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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 19.04.2006
Aktenzeichen: 2 M 112/06
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 80 V
VwGO § 113 I 4
Bei Erledigung des Verwaltungsakts "zwischen den Instanzen" kann im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens nicht die Feststellung begehrt werden, der erstinstanzliche Beschluss sei rechtswidrig gewesen. Dies gilt auch dann, wenn die streitige Rechtsfrage mit Rechtskraft- und Bindungswirkung in einem Hauptsacheverfahren nicht geklärt werden könnte.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 M 112/06

Datum: 19.04.2006

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 146 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. der Novellierung v. 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO -, diese in der jeweils gültigen Fassung, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. des Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 05.05.2004 (BGBl I 718) - GKG - <Streitwert>.

Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 12.01.2006, mit dem das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragsstellers gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 01.01.2006 festgestellt hat, erweist sich bereits als unzulässig. Die Verfügung, mit der die Antragsgegnerin eine von einem Polizeivollzugsbeamten zuvor mündlich ausgesprochene Verfügung schriftlich bestätigt und dem Antragsteller befristet bis zum 15.01.2006 untersagt hat, die (damals) eheliche Wohnung zu betreten, hat sich vor Einlegung der Beschwerde durch Zeitablauf erledigt mit der Folge, dass eine Sachentscheidung im Beschwerdeverfahren nicht mehr möglich ist. Zwar kann die Behörde in einem Hauptsacheverfahren entsprechend der Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ein schutzwürdiges Interesse daran haben, durch Aufrechterhaltung des Klageabweisungsantrags eine Entscheidung in der Sache oder eine Klärung einer durch den Fall aufgeworfenen Rechtsfrage zu erzwingen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.07.2003 - 1 B 291.02 -, NVwZ 2004, 353). Für eine solche Sachentscheidung ist im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO hingegen kein Raum (vgl. Beschlüsse d. Senats v. 25.02.2004 - 2 M 58/04 - u. v 03.01.1994 - 2 M 61/94 -, Juris; Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 RdNr. 246, m. w. Nachw). Dies gilt auch für die Fälle, in denen die streitige Rechtsfrage - wie hier die Frage, ob ein Rechtsbehelf gegen die angefochtene Verfügung aufschiebende Wirkung hat - mit Rechtskraft - und Bindungswirkung in einem Hauptsacheverfahren nicht geklärt werden könnte. Die Unzulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsbegehrens im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergibt sich nicht nur daraus, dass - anders als in einem Hauptsacheverfahren - keine der materiellen Rechtskraft nach § 121 VwGO fähige Entscheidung getroffen werden kann; sie folgt auch daraus, dass durch den Eintritt des erledigenden Ereignisses das gerichtliche Eilverfahren seine Sicherungsfunktion nicht mehr erfüllen kann (vgl. Beschl. d. Senats v. 03.01.1994, a. a. O.) und eine "gutachtliche Äußerung" zur materiellen Rechtslage nicht Zweck des Aussetzungsverfahrens ist (Schoch, a. a. O.). Die Rechtfertigung zur Durchführung eines Eilverfahrens entfällt, wenn es nicht mehr um die Vollziehbarkeit der Verfügung selbst geht (vgl. Beschl. d. Senats v. 25.02.2004, a. a. O.; NdsOVG, Beschl. v. 06.06.1990 - 7 M 42/90 -, OVGE 41, 511). Im Übrigen würde auch in einem Hauptsacheverfahren allein das Interesse an einer allgemeinen Klärung einer im Rechtsstreit aufgeworfenen Frage, etwa wegen anderer noch zu regelnder Fälle, für die Annahme eines besonderen Interesses der Behörde an einer Sachentscheidung grundsätzlich nicht ausreichen (BVerwG, Urt. v. 28.04.1988 - 9 C 1.87 -, a. a. O.; Urt. v. 03.06.1988 - 8 C 18/87 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 181; Urt. v. 25.04.1989 - 9 C 61.88 -, BVerwGE 82, 41, m. w. Nachw). Das Feststellungsinteresse muss vielmehr - von Ausnahmefällen abgesehen - gegenüber dem Prozessgegner bestehen (BVerwG, Urt. v. 23.10.1979 - 1 C 63.77 -, Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nr. 17; Urt. v. 27.06.1997 - 8 C 23/96 -, NJW 1997, 3257).

Die Zulässigkeit der Beschwerde ergibt sich auch nicht daraus, dass die Antragsgegnerin durch die erstinstanzliche Kostenentscheidung beschwert ist. Zwar wird vertreten, auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren sei ein Rechtsmittel zulässig, wenn es allein mit dem Ziel eingelegt werde, das Verfahren für erledigt zu erklären und so eine günstigere Kostenentscheidung herbeizuführen (OVG NW, Beschl. v. 26.03.2003 - 8 B 82/03 -, NVwZ-RR 2003, 701; VGH BW, Beschl. v. 16.12.2003 - 13 S 1743/02 - NVwZ-RR 2003, 392; ablehnend dagegen: OVG NW, Beschl. v. 31.05.2002 - 21 B 931/02 - NVwZ-RR 2002, 895; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 158 RdNr. 1; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 03.01.1994, a. a. O.). Ob dem zu folgen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da die Antragsgegnerin den Rechtsstreit nach Einlegung der Beschwerde nicht für erledigt erklärt hat. Sie hat vielmehr die Feststellung beantragt, dass "der erstinstanzliche Beschluss rechtswidrig war" und damit eine Entscheidung zu einer durch den Fall aufgeworfenen Rechtsfrage begehrt, die nach Erledigung des Verwaltungsakts im vorläufigen Rechtschutzverfahren nicht mehr möglich ist.

Ende der Entscheidung

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