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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 04.07.2006
Aktenzeichen: 2 O 210/06
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 5 II
1. Über den Aufenthalt eines Ausländers muss prinzipiell entschieden werden, bevor der Ausländer ins Bundesgebiet eingereist ist. Gem. § 5 Abs.2, S. 1 AufenthG zählt nunmehr das Erfordernis der Einhaltung der Einreisevorschriften zu den gesetzlichen Voraussetzungen einer Erteilung einer Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis. Von diesem Grundsatz hat der Gesetzgeber in § 5 Abs. 2, S. 2 AufenthG wesentliche Einschränkungen zugelassen.

2. Bei dem Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs.2, S. 2 AufenthG muss es sich um einen strikten Rechtsanspruch handeln. Nach dem 2. Halbsatz des § 5 Abs.2, S. 2 AufenthG ist es darüber hinaus möglich, eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis im Wege des Ermessens zu erteilen. Ein besonderer Umstand in einem Einzelfall i.S.v. § 5 Abs. 2, S. 2, 2.Halbsatz AufenthG liegt dann vor, wenn sich der Ausländer in einer Sondersituation befindet, die sich deutlich von der Lage vergleichbarer Ausländer unterscheidet.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 O 210/06

Datum: 04.07.2006

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mit der Begründung abgelehnt, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 ZPO).

Der begehrten Aufenthaltserlaubnis steht zumindest § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AufenthG entgegen. Danach setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis voraus, dass der Ausländer mit einem erforderlichen Visum eingereist ist. Die Nichteinhaltung der Einreisevorschriften stellt schon nach bisher geltendem Ausländerrecht regelmäßig einen Versagungsgrund für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis dar, da sich die mit dem Sichtvermerkszwang verfolgten Interessen an der Steuerung des Zuzugs von Ausländern ins Bundesgebiet nur verwirklichen lassen, wenn der durch die illegale Einreise begründeter Aufenthalt nicht anschließend durch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis legalisiert wird (BVerwG, Urt. v. 30.01.1979 - I C 56.77 - BVerwGE 57, 252). Über den Aufenthalt eines Ausländers muss prinzipiell entschieden werden, bevor der Ausländer ins Bundesgebiet eingereist ist. Nunmehr zählt das Erfordernis der Einhaltung der Einreisevorschriften zu den Voraussetzungen einer Erteilung einer Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis.

Auch Asylbewerber fallen, sofern sie nach den allgemeinen Vorschriften für die Einreise an sich sichtvermerkspflichtig sind, unter den Anwendungsbereich von Abs.2 S. 1 Nr. 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urt. v.03.06.1997, - 1 C 7/96 - NVwZ 1998, 187). Danach müssen Ausländer, die als Asylbewerber ohne Visum eingereist sind, deren Asylantrag aber erfolglos geblieben ist, einen unabhängigen Aufenthaltstitel im Sichtvermerksverfahren einholen, wenn sie nicht aus anderen Gründen davon befreit sind oder die Aufenthaltsgenehmigung ausnahmsweise nach der Einreise einholen dürfen. Allerdings hat der Gesetzgeber mit der Ausnahme des § 5 Abs. 2 S. 2 AufenthG eine wesentliche Einschränkung des Grundsatzes, dass ein Visum grundsätzlich vor der Einreise ins Bundesgebiet erteilt werden muss, vorgenommen. Danach kann von Abs. 2 S.1 Nr. 1 AufenthG abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruches auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfüllt sind oder es aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, dass Visumsverfahren nachzuholen. Ob ein Anspruch auf Erteilung gegeben ist, richtet sich nach den besonderen Vorschriften. Dabei muss es sich um einen strikten Rechtsanspruch handeln. Es genügt nicht, dass ein Aufenthaltstitel im Ermessenswege zu erteilen ist, das Ermessen auf Null reduziert ist und eine andere Entscheidung der Ausländerbehörde als eine Erteilung nicht in Frage kommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.03.2004, - 1 C 11/03 - EZAR 017 Nr.21) Nach dem 2. Halbsatz des § 5 Abs. 2 S.2 ist es darüber hinaus möglich, eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis auch im Wege des Ermessens zu erteilen, wenn es aufgrund von besonderen Umständen des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumsverfahren nachzuholen. Die Verknüpfung der beiden Ausnahmemerkmale im letzten Halbsatz führt zu einer restriktive Anwendung der Ausnahme. Ein besonderer Umstand in einem Einzelfall liegt dann vor, wenn sich der Ausländer in einer Sondersituation befindet, die sich deutlich von der Lage vergleichbarer Ausländer unterscheidet. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn Rechtsgütern, die unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, oder wertentscheidenden Grundsatznormen in ihrer jeweils notwendigen abgestuften Bedeutung, nicht in hinreichendem Maße entsprochen würde. Die beiden Ausnahmemerkmale - besondere Umstände des Einzelfalles und die fehlende Zumutbarkeit, das Visumsverfahren nachzuholen - müssen kumulativ vorliegen (vgl Hailbronner, in: Hailbronner u. a., Ausländerecht Kommentar, § 5 RdNr. 67).

Derartige Umstände legt die Beschwerdeschrift hier indes nicht ausreichend dar.

Ende der Entscheidung

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