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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 17.04.2009
Aktenzeichen: 3 M 433/08
Rechtsgebiete: LSA-PsychKG


Vorschriften:

LSA-PsychKG § 29
LSA-PsychKG § 30
Der Aufgabenkreis der vom Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung zu bildenden Besuchskommissionen wird in § 29 Abs. 2 und 7 PsychKG LSA bestimmt. Gemäß § 29 Abs. 2 PsychKG LSA prüft der Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung und des Maßregelvollzuges, ob die in § 1 Nr. 1 PsychKG LSA genannten Personen entsprechend den Vorschriften des Gesetzes behandelt und betreut werden. Hierfür bildet er nach § 29 Abs. 3 PsychKG für die Krankenhäuser und Einrichtungen, die der psychiatrischen Krankenversorgung dienen, Besuchskommissionen. Alten- und Pflegeheime, deren Einrichtungszweck nicht die Versorgung psychisch kranker Personen umfasst, zählen nicht zu den gemäß § 29 PsychKG LSA zu besuchenden Einrichtungen. Die Vorschrift des § 29 PsychKG LSA ist einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich.
Gründe:

Die Beschwerde des Antragsgegners, deren Überprüfung im Beschwerdeverfahren sich gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt, ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass der Antragsgegner aus §§ 29, 30 des Gesetzes über Hilfen für psychisch Kranke und Schutzmaßnahmen des Landes Sachsen-Anhalt vom 30. Januar 1992 (PsychKG LSA, GVBl. LSA S. 88, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.02.2008, GVBl. LSA S. 58) i. V. m. der Verordnung über den A. Krankenversorgung und über die Besuchskommissionen vom 29. Januar 1993 (GVBl. LSA, S. 10) nicht die Befugnis ableiten kann, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache (Az.: vormals 1 A 32/08 HAL, nunmehr 6 A 88/09 HAL) die Einrichtung der Antragstellerin "P. B." - gegen deren Willen - aufzusuchen, dort Auskünfte abzufordern und die Ergebnisse eines Besuchs vom 4. Juni 2007 an den Präsidenten des Landtages (zur Veröffentlichung) weiterzuleiten.

Das Verwaltungsgericht hat zunächst im Ergebnis zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner als beteiligtenfähig i. S. d. § 61 VwGO anzusehen ist. Der Senat lässt es dabei zunächst offen, ob das Bestreiten der eigenen Beteiligtenfähigkeit durch den Antragsgegner nicht bereits zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels führt, da die Beteiligtenfähigkeit des Rechtsmittelsführers auch zwingende Sachentscheidungsvoraussetzung für das Beschwerdeverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht ist. Das Verwaltungsgericht hat jedenfalls zutreffend festgestellt, dass dem Antragsgegner bzw. den rechtlich nicht selbständigen Besuchskommissionen durch den Gesetzgeber in § 29 Abs. 2 und 7 PsychKG LSA dort näher bestimmte Befugnisse verliehen worden sind und der Antragsgegner damit Zuordnungsobjekt von (öffentlich-rechtlichen) Rechtssätzen ist, durch welche für den Antragsgegner Rechte bzw. Rechtspflichten begründet worden sind (vgl. Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 61 Rdnr. 26 m. w. N.). Diese Zuordnung eines Rechtssatzes ist notwendig, aber auch ausreichend, um eine Vereinigung als beteiligtenfähig i. S. d. § 61 Nr. 2 VwGO anzusehen. Ob der Antragsgegner darüber hinaus - wie das Verwaltungsgericht meint - auch als Behörde i. S. d. § 61 Nr. 3 VwGO anzusehen ist, kann daher offen bleiben.

Das Verwaltungsgericht hat weiterhin zutreffend festgestellt, dass auch ein Anordnungsgrund vorliegt. Der Antragsgegner hat in dem Schreiben vom 13. März 2008 (GA Bl. 23) lediglich erklärt, dass für das Jahr 2008 kein weiterer Besuch in der Einrichtung der Antragstellerin vorgesehen ist. Lediglich diese Erklärung ist in der Beschwerdebegründung (Seite 15 der Beschwerdebegründung vom 5. Mai 2008 unten) wiederholt worden. Eine weitergehende Erklärung, welche das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin für das Eilverfahren hätte entfallen lassen können, nämlich dahingehend, dass bis zu einer (rechtskräftigen) Entscheidung in der Hauptsache die Einrichtung der Antragstellerin nicht mehr (unangemeldet) besucht wird und auch vorläufig keine Berichte über bereits durchgeführte Besuche an den Landtag weitergeleitet werden, ist weder der Beschwerdebegründung noch dem Vorwort in dem vom Antragsgegner vorgelegten 15. Bericht des Ausschusses der Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung vom Juli 2008 (GA Bl. 143, Seite 1) zu entnehmen.

Das Verwaltungsgericht hat weiter in nicht zu beanstandender Weise die Vorschriften des PsychKG LSA dahingehend ausgelegt, dass das von der Antragstellerin betriebene Alten- und Pflegeheim nicht zu den Einrichtungen zählt, welche zu den nach § 29 PsychKG LSA von den Besuchskommissionen zu besuchenden und zu prüfenden Einrichtungen gehören.

Der Aufgabenkreis der Besuchskommissionen wird in § 29 Abs. 2 und 7 PsychKG LSA bestimmt. Gemäß § 29 Abs. 2 PsychKG LSA prüft der A. Krankenversorgung und des Maßregelvollzuges, ob die in § 1 Nr. 1 PsychKG LSA genannten Personen entsprechend den Vorschriften des Gesetzes behandelt und betreut werden. Hierfür bildet er nach § 29 Abs. 3 PsychKG für die Krankenhäuser und Einrichtungen, die der psychiatrischen Krankenversorgung dienen, Besuchskommissionen. Diese besuchen jährlich mindestens einmal die Krankenhäuser und sonstigen Einrichtungen des ihnen vom Ausschuss zugewiesenen (örtlichen) Bereichs. Gemäß § 30 Nr. 3 PsychKG LSA wird das Ministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Aufgaben des Ausschusses und der Besuchskommissionen sowie deren Wahrnehmung zu treffen. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber durch die o. g. Verordnung vom 29. Januar 1993 Gebrauch gemacht. Die zu besuchenden und zu prüfenden Einrichtungen sind dabei in § 3 Abs. 1 der Verordnung vom 29. Januar 1993 im Einzelnen aufgezählt.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners handelt es sich bei dem Alten- und Pflegeheim der Antragstellerin zunächst nicht um eine Einrichtung i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung vom 29. Januar 1993. Der Antragsgegner gibt insofern in der Beschwerdebegründung den Wortlaut dieser Vorschrift nur verkürzt wieder, wenn er in der Beschwerdebegründung ausführt, zu den zu besuchenden und zu prüfenden Einrichtungen gehörten "...3. ...Pflegeheime... für den im PsychKG LSA benannten Personenkreis,...". Die Vorschrift lautet wörtlich: "Einrichtungen für nachsorgende Hilfen (Hervorhebung durch d. Senat) wie Übergangs-, Wohn- und Pflegeheime und therapeutische Wohngemeinschaften für den im PsychKG LSA und MVollzG LSA benannten Personenkreis." Soweit in dieser Vorschrift "Pflegeheime" aufgeführt werden, sind diese nur als Beispielsfall für "Einrichtungen für nachsorgende Hilfen" genannt, wie sich aus der Verwendung der Konjunktion "wie" ergibt. Was unter nachsorgenden Hilfen i. S. d. PsychKG LSA zu verstehen ist, ergibt sich aus den §§ 3 Abs. 2 Satz 2, 31 PsychKG LSA. Hiernach soll durch nachsorgende Hilfen in ambulanten oder (teil-)stationären Einrichtungen den aus stationärer psychiatrischer Behandlung oder aus einer Unterbringung entlassenen Personen der Übergang (Hervorhebung durch den Senat) in das Leben außerhalb stationärer Einrichtungen und die Eingliederung in die Gemeinschaft erleichtert werden. Der Antragsgegner legt in der Beschwerdebegründung nicht dar, dass es sich bei dem von der Antragsstellerin betriebenen Alten- und Pflegeheim um eine solche Nachsorge- bzw. Rehabilitationseinrichtung im vorbenannten Sinne handelt. Allein der Umstand, dass möglicherweise Bewohner der von der Antragstellerin betriebenen Einrichtung in der Vergangenheit in einer stationären psychiatrischen Einrichtung behandelt wurden bzw. untergebracht worden sind, vermittelt der Einrichtung nicht den Charakter einer Nachsorgeeinrichtung im vorbenannten Sinne.

Das Verwaltungsgericht hat weiter auch zutreffend verneint, dass auf die Einrichtung der Antragstellerin § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung vom 29. Januar 1993 Anwendung finden kann. Es handelt sich bei dem Alten- und Pflegeheim nicht um eine stationäre oder teilstationäre Einrichtung für Abhängigkeitskranke, für psychisch Alterskranke bzw. für seelisch oder geistig Behinderte (Hervorhebungen durch den Senat). Wie sich bereits aus der Verwendung der Präposition "für" durch den Verordnungsgeber ableiten lässt, handelt es sich bei den Einrichtungen im Sinne dieser Vorschrift um solche, deren Einrichtungszweck die Behandlung und Betreuung von Abhängigkeitskranken, psychisch Alterskranke bzw. seelisch oder geistig Behinderten ist. Bei der Einrichtung der Antragstellerin handelt es sich, wie auch insofern zwischen den Beteiligten unstreitig ist, nicht um eine solche Einrichtung. Zweck der Einrichtung der Antragstellerin ist nicht die (stationäre) Behandlung - gerontopsychiatrischer - Erkrankungen der Heimbewohner, sondern die Betreuung und Pflege von alten und (körperlich) pflegebedürftigen Personen. Sofern im Einzelfall Behandlungsbedarf auch hinsichtlich psychiatrischer Krankheiten besteht, wird dieser durch (externe) Fachärzte gedeckt. Auch wenn im Heim der Antragstellerin einige Bewohner psychische Krankheiten entwickeln sollten und gleichwohl weiterhin dort betreut worden, ändert dies - wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - nichts an der Zweckbestimmung der Einrichtung der Antragstellerin.

Soweit der Antragsgegner in der Beschwerdebegründung unter Hinweis auf den Wortlaut von § 29 Abs. 3 Sätze 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 PsychKG LSA eine erweiternde Auslegung des Einrichtungsbegriffs des § 3 der Verordnung vom 29. Januar 1993 vornimmt, greift diese Argumentation nicht durch. Der Senat lässt es hierbei offen, ob der Wortlaut der Rechtsverordnung unter Verweis auf die Bestimmungen der Ermächtigungsnorm des PsychKG LSA überhaupt erweiternd in dem vom Antragsgegner verstandenen Sinne ausgelegt werden kann, da auch die Auffassung vertreten werden kann, dass der Verordnungsgeber nur in dem von ihm ausdrücklich bezeichneten Umfang von der Ermächtigungsnorm Gebrauch gemacht hat und nur insoweit - abschließend - eine materielle Rechtsgrundlage für das Handeln des jeweiligen öffentlich-rechtlichen Trägers geschaffen hat. Werden unbestimmte Rechtsbegriffe entsprechend der gesetzlichen Ermächtigung durch gesetzeskonkretisierende Rechtsverordnungen näher umgrenzt und bestimmt, so handelt es sich grundsätzlich um eine "delegierte authentische Interpretation" des Gesetzes durch den Verordnungsgeber, welche für alle Normbetroffenen und damit auch für den Antragsgegner Bindungswirkung entfaltet (vgl. Ossenbühl, Handbuch des Staatsrechts III, § 64 Rdnr. 36 m. w. n.).

Jedenfalls bietet auch der Wortlaut der vorbenannten Vorschriften keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass eine erweiternde Auslegung des § 3 der Verordnung vom 29. Januar 1993 unter Verweis auf die vorbenannten Bestimmungen des § 29 PsychKG LSA rechtlich zulässig ist. § 29 Abs. 3 Sätze 1 und 2 PsychKG LSA lauten wie folgt: "Der Ausschuss bildet für die Krankenhäuser und Einrichtungen, die der psychiatrischen Krankenversorgung dienen, Besuchskommissionen. Die Besuchskommissionen haben jährlich mindestens einmal die Krankenhäuser und sonstigen Einrichtungen des ihnen vom Ausschuss zugewiesenen Bereichs zu besuchen." In § 29 Abs. 4 Satz 1 PsychKG LSA heißt es weiter: "Die Krankenhäuser und sonstigen Einrichtungen sowie ihre Träger sind verpflichtet, den Ausschuss und die Besuchskommissionen bei ihrer Arbeit zu unterstützen." Soweit der Antragsgegner der Auffassung ist, dass durch die Verwendung des Begriffs "sonstigen Einrichtungen" in § 29 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 1 PsychKG LSA den Besuchskommissionen das Recht eingeräumt worden ist, auch solche Einrichtungen zu besuchen, deren Zweckbestimmung nicht in der psychiatrischen Krankenversorgung liegt, ist dies nicht überzeugend. Der Gesetzgeber hat dem Ausschuss für die Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung nach dem Wortlaut der §§ 29 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 1 PsychKG LSA nur die Befugnis verliehen, für Krankenhäuser und Einrichtungen, die der psychiatrischen Krankenversorgung dienen, Besuchskommissionen zu bilden. Der Umstand, dass der Gesetzgeber in den nachfolgenden Sätzen den Relativsatz "die der psychiatrischen Krankenversorgung dienen" zur Vermeidung von Wiederholungen fortgelassen hat und in Bezug auf die Rechte und Rechtspflichten der Besuchskommissionen nur noch das Be-griffspaar "Krankenhäuser und sonstigen Einrichtungen" aufführt, rechtfertigt nicht die Annahme, dass den Besuchskommissionen das Recht eingeräumt worden ist, auch solche Einrichtungen - ggf. gegen den Willen der Träger - aufzusuchen und zur Unterstützung des Ausschusses zu verpflichten, die nicht der psychiatrischen Krankenversorgung dienen. Die Befugnisse der Besuchskommissionen werden durch die vom Gesetzgeber in § 29 Abs. 3 Satz 1 PsychKG LSA normierten Voraussetzungen für ihre Bildung begrenzt; d. h. sie dürfen nur für den dort genannten Einrichtungstypus gebildet werden, der zugleich ihren Tätigkeitsbereich festlegt. Die vom Antragsgegner vertretene Auffassung hätte zudem zur Folge, dass der Kompetenzbereich des Ausschusses geringer wäre als der des unselbständigen Organs des Ausschusses, nämlich der Besuchskommissionen. Aus welchem Grund die Rechte der Besuchskommission jedoch nicht akzessorisch zu den Rechten des Ausschusses sein sollen, legt der Antragsgegner in der Beschwerdebegründung nicht dar.

Für eine "erweiternde" Interpretation des § 3 Abs. 1 der Verordnung vom 29. Januar 1993 im Hinblick auf die Einbeziehung (reiner) Alten- und Pflegeheime bietet entgegen der Auffassung des Antragsgegners auch die Gesetzgebungshistorie keine hinreichenden Anhaltspunkte. In der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 29 PsychKG, der im nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren nicht mehr geändert worden ist, heißt es (LT-Drs. 1/703, S. 38): "Es wird ein A. Krankenversorgung eingerichtet, der als "Anwalt" der Untergebrachten kontrollierend und öffentlichkeitswirksam tätig werden soll. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe erfordert den Kontakt mit den behandelnden Einrichtungen und den Untergebrachten sowie den Besuch der Einrichtungen und Institutionen. Diese Aufgabe wird Besuchskommissionen anvertraut, die ihre Erkenntnisse in die Arbeit des Ausschusses einbringen. Dem Ausschuss obliegt gegenüber dem Landtag und dem Ministerium für Arbeit und Soziales eine Berichtspflicht. Der Aufgabenstellung des Ausschusses entspricht es jedoch, unabhängig von der jährlichen Berichtspflicht deutlich gewordene Missstände möglichst unverzüglich dem Ministerium für Arbeit und Soziales mitzuteilen, damit dieser (sic!) im Rahmen seiner Möglichkeiten für eine umgehende Abstellung sorgen kann. Gleiches gilt für Anregungen zur Verbesserung der Situation psychisch Kranker." Wie auch in den anderen Abschnitten der Gesetzesbegründung, insbesondere dem Vorwort (LT-Drs. 1/703, S. 2), wird ausdrücklich auf die Situation von Personen verwiesen, die sich in stationärer psychiatrischer Behandlung befinden bzw. solche die im Sinne von § 11 PsychKG LSA in einem Krankenhaus untergebracht worden sind. Anhaltspunkte für die vom Antragsgegner vorgenommene "erweiternde" Auslegung und insbesondere die Erstreckung des Anwendungsbereichs des PsychKG LSA auf "reine" Alten- und Pflegeheime finden sich in der Gesetzesbegründung nicht.

Der Antragsgegner vermag auch nicht mit seinem Hinweis auf die Praxis in anderen Bundesländern, namentlich dem Land Niedersachsen, durchzudringen. Bei einem Vergleich der gesetzlichen Regelungen über Hilfen für psychisch Kranke ist festzustellen, dass die Vorschriften über Besuchskommissionen - sofern sich überhaupt Bestimmungen hierfür finden - in den mit dem PsychKG LSA vergleichbaren Gesetzen in anderen Bundesländern von den Regelungen in Sachsen-Anhalt - entgegen der Darstellung des Antragsgegners - inhaltlich durchaus abweichen. So beschränkt sich beispielsweise in Nordrhein-Westfalen der Zuständigkeitsbereich der Besuchskommissionen gemäß § 23 Abs. 1 PsychKG NRW auf Krankenhäuser, in denen Betroffene nach diesem Gesetz untergebracht (Hervorhebung durch den Senat) worden sind. Eine nahezu gleichlautende Vorschrift gilt in Mecklenburg-Vorpommern (§ 31 PsychKG M-V). Auch die Vorschriften in Bayern (Art. 21 UnterbringG) und Brandenburg (§ 32 BbgPsychKG) erwähnen - nur - die Kompetenz der Besuchskommissionen zur Prüfung der Situation von Personen, die nach diesem Gesetz untergebracht worden sind. Auch die Regelungen über Besuchskommissionen in Niedersachsen (§ 30 NPsychKG) weichen im Wortlaut von den entsprechenden Bestimmungen in Sachsen-Anhalt ab. Ferner ergibt sich aus dem im Internet veröffentlichten 22. Tätigkeitsbericht des Ausschusses für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung in Niedersachsen für das Jahr 2006 (Seite 13, veröffentlicht im Internet unter www.psychiatrie.niedersachsen.de), dass in Niedersachsen die Frage, ob die dortigen Besuchskommissionen auch "reine" Alten- und Pflegeheime besuchen und prüfen können, zumindest nicht unumstritten ist und Gegenstand von Erörterungen im niedersächsischen Landtag war. Dieser Hinweis fehlt im Übrigen in dem vom Antragsgegner nur auszugsweise vorgelegten Tätigkeitsbericht des niedersächsischen Ausschusses für das Jahr 2007.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die von ihm vorgenommene Auslegung des § 3 der Verordnung vom 29. Januar 1993 auch im Hinblick auf den Schutzbereich von Art. 13 GG rechtlich nicht unbedenklich.

Art.13 Abs.1 GG erklärt die "Wohnung" für unverletzlich. Im Interesse eines wirksamen Schutzes hat das Bundesverfassungsgericht den Begriff der "Wohnung" weit ausgelegt. Er umfasst daher auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume. Die von der Besichtigung betroffenen Räumlichkeiten in der Einrichtung der Antragstellerin sind damit grundsätzlich vom Schutzbereich des Art. 13 GG umfasst. Zwar ist das in einer Reihe von Gesetzen den Behörden der unmittelbaren oder mittelbaren Staatsverwaltung eingeräumte Recht, zu Kontrollzwecken Geschäftsräume zu betreten und darin Besichtigungen und Prüfungen verschiedener Art vorzunehmen, nicht als Eingriff im Sinne von Art.13 Abs. 7 GG anzusehen. Allerdings müssen auch für solche Betretungs- und Besichtigungsrechte von Verfassungs wegen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, um eine Beeinträchtigung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung auszuschließen. Die nicht als Eingriffe und Beschränkungen im Sinne des Art. 13 Abs. 7 GG zu qualifizierenden behördlichen Betretungs- und Besichtigungsbefugnisse unterliegen einem geringeren verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsstandard, den das Bundesverfassungsgericht im Einzelnen so umschrieben hat (vgl. BVerfG, Entscheidung v. 13.10.1971 - 1 BvR 280/66 - BVerfGE 32, 54): Es muss eine besondere gesetzliche Vorschrift zum Betreten der Räume ermächtigen; das Betreten der Räume, die Vornahme der Besichtigungen und Prüfungen müssen einem erlaubten Zweck dienen und für dessen Erreichung erforderlich sein; das Gesetz muss den Zweck des Betretens, den Gegenstand und Umfang der zugelassenen Besichtigung und Prüfung deutlich erkennen lassen; das Betreten der Räume und die Vornahme der Besichtigung und Prüfung ist nur in den Zeiten statthaft, zu denen die Räume normalerweise für die jeweilige geschäftliche oder betriebliche Nutzung zur Verfügung stehen (vgl. die seit dem 1. Juli 2008 geltenden Regelungen in § 114 a SGB XI zu den Prüfungs- und Besichtigungsrechten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) für durch Versorgungsvertrag zugelassene Pflegeeinrichtungen). Um eine übermäßige Einengung des Begriffs der "Eingriffe und Beschränkungen" im Sinne von Art.13 Abs. 7 GG und damit eine Aushöhlung des durch Art.13 Abs.1 GG gewährleisteten Schutzes zu vermeiden, müssen die in der vorgenannten Entscheidung definierten (Abgrenzungs-)Kriterien eng ausgelegt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.03.2007 - 1 BvR 2138/05 - NVwZ 2007, 1049).

Die vom Antragsgegner vorgenommene weite Auslegung von § 29 PsychKG LSA, wonach das Besuchs- und Prüfungsrecht der Besuchskommissionen alle Pflegeeinrichtungen (im weitesten Sinne) umfasst, in welchen - nach Einschätzung des Ausschusses - unabhängig von der Zweckbestimmung der Einrichtung psychisch kranke Personen betreut und gepflegt werden, erscheint daher mit der vom Bundesverfassungsgericht geforderten engen Auslegung von Regelungen von Besichtigungs- und Betretensrechten nicht ohne weiteres vereinbar.

Der Antragsgegner hat in der Beschwerdebegründung auch nicht dargelegt, dass Sinn und Zweck der Regelungen des PsychKG LSA in Bezug auf durch Versorgungsvertrag zugelassene Alten- und Pflegeheime die von ihm vorgenommene weite Auslegung der §§ 29, 30 PsychKG LSA gebieten. Die umfassenden bundesrechtlichen Bestimmungen zur Qualitätskontrolle von durch Versorgungsvertrag gemäß § 72 f. SGB XI zugelassenen Pflegeeinrichtungen, wie sie in §§ 114 f. SGB XI und dem in Sachsen-Anhalt gemäß Art. 125 a Abs. 1 Satz 1 GG noch als Bundesrecht fort geltenden §§ 15 f. HeimG geregelt sind, erfassen auch die Problematik der Versorgung und Betreuung von Pflegeheimbewohnern mit gerontopsychiatrischen Beeinträchtigungen. Auch die Versorgung von Heimbewohnern mit solchen Beeinträchtigungen wird, worauf die Antragstellerin auch bereits im erstinstanzlichen Verfahren sinngemäß verwiesen hat, vom MDK ausweislich des Erhebungsbogens zur Prüfung der Qualität nach den §§ 112, 114 SGB XI in der Fassung vom 10. November 2005 unter mehreren Aspekten bei den regelmäßig durchzuführenden Kontrollen geprüft. Hierzu zählt insbesondere auch die Problematik der Anwendung von freiheitsentziehenden Maßnahmen bei pflegebedürftigen Menschen (vgl. Erhebungsbogen zur Prüfung der Qualität Fragen 2.3.; 9.2., 9.6., 10.4., 16.10. und 16.11. sowie MDK-Anleitung zum Erhebungsbogen, Seite 88 f., jeweils veröffentlicht im Internet unter www.mdk.de). Mit den Kompetenzen des MDK aufgrund der bundesrechtlichen Vorgaben der §§ 114 f. SGB XI - auch nach der bis zum 1. Juli 2008 geltenden Rechtslage - setzt sich der Antragsgegner nicht näher auseinander. Nach dem vom Antragsgegner nicht bestrittenen Vortrag der Antragstellerin ist im Übrigen auch die Betreuung gerontopsychiatrisch beeinträchtigter Heimbewohner im "P. B." im Rahmen von Prüfungen bislang weder durch die Heimaufsicht noch durch den MDK in irgendeiner Form beanstandet worden.

Der Antragsgegner hat in der Beschwerdebegründung auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Frage der Rechtmäßigkeit der Ausübung eines Betretungs- und Besichtigungsrechtes von der Prüfung getrennt werden kann, ob über Besuche von Einrichtungen in dem dem Landtag gemäß § 29 Abs. 7 PsychKG LSA vorzulegenden jährlichen Bericht informiert werden darf, welche nicht zu dem Kreis der nach § 2 PsychKG LSA zu besuchenden und zu prüfenden Einrichtungen zählen.

Es ist zunächst festzuhalten, dass die Träger von (stationären) Pflegeeinrichtungen hinsichtlich des Angebotes von Pflegeleistungen als Wettbewerber auf einem Pflegemarkt auftreten (vgl. hierzu: OVG LSA, Urt. v. 22.06.2006 - 3 L 176/04 - juris). Insofern ist zumindest nicht auszuschließen, dass die im Internet im Volltext veröffentlichten Berichte des Ausschusses für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung (unter www.psychiatrieausschuss.sachsen-anhalt.de) insofern Einfluss auf das Marktgeschehen nehmen können, als potentielle Empfänger von Pflegeleistungen ihre Entscheidung, welches Angebot sie in Anspruch nehmen wollen, auch nach den in den Berichten des Ausschusses abgegebenen Einschätzungen und Wertungen hinsichtlich der aufgeführten Pflegeeinrichtungen ausrichten. Zwar schützt insbesondere Art. 12 Abs. 1 GG den einzelnen Marktteilnehmer nicht vor der Verbreitung von inhaltlich zutreffenden und unter Beachtung des Gebots der Sachlichkeit sowie mit angemessener Zurückhaltung formulierten Informationen durch einen Träger von Staatsgewalt. Die öffentliche Weitergabe von Informationen über Handeln von Marktteilnehmern unterliegt dabei, wie jedes andere Staatshandeln jedoch auch dem Sachlichkeitsgebot. Wertungen dürfen nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen, wozu auch eine rechtlich nicht zu beanstandende Form der Gewinnung der für die Abgabe der Wertung maßgeblichen Informationen zählt. Die Information darf ferner auch bei zutreffendem Inhalt in der Form weder unsachlich noch herabsetzend formuliert sein. Im Übrigen ist die Verbreitung von Informationen unter Berücksichtigung möglicher nachteiliger Wirkungen für betroffene Wettbewerber auf das zur Informationsgewährung Erforderliche zu beschränken (vgl. BVerfG, Beschl. 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91 - BVerfGE 105, 252).

Gemessen an diesem rechtlichen Rahmen hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass der bereits als Entwurf vorliegende Bericht über den Besuch in der Einrichtung der Antragsgegnerin vom 4. Juni 2007 bis zu einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache vorläufig nicht in den dem Landtag vorzulegenden jährlichen Bericht aufzunehmen ist, da nur Berichte über Besuche solcher Einrichtungen dem Landtag vorgelegt werden können, die zweifelsfrei der Prüfkompetenz des Ausschusses für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung bzw. der vom Ausschuss gebildeten Besuchskommissionen unterliegen. Der Antragsgegner ist dieser Auffassung des Verwaltungsgerichts in der Beschwerdebegründung auch nicht näher entgegengetreten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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