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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 15.01.2003
Aktenzeichen: 2 M 66/02
Rechtsgebiete: AuslG, BGB


Vorschriften:

AuslG § 19 I 1 Nr 2
AuslG § I 2
BGB § 1626 III
BGB § 1684 I

Entscheidung wurde am 23.03.2004 korrigiert: Verkündungsdatum korrigiert
1. Eine außergewöhnliche Härte i. S. des § 19 Abs. 1 Satz 2 AuslG liegt insbesondere vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht; dazu gehört auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Gemeinschaft lebenden Kinds.

2. Leben der ausländische Elternteil und das minderjährige Kind getrennt, so bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte, um gleichwohl eine familiäre Lebensgemeinschaft annehmen zu können. Dies gilt auch nach Änderung des Kindschaftsrechts vom Juli 1998.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 M 66/02

Datum: 15.01.2003

Gründe:

A. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe scheidet aus, weil die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO). Damit erledigt sich der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 121 Abs. 1 ZPO).

B. Im Übrigen beruht der Beschluss auf § 146 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO und auf §§ 13 Abs. 1 Satz 1; 20 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.12.2001 (BGBl I 3638 [3639]).

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg; denn das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht dem aserbaidschanischen Antragsteller, der mit seiner deutschen - von ihm inzwischen geschiedenen - Ehefrau einen dreijährigen Sohn hat, den beantragten vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht gewährt; denn die mit Bescheid vom 10.10.2001 ausgesprochene Versagung der Aufenthaltserlaubnis erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig.

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Antragsteller kein eigenständiges Aufenthaltsrecht auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 des Ausländergesetzes - AuslG - (= Art. 1 des Gesetzes vom 09.07.1990 [BGBl I 1354], geändert durch Gesetz vom 30.06.1993 [BGBl I 1062], zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.01.2002 [BGBl I 361 ]) zuzubilligen ist; denn er hat nicht darzulegen vermocht, dass es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen.

Eine außergewöhnliche Härte im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 liegt insbesondere vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht, wozu auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes gehört.

Leben - wie hier - der ausländische Elternteil und sein minderjähriges Kind getrennt, so bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte, um gleichwohl eine grundsätzlich durch eine gemeinsame Lebensführung sowie einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt gekennzeichnete familiäre Lebensgemeinschaft annehmen zu können. Solche Anhaltspunkte können in intensiven Kontakten, gemeinsam verbrachten Ferien, der Übernahme eines nicht unerheblichen Anteils an der Betreuung und der Erziehung des Kindes oder in sonstigen vergleichbaren Beistandsleistungen liegen, die geeignet sind, das Fehlen eines gemeinsamen Lebensmittelpunktes weitgehend auszugleichen (vgl. z. B. BVerwG, Urt. v. 27.01.1998 - BVerwG 1 C 28.96 -, NVwZ 1998, 745 [747]).

Diese rechtliche Beurteilung hat auch durch das am 01.07.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts (BGBl I, S. 2942) keine grundlegende Änderung erfahren (so für Fälle gemeinsamen Sorgerechts HambOVG, Beschl. v. 28.04.1999 - 4 Bs 92/99 -, NVwZ 2000, 105, sowie NdsOVG, Beschl. v. 18.09.2000 - 11 M 2929/00 -, InfAuslR 2001, 75). Zwar hat nach § 1684 Abs. 1 BGB das Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil (Halbs. 1) und wiederum ist jeder Elternteil entsprechend zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet und berechtigt (Halbs. 2). Dieses Umgangsrecht von Kind und Eltern sowie die Umgangspflicht der Eltern sind jedoch im Zusammenhang mit der Grundregelung des § 1626 Abs. 3 BGB zu sehen, wonach zum Wohl des Kindes der Umgang mit beiden Elternteilen gehört. Deshalb muss das Umgangsrecht auch tatsächlich ausgeübt werden, um dem Gesetzeswillen (vgl. BT-Drs. 13/4899, S. 93, 105) zu entsprechen (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 19.04.2000 - 11 M 1343/00 -, NVwZ-RR 2000, 833 [834]). Ausländerrechtlich bedeutet dies, dass eine bloße Begegnungsgemeinschaft zwischen dem ausländischen Elternteil und seinem minderjährigen Kind weiterhin nicht ausreicht, um eine familiäre Lebensgemeinschaft anzunehmen.

Der Vortrag des Antragstellers, er nehme das ihm nach dem gerichtlich protokollierten Vergleich vom 28.09.2001 in jeder zweiten und vierten Kalenderwoche des Monats für jeweils zwei Stunden unter Aufsicht einer Mitarbeiterin des Jugendamtes gewährte Umgangsrecht mit seinem Sohn regelmäßig wahr, wodurch er einen wichtigen erzieherischen Beitrag leiste und seinem Sohn Liebe, Zuneigung und Unterstützung vermittle, reicht nicht aus, um eine familiäre Lebensgemeinschaft im obengenannten Sinne annehmen zu können.

Eine solche müsste überdies dem Kindeswohl dienen, was nach dem Urteil des Familiengerichts vom 28.05.2001 eher zweifelhaft sein dürfte; denn die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Mutter wurde dort gerade als die dem Kindeswohl am besten entsprechende Lösung angesehen.

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