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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 04.08.2004
Aktenzeichen: 2 R 31/04
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 47 II 1
VwGO § 47 VI
BauGB § 1 III
BauGB § 14 I
1. Antragsbefugt, eine Veränderungssperre im Weg der Normenkontrolle überprüfen zu lassen, wer - ohne Eigentümer zu sein - auf seinen Antrag hin eine - noch nicht bestandskräftige - Genehmigung für eine Windenergieanlage erhalten hat.

2. Die Veränderungssperre ist nichtig, wenn die beabsichtigte Planung einen nicht behebbaren rechtlichen Mangel aufweist.

3. Ein Bebauungsplan ist nicht "erforderlich" (i. S. des § 1 Abs. 3 BauGB), wenn die Gemeinde lediglich ein Vorhaben verhindern will ("Negativ-Planung"). Davon ist auszugehen, wenn von Anfang an feststeht, dass er nicht verwirklicht werden soll, oder wenn die Planung inzwischen aufgegeben worden ist.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 R 31/04

Datum: 04.08.2004

Gründe:

Die Antragstellerinnen wenden sich im Normenkontrollverfahren gegen eine Veränderungssperre, die die Antragsgegnerin für ein Gebiet erlassen hat, das im Regionalen Entwicklungsprogramm als Windeignungsbereich dargestellt ist.

Die Antragstellerin zu 1) beschäftigt sich mit der Projektentwicklung von Windkraftanlagen; sie ist mit Besitz von drei Nutzungsverträgen mit Grundstückseigentümern im Eignungsgebiet " Roßlau" zur Errichtung von Windkraftanlagen.

Am 14.02.2002 unterzeichneten die Antragstellerin zu 2), die die Antragstellerin zu 1) gegründet hatte, und die ehemalige Gemeinde M. einen "städtebaulichen Vertrag". Darin verpflichtete sich die Antragstellerin zu 1), für die Gemeinde M. einen Bebauungsplanentwurf zu erarbeiten. Ferner leistete die Antragstellerin zu 1) eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 45.000,- €. Am 05.03.2001 beschloss der Rat der ehemaligen Gemeinde M. die Aufstellung eines Bebauungsplans "Nr. ... Sondergebiet Windenergienutzung" sowie eine Veränderungssperre zur Sicherung des Bauleitplans. Mit Wirkung zum 01.01.2003 wurde die Gemeinde M. in das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin eingegliedert. Laut der "Erstreckungssatzung" galt die Veränderungssperre im Gebiet der Antragsgegnerin fort.

Am 02.04.2003 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. ... "Sondergebiet Windenergienutzung ..." sowie die hier strittige Veränderungssperre. Die Bekanntgabe der beiden Beschlüsse erfolgte am 17.04.2003.

Der Aufstellungsbeschluss wurde wie folgt begründet:

"Anlass für die Planaufstellung sind verschiedene vorliegende Begehren, innerhalb des Eignungsgebiets Windenergieanlagen zu errichten. Auf Grund der bestehenden Eigentumsverhältnisse und des Aufeinandertreffens verschiedener öffentlicher und privater Interessen macht sich eine qualitativ und quantitativ ordnende Planung erforderlich. Der Bebauungsplan soll einerseits die Möglichkeit für die Errichtung und wirtschaftliche Betreibung von Windenergieanlagern offen halten und damit den Zielen der Raumordnung folgen. Andererseits soll er aber eine geordnete Bebauung des Gebiets gewährleisten, womit das Recht der Gemeinden, Eignungsgebiete mittels gemeindlicher Planungen zu konkretisieren, in Anspruch genommen wird. Schließlich dient der Bebauungsplan dem Ausgleich der von den Windenergieanlagen betroffenen privaten und öffentlichen Belange. Windenergieanlagen sind raumbedeutsame Anlagen im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 2 Baugesetzbuch und weisen ein planerisch zu bewältigendes Konfliktpotential auf. Der Bebauungsplan soll die städtebauliche Entwicklung und Ordnung auf den betroffenen Gemeindegebietsflächen sichern."

Der Planentwurf lag vom 23.05. bis zum 27.06.2003 öffentlich aus. Die Bürgerbeteiligung und die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange wurden durchgeführt. 185 Bürger aus dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin erhoben gegen die Planung Einwendungen. Weder ein Abwägungsbeschluss noch ein Satzungsbeschluss wurden in der Folgezeit bis heute gefasst. Sowohl der Bauausschuss als auch der Hauptausschuss lehnten das von der Verwaltung vorgeschlagene Abwägungsergebnis ab.

Mit Schreiben vom 14.10.2003 teilte die Antragsgegnerin den Antragstellerinnen mit, dass der Bauausschuss die Verwaltung beauftragt habe, das Bebauungsplanverfahren ... einzustellen. Aus der Stellungnahme der Regionalen Planungsgemeinschaft Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg werde abgeleitet, dass das Eignungsgebiet S./M. nicht mehr im Regionalen Entwicklungsplan der Planungsgemeinschaft enthalten sein werde und schon jetzt den Zielen der Raumordnung nicht mehr entspreche. Damit hätten sich wesentliche Voraussetzungen für die Erstellung einer Bauleitplanung nach § 1 BauGB geändert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.04.2004 verpflichtete das Landesverwaltungsamt den Landkreis Anhalt-Zerbst, über das Bauvorhaben der Antragstellerin ohne Beachtung der Veränderungssperre vom 03.04.2003 zu entscheiden. Diese sei offensichtlich nichtig, da sie zur Sicherung einer Planung nicht erforderlich sei. Dem öffentlich bekannt gemachten Planaufstellungsbeschluss sei eine besondere städtebauliche Konzeption nicht zu entnehmen. Am 19.05.2004 erteilte der Landkreis Anhalt-Zerbst der Antragstellerin zu 2) eine Baugenehmigung für die Errichtung von Windenergieanlagen. Mit Bescheid vom 24.06.2004 lehnte der Landkreis Anhalt-Zerbst einen Antrag der Antragsgegnerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die erteilte Baugenehmigung anzuordnen, ab. Das nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB für die Erteilung einer Baugenehmigung erforderliche Einvernehmen der Antragsgegnerin mit dem Bauvorhaben gelte als erteilt, da die Antragsgegnerin es nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens versagt habe.

Am 26.01.2004 haben die Antragstellerinnen einen Antrag auf Normenkontrolle und gleichzeitig den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

Mit ihrem Normenkontrollantrag machen die Antragstellerinnen geltend:

Bei der mit dem Aufstellungsbeschluss verfolgten Bauleitplanung handle es sich um eine reine Negativplanung. Die Antragsgegnerin habe einerseits die Planung seit Sommer 2003 mit Blick auf künftige, jedoch frühestens Ende 2004 in Kraft tretende Änderungen der regionalplanerischen Vorgaben aufgegeben. Andererseits habe sie aber unter Verstoß gegen § 17 Abs. 4 BauGB, die mit dem B-Plan-Aufstellungsbeschluss in Kraft gesetzte Veränderungssperre nicht außer Vollzug gesetzt. Seit Sommer 2003 entfalte die Antragsgegnerin keinerlei Planungsaktivitäten mehr. Auch deshalb sei die Veränderungssperre rechtswidrig. Im Hinblick auf den im April 2003 von der Antragsgegnerin erlassenen Aufstellungsbeschluss fehle es an dem notwendigen Planerfordernis i. S. v. § 1 Abs. 3 BauGB. Die Bauleitplanung diene der Antragsgegnerin lediglich dazu, das Bauvorhaben der Antragstellerinnen zu verhindern. Darüber hinaus verstoße die Veränderungssperre gegen die höchstmögliche Geltungsdauer von drei Jahren. Die hier strittige Veränderungssperre sei seit dem 17.04.2003 in Kraft. Zusammengenommen mit der Veränderungssperre für den Bebauungsplan Nr. 2 der Gemeinde M. vom 05.03.2001 werde das Windvorranggebiet damit seit länger als drei Jahren blockiert. Eine solche Blockade durch "hintereinandergeschaltete" Veränderungssperren über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren sei nach § 17 Abs. 1; Abs. 3 BauGB rechtswidrig.

Die Antragstellerinnen beantragen,

die Satzung der Antragsgegnerin über eine Veränderungssperre vom 3. April 2003, am 17. April 2003 in Kraft getreten, bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin verteidigt die Veränderungssperre und trägt insbesondere vor:

Sie habe in ihrem Aufstellungsbeschluss nicht die Zulassung von Windkraftanlagen dem Grunde nach in Frage gestellt, sondern nur die Feinsteuerung zum Gegenstand ihrer Bauleitplanung gemacht. Dabei habe sie nur die möglichen Standorte der Windkraftanlagen im Rahmen der Abwägung festgelegt.

Die Regionale Planungsgemeinschaft Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg habe zwischenzeitlich beschlossen, für die Gemarkung M. ein Eignungsgebiet im Regionalen Entwicklungsprogramm nicht mehr auszuweisen und das im REP 2000 bestehende Windeignungsgebiet Nr. 2 ersatzlos aufzuheben. Die Auslegung und Beteiligung zur Änderung des regionalen Entwicklungsprogramms hätten schon stattgefunden. Da die Antragsgegnerin aber an die Ziele der Raumordnung gebunden sei, vermöge sie ihr Planungskonzept, die Errichtung von Windkraftanlagen planerisch zuzulassen und feinzusteuern, nicht mehr umzusetzen. Die Veränderungssperre sei auch nicht wegen Zeitablaufs ungültig geworden. Die neue Veränderungssperre sichere neue und andere Flächen als die alte. Zudem sei die alte Veränderungssperre unwirksam gewesen und habe daher keine Rechtswirkung entfalten können. Da den Antragstellerinnen zwischenzeitlich die begehrten Baugenehmigungen erteilt worden seien, fehle es ihnen im Übrigen für das einstweilige Anordnungsverfahren am Rechtsschutzinteresse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.

1. Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen geboten ist.

Die beantragte einstweilige Anordnung ist hier aus wichtigen Gründen dringend geboten.

Bei einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO haben Gründe, welche die Antragstellerseite für die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Rechtsnorm anführt, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben (BVerfG, Beschl. v. 24.07.1957 - 1 BvL 23/52 - BVerfGE 7, 89, [104], zu einer vergleichbaren Rechtslage), es sei denn, der in der Hauptsache gestellte Antrag ist insgesamt unzulässig oder offensichtlich unbegründet.

Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Normenkontrolle aber später Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrolle aber der Erfolg zu versagen wäre (LVerf LSA, Beschl. v. 24.07.2001 - LVG 10/01 -, zu einer vergleichbaren Rechtslage).

Wenn der Normenkontrollantrag mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird und wenn durch den Vollzug der Rechtsnorm vollendete, nach Lage der Dinge nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen werden, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung hingegen aus wichtigen Gründen geboten.

2. In dem hier zu beurteilenden Verfahren wird der von den Antragstellerinnen bereits gestellte Normenkontrollantrag in der Hauptsache offensichtlich Erfolg haben.

2.1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

Im Normenkontrollverfahren ist für die Antragstellerinnen die Antragsbefugnis gegeben, weil sie durch den Vollzug der Veränderungssperre in absehbarer Zeit Nachteile i. S. v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu erwarten haben. Der geforderten Darlegung genügen die Antragstellerinnen, wenn sie hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest möglich erscheinen lassen (zum Darlegungsmaßstab vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.07.1997 - BVerwG 4 BN 11.97 -, BauR 1997, 972; Urt. v. 10.03.1998 - BVerwG 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732; Urt. v. 24.09.1998 - BVerwG 4 CN 2.98 -, NJW 1999, 592), dass sie durch die Veränderungssperre in einem Recht verletzt werden. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 24.09.1998 - BVerwG 4 CN 2.98 -) sind an die Geltendmachung der Rechtsverletzung keine weitergehenden Anforderungen zu stellen, als sie für das Nachteilserfordernis (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO a. F.) galten.

Sie sind hier gegeben, obwohl die Antragstellerinnen nicht Eigentümerinnen der in Rede stehenden Grundstücke sind; denn sie haben für Grundstücke, die im Geltungsbereich der angegriffenen Veränderungssperre liegen, einen Bauantrag gestellt und eine Baugenehmigung erhalten, deren Bestandskraft aber noch nicht eingetreten ist. Die Veränderungssperre vermag daher ihrem Bauwunsch noch entgegenzustehen.

2.2. Der Normenkontrollantrag ist auch in der Hauptsache offensichtlich begründet.

Die Veränderungssperre der Antragsgegnerin vom 03.04.2003 ist offensichtlich rechtswidrig.

Nach § 14 Abs. 1 des Baugesetzbuchs - BauGB - i. d. F. d. Bek. v. 27.08.1997 (BGBl I 2141, ber.: BGBl. 1998 I 137), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.06.2004 (BGBl I 1359), kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen.

Der Rat der Antragsgegnerin hat am 03.04.2003 im Geltungsbereich der Veränderungssperre einen Beschluss über die Aufstellung des "Bebauungsplans ..." gefasst. Der Beschluss ist im Amtsblatt des Landkreises Anhalt-Zerbst vom 17.04.2003 veröffentlicht und damit wirksam bekannt gemacht worden (vgl. § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB).

Die angefochtene Satzung ist materiellrechtlich zu beanstanden.

Nach § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde, sofern ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden und/oder erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

Insoweit muss die Planung beim Erlass der Veränderungssperre einen Stand erreicht haben, der ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (BVerwG, Urt. v. 10.09.1976 - BVerwG IV C 39.74 -, BVerwGE 51, 121 = PBauE § 14 Abs. 1 BauGB Nr. 1). In jedem Fall muss die Gemeinde für das betroffene Gebiet schon positive planerische Vorstellungen entwickelt haben. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus (BVerwG, Beschl. v. 05.02.1990 - BVerwG 4 B 191.89 -, Buchholz 406.11 [BBauG/ BauGB] § 15 Nr. 6 = NVwZ 1990, 558 = PBauE § 15 BauGB Nr. 1). Diesen Mindestanforderungen ist etwa genügt, wenn die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre bereits einen bestimmten Baugebietstyp ins Auge gefasst hat; denn die Art der Nutzung gehört zu den für die Bauleitplanung wesentlichen Festsetzungselementen (BVerwG, Beschl. v. 15.08.2000 - BVerwG 4 BN 35.00 -, PBauE § 14 Abs. 1 BauGB Nr. 17). Die Wirksamkeit einer Veränderungssperre hängt nicht davon ab, ob der noch nicht beschlossene Bebauungsplan in seinen einzelnen Festsetzungen von einer ordnungsgemäßen und gerechten Abwägung aller betroffenen Belange (vgl. § 1 Abs. 6 BauGB) getragen sein wird. Es kommt insoweit nur darauf an, ob die beabsichtigte Planung überhaupt auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (BVerwG, Beschl. v. 27.07.1990 - BVerwG 4 B 156.89 -, Buchholz 406.11 [BauGB] § 17 Nr. 4 = PBauE § 17 Abs. 1 BauGB Nr. 2). Es genügt, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll. Das schließt es aus, ein detailliertes und abgewogenes Plankonzept zu fordern. Der Sinn der Veränderungssperre ist es gerade, vorhandene planerische Ziele zu sichern und deren weitere Entwicklung zu ermöglichen. Als Sicherungsmittel ungeeignet ist eine Veränderungssperre deshalb nur dann, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche, hinreichend konkretisierte Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, wenn der beabsichtigte Bebauungsplan einer positiven Planungskonzeption entbehrt und der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.12.1993 - BVerwG 4 NB 40.93 -, Buchholz 406.11 [BauGB] § 14 Nr. 23 = NVwZ 1994, 685 = PBauE § 1 Abs. 5 BauGB Nr. 2; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.12.1988 - BVerwG 4 C 48.86 -, BVerwGE 81, 111 = PBauE § 38 BauGB Nr. 3).

Es kann offen bleiben, ob die Planungsziele der Antragsgegnerin bei Erlass der Veränderungssperre, am 03.04.2003, bereits hinreichend konkretisiert waren. Zweifel hieran bestehen.

Nichtig ist die Veränderungssperre jetzt jedenfalls deshalb, weil der beabsichtigte Bebauungsplan, welchen die Antragsgegnerin innerhalb der Geltungsdauer der Veränderungssperre zu beschließen hätte (vgl. § 17 Abs.1 und 2 BauGB), einen schlechterdings nicht zu behebenden rechtlichen Mangel aufweisen würde. Er würde gegen das Gebot verstoßen, dass die Gemeinden, die Bauleitpläne aufzustellen haben, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist (vgl. § 1 Abs. 3 BauGB).

Bei § 1 Abs. 3 BauGB handelt es sich um eine nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der gemeindlichen Planungshoheit. Erforderlich ist ein Bebauungsplan, wenn er nach der planerischen Konzeption der Gemeinde vernünftigerweise geboten ist (BVerwG, Urt. v. 22.01.1993 - BVerwG 8 C 46.91 -, BVerwGE 92, 8 = PBauE § 123 BauGB Nr. 1). Welche städtebaulichen Ziele sich die Gemeinde setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (BVerwG, Beschl. v. 14.08.1995 - BVerwG 4 NB 21.95 -, Buchholz 406.11 [BauGB] § 1 Nr. 86). Erforderlich ist eine Bauleitplanung nicht nur, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft (konkret) abzeichnet. Unzulässig ist lediglich ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (BVerwG, Beschl. v. 11.05.1999 - BVerwG 4 BN 15.99 -, Buchholz 406.12 [BauNVO] § 1 Nr. 27 = NVwZ 1999, 1338 = PBauE § 1 Abs. 5 BauNVO Nr. 6, m. w. N.; vgl. auch Beschl. v. 08.09.1999 - BVerwG 4 BN 14.99 - Buchholz 406.11 [BauGB] § 1 Nr. 106 = ZfBR 2000, 275).

An der Erforderlichkeit der Planung im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB und damit im Übrigen auch an der Sicherungsfunktion der Veränderungssperre fehlt es ferner, wenn die Gemeinde ausschließlich ein Vorhaben verhindern will (sogenannte reine Negativplanung). Ob das der Fall ist, lässt sich gleichfalls nur anhand aller konkreten Umstände des Einzelfalls beantworten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.1988 - BVerwG 4 C 48.86 -, a.a.O.). Dabei lassen sich allein aus dem Umstand, dass ein Bebauungsplan "nach seiner Entstehungsgeschichte einen ad-hoc-Bezug auf ein zu verhinderndes Vorhaben" aufweist und räumlich auf den Grundbesitz eines Einzelnen begrenzt ist, keinerlei Schlüsse auf die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Planung herleiten (BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - BVerwG 4 NB 8.90 -, Buchholz 406.11 [BBauG/ BauGB] § 9 Nr. 47 = NVwZ 1991, 875 = PBauE § 1 Abs. 3 BauGB Nr. 3). Überhaupt sind Festsetzungen in einem Bebauungsplan als "Negativplanung" nicht schon dann wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB nichtig, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind nur dann unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern (BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 - BVerwG 4 NB 8.90 -, a. a. O.).

An der Erforderlichkeit eines Bebauungsplans fehlt es schließlich, wenn von Anfang an feststeht, dass mit seiner Verwirklichung nicht gerechnet werden kann, etwa weil die festgesetzte Nutzung auf Dauer an ihrer unzureichenden Wirtschaftlichkeit scheitern muss oder weil keinerlei Anhaltspunkte für eine Verwirklichung der Planung gegeben sind (vgl. - insoweit einen Abwägungsfehler annehmend - BVerwG, Urt. v. 06.05.1993 - BVerwG 4 C 15.91 -, Buchholz 406.11 [BauGB] § 1 Nr. 66 = NVwZ 1994, 274 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 25, m. w. N.).

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Veränderungssperre erst einige Zeit nach dem Aufstellungsbeschluss erlassen werden darf und dies jedenfalls auch nach Ablauf eines Zeitraumes, der länger ist, als die längstmögliche Dauer der Sperre, zulässig ist (Beschl. v. 26.06.1992 - BVerwG 4 NB 19.92 -, NVwZ 1993, 475 = BRS 54 Nr. 73). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht im genannten Beschluss zugleich hervorgehoben, dass ein langer Zeitraum zwischen dem Aufstellungsbeschluss und dem Erlass der Veränderungssperre Rückschlüsse auf den Fortbestand der gemeindlichen Planungsabsichten zulässt. Wenn eine Gemeinde ihre ursprünglichen und durch den Aufstellungsbeschluss dokumentierten Planungsabsichten zwischenzeitlich aus welchen Gründen auch immer längst aufgegeben hat, so besteht keine Veranlassung, eine Veränderungssperre zu erlassen oder aufrechtzuerhalten; denn Maßnahmen zur Sicherung einer Planung setzen notwendigerweise sicherungsfähige Planungen voraus.

Daran fehlt es hier. Spätestens seit Sommer 2003 hat die Antragsgegnerin ihre Absicht, einen Bebauungsplan für das Windeignungsgebiet aufzustellen, aufgegeben und entschieden, dass die am 03.04.2003 beschlossene Aufstellung nicht fortgeführt werden soll.

Wenn eine Planung aufgegeben worden ist und sich überdies die tatsächliche Entwicklung im betroffenen Gebiet in einer Weise von der ursprünglichen Planung entfernt hat, dass diese nicht mehr zu verwirklichen ist, liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre nicht (mehr) vor. Die Veränderungssperre ist für die Verwirklichung der Planung nicht mehr erforderlich.

Wenn die Antragsgegnerin die Veränderungssperre nunmehr erhalten wissen will, um eine Bebauung des fraglichen Gebiets bis zur Änderung des Regionalen Entwicklungsprogramms zu vereiteln, handelt es sich um eine reine Bauverhinderung, die nicht der Sicherung einer Bauleitplanung dient. Der Außenbereich i. S. v. § 35 BauGB kann nicht mittels einer Veränderungssperre von Bebauung freigehalten werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13 Abs. 1; 20 Abs. 3 GKG i. V. m .Nr. II.7.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Wobei der Senat das Interesse der Antragstellerinnen mit 5.000,- € ansetzt und diesen Wert, da mit der Entscheidung in diesem Verfahren die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen wird, nicht halbiert.

Ende der Entscheidung

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