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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 12.03.2003
Aktenzeichen: 2 L 36/01
Rechtsgebiete: LSA-AllGO, GFlHG, VO, EUVtr-EG, EUR89/662/EWG, EUR90/425/EWG, EUR90/675EWG, EUR91/496/EWG, EUR96/43/EG, EUR85/73/EWG


Vorschriften:

LSA-AllGO § 1 I
LSA-AllGO § 1 III Anl Nr 190
GFlHG § 5
GFlHG § 26
VO § (BGBl 1992 I 2437)
EUVtr-EG § 28
EUVtr-EG § 29
EUR89/662/EWG
EUR90/425/EWG
EUR90/675EWG
EUR91/496/EWG
EUR96/43/EG
EUR85/73/EWG
Die Erhebung von Gebühren für eine amtstierärztliche Untersuchung von Schlachtgeflügel beim die Binnengrenze überschreitenden Transport verstößt nicht gegen Europarecht.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 36/01

Datum: 12.03.2003

Gründe:

Der Beschluss beruht auf §§ 124a; 124 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, geändert durch Gesetz vom 01.11.1996 (BGBl I 1626) und zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.07.2001 (BGBl I 1543) - wegen der durch das Änderungsgesetz vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) als § 194 Abs. 1 VwGO eingefügten Übergangsregelung auf diesen Fall noch anwendbar -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO (Kosten) und auf § 13 Abs. 2 GKG (Streitwert).

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen; denn die Darlegungen der Klägerin vermögen das zutreffende Ergebnis des Verwaltungsgerichts nicht zu erschüttern.

Die auf der Grundlage von § 1 Abs. 1, 3 der Allgemeinen Gebührenordnung des Landes Sachsen-Anhalt in der Fassung vom 20. November 1997 (GVBl. LSA, S. 976) - AllGO LSA - i. V. m. dem Kostentarif Nr. 190, Tarifstelle 6.1.16 der Anlage zur AllGO LSA erhobene Gebühr für das Ausstellen einer Bescheinigung nach § 3 der Verordnung über das innergemeinschaftliche Verbringen sowie die Einfuhr und Durchfuhr von Tieren und Waren (Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung) vom 28. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2437, ber. 1993 I S. 63) verstößt nicht gegen den Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit aus Art. 28, 29 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EGV - in der Fassung des Vertrages von Amsterdam vom 02. Oktober 1997 (BGBl. II S. 387). Dieser Grundsatz ist geprägt durch das Diskriminierungsverbot; d. h., nur eine Maßnahme gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern (so die vom EuGH formulierte "Dassonville-Formel"), führt zu einer Verletzung des Art. 28 EGV.

Soweit die Klägerin vorträgt, Schlachtgeflügel sei Gegenstand einer hygienerechtlichen Beschau im Ursprungsbetrieb und einer identischen tierseuchenrechtlichen und damit falle nur wegen des Verbringens in einen anderen Mitgliedstaat eine zusätzliche Gebühr an, entspricht dies weder der tatsächlichen noch rechtlichen Lage; denn der Beklagte hat die für das Ausstellen einer amtstierärztlichen Gesundheitsbescheinigung erhobene Gebühr nur einmal in Rechnung gestellt und durch diese Verfahrensweise nicht gegen Art. 28 EGV verstoßen.

Die Mitgliedstaaten sind auf der Grundlage der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen nach den Richtlinien 89/662/EWG, 90/425/EWG,90/675/EWG und 91/496/EWG in der Fassung der Richtlinie 96/43/EG des Rates vom 26. Juni 1996 (Abl. EG Nr. L 162/1) nach Maßgabe des Anhangs C Kapitel I Nr. 1 verpflichtet, für lebende Tiere eine Gebühr zu erheben, um die Finanzierung der Kontrollen am Ursprungsort sicherzustellen.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1 Nr. 1 der - dieses gemeinschaftsrechtliche Gebot umsetzenden - Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung darf Schlachtgeflügel innergemeinschaftlich u. a. nur verbracht werden, wenn es von einer gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen, amtstierärztlichen Gesundheitsbescheinigung begleitet wird. Für das Ausstellen dieser Bescheinigung ist die Klägerin zu einer Gebühr nach Kostentarif 190 Nr. 6.1.16 der Anlage zur AllGO LSA in Höhe von 23,00 DM herangezogen worden.

Der innerstaatliche Vergleichstatbestand findet sich in § 5 des Geflügelfleischhygienegesetzes - GFlHG - vom 17. Juli 1996 (BGBl I S. 991). Auch hiernach darf Schlachtgeflügel vom Erzeugerbetrieb zum Schlachtbetrieb nur abgegeben werden, wenn es von einer amtstierärztlichen Gesundheitsbescheinigung begleitet ist. Gebühren für diese Amtshandlung sind nicht in Rechnung gestellt worden.

Mit ihrem Hinweis, europäisches Sekundärrecht gebiete angesichts inhaltsgleicher geflügelfleischhygienischer und tierseuchenrechtlicher Untersuchungen im Inland und geflügelhygienischer im Mitgliedsstaat Niederlande nicht die Erhebung einer zusätzlichen Gebühr, vermag die Klägerin das gefundene rechtliche Ergebnis nicht zu entkräften; denn eine (zusätzliche) Gebühr für eine Geflügelfleischuntersuchung nach § 26 GFlHG i. V. m. Kostentarif Nr. 62 der Anlage zur AllGO LSA ist nicht erhoben worden.

2. Die Rechtssache weist nicht die behaupteten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.

Zwar sind die Normen nationalen Rechts mit EG-Vertragsbestimmungen und sekundärem Europarecht ins Verhältnis zu setzen und zu prüfen; jedoch lässt sich die Lösung der maßgeblichen Rechtsfrage dann ohne Schwierigkeiten aus den hier einschlägigen Regelungen ableiten.

3. Für eine "grundsätzliche Bedeutung" (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist keine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, aber in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechtsfrage aufgeworfen, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, "ob die Erhebung der zusätzlich zu den geflügelfleischhygienerechtlichen Gebühren anfallenden tierseuchenrechtlichen Gebühr mit den Vorschriften über den freien Warenverkehr aus Art 28 EGV vereinbar ist", ist nicht klärungsbedürftig; denn sie lässt sich - wie die Ausführungen unter Punkt 1. zeigen - unschwer aus den nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften entnehmen.

5. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor (§124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht verletzt; denn auf den lediglich unter Beweisangebot formulierten Vortrag der inhaltlichen Identität von tierseuchenrechtlicher und geflügelfleischhygienischer Beschau kam es nach seiner materiellen Rechtsauffassung nicht an.

Ende der Entscheidung

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