Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 18.10.2004
Aktenzeichen: 3 M 265/04
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 80 I 1
VwGO § 80 V 3
VwGO § 123 I
VwGO § 158 II
1. Der Begriff "Vollziehung" ist als Gegenbegriff zur aufschiebenden Wirkung i. S. des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu verstehen mit der Folge, dass deren umfängliche Reichweite geteilt wird. Da die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage auf den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes "ex tunc" zurückwirken, stellen sich Maßnahmen vor Erlass eines Verwaltungsaktes nicht als dessen Vollzug dar.

2. Zum Begriff der "faktischen Vollziehung" und zur Abgrenzung des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO analog und § 123 Abs. 1 VwGO.

3. Hinsichtlich des erledigten Verfahrensteils ist die auf diesen Verfahrensteil bezogene Kosten-entscheidung gem. § 158 Abs. 2 VwGO nicht isoliert anfechtbar, und zwar auch dann nicht, wenn in dem nicht erledigten Verfahrensteil ein Rechtsmittel in der Hauptsache eingelegt wurde.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 3 M 265/04

Datum: 18.10.2004

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Gerichtsvollzieher im Bezirk des Amtsgerichts A-Stadt. Am 15. September 2003 setzte der Antragsgegner die Bürokostenentschädigung für den Antragsteller betreffend das Jahr 2002 (intern) auf einen Betrag von 25.316,66 € fest und wies die Landeszentralkasse an, den vom Antragsteller einbehaltenen darüber hinaus gehenden Betrag von 5.763,76 € abzüglich der hiermit verrechneten Vollstreckungsvergütung für das Jahr 2002, mithin einen Betrag von 5.433,95 € einzuziehen. Auf Antrag des Antragstellers vom 24. Oktober 2003 bewilligte ihm der Antragsgegner mit Schreiben vom 3. November 2003 die Begleichung des Rückforderungsbetrages in monatlichen Raten von jeweils 250,00 €, beginnend ab November 2003. Den mit Schreiben vom 16. September 2003 eingelegten Widerspruch des Antragstellers legte der Antragsgegner als Antrag auf Erlass eines rechtsbehelfsfähigen Bescheides aus, weil "die Festsetzung und Anordnung der Bürokostenentschädigung keinen Verwaltungsakt" darstelle. Unter dem 23. Februar 2004 erließ der Antragsgegner einen entsprechenden Festsetzungs- und Rückforderungsbescheid und ordnete dessen sofortige Vollziehung an; zugleich wurde die Ratenzahlungsbewilligung vom 3. November 2003 geändert, indem ihre Laufzeit verkürzt, die Restraten erhöht sowie eine Verzinsung festgesetzt wurde (vgl. Bl. 12 f d. Beiakte A). Gegen den Festsetzungs- und Rückforderungsbescheid vom 23. Februar 2004 legte der Antragsteller am 23. März 2004 Widerspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides. Am 26. März 2003 hat der Antragsteller bei Gericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und zunächst beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Februar 2004 wieder herzustellen. Nachdem der Antragsgegner mit Schreiben vom 5. April 2004 die sofortige Vollziehung des angefochtenen Bescheids ausgesetzt hat, erklärte der Antragsteller mit Schreiben vom 30. April 2004 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und machte zudem geltend, er habe bereits Zahlungen erbracht, nachdem der Antragsgegner die Landeszentralkasse zur Einziehung einbehaltener Bürokostenentschädigung angewiesen habe. Zu Unrecht verweigere der Antragsgegner die Rückzahlung auch der vor Erlass des angefochtenen Bescheides eingezahlten Beträge, weshalb beantragt werde, gemäß § 80 V Satz 3 VwGO die Aufhebung der Vollziehung des angegriffenen Bescheides insoweit anzuordnen, als vom Antragsteller auf die von ihm zurückgeforderte Summe bereits Raten geleistet wurden.

Mit Beschluss vom 22. Juni 2004 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit sich der Rechtsstreit erledigt hat. Den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung gem. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO bezüglich vor Erlass des angefochtenen Rückforderungsbescheides erbrachter Zahlungen hat es abgelehnt, weil diese Leistungen nicht als "Vollziehung" des Bescheides zu qualifizieren seien. Die Kosten des Verfahrens wurden den Beteiligten je zur Hälfte auferlegt, wobei dem Antrag auf Rückgängigmachung der Vollziehung des Bescheides kostenmäßig keine maßgebende Bedeutung beigemessen wurde.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 25. Juni 2004 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 9. Juli 2004 beim Verwaltungsgericht Dessau Beschwerde eingelegt mit dem Antrag,

- den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Dessau vom 22. Juni 2004 zu ändern und die Aufhebung der Vollziehung des angegriffenen Bescheides insoweit anzuordnen, als vom Antragsteller auf von ihm zurückgeforderte Summe bereits Raten geleistet wurden,

- die angefochtene Entscheidung auch im Kostenpunkt zu ändern und die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Antragstellers und Beschwerdeführers dem Antragsgegner aufzuerlegen.

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor: Der angefochtene Bescheid enthalte inhaltlich das, was bereits Inhalt des Schreibens der Landeszentralkasse vom 28. November 2003 (vgl. Bl. 58 d. GA) gewesen sei, nämlich die Rückforderung der Bürokostenentschädigung. Auch wenn die Zahlungsaufforderung betragsmäßig geringfügig vom Bescheid abweiche, sei in der Sache der gleiche Gegenstand betroffen. Diese Zahlungsaufforderung der Landeszentralkasse beginne mit den Worten "ich habe folgende fällige Forderung von Ihnen einzuziehen". Erst in der Folge sei der Antragsgegner dazu übergegangen, zusätzlich Rückforderungsbescheide zu erlassen. Diese umfassten aber der Sache nach auch diejenigen Beträge, die schon zuvor auf die (wohl formell rechtswidrigen) Zahlungsaufforderungen der Landeskasse ergangen seien. Sie stellten daher technisch nichts anderes dar, als Zahlungen zur Vermeidung der Vollziehung des Rückforderungsbescheides. Sie seien nicht anders zu behandeln, als solche Zahlungen, die nach Erlass des Rückforderungsbescheides geleistet wurden. Die Behörde habe durch Einziehung über die Landeszentralkasse ohne Vorliegen der Voraussetzungen der sofortigen Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 VwGO bereits faktisch die Rückforderung vollzogen. Dies gelte für alle Beträge, die vor dem Bescheid selbst gezahlt worden seien. Eine entsprechende Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO erlaube die Rückgängigmachung einer faktischen Vollziehung. Hätte der Antragsgegner den Rückforderungsbescheid nicht erlassen, hätte er - der Antragsteller - nach entsprechendem Widerspruch die Feststellung der aufschiebenden Wirkung im Wege des Eilantrages nach § 80 VwGO und sodann die Rückgängigmachung der Vollziehung dergestalt beantragen können, dass die bereits geleisteten Raten zurückgezahlt werden. Der vorliegende Fall, bei dem von der faktischen Vollziehung zum Rückforderungsbescheid übergegangen werde, stelle sich im Ergebnis nicht anders dar. Aus diesem Grunde müssten auch die Raten an ihn erstattet werden, die er zwar vor dem Rückforderungsbescheid aber auf die dieselbe Forderung und die Zahlungsaufforderung der Landeszentralkasse geleistet habe.

Die Kosten des Verfahrens habe der Antragsgegner insgesamt zu tragen. Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht in der Kostenentscheidung davon aus, dass sich die Erfolgsaussichten als offen darstellen. Der Rückforderungsbescheid sei aus den Gründen der Antragsschrift rechtswidrig. Der vorläufige Rechtsschutzantrag sei zulässig gewesen. Der Antragsgegner müsse die Kosten des Verfahrens tragen, weil er den Antragsteller "klaglos" gestellt habe.

Der Antragsgegner tritt der Beschwerdebegründung entgegen und beantragt,

die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (Beiakte A) Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO prüft der Senat nur die dargelegten Gründe.

Soweit der Antragsteller unter Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses die Anordnung der Aufhebung der Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 23. Februar 2004 insoweit begehrt, als von ihm auf die zurückgeforderte Summe bereits Raten geleistet wurden, erscheint bereits fraglich, ob damit ein hinreichend bestimmter Antrag i. S. des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gestellt wurde oder ob es nicht einer konkreten Bezifferung des zurückzuzahlenden Betrages und einer zeitlichen Fixierung, wann diese Zahlungen erbracht wurden, bedurft hätte, da - wie der Antragsteller in der Beschwerdeschrift vom 9. Juli 2004 ausführt - nur diejenigen Zahlungen streitgegenständlich sind, die der Antragsteller vor Erlass des angefochtenen Bescheides vom 23. Februar 2004 geleistet hat. Nach Aktenlage lassen sich die vom Antragsteller geleisteten Zahlungen jedenfalls der Höhe und dem Zeitpunkt nach nicht zweifelsfrei nachvollziehen und feststellen. Dies bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung, weil das Beschwerdevorbringen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung rechtfertigt.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass vor Erlass des Bescheides vom 23. Februar 2004 erbrachte Leistungen des Antragstellers auf das Rückforderungsbegehren des Antragsgegners hinsichtlich der für das Jahr 2002 vom Antragsteller einbehaltenen Bürokostenentschädigung keine "Vollziehung" des angefochtenen Bescheides vom 23. Februar 2004 darstellen.

Der Begriff "Vollziehung" ist als Gegenbegriff zur aufschiebenden Wirkung i. S. des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu verstehen mit der Folge, dass deren umfängliche Reichweite geteilt wird. "Vollziehung" meint damit alle Maßnahmen, die gesetzlich an den Erlass bzw. die Vollziehbarkeit eines vorangegangenen Verwaltungsaktes anknüpfen und im weitesten Sinne der Umsetzung seiner Regelungsziele dienen. Das schließt die freiwillige Befolgung des Verwaltungsaktes ebenso ein, wie beim Verwaltungsakt mit Drittwirkung das Gebrauchmachen von der Begünstigung (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 Rdnr. 232; Kirste, Rechtsschutz bei faktischer Vollziehung, DÖV 2001, 397). Da die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage auf den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes "ex tunc" zurückwirken, stellen sich Maßnahmen vor Erlass eines Verwaltungsaktes nicht als dessen Vollzug dar.

Damit ist allerdings nicht gesagt, dass die Rückabwicklung von freiwilligen Leistungen im Vorgriff auf den Erlass eines Verwaltungsaktes und damit vorläufiger Rechtsschutz für eine solche Konstellation nicht erlangt werden könnte. Dieser vorläufige Rechtsschutz knüpft aber nicht an den späteren Verwaltungsakt bzw. an die aufschiebende Wirkung des hiergegen eingelegten Rechtsmittels an; vielmehr beurteilt sich seine Statthaftigkeit nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen bei Leistungserbringung. Die Frage, ob ein solcher vorläufiger Rechtsschutz in (ggf. entsprechender) Anwendung von § 80 Abs. 5 VwGO oder über eine einstweilige Anordnung gem. § 123 VwGO erlangt werden kann, hängt im Hinblick auf die Regelung in § 123 Abs. 5 VwGO (wonach die Vorschriften des § 123 Abs. 1 bis 3 nicht für die Fälle der §§ 80 und 80 a VwGO gelten), davon ab, ob die Leistungserbringung als (faktische) Vollziehung eines Verwaltungsaktes gewertet werden kann. Die sog. "faktische Vollziehung" stellt dabei einen Grenzfall in den Rechtsschutzzonen von einstweiligem Anordnungsverfahren und Aussetzungsverfahren dar. Der Ausdruck wird normativ verstanden und meint die schlichte (rechtswidrige) Nichtbeachtung oder bewusste Missachtung der gem. § 80 Abs. 1 VwGO bestehenden aufschiebenden Wirkung seitens der Behörde. Umfasst sind danach diejenigen Fälle, in denen die Verwaltung einen Verwaltungsakt tatsächlich verwirklicht, ohne dass die Voraussetzungen gem. § 80 Abs. 2 VwGO zur Überwindung des Suspensiveffektes vorliegen. Dem gleichgestellt sind die Fälle einer erst drohenden faktischen Vollziehung, d. h wenn sich die Behörde (irrig) eines Vollziehungsrechtes rühmt. Die Gründe einer (drohenden) faktischen Vollziehung sind vielfältig (vgl. Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, S. 1484, 1485 f; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 Rdnr. 238, 239; Kirste, a. a. O., DÖV 2001, 397; Sodan/Ziekow (Hrsg.), Nomos-Kommentar zur VwGO, § 80 Rdnr. 53; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 80 Rndr. 181; Bader, VwGO, 2. Aufl., § 80 Rdnr. 109; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.8.1987 - 8 S 1001/87 - VBlBW 1988, 146); hierzu gehört auch der Streit um die Verwaltungsaktqualität einer angegriffenen Maßnahme. Soweit nach summarischer Prüfung ersichtlich, besteht in Rechtsprechung und Literatur aber Einigkeit darüber, dass eine faktische Vollziehung und damit vorläufiger Rechtsschutz analog § 80 Abs. 5 VwGO das Vorliegen eines Verwaltungsaktes als Grundlage der erfolgten oder drohenden Vollziehungshandlung voraussetzt, anderenfalls vorläufiger Rechtsschutz nur über § 123 Abs. 1 VwGO erlangt werden kann (Kopp u. a., a. a. O., § 80 Rdnr. 181; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a. a. O., § 80 Rdnr. 239; Sodan u. a., a. a. O., § 80 Rdnr. 53; VGH Bad.-Württ., a. a. O., VBlBW 1988, 146).

Hieran gemessen reicht das Beschwerdevorbringen des Antragstellers nicht für die Beurteilung, in welcher Form statthafter Weise die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Betracht zu ziehen wäre, noch ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Aussetzungs- oder einstweiligen Anordnungsverfahrens vorliegen.

Ein Annex-Verfahren gem. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO wegen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Februar 2004 scheidet - wie bereits dargelegt - aus, weil die Leistungen - deren Rückzahlung der Antragsteller begehrt - vor Erlass des Verwaltungsaktes erfolgt sind und deshalb nicht als Vollziehung dieses Verwaltungsaktes zu qualifizieren sind.

Soweit der Antragsteller vor Erlass des Bescheides vom 23. Februar 2004 durch seine freiwillige Zahlung drohende Vollstreckungsmaßnahmen abgewendet haben will und sich auf eine faktische Vollziehung beruft, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass und mit welchem Inhalt ein Verwaltungsakt als Grundlage der angedrohten Vollziehungshandlung existierte und worin die drohende Vollziehungshandlung bestanden haben soll. Das Vorbringen des Antragstellers, ohne Erlass des Rückforderungsbescheides (v. 23.2.2004) hätte nach entsprechendem Widerspruch die Feststellung der aufschiebenden Wirkung im Wege des Eilantrages nach § 80 VwGO und die Rückgängigmachung der Vollziehung beantragt werden können, lässt nicht erkennen, worin der für den Eintritt einer aufschiebenden Wirkung eines Widerspruches begriffsnotwendige Verwaltungsakt besteht. Soweit sich der Antragsteller auf den Druck der Zahlungsaufforderung der Landeszentralkasse beruft, lässt das vorgelegte Schreiben vom 28. November 2003 (vgl. Bl. 58 d. GA), das eine Aufrechnung zum Gegenstand hat, weder einen vollstreckbaren Leistungsbescheid noch die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen erkennen. Es ergeben sich hiernach keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass dem Antragsteller wegen faktischer Vollziehung vorläufiger Rechtsschutz analog § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO gewährt werden kann.

Wäre danach mangels Vorliegens eines Verwaltungsaktes vorläufiger Rechtsschutz nur in Form einer einstweiligen Anordnung in Betracht zu ziehen, fehlt bislang jeglicher Hinweis für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung über die Rückzahlung erbrachter Leistungen i. S. einer Eilbedürftigkeit.

Die Beschwerde des Antragstellers hat auch keinen Erfolg, soweit er eine Änderung des Kostenausspruches dahin begehrt, dass dem Antragsgegner die Verfahrenskosten insgesamt auferlegt werden.

Hinsichtlich des erledigten Verfahrensteils ist die auf diesen Verfahrensteil bezogene Kostenentscheidung gem. § 158 Abs. 2 VwGO nicht isoliert anfechtbar, und zwar auch dann nicht, wenn in dem nichterledigten Verfahrensteil ein Rechtsmittel in der Hauptsache eingelegt wurde (so OVG LSA, Urt. v. 2.12.2003 - 3 L 290/02 -; BVerwG, Beschl. v. 7.8.1998 - 4 B 75/98 - NVwZ-RR 1999, 407; BVerwG, Beschl. v. 3.11.1981 - 4 B 140.81 - DÖV 1982, 161; Sodan/Ziekow, a. a. O., § 158 Rdnr. 51; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, a. a. O., § 158 Rdnr. 13; a. A. BVerwG, Urt. v. 29.1.1993 - 8 C 32.92 - Buchholz 448.0 § 12 WPflG Nr. 182). Im Übrigen erscheint auch in Anbetracht des Umstandes, dass der Antragsteller mit seinem im Beschwerdeverfahren weiter verfolgten Antragsbegehren erfolglos geblieben ist, die im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte Kostenteilung unter Einschluss des erledigten Verfahrensteiles im Ergebnis durchaus sachgerecht. Entgegen der Auffassung des Antragstellers zwingt die Herbeiführung eines erledigenden Ereignisses (sog. Veranlasserprinzip) auch keineswegs dazu, dem betroffenen Beteiligten im Rahmen der Kostenentscheidung über den erledigten Verfahrensteil, stets die Kostenlast aufzubürden. Ausgangspunkt einer Kostenverteilung bildet stets der sog. Erfolgsgrundsatz, so dass kostenpflichtig in der Regel diejenige Seite ist, die im Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen (gewesen) wäre (OVG LSA, Beschl. v. 14.10.2003 - 4 L 4/02 - m. w. N.). Dabei braucht das Gericht allerdings schwierige Sach- und Rechtsfragen nicht zu klären, sondern es kann bei offenem Verfahrensausgang die Kosten jedem Teil zur Hälfte auferlegen oder gegeneinander aufheben. Soweit die Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheides durch Verfügung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Naumburg vom 1. April 2004 - 2343-2 - auf Grundlage des Erlasses des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 29. März und 1. April 2004 - 2344-202.40 - ausgesetzt worden ist (vgl. SS d. Antragsgegners v. 30.4.2004 m. Anl., Bl. 49 f d. GA), hat der Antragsgegner eine Anweisung erfüllt und sich nicht etwa - ohne nachvollziehbaren Grund - gleichsam "in die Erledigung geflüchtet", weil er sich einer stattgebenden Entscheidung hätte entziehen wollen. Die Verhaltensweise des Antragsgegners kann nicht als Indiz dafür gewertet werden, er habe den Anspruch des Antragstellers anerkennen wollen oder auch nur einem voraussichtlichen Unterliegen im Falle einer streitigen Entscheidung zuvorkommen wollen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 29.3.1950 - II B 77/50 - OVGE 2, 5; OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.5.1973 - II OVG A 55/71 - NJW 1974, 1102; Redeker/von Oertzen, VwGO, 12. Aufl., § 161 Rdnr. 5).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Ende der Entscheidung

Zurück