungen übernommen (vgl. hierzu: Fluck/Strack, in: Natur und Recht, 2004, S. 510). § 5 Abs. 2 TierKBG kann deshalb zur Auslegung von § 3 Abs. 1 TierNebG herangezogen werden. Da die Klägerin aufgrund ihrer besonderen Grundstücksnutzung hier bereits mehr als einen Hundetierkörper vergraben hat, hat der Beklagte ihr mit Recht das weitere Vergraben von Hunden auf diesem Grundstück untersagt. Der Bescheid vom 15.03.2004 ist daher nicht zu beanstanden.

Soweit die Zulassungsschrift Ermessenserwägungen zu § 4 S. 1 Nr. 1 TierNebG und zu Art. 24 EG - TierNebVO vermisst, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Mit Art. 24 EG-TierNebVO, der das Vergraben eines einzelnen Hundes auf dem eigenen Grundstück ermöglicht, hat der Beklagte sich ausführlich auseinandergesetzt. Fragen, wie bei einem Seuchenverdacht vorzugehen sei oder was bei einem Wunsch der Klägerin, die Tiere auf einem zugelassenen Tierfriedhof zu begraben bzw. in einem zugelassenen Krematorium zu verbrennen, zu geschehen habe, musste der Beklagte nicht entscheiden; denn für einen Seuchenverdacht besteht konkret kein Anlass und rein hypothetisch/abstrakt musste der Beklagte dazu keine Entscheidung treffen. Vergleichbares gilt für den Fall der Bestattung von Hunden auf Hundefriedhöfen oder in Hundekrematorien. Beides würde einen entsprechenden Antrag der Klägerin voraussetzen. Erst dabei könnte die Behörde prüfen, ob es sich um eine geeignete Anlage handelt oder nicht. Eine hypothetische Erwägung war nicht erforderlich.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund erfordert die Formulierung einer konkreten, aber generalisierbaren, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortenden, aber in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichenden Rechtsfrage, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Eine solche Frage macht die Zulassungsschrift indes nicht geltend. Der bloße Hinweis darauf, dass das neue TierNebG erst seit dem 29.01.2004 gilt und Rechtsprechung dazu noch fehlt, reicht dafür nicht aus.

Ende der Entscheidung

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