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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 29.01.2008
Aktenzeichen: 2 M 358/07
Rechtsgebiete: GG, DenkmSchG LSA


Vorschriften:

GG Art. 14 Abs. 1
DenkmSchG LSA § 9 Abs. 2
DenkmSchG LSA § 9 Abs. 6
DenkmSchG LSA § 10 Abs. 4
DenkmSchG LSA a. F. § 10 Abs. 7
1. Die vom Landesgesetzgeber mit der Streichung des früheren § 10 Abs. 7 DenkmSchG LSA a. F. vorgesehene Gleichstellung der öffentlichen Hand mit Privaten bedeutet, dass für juristischen Personen des öffentlichen Rechts - unabhängig davon, ob sie sich auf den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG berufen können - für die wirtschaftliche Zumutbarkeit von Erhaltungsmaßnahmen an einem Denkmal die gleichen Maßstäbe gelten wie für private Eigentümer, sie also keine besondere, über die privaten Eigentümerpflichten hinausgehende Pflicht zur Erhaltung von Baudenkmalen haben.

2. Auch wenn sich der Eigentümer nicht auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen kann, sondern nur die Grundsätze einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung zu beachten hat, ist die Zumutbarkeit der Erhaltung anhand einer objektbezogenen Vergleichsberechnung sowie unter Berücksichtigung des Ranges des Kulturdenkmals zu beurteilen. In aller Regel ist danach eine wirtschaftliche Belastung für den Eigentümer unzumutbar und deshalb unverhältnismäßig, soweit die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen werden können.

3. Es ist zwar grundsätzlich Sache des Denkmaleigentümers, zur Glaubhaftmachung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit von Erhaltungsmaßnahmen (§ 10 Abs. 5 Satz 1 DenkmSchG LSA) ein Nutzungskonzept für sein Denkmal vorzulegen. Es ist nicht Aufgabe der Denkmalbehörde, ohne Mitwirkung des Eigentümers Nutzungskonzepte allein zu dem Zweck zu entwickeln, die Frage der Zumutbarkeit des Erhaltungsaufwands beantworten zu können. Legt der Eigentümer ein solches Konzept nicht vor, bedeutet dies aber nicht, dass die Denkmalbehörde ohne weiteres die wirtschaftliche Zumutbarkeit unterstellen darf. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich nach jahrlangen, letztlich aber erfolglos gebliebenen Bemühungen der Behörde um ein denkmalverträgliches Nutzungskonzept abzeichnet, dass zwar Nutzungsmöglichkeiten für das Objekt bestehen, diese aber aller Voraussicht nach unwirtschaftlich sein werden.

4. Die Anordnung denkmalrechtlicher Erhaltungsmaßnahmen zur Gewährleistung einer (Minimal-)Sicherung eines Baudenkmals kann für den Eigentümer zwar auch dann wirtschaftlich zumutbar sein, wenn die zukünftige Nutzung des Baudenkmals noch nicht abschließend geklärt ist und sich weitere Sanierungsmaßnahmen abzeichnen, dies gilt insbesondere dann, wenn die öffentliche Hand bereit ist, das Denkmal zu erwerben, zu sanieren und einer - gegebenenfalls nicht Kosten deckenden - Nutzung zuzuführen. Der für eine Sicherung des Denkmals notwendige Aufwand darf aber nicht außer Verhältnis zu dem Wert des Grundstücks bzw. des bei einer Veräußerung erzielbaren Kaufpreises stehen.


Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks der Gemarkung S., Flur 476, Flurstück 7018/3, das u. a. mit einem 45 m hohen Wasserturm und einem ehemaligen Pumpenhaus bebaut ist. Die 1893/94 errichteten Gebäude, die zum Wasserwerk der ehemaligen königlich-preußischen Eisenbahn-Hauptwerkstatt gehörten, sind im Denkmalverzeichnis der Antragsgegnerin als Baudenkmale eingetragen. Mit streitgegenständlicher Verfügung vom 16.04.2007 gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, folgende Maßnahmen durchzuführen:

1.1. Wasserturm

1.1.1. Der Grünbewuchs im Inneren des Wasserbehälters ist zu beräumen, der Stahlbehälter ist zu reinigen und mit einer geeigneten Konservierungsbeschichtung gegen Korrosion zu schützen.

1.1.2. Das offene Turmdach ist zu schließen.

1.1.3. Der Grünbewuchs an der Turmfassade ist zu entfernen.

1.1.4. Lose Ziegelsteine, Gesimsabdeckungen und Bauzier an der Fassade sind fachgerecht zu sichern, ggf. zu bergen, einzulagern oder wieder fachgerecht zu befestigen.

1.2. Maschinenhaus

1.2.1. Alle Wasserableitungen am Gebäude sind funktionstüchtig herzustellen.

1.2.2. Undichte Dachflächen sind abzudichten.

1.2.3. Der Grünbewuchs an der Fassade ist zu entfernen und lose Steine sind zu sichern bzw. wieder fachgerecht einzusetzen.

Über den von der Antragstellerin hiergegen erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden. Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, den die Antragstellerin im Wesentlichen mit der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der geforderten Maßnahmen begründet hat, hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt und zur Begründung angegeben: Da sich die Antragstellerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht auf Art. 14 GG berufen könne, könne sich die Frage der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit nur daran orientieren, ob der Aufwand für die Erhaltung des Denkmals im Rahmen einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung im Verhältnis zur Bedeutung des Denkmals noch angemessen sei. Dies sei hier der Fall. Bei den Gebäuden handele es sich um Baudenkmale von hohem überregionalen Wert. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Kosten der Erhaltungsmaßnahmen, die zwischen 225.000,00 € und 473.000,00 € lägen, in einem Missverhältnis zum wirtschaftlichen Nutzen des Objekts stünden. Die Antragstellerin habe kein Nutzungskonzept mit einem Vergleich der voraussichtlichen Investitionskosten (abzüglich der Kosten, die auf Grund der Verletzung der Erhaltungspflicht in den vergangenen Jahren entstanden seien) und der möglichen Erträge nach Durchführung der Erhaltungsmaßnahmen vorgelegt. Für eine wirtschaftliche Verwertbarkeit spreche u. a. die Tatsache, dass die Antragstellerin nicht auf das bereits seit April 2006 vorliegende Angebot der Antragsgegnerin zum Erwerb des Objekts zu einem symbolischen Preis eingegangen sei.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg.

Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe ergeben, dass das Verwaltungsgericht ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die denkmalrechtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 16.04.2007 zu Unrecht abgelehnt hat. Das Interesse der Antragstellerin, vom Vollzug der angefochtenen Verfügung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung der angeordneten Maßnahmen. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, weil sich die Verfügung weder als offensichtlich rechtmäßig noch als offensichtlich rechtswidrig erweist (1.). Die danach vorzunehmende Abwägung der wechselseitigen Interessen fällt zu Gunsten der Antragstellerin aus (2.).

1. Rechtliche Grundlage für die Anordnung der Antragsgegnerin ist § 9 Abs. 2 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 DenkmSchG LSA. Danach sind die Eigentümer, Besitzer und anderen Verfügungsberechtigten von Kulturdenkmalen verpflichtet, diese im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nach denkmalpflegerischen Grundsätzen zu erhalten, zu pflegen, instandzusetzen und vor Gefahren zu schützen. Kommen sie diesen Verpflichtungen nicht nach, können die unteren Denkmalschutzbehörden gefahrenabwendende Maßnahmen anordnen oder selbst durchführen.

Der Senat geht im Rahmen der summarischen Prüfung auf der Grundlage der vorliegenden Stellungnahmen des Landesamts für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt davon aus, dass es sich bei dem Wasserturm und dem ehemaligen Pumpenhaus um Baudenkmale im Sinne von § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 DenkmSchG LSA von überregionalem Wert handelt. Es lässt sich aber nach derzeitigem Sachstand nicht abschließend bewerten, ob der Antragstellerin eine Pflicht zur Erhaltung des Wasserturms und des Pumpenhauses obliegt.

Nach § 10 Abs. 4 DenkmSchG LSA können Erhaltungsmaßnahmen nicht verlangt werden, wenn die Erhaltung den Verpflichteten unzumutbar belastet. Unzumutbar ist eine wirtschaftliche Belastung insbesondere dann, wenn die Kosten der Erhaltung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen und andere Einkünfte des Verpflichteten nicht herangezogen werden können. Gemäß § 10 Abs. 5 DenkmSchG LSA ist die wirtschaftliche Unzumutbarkeit durch den Verpflichteten glaubhaft zu machen. Kann der Verpflichtete Zuwendungen aus öffentlichen oder privaten Mitteln oder steuerliche Vorteile in Anspruch nehmen, sind diese anzurechnen. Der Verpflichtete kann sich nicht auf die Belastung durch erhöhte Erhaltungskosten berufen, die dadurch verursacht wurden, dass Erhaltungsmaßnahmen diesem Gesetz oder sonstigen öffentlichen Recht zuwider unterblieben sind.

Nach § 10 Abs. 7 DenkmSchG LSA in der bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung galten die Absätze 4 und 5 nicht für das Land, die Gemeinden, die Landkreise und die sonstigen Kommunalverbände. Für den Bund sowie für Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts hatte die oberste Denkmalbehörde im Benehmen mit der für die Verwaltung des Kulturdenkmals zuständigen Behörde oder Stelle die sinngemäße Anwendung der Absätze 4, 5 und 6 zu erwirken. § 10 Abs. 7 DenkmSchG LSA wurde mit Wirkung vom 01.01.2006 aufgehoben durch Art. 2 des Dritten Investitionserleichterungsgesetzes vom 20.12.2005 (GVBl LSA S. 769 [801]). Im Gesetzentwurf der Landesregierung vom 29.06.2005 (LT Drs. 4/2252, S. 273) heißt es hierzu:

"Eine Vielzahl von Kulturdenkmalen, dazu zählen insbesondere denkmalgeschützte Gebäude, befinden sich im Eigentum der Öffentlichen Hand. Dem Land, den Landkreisen, Gemeinden oder Gemeindeverbänden, fällt es angesichts knapper öffentlicher Kassen zunehmend schwerer, die bestehenden Erhaltungspflichten an denkmalgeschützten Gebäuden im bisherigen Umfang aufrecht zu erhalten. Der hohe Leerstand auch in Gebäuden im öffentlichen Eigentum führt zu erheblichen Zusatzkosten und zur Notwendigkeit, ggf. in Konkurrenz zu Privaten sinnvolle Folgenutzungen zu finden. Die Pflicht aus § 10 Abs. 7, Erhaltungsmaßnahmen für denkmalgeschützte Gebäude auch bei unzumutbarer Belastung im Sinne des § 10 Abs. 4 vorzunehmen, bewirkt eine immer stärkere, nicht mehr vertretbare finanzielle Beeinträchtigung des öffentlichen Eigentümers.

Der besonderen Bedeutung des Denkmalschutzes Rechnung tragend soll durch die vorgesehene Änderung die Öffentliche Hand als Eigentümerin den privaten Eigentümern gleichgestellt werden, nicht aber bevorzugt werden..."

Auf diese vom Landesgesetzgeber nunmehr für alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts vorgesehene Gleichstellung der öffentlichen Hand mit Privaten hat die Antragstellerin in ihrer Beschwerde mit Recht hingewiesen. Diese Gleichstellung bedeutet, dass für juristischen Personen des öffentlichen Rechts - unabhängig davon, ob sie sich auf den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG berufen können - für die wirtschaftliche Zumutbarkeit von Erhaltungsmaßnahmen die gleichen Maßstäbe gelten wie für private Eigentümer, sie also keine besondere, über die privaten Eigentümerpflichten hinausgehende Pflicht zur Erhaltung von Baudenkmalen haben (vgl. auch VGH BW, Urt. v. 29.06.1992 - 1 S 2245/90 - DVBl 1993, 118, zur ehemaligen Deutschen Bundespost). Auch wenn sich der Eigentümer nicht auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen kann, sondern nur die Grundsätze einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung zu beachten hat, ist die Zumutbarkeit der Erhaltung anhand einer objektbezogenen Vergleichsberechnung sowie unter Berücksichtigung des Ranges des Kulturdenkmals zu beurteilen. In aller Regel ist danach eine wirtschaftliche Belastung für den Eigentümer unzumutbar und deshalb unverhältnismäßig, soweit die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen werden können (VGH BW, Urt. v. 29.06.1992, a. a. O., Beschl. d. Senats v. 22.02.2005 - 2 L 23/02).

In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand nicht abschließend beurteilen, ob die Erhaltung des Wasserturms und des Maschinenhauses für die Antragstellerin wirtschaftlich zumutbar ist.

Die beiden Gebäude können in ihrer bisherigen Funktion als Bestandteile eines früheren Wasserwerks weder von der Antragstellerin selbst noch von einem Dritten sinnvoll genutzt werden, so dass auch keine Erträge erzielt werden können. Für eine Nutzbarmachung für andere als die bisherigen Zwecke wären erhebliche Investitionen erforderlich. Auszugehen ist bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung von einem Sanierungsaufwand, der die Erhaltung der Denkmale sichert und zugleich eine zeitgemäße Nutzung ermöglicht. Allein für die Sanierung des Turmkopfes einschließlich des Daches hat der von der Antragstellerin beauftragte Sachverständige einen Kostenaufwand in Höhe von etwa 424.000,00 € geschätzt. Weitere Kosten sollen für die Erkundung und Bewertung der Gründung des Wasserturms (rund 18.400,00 €) sowie für die Objekt- und Tragwerksplanung (rund 30.000,00 €) entstehen. Die weiteren Kosten für eine vollständige Sanierung der beiden Gebäude sind noch nicht abschätzbar. Der Turmschaft ist von mehreren senkrecht verlaufenden, bis in den Sockelbereich reichenden Rissen durchsetzt, deren Ursache erst noch ermittelt werden muss. Welche künftigen Nutzungsmöglichkeiten sich tatsächlich umsetzen lassen und ob die dafür jeweils erforderlichen Aufwendungen durch den Gebrauchswert oder Erträge aufgewogen werden können, lässt sich bislang kaum abschätzen.

Von der Antragsgegnerin wurde zunächst die Nutzung des Turms als Café, Ausstellungsgalerie oder Aussichtspunkt und des Maschinenhauses als Restaurant, sozio-kulturelles Zentrum oder für "freizeitvergnügliche" Zwecke in Betracht gezogen (vgl. Bl. 51, 58 des Verwaltungsvorgangs). Dabei wurde allerdings festgestellt, dass sich der Einbau eines Turmcafés infolge der Baukonstruktion als sehr kompliziert erweisen würde und die Entfernung des Intze-Behälters aus statischen Gründen problematisch und aus denkmalpflegerischer Sicht nicht akzeptabel sei. Später wurde erwogen, die beiden Gebäude im Rahmen der Herstellung eines Wohnparks durch einen Investor als Stadtbild prägende Elemente zu erhalten und zu sanieren (69, 117 des Verwaltungsvorgangs). Der Antragsgegnerin wurde ein weiterer Vorschlag zu einer "Mischnutzung aus Wohnen und Gewerbe" unterbreitet, wobei das Dach des Turms durch eine Glaskuppel ersetzt und durchlaufende Lichtbänder durch den Turm gezogen werden sollten, um eine ausreichende Belichtung zu gewährleisten (Bl. 162 des Verwaltungsvorgangs). Eine solche Maßnahme hielt die Antragsgegnerin zwar grundsätzlich für denkmalrechtlich vertretbar, soweit die Lichtbänder eine angemessene Größe nicht überschreiten, bestand aber auf den Erhalt des Intze-Behälters (vgl. Schreiben vom 16.10.2002, Bl. 165 ff. des Verwaltungsvorgangs). Dieser Sanierungsvorschlag wurde offenbar nicht weiterverfolgt. Unter Datum vom 04.04.2005 unterbreitete ein Bildhauer der Antragsgegnerin ein Konzept, das für das ehemalige Pumpenhaus eine Nutzung als Produktionsstätte des Künstlers sowie als Atelierraum für Künstler aus C-Stadt vorsah; im Turm sollte eine einfache Gastronomie untergebracht werden. Das nahe gelegene ehemalige Berufsschulgebäude könne als Wohn- bzw. Atelierraum genutzt werden. Der Künstler wies allerdings darauf hin, dass die Sanierung des Turms große Probleme bereite und mit hohen Investitionen verbunden sei. Er habe den Eindruck, dass frühere Vorhaben daran gescheitert seien, dass mögliche Investoren - nach genauerer Prüfung - zu dem Schluss gekommen seien, dass eine Investition kaum Gewinn bringen könne. Unter Datum vom 04.05.2007 schließlich legte die C. Wirtschaftsdienste GmbH der Antragstellerin auf deren Ausbietungsverfahren hin ein Kaufangebot vor, das sie allerdings davon abhängig machte, dass sie das Areal des ehemaligen Lehrlingsgebäudes hinzu erwerben könne, weil dieses wichtiger Bestandteil der "Wirtschaftlichkeitsfindung" (Konzept "Radlers Ruh") sei. Dieses Angebot hat die Antragsgegnerin allerdings in ihrem an die Antragstellerin gerichteten Schreiben vom 31.05.2007 skeptisch bewertet und hierzu ausgeführt, bei der Sichtung der vorgelegten Projektplanung sei aufgefallen, dass es zunächst nicht um die Nutzung und Sanierung des Wasserwerks gehe (es solle nur eine Grundsicherung des Wasserturms erfolgen), sondern um den Bau vom Einfamilienhäusern sowie um ein Projekt des Fahrradtourismus.

Im Rahmen der summarischen Prüfung lässt sich ferner nicht klären, in welchem Umfang sich die Erhaltungskosten dadurch erhöht haben, dass die Antragstellerin und ihre Rechtsvorgänger in der Vergangenheit keine Erhaltungsmaßnahmen an den Gebäuden vorgenommen haben.

Der Senat verkennt nicht, dass es grundsätzlich Sache des Denkmaleigentümers ist, zur Glaubhaftmachung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit von Erhaltungsmaßnahmen (§ 10 Abs. 5 Satz 1 DenkmSchG LSA) ein Nutzungskonzept für sein Denkmal vorzulegen. Es ist nicht Aufgabe der Denkmalbehörde, ohne Mitwirkung des Eigentümers Nutzungskonzepte allein zu dem Zweck zu entwickeln, die Frage der Zumutbarkeit des Erhaltungsaufwands beantworten zu können. Legt der Eigentümer ein solches Konzept nicht vor, ist es auch nicht zu beanstanden, wenn die Behörde sich mit typisierenden Annahmen und in gewissem Umfang groben Schätzungen begnügt (vgl. zum Ganzen: OVG NW, Urt. v. 22.08.2007 - 10 A 3453/06 -, ZfBR 2007, 799). Dies bedeutet aber nicht, dass die Denkmalbehörde ohne weiteres die wirtschaftliche Zumutbarkeit unterstellen darf. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich - wie hier - nach jahrlangen, letztlich aber erfolglos gebliebenen Bemühungen der Behörde um ein denkmalverträgliches Nutzungskonzept abzeichnet, dass zwar Nutzungsmöglichkeiten für das Objekt bestehen, diese aber aller Voraussicht nach unwirtschaftlich sein werden.

Die Anordnung denkmalrechtlicher Erhaltungsmaßnahmen zur Gewährleistung einer (Minimal-)Sicherung eines Baudenkmals kann für den Eigentümer zwar auch dann wirtschaftlich zumutbar sein, wenn die zukünftige Nutzung des Baudenkmals noch nicht abschließend geklärt ist und sich weitere Sanierungsmaßnahmen abzeichnen; dies gilt insbesondere dann, wenn die öffentliche Hand - wie hier die Antragsgegnerin - bereit ist, das Denkmal zu erwerben, zu sanieren und einer - gegebenenfalls nicht Kosten deckenden - Nutzung zuzuführen (vgl. VGH BW, Urt. v. 12.12.1985 - 5 S 2653/84 - BRS 44 Nr. 128). Der für eine Sicherung des Denkmals notwendige Aufwand darf aber nicht außer Verhältnis zu dem Wert des Grundstücks bzw. des bei einer Veräußerung erzielbaren Kaufpreises stehen. Die Kosten, die bei Durchführung der von der Antragsgegnerin verfügten Sicherungsmaßnahmen entstehen, belaufen sich nach Schätzung des Landesamts für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt (vgl. Schreiben vom 29.06.2007) auf etwa 225.000,00 €. Selbst wenn - wie die Antragsgegnerin geltend macht - die Sicherungsmaßnahmen mit einem geringeren Aufwand durchführbar sein sollten, erscheint eine Verhältnismäßigkeit sehr zweifelhaft. Die Antragsgegnerin war bislang nur bereit, das Grundstück zu einem symbolischen Kaufpreis von 1 € zu erwerben.

2. Die bei demnach offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung ergibt einen Vorrang des Interesses der Antragstellerin, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vom Vollzug der denkmalrechtlichen Anordnung verschont zu bleiben.

Dabei kommt bei der Interessensabwägung zunächst den Erfolgsaussichten des Widerspruchs und einer eventuell nachfolgenden Klage unterhalb der Offensichtlichkeit erhebliches Gewicht zu (vgl. Beschl. d. Senats v. 02.02.2007 - 2 M 348/06 -, Juris). Derzeit spricht Überwiegendes dafür, dass die Aufwendungen für eine Instandsetzung, die eine sinnvolle Nutzung der Gebäude ermöglicht, und die Kosten der Bewirtschaftung nicht durch den Gebrauchswert oder die Erträge nach einer Sanierung gedeckt werden können. Zwar wurden - wie bereits dargestellt - verschiedene Konzepte für eine Nutzung der Gebäude in Erwägung gezogen. Es ist derzeit aber nicht erkennbar, dass eines dieser Konzepte wirtschaftlich und zugleich denkmalverträglich umsetzbar wäre. Die bisherigen Bemühungen der Antragsgegnerin deuten vielmehr darauf hin, dass Sanierungsprojekte wegen der voraussichtlich hohen Kosten und/oder den Anforderungen des Denkmalschutzes nicht weiterverfolgt wurden. Selbst das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt hat in seiner Stellungnahme vom 29.06.2007 ausgeführt, dass bei einer objektbezogenen Betrachtung von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit auszugehen sei. Es zeichnet sich ab, dass ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept nur unter Einbeziehung weiterer Grundflächen möglich ist. Davon geht (mittlerweile) auch die Antragsgegnerin aus. In ihrem Schreiben an die Antragstellerin vom 31.05.2007 hat sie eingeräumt, dass die auf Grund der kleinen Nutzfläche bestehende Unwirtschaftlichkeit des Wasserturms nur im Rahmen einer wirtschaftlichen Gesamtinvestition auf dem ganzen Areal ausgeglichen werden könne. Zwar darf bei einem Denkmal als Sachgesamtheit bei der Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit der Erhaltung nicht isoliert auf das Gebäude abgestellt werden, an dem Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen sind; vielmehr muss eine einheitliche wirtschaftliche Betrachtung der Sachgesamtheit vorgenommen werden (vgl. VGH BW, Beschl. v. 25.03.2003 - 1 S 190/03 - NJW 2003, 2550). Eine solche Sachgesamtheit könnten hier allenfalls der Wasserturm, das ehemalige Pumpenhaus und gegebenenfalls der zum Wasserwerk gehörende ehemalige Filterkeller bilden. Für eine wirtschaftliche Gesamtinvestition dürfte jedoch die Inanspruchnahme nur dieser drei Gebäude nicht ausreichen.

Zu Gunsten der Antragstellerin ist bei der Interessenabwägung ferner zu berücksichtigen, dass die vom Landesamt für Denkmalpflege geschätzten Aufwendungen für die angeordneten Sicherungsmaßnahmen in Höhe von etwa 225.000,00 € doch erheblich sind und der Verkaufserlös deutlich darunter liegen dürfte.

Zu Lasten der Antragstellerin fällt zwar ins Gewicht, dass sich die Gefahr des weiteren Verfalls der beiden Gebäude bei Nichtdurchführung der angeordneten Sicherungsmaßnahmen erhöht. Die Antragsgegnerin hat allerdings, soweit sie weiterhin selbst für den Erhalt der Baudenkmale sorgen will, gemäß § 9 Abs. 6 DenkmSchG die Möglichkeit, die von ihr für erforderlich erachteten Sicherungsmaßnahmen selbst durchzuführen und gegenüber der Antragstellerin eine Duldungsverfügung zu erlassen. Sofern sich die Erhaltung des Denkmals als wirtschaftlich zumutbar erweisen sollte, kann sie nach § 9 Abs. 7 DenkmSchG LSA von der Antragstellerin die Erstattung der dabei entstehenden Kosten verlangen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i. V. m. Nr. 12.1. und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.). Die sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebende Bedeutung der Sache bestimmt der Senat nach den bei Durchführung der Sicherungsmaßnahmen voraussichtlich entstehenden Kosten. Diese belaufen sich nach Schätzung des Landesamts für Denkmalpflege auf 225.000,00 €. Die vom Sachverständigen Prof. Heintze in seinem Gutachten vom 06.09.2005 ermittelten Kosten von über 470.000,00 €, die das Verwaltungsgericht zugrunde gelegt hat, umfassen auch Maßnahmen, die in der streitigen Ordnungsverfügung nicht angeordnet wurden. Der Senat hält ferner eine Halbierung des Streitwerts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren für angemessen. Eine Vorwegnahme der Hauptsache liegt nicht vor. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG Gebrauch, den vom Verwaltungsgericht auf 470.000,00 € festgesetzten Streitwert zu ändern.

Ende der Entscheidung

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