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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 13.01.2003
Aktenzeichen: 2 L 417/00
Rechtsgebiete: LSA-Verf, GG, DDR-KommVfG, LSA-GO, LSA-VO


Vorschriften:

LSA-Verf § 2 I
LSA-Verf § 2 III
GG Art. 20 III
DDR-KommVfG § 5 III 1
LSA-GO § 6 II 2
LSA-GO § 6 III
LSA-VO (GVBl 1995, 665)
LSA-VO (GVBl 1996, 261)
1. Eine Satzung kann - sofern sie "ortsüblich" bekanntgemacht worden ist - auch dann wirksam sein, wenn die Hauptsatzung, welche eine bestimmte Verkündungsform vorschreibt, nichtig ist.

2. Sachsen-anhaltisches Landesrecht schreibt nicht vor, dass die Hauptsatzung Verkündungsvor-schriften enthalten muss.

Auch das Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes fordert dies nicht.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 417/00

Datum: 13.01.2003

Gründe:

Der Beschluss beruht auf §§ 124a; 124 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf § 13 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.12.2001 (BGBl I 3638 [3639]) <Streitwert>.

1. Die in der Antragsschrift geltend gemachten "ernstlichen Zweifel" (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die angefochtene Satzung über die Erhebung von Kostenersatz für Dienst- und Sachleistungen der Freiwilligen Feuerwehr außerhalb der unentgeltlich zu erfüllenden Pflichtaufgaben vom 16.01.1995 (KostS Fw) wirksam bekannt gemacht worden ist.

Nach § 6 Abs. 2 S. 2 der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt (Gemeindeordnung - GO LSA) vom 05.10.1993 (LSA-GVBl., S. 731) sind Satzungen von dem Bürgermeister zu unterschreiben und bekannt zu machen.

Das Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17.05.1990, das bis zum In-Kraft-Treten der Gemeindeordnung galt, regelte in § 5 Abs. 3 S. 1, dass Satzungen öffentlich bekannt zu machen sind.

Zu § 5 Abs. 3 S. 1 Kommunalverfassung hat der Senat mit Urteil vom 20.01.1994 (- 2 L /93 -) folgendes entschieden:

"Das geltende Kommunalverfassungsrecht in Sachsen-Anhalt schreibt für kommunales Satzungsrecht keine bestimmte Veröffentlichungsform vor und unterscheidet sich hierdurch vom Landesrecht etwa in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg oder Niedersachsen. § 5 Abs 3 S 1 des (aufgrund Art. 9 Abs 1 des Einigungsvertrags vom 31.8.1990 [BGBl II 885; DDR-GBl I Nr 64 S 1627] - EV - als Landesrecht fortgeltenden) DDR-Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR - Kommunalverfassung - DDR-KommVfG - vom 17.5.1990 (DDR-GBl I Nr 28 S 255), zum Zeitpunkt der Steuersatzungen in der Fassung des Gesetzes vom 22.4.1991 (LSA-GVBl 28), inzwischen zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.10.1993 (LSA-GVBl 756), verlangt vielmehr nur die öffentliche Bekanntmachung. In der Wahl der Bekanntmachungsmittel ist die Kommune frei. Ihre Gestaltungsfreiheit wird allein begrenzt durch das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs 3 des Grundgesetzes; vgl inzwischen auch: Art. 2 Abs 1, 3 der Landesverfassung von Sachsen-Anhalt - Verf-LSA - [Gesetz vom 25.6.1992 <LSA-GVBl 564>]).

Dieses verlangt lediglich, daß sich der Bürger vom Inhalt des zu verkündenden Rechtssatzes und der Tatsache seines In-Kraft-Tretens überhaupt zuverlässig Kenntnis verschaffen kann (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts; vgl etwa: BVerfG, Beschl v 22.11.1983 - 2 BvL 25/81 -, BVerfGE 65, 283 [291]); BVerwG, Urt v 11.2.1972 - BVerwG VII C 37.69 -, DÖV 1972, 349 [349/350], Urt v 18.4.1975 - BVerwG VII C 41.73 -, Buchholz 401.84 [Benutzungsgebühren] Nr 25 [S 4]). Die Verkündungsvorschriften haben dienende Funktion und sind kein Selbstzweck; sie müssen z B nicht aus sich heraus auch sicherstellen, daß der Verkündungsvorgang ordnungsgemäß war (BVerwG, DÖV 1972, 349 [349/350])."

Für den in seinem Regelungsgehalt unverändert gebliebenen § 6 Abs. 2 S. 2 GO LSA gilt nichts anderes.

Weder die Kommunalverfassung noch die Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt haben vorgesehen oder schreiben vor, dass die Bekanntmachungsform einer Satzung in der Hauptsatzung einer Gemeinde festgelegt sein muss. § 7 Abs. 1 GO LSA regelt lediglich, dass jede Gemeinde eine Hauptsatzung erlassen muss, dass in ihr zu regeln ist, was nach den Vorschriften dieses Gesetzes der Hauptsatzung vorbehalten ist und dass auch andere für die Verfassung der Gemeinde wesentliche Fragen in ihr geregelt werden.

Mit § 6 Abs. 3 GO LSA hat der Landesgeber das Ministerium des Innern ermächtigt, durch Verordnung die Form der öffentlichen Bekanntmachung von Satzungen einschließlich der Ersatzbekanntmachung von Plänen, Karten und sonstigen Anlagen sowie die Form der öffentlichen Auslegung von Satzungen einschließlich der Ersatzbekanntmachung von Plänen, Karten und sonstigen Anlagen sowie die Form der öffentlichen Auslegung von Satzungen und Satzungsentwürfen zu regeln. Dabei können unterschiedliche Regelungen für Gemeinden verschiedener Größenordnung getroffen, die Bekanntmachung in bestimmten Verkündungsblättern vorgesehen und Gebietskörperschaften zur Einrichtung von Verkündungsblättern verpflichtet werden, soweit andere geeignete Verkündungsmöglichkeiten nicht bestehen. Eine solche Verordnung hatte der damalige Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt mit der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen der Gemeinden und Landkreise in amtlichen Verkündungsblättern vom 28.12.1994 (LSA-GVBl. 1995, 665) zunächst erlassen, diese aber mit Verordnung vom 12.08.1996 wieder aufgehoben (LSA-GVBl. 1996, 261). Damit verblieb es bei der vom Senat bereits im Urteil vom 20.01.1994 festgestellten Rechtslage.

Wenn die Zulassungsschrift ihre gegenteilige Rechtsauffassung mit einer Kommentarstelle (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 23. Ergänzungslieferung, § 2 RdNr. 27) zu belegen sucht, übersieht sie, dass die dort geäußerte Rechtsauffassung sich auf ein andere Gesetzeslage bezieht, die mit der Rechtslage in Sachsen-Anhalt nicht zu vergleichen ist.

Nach § 7 Abs. 4 der Kommunalverfassung des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 17.05.1994 (NW-GVBl., S. 34) sind zwar auch in diesem Bundesland Satzungen öffentlich bekannt zu machen. Ferner bestimmt auch dort nach Absatz 5 das Innenministerium durch Rechtsverordnung, welche Verfahrens- und Formvorschriften bei der öffentlichen Bekanntmachung von Satzungen einzuhalten sind. In § 4 Abs. 2 der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht vom 07.04.1981 (NW-GVBl., S. 224) hat der Innenminister von Nordrhein-Westfalen hingegen - anders als in Sachsen-Anhalt - bestimmt, dass die für die Gemeinden geltende Form der öffentlichen Bekanntmachung durch die Hauptsatzung festzulegen ist.

Mangels Geltendmachung anderer "ernstlicher Zweifel" scheitert die Rechtsmittelzulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

2. Auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führt nicht zur Berufungszulassung. Angesichts des bereits genannten Urteils des Senats vom 20.01.1994 - 2 L 2/93 - und der in der Sache unverändert gebliebenen Rechtslage wirft die Antragsschrift kein konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechtsfrage auf, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen noch weiterer Klärung bedarf.

Ende der Entscheidung

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