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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 17.07.2003
Aktenzeichen: 2 M 90/03
Rechtsgebiete: GG, LSA-Verf, LSA-KAG


Vorschriften:

GG Art. 3
LSA-Verf § 7
LSA-KAG § 2
1. Der Satzungsgeber kann aus Gründen der Vereinfachung pauschalieren. Straßenreinigungsge-bühren müssen deshalb nicht nach dem Maß der konkreten Verschmutzung bemessen werden.

2. Bindet sich der Satzungsgeber aber durch ein System, so kann er von diesem nicht nach Belieben im Einzelfall abweichen. Eine systemwidrige Abweichung, die nicht durch einen besonde-ren Grund gerechtfertigt ist, verstößt als "objektive Willkür" gegen den Gleichheitssatz.

3. Eine unzulässige Abweichung liegt vor, wenn der Satzungsgeber für eine Reinigungsklasse auf den Verschmutzungsgrad abstellt, für alle anderen hingegen auf die jeweilige Verkehrsbedeutung der Straße.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 M 90/03

Datum: 17.07.2003

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 146 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf §§ 13 Abs. 2; 20 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]) <Streitwert>.

Die Beschwerde ist unbegründet; denn das Verwaltungsgericht hat die Rechtslage zutreffend beurteilt, wie der Senat bereits in zwei Beschlüssen bestätigt hat (OVG LSA, Beschl. v. 07.07.2003 - 2 L 144, 146/02 -).

In Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 GG) hat das Verwaltungsgericht weder den Ermessensspielraum bei der Einstufung von Straßen noch den Gestaltungsspielraum des Ortsgesetzgebers unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität durch übertriebene Differenzierungsanforderungen eingeschränkt. Auch der vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellte Grundsatz (BVerwG, Beschl. v. 09.12. 1993 - BVerwG 8 NB 5/93 -, KStZ 1994, 152), dem Satzungsgeber müsse aus Gründen der Vereinfachung eine pauschalierende Betrachtungsweise dahin zugebilligt werden, dass Straßenreinigungsgebühren nicht nach dem Maß der konkreten Verschmutzungsverursachung bemessen werden müssen, ist beachtet worden.

Auch wenn der Ortsgesetzgeber einen Gestaltungsspielraum bei seiner Satzungsgebung hat, schließt dies nicht aus, dass er sich bindet, wenn er bei der Behandlung vergleichbarer Fälle gleichbleibend nach einem System verfährt, von dem er dann nicht "nach Belieben" im Einzelfall abweichen darf, so dass er durch die systemwidrige Abweichung (objektiv) willkürlich handelt und damit gegen den Gleichheitssatz verstößt (vgl. dazu: BVerfG, Beschl. v. 07. 05. 1953 - 1 BvL 104/52 -, BVerfGE 2, 266 [281]; Urt. v. 16. 03.1955 - 2 BvK 1/54 -, BVerfGE 4, 144 [155]).

Ein solches System hat die Antragsgegnerin hier mit der Einteilung ihrer Straßen in Reinigungsklassen geschaffen.

Nach § 3 Abs. 1 ihrer maßgeblichen Straßenreinigungssatzung differenziert die Antragsgegnerin die gegenüber den Grundstückseigentümern erbrachte Reinigungsleistung nach der Verkehrsbelastung, dem Verschmutzungsgrad und der Straßenbreite.

In der Reinigungsklasse IV, in der die Fußgängerzonen und Einkaufsstraßen sowie die Hauptverkehrstraßen und die touristisch stark genutzten Straßen im Innenstadtbereich zusammengefasst sind, lässt die Antragsgegnerin eine sechsmal wöchentliche Grundreinigung und ein wöchentliches Aufsammeln von Papier und Unrat vornehmen. Dies führt zu dem deutlich höchsten Gebührensatz für die betroffenen Straßen im Gebührensatzungsgebiet. Aus dem Umstand der häufigen Reinigung muss geschlossen werden, dass bei diesen Straßen offensichtlich in besonderer Weise auf den Verschmutzungsgrad abgestellt wird. Bei den übrigen Reinigungsklassen orientiert sich die Antragsgegnerin hingegen mit ihrem System fast ausschließlich, wie das Verwaltungsgericht zutreffend im Einzelnen und ausführlich dargelegt hat, an der Verkehrsbedeutung der jeweiligen Straßen.

Einen sachlichen Grund für diesen "Systembruch" vermag die Antragsgegnerin nicht darzulegen.

Es obliegt der Antragsgegnerin, ihr System zu überdenken. Das Gericht kann nicht von sich aus "nachbessern", weil es sich sonst an die Stelle des Ortsgesetzgebers setzen würde.

Ende der Entscheidung

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