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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 22.07.2003
Aktenzeichen: 2 M 279/02
Rechtsgebiete: VwGO, LSA-BauO, BGB, LSA-VwVfG


Vorschriften:

VwGO § 146 IV
LSA-BauO § 53
BGB § 242
LSA-VwVfG § 54
1. Eine Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung i. S. des § 146 Abs. 4 VwGO findet nicht dadurch statt, dass der Beschwerde neu vorträgt.

2. Bei einem Ablösevertrag für Stellplätze kann eine Nebenpflicht, die Frist für die Bereitstellung von Stellplätzen zu verlängern, nicht aus einer Ex-post-Betrachtung der Ereignisse hergeleitet werden. Maßgeblich ist, ob die Behörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung so handeln durfte, wie sie gehandelt hat.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 M 279/02

Datum: 22.07.2003

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 146 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf §§ 13 Abs. 2; 20 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]) <Streitwert>.

1. Soweit die Beschwerde vorträgt, die geübte Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin gehe dahin, auf eine Stellplatzablösung vollständig zu verzichten, setzt sie sich schon nicht mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auseinander; insoweit handelt es sich um neues, erstmalig im Beschwerdeverfahren vorgetragenes Vorbringen. Fehlt es aber an einer Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, kann neuer Sachvortrag im Beschwerdeverfahren der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen (OVG LSA, Beschl. v. 17.06.2003 - 2 N 74/03 -). Darüber hinaus vermag die Beschwerdeschrift diese Behauptung durch keinen einzigen Vergleichsfall zu belegen. Ferner könnte sich die Antragstellerin auf eine rechtswidrige Verwaltungspraxis auch nicht berufen, da ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht nicht existiert.

2. Die Antragsgegnerin war nicht aus Treu und Glauben (§ 242 BGB analog) verpflichtet, den Ablösungsvertrag im Sinne der Antragstellerin anzupassen.

Für die Antragsgegnerin bestand keine vertragliche Nebenpflicht, der Antragstellerin eine Fristverlängerung zu gewähren. Die Antragstellerin rechtfertigt ihre Ansprüche stets aus einer Ex-post-Betrachtung der Ereignisse. Für Ansprüche aus Treu und Glauben und etwaige vertragliche Nebenpflichten kommt es jedoch auf eine Ex-ante-Betrachtung an, ob die Behörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung berechtigt war, so zu handeln, wie sie gehandelt hat. Eine solche Betrachtung spricht für die Rechtmäßigkeit des behördlichen Handelns.

Ausweislich der Verwaltungsvorgänge wies die Antragsgegnerin, obwohl sie dazu vertraglich nicht verpflichtet war, die Antragstellerin mit Schreiben vom 20.06.2001 auf den Ablauf der Frist zum Stellplatznachweis am 31.07.2001 hin. Der Ablösungsvertrag war am 22.07.1998 zwischen den Verfahrensbeteiligten geschlossen worden; für die Antragstellerin bestand somit über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren, die Möglichkeit, einen solchen Nachweis zu erbringen.

Als sie am 16.07.2001 zwei Stellplätze auf ihrem Grundstück "..." anbot, wies die Antragsgegnerin schon mit Schreiben vom 17.07.2001 darauf hin, dass dieses Grundstück als Nachweis nicht in Betracht komme, weil es zum einen als Stellplatz ungeeignet sei und es zum anderen an der erforderlichen Baulast fehle.

Mit Datum vom 31.07.2001 bat die Antragstellerin nicht etwa ihren Vertragspartner um eine Änderung des vereinbarten Ablösungsvertrags, weil sie sich in einer privat schwierigen Lebenssituation befinde oder weil sie seit Monaten Kaufverhandlungen über 6 Stellplätze führe, die als Stellplatznachweis geeignet wären (so ihre spätere Behauptung mit Schriftsatz vom 22.10.2001), sondern sie beantragte eine Fristverlängerung, weil die Antragsgegnerin sie "weit im Vorfeld des Terminsablaufs davon hätte informieren müssen, welche Anträge, Eintragungen usw. erforderlich seien, wenn ihr ein Parkplatz zur Verfügung gestellt werden solle", sie sei "als Bürger kein Hellseher, dieses bürokratische Prozedere vorherzusehen", und die Antragsgegnerin habe ihre "Pflichten der sachgerechten Information wieder einmal gröblich vernachlässigt."

Somit hat die Antragstellerin im Schreiben vom 31.07.2001 der Antragsgegnerin nur Vorhaltungen gemacht, aber weder die persönliche Situation noch anderweitigen Verhandlungen um andere geeignete Stellplätze, zum Anlass genommen, eine Vertragsänderung bei der Antragsgegnerin zu erwirken. Vielmehr beruft sie sich erst nachträglich, in der Beschwerdebegründung, nachdem die Ablösungspflicht bereits entstanden war, auf diese veränderten Umstände, von denen die Behörde keine Kenntnis haben konnte.

Nicht eine Nebenpflichtverletzung der Antragsgegnerin hat demnach die aus der Sicht der Antragstellerin "gegen Treu und Glauben" verstoßende Situation herbeigeführt, sondern ihr eigenes Fehlverhalten.

Aus diesen Gründen kann die Vollstreckung aus dem Ablösevertrag auch nicht als unverhältnismäßig angesehen werden.

Aus den vorerwähnten Erörterungen ist der mit der Beschwerdeschrift gestellte Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zulässig, aber unbegründet.

Ende der Entscheidung

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