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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 30.04.2000
Aktenzeichen: 2 L 333/00
Rechtsgebiete: LSA-VwVfG


Vorschriften:

LSA-VwVfG § 48 II
LSA-VwVfG § 48 III 1
Wer das Grundstück bereits vor Rücknahme der Baugenehmigung mit Gewinn veräußert hat, kann i. d. R. keinen "Vermögensnachteil" wegen der Rücknahme geltend machen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 333/00

Datum: 30.04.2000

Gründe:

Der Beschluss beruht auf §§ 124a; 124 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, geändert durch Gesetz vom 01.11.1996 (BGBl I 1626) und zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.07.2001 (BGBl I 1543) - wegen der durch das Änderungsgesetz vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) als § 194 Abs. 1 VwGO eingefügten Übergangsregelung auf diesen Fall noch anwendbar -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO (Kosten) und auf § 13 Abs. 2 GKG (Streitwert).

Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen; denn diese sind nicht hinreichend dargelegt worden (vgl. § 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO).

Der Darlegungslast genügt nur, wer den "Grund" benennt, der ausnahmsweise die Zulassung rechtfertigt, und dessen Voraussetzungen "schlüssig" beschreibt. Dazu gehört bei § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dass belegt wird, es beständen gerade "ernstliche Zweifel an der Richtigkeit" der angefochtenen Entscheidung. Dies verlangt zunächst, dass der Antrag einzelne tatsächliche Feststellungen des Gerichts oder Elemente der rechtlichen Ableitung konkret bezeichnet, die beanstandet werden sollen, sowie zusätzlich, dass aufgezeigt wird, aus welchem Grund die konkrete Passage ernstlichen Zweifeln begegnet. Da § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO außerdem verlangt, dass ernstliche Zweifel an der "Richtigkeit" des Ergebnisses bestehen, muss der Zulassungsantragsteller ferner darlegen, dass das Gericht bei Vermeidung der gerügten Fehler zu einer anderen, für den Rechtsmittelführer positiven Entscheidung gelangt wäre. Daran fehlt es.

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Klägerin kein Anspruch auf die Festsetzung einer weiteren Entschädigung gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt i. d. F. d. Bek. v. 07.01.1999 (LSA-GVBl., S. 3) - VwVfG LSA -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.03.2002 (LSA-GVBl., S. 130 [135 <Nr. 34>]), zusteht, weil sie über den bereits erstatteten Betrag hinaus keinen Vermögensnachteil im Sinne dieser Vorschrift erlitten hat.

Gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 VwVfG LSA hat die Behörde, die einen rechtswidrigen Verwaltungsakt zurücknimmt, der nicht unter § 48 Abs. 2 VwVfG LSA fällt, dem Betroffenen auf Antrag nur den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit den öffentlichen Interessen schutzwürdig ist, z. B. bei Aufwendungen, die er im Vertrauen auf eine ihm erteilte Genehmigung gemacht hat und die nunmehr nutzlos sind.

Dies ist hier nicht der Fall. Es ist schon nicht ersichtlich, dass überhaupt ein wirksamer Grundstückskaufvertrag über das Baugrundstück ... geschlossen wurde; denn bei der Erklärung vom 10.08.1994 handelt es sich um ein (einseitiges) Angebot der Klägerin gegenüber der Verkäuferin zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages. Des Weiteren ist zweifelhaft, ob der (vermeintliche) Grundstückskaufvertrag im Hinblick auf den Bestand des Bauvorbescheids vom 29.07.1994 abgeschlossen worden ist; denn dieser Bauvorbescheid war an Herrn P., Leiter der S.-Abteilung der Klägerin, adressiert, ohne dass eine Vertretungsberechtigung für die Klägerin erkennbar wäre.

Aber selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die Klägerin den Grundstückskaufvertrag im Vertrauen auf den Bestand des positiven Bauvorbescheids vom 29.07.1994 abgeschlossen hat, hat sich diese Vermögensdisposition nicht wesentlich auf die tatsächliche Vermögenssituation der Klägerin ausgewirkt, da sie das Baugrundstück bereits im Jahre 1995 zu einem Kaufpreis von 40.000,00 DM weiterveräußern konnte und damit ihren durch die Rücknahme des Bauvorbescheids bewirkten Vermögensnachteil ausgeglichen hat. Sind aber im Vertrauen auf den Bestand eines Verwaltungsakts erworbene Güter anderweitig verwendet, verkauft oder sonst verwertet worden, mindert sich der Ausgleichsanspruch in dem Umfang der insoweit erzielten Einnahmen; denn § 48 Abs. 3 Satz 1 VwVfG LSA will nur solche Vermögensnachteile ausgleichen, die nicht oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden können, d. h. dauerhaft das Vermögen des Betroffenen mindern (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 6. Aufl., § 48 RdNr. 128; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 12. Aufl. , § 48 RdNr. 195.; Knack, VwVfG, 6. Aufl., § 48 RdNr. 8.3.5 m. w. N.).

Die Klägerin hat nach Rücknahme der Bauvorbescheide vom 29.07.1994 und 22.09.1994 für ihr Grundstück insgesamt 92.355,40 DM erhalten. Dieser Betrag übersteigt den von ihr geforderten Betrag in Höhe von 88.265,90 DM (ausgehend von einer Klageforderung in Höhe von 35.910,50 DM und des bereits gewährten Ausgleichs von 52.355,40 DM) um 4.089,50 DM, so dass ein Vermögensnachteil im o. g. Sinne nicht festgestellt werden kann.

Auch die übrigen Einwendungen der Klägerin zum Vertrauensschutz führen nicht zu der begehrten Zulassung der Berufung; denn wenn - wie hier - schon ein Vermögensnachteil im Sinne von § 48 Abs. 3 Satz 1 VwVfG LSA nicht festgestellt werden kann, kommt es auf die Frage, ob die Klägerin auf den Bestand des Verwaltungsakts vertrauen konnte, nicht entscheidungserheblich an.

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