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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 14.12.2007
Aktenzeichen: 3 O 152/06
Rechtsgebiete: BRAGO, VwGO


Vorschriften:

BRAGO § 12 Abs. 1
BRAGO § 26 S. 2
BRAGO § 118 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 119 Abs. 1
VwGO § 100
1. Zu den Anforderungen an eine höhere Gebühr rechtfertigende Umstände i. S. d. § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO.

2. Zur Aufteilung der Geschäftsgebühr gem. § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO bei Tätigkeit des Bevollmächtigten im Ausgangs- und Vorverfahren.

3. Zur Berechnung der Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen im Beitrittsgebiet.

4. Zur Kostenerstattung bei Akteneinsichtnahme am Gerichtsort.


Gründe:

Die Beschwerde des Beklagten ist zulässig, in der Sache aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Beklagte wendet sich zu Recht gegen den Ansatz einer 10/10 Geschäftsgebühr gem. § 118 Abs. 1 Nr. 1, 119 Abs. 1 BRAGO; vorliegend entspricht allein der Mittelwert der gesetzlichen Rahmengebühr (7,5/10) billigem Ermessen.

Im Urteil vom 26. Juni 2003 hat das Verwaltungsgericht die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt. Der hierdurch für erstattungsfähig erklärte Aufwand für das Vorverfahren wird von der Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO erfasst und abgegolten. Die Vergütung ist insoweit nach dem bei Erteilung des unbedingten Auftrags geltenden Recht zu berechnen (vgl. § 134 Abs. 1 Satz 1 BRAGO / § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG); dies ist mit Blick auf die Vollmachtserteilung am 28. März 2000 (vgl. Bl. 84 d. Beiakte A) die BRAGO in der vom 1. Januar 1999 bis zum 27. April 2001 geltenden Fassung vom 25. August 1998 (vgl. juris; BGBl. I, S. 2489). Nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt eine Rahmengebühr zwischen 5/10 und 10/10 der vollen Gebühr. Nach § 12 Abs. 1 BRAGO bestimmt bei Rahmengebühren der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen (Satz 1). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 2). Letzteres ist hier der Fall.

Diese Feststellung kann der Senat aus eigener Sachkunde treffen. Soweit § 12 Abs. 2 Satz 1 BRAGO "im Rechtsstreit" das Gericht zur Einholung eines Gutachtens des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer verpflichtet, bezieht sich der Begriff des Rechtsstreits lediglich auf den Gebührenprozess zwischen Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber. Die Vorschrift betrifft nicht den - hier vorliegenden Fall - eines Rechtsstreits zwischen dem Auftraggeber des Rechtsanwaltes und einem Dritten, der zur Erstattung von Verfahrenskosten verpflichtet ist (so BVerwG, Urt. v. 17.8.2005 - 6 C 13/04 - juris). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat den ihm nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO eingeräumten Ermessensspielraum mit Geltendmachung der vollen Gebühr überschritten. Mit dem mittleren Gebührensatz von 7,5/10 ist die Tätigkeit des Rechtsanwalts immer dann abgemessen bewertet, wenn sie sich unter den in § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO genannten Gesichtspunkten nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt. Liegt danach ein Normalfall vor, ist allein die Bestimmung der Mittelgebühr billig, die Bestimmung einer höheren Gebühr hingegen unbillig und darum für den erstattungspflichtigen Dritten gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO nicht verbindlich (so BVerwG, Urt. v. 17.8.2005 - 6 C 13/04 - a. a. O., m. w. N. sowie Urt. v. 17.8.2005 - 6 C 7/04 - NJW 2006, 247; ebenso BVerwG, Beschl. v. 18.9.2001 - 1 WB 28/01 - DÖV 2002, 83).

Eine höhere Gebühr rechtfertigende Umstände i. S. des § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO sind nach dem festgestellten Sachverhalt und dem Vorbringen des Klägers nicht gegeben. Wie sich aus dem in § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO verwandten Begriff "im Einzelfall" ergibt, kann die Erhöhung des Gebührensatzes nicht schon dann gerechtfertigt werden, wenn die dafür angeführten Umstände nur allgemeiner Natur, also nicht auf den jeweiligen Fall bezogen sind. Durch die Verwendung dieses Begriffes ist hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass die in der Vorschrift beispielhaft aufgeführten Umstände nur hinsichtlich des jeweiligen Falles Bedeutung gewinnen sollen, nicht aber davon losgelöst und allgemein der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit in einer bestimmten Art von Verfahren Anlass für eine Bestimmung etwa des Höchstsatzes der Gebühr sein können. Demgemäß ist das Tätigwerden des Rechtsanwalts in einer bestimmten Sachmaterie für sich gesehen nicht geeignet, eine überdurchschnittliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit i. S. von § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO zu begründen, es sei denn, es handele sich um eine Tätigkeit auf entlegenen Spezialgebieten (so BVerwG, Urt. v. 17.8.2005 - 6 C 13/04 - a. a. O. unter Hinweis auf Urt. v. 8.5.1981 - 6 C 153.80 - BVerwGE 62, 196 [199]). Zu Letzterem zählt das Vertriebenenzuwendungsgesetz nicht. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 14. Februar 2006 einen besonderen Arbeitsaufwand geltend macht durch das Studium und die Auswertung umfangreicher Aktenkonvolute der Bundesanwaltschaft, des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes sowie der Verwaltungsbehörde, lässt sich dieser datumsmäßig sowie in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht nicht näher spezifizierte Aufwand nach Aktenlage nicht nachvollziehen, insbesondere ist nicht ersichtlich, dass im Vorverfahren weitere Unterlagen als die Verwaltungsvorgänge des Beklagten - die keinen überdurchschnittlichen Umfang aufweisen - eingesehen und ausgewertet wurden. Auch der Verweis auf die Akteneinsichtnahme am Kanzleisitz und bei Gericht belegt in dieser Allgemeinheit keinen überdurchschnittlichen Aufwand, zumal die Akteneinsicht bei Gericht nicht während des Vorverfahrens erfolgt ist. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Schriftsatz vom 14. Februar 2006 weiter angibt: "Recherchen zur Sachverhaltsaufklärung einschließlich der Prüfung der Aussagemöglichkeit, -fähigkeit und -bereitschaft von Zeugen waren durchzuführen usw.", sind auch diese Angaben zu unbestimmt, um einen den Normalfall überschreitenden Aufwand plausibel zu machen.

Soweit ferner geltend gemacht wird, die Angelegenheit sei für den Kläger von grundsätzlicher Bedeutung, die weit über den Betrag der einmaligen Zuwendung nach dem Vertriebenenzuwendungsgesetz hinausgehe und sich insbesondere auf die Abwehr des Vorwurfs richte, einem totalitären System erheblichen Vorschub geleistet zu haben, mag dies subjektiv vom Kläger so empfunden werden; objektiv betrachtet kann der Angelegenheit eine solche Bedeutung nicht beigemessen werden. Zur gerichtlichen Überprüfung ist gestellt, ob der Kläger einen Anspruch auf die begehrte Vertriebenenzuwendung hat, nicht hingegen ob der im Bescheid genannte Ablehnungsgrund in der Sache trägt oder durch einen anderen Versagungsgrund zu ersetzen wäre. Ob der rechtsfehlerhaften Annahme des Ausschlusstatbestandes nach § 2 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. VertrZuwG diskriminierende Wirkung beizumessen und dem Kläger deshalb ein Rehabilitationsinteresse zuzubilligen ist, kann auf sich beruhen, weil sich allein hieraus noch keine vom Durchschnitt abweichende volle Geschäftsgebühr rechtfertigt. Ob sich eine Erhöhung des Gebührensatzes über den Mittelwert hinaus wegen eines möglichen Rehabilitationsinteresses des Klägers rechtfertigen lässt, hängt davon ab, ob das vom Prozessbevollmächtigten betriebene Vorverfahren im Vergleich mit anderen Verfahren dieser Art für den Kläger von überdurchschnittlichem Gewicht war (so BVerwG, Urt. v. 17.8.2005 - 6 C 13/04 - juris). Es ist indes nicht ersichtlich, dass die Versagung der Vertriebenenzuwendung für den Kläger eine größere Bedeutung hatte als für andere Betroffene in vergleichbarer Situation.

Eine volle Gebühr rechtfertigt sich vorliegend auch nicht wegen einer besonderen Schwierigkeit des konkreten Falles. Soweit das Verwaltungsgericht die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren im angefochtenen Urteil mit der nicht einfachen Sach- und Rechtslage begründet hat, lässt sich hieraus gebührenrechtlich i. S. des § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO schon deshalb nichts herleiten, weil sich die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nach dem Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei und nach deren Vorbildung, Erfahrung und sonstigen persönlichen Umständen beurteilt. Das Gebührenrecht geht indes davon aus, dass eine überdurchschnittlich schwierige Sache i. S. des § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO nicht schon dann anzunehmen ist, wenn die kompetente Interessenwahrnehmung durch den Rechtsanwalt das Vorhandensein spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzt (BVerwG, Urt. v. 17.8.2005 - 6 C 13/04 - a. a. O.). Vorliegend ist weder substantiiert dargelegt noch nach Aktenlage ersichtlich, dass die Prüfung des Ausschlusstatbestandes des § 2 Abs. 2 VertrZuwG mit Blick auf die über 20-jährige Tätigkeit des Klägers als inoffizieller Mitarbeiter des MfS in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten bereitet hat.

Dem Beklagten ist ferner darin zu folgen, als er angesichts des Tätigwerdens des Prozessbevollmächtigten des Klägers bereits im Ausgangsverfahren (also vor Erlass des streitgegenständlichen Ausgangsbescheides v. 18.4.2000) die ungekürzte Geltendmachung der Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 VwGO rügt, obgleich das Vorverfahren zusammen mit dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren gem. § 119 Abs. 1 BRAGO eine Angelegenheit ist.

Auch insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht bereits mit Urteil vom 5. Oktober 2004 (- 7 C 7/04 - NVwZ-RR 2005, 143) entschieden, dass wenn ein Anwalt bereits im Ausgangsverfahren tätig geworden ist, zu den Kosten der Vertretung im Widerspruchsverfahren nur der Teil der Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO gehört, der durch das Widerspruchsverfahren verursacht worden ist. Die Regelung des § 119 Abs. 1 BRAGO bewirkt lediglich, dass die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren nicht erneut Gebühren nach § 118 BRAGO auslöst, wenn derartige Gebühren bereits im Ausgangsverfahren entstanden sind. In Bezug auf die Aufteilung hält es das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 5.10.2004, a. a. O.) für angemessen, die insgesamt angefallene Geschäftsgebühr je zur Hälfte dem Ausgangsverfahren und dem Widerspruchsverfahren zuzuordnen, sofern ein anderer Maßstab für die notwendige Aufteilung nicht ersichtlich ist. So liegt der Fall auch hier. Der Gegenstand des Ausgangsverfahrens war derselbe wie der Gegenstand des Widerspruchs- bzw. Vorverfahrens. Für das Vorverfahren kann somit die Hälfte der 7,5/10 Geschäftsgebühr - mithin 7,5/20 - in Ansatz gebracht werden.

In Anwendung der voran stehenden Ausführungen ist die im Kostenfestsetzungsantrag vom 9. November 2005 (Bl. 151 f. d. GA) in Höhe von 121,94 € (Netto) angesetzte 10/10 Geschäftsgebühr gem. §§ 118 Abs. 1 Satz 1, 119 Abs. 1 BRAGO auf eine 7,5/20 Geschäftsgebühr in Höhe von 45,73 € (Netto) zu reduzieren.

Die Verminderung der Geschäftsgebühr auf 7,5/20 hat auch eine entsprechend anteilige Reduzierung der Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem. § 26 BRAGO zur Folge. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist hinsichtlich dieser Auslage indes zu Recht davon ausgegangen, dass sich der Pauschsatz von 15 v. H. der gesetzlichen Gebühr (maximal 40,00 DM, § 26 Satz 2 BRAGO) nach den nicht ermäßigten Gebühren des § 11 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BRAGO und nicht nach dem gem. § 1 Ermäßigungssatz - AnpassungsVO vom 15. April 1996 (BGBl. I, S. 604) um 10 v. H. ermäßigten Gebührensatz für die Geschäftsgebühr richtet. Die in der Rechtsprechung unter Hinweis auf eine vergleichbare Situation bei der Prozesskostenhilfebewilligung (vgl. §§ 121, 123 BRAGO) vertretene Auffassung, dass die Systematik des Einigungsvertrages (vgl. Kap. III d. Anl. I zum Einigungsvertrag, Sachgeb. A, Abschn. III, Nr. 26) es nicht zwingend gebietet, in der ermäßigten Gebühr die "gesetzliche" Gebühr i. S. des § 26 Satz 2 BRAGO zu sehen, sondern die Ermäßigungsvorschrift des Einigungsvertrages auch dahin verstanden werden kann, dass auch im Beitrittsgebiet die gesetzlichen Gebühren diejenige des § 11 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BRAGO sind, die sich jedoch nach Maßgabe des Einigungsvertrages in Verbindung mit der Ermäßigungssatz - AnpassungsVO ermäßigen, erscheint auch dem Senat überzeugend. Für den Rechtsanwalt mit Kanzlei im Beitrittsgebiet bzw. für den im Auftrag einer im Beitrittsgebiet (wohn)sitzhaften Mandantschaft tätigen Rechtsanwalt vor Gerichten und Behörden in den neuen Bundesländern fallen die Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nicht in geringerer Höhe an, als für Anwälte und Mandanten mit Sitz in den alten Bundesländern. Den Kreis der von der Gebührenermäßigung nach dem Einigungsvertrag betroffenen Rechtsanwälte auf die Berechnung der Entgelte in tatsächlich erwachsener Höhe zu verweisen und das in § 26 Satz 2 BRAGO jedem Anwalt zustehende Recht die Pauschale zu wählen, nur mit Einschränkungen zu gewähren, erscheint sachlich nicht gerechtfertigt (vgl. LG Berlin, Beschl. v. 12.1.1998 - 82 AR 3/98 - JurBüro 1998, 256; VG Dessau, Beschl. v. 1.11.1994 - 2 B 25/93 - JurBüro 1995, 199; BGH, Beschl. v. 14.7.1971 - IV ZR 731/68 - NJW 1971, 1845 [zur Prozesskostenhilfegebühr]; a. A. Thüringer FG, Beschl. v. 25.11.1996 - II 5/96 Ko - juris). Demgemäß beträgt der Pauschsatz 15 v. H. der ungekürzten 7,5/20 Gebühr gem. § 11 BRAGO von 50,81 € (99,37 DM; volle Gebühr bei Streitwert bis 4.000,00 DM : 265,00 DM/135,49 €) mithin 7,62 € (statt der beantragten 20,35 €, vgl. Bl. 151 d. GA).

Hinzu kommt die (verminderte) Umsatzsteuer von 16 v. H. gem. § 25 Abs. 2 BRAGO auf 45,73 € (Geschäftsgebühr) zuzüglich 7,62 € (Auslagen gem. § 26 BRAGO) = 53,35 €, hiervon 16 v. H. = 8,54 €, ergibt insgesamt einen erstattungsfähigen Betrag in Höhe von 61,89 € (an Stelle des beantragten und festgesetzten Betrages von 165,06 €). Die im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten, zu erstattenden Kosten waren hiernach von 1.073,89 € um 103,17 € (165,06 € - 61,89 €) auf 970,72 € zu reduzieren.

Teilweise Erfolg hat die Beschwerde des Beklagten, soweit es die Reduzierung der für das erstinstanzliche Gerichtsverfahren geltend gemachten Auslagen betrifft.

Der Beklagte wendet sich zu Recht gegen die Dokumentenpauschale für 124 Seiten (Kopien aus Beiakte A VG Magdeburg) in Höhe von 36,10 € (vgl. Bl. 152 d. GA) mit dem Einwand, dass hiervon die für das Vorverfahren geltend gemachten 27,60 € für 54 beim Sozialamt der Stadt C-Stadt am 25. Mai 2000 gefertigte Kopien in Abzug zu bringen seien, weil es sich bei der am 4. Juni 2003 eingesehenen Beiakte A um denselben - nur zwischenzeitlich angewachsenen - Verwaltungsvorgang des Beklagten gehandelt habe, der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bereits am 25. Mai 2000 zur Einsicht vorgelegen habe.

Der Vortrag des Beklagten ist nach Aktenlage nachvollziehbar und erscheint überzeugend. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 14. Februar 2006 erklärt, es seien keine Doppelkopien gezogen worden, vielmehr seien "Kopien aus beiden Vorgängen gezogen (worden), um die Kongruenz der Akten bzw. einzelner ihrer Komplexe prüfen und nachweisen zu können", überzeugt dies nicht. Der Kostenerstattungsantrag bezieht sich hinsichtlich der Dokumentenpauschale für das erstinstanzliche Verfahren ausdrücklich auf die Beiakte A, bei der es sich um die Verwaltungsvorgänge des Beklagten handelt. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 4. Juni 2003 beim Verwaltungsgericht Akteneinsicht genommen hat, ist nicht nachvollziehbar, welche Akten dies betraf und hinsichtlich welcher Akten und in welchem Umfang Kopien gezogen wurden. Die mit richterlicher Verfügung vom 3. Juni 2002 gewährte Akteneinsicht hatte ebenfalls nur die Beiakte A zum Gegenstand (vgl. SS d. PB d. Klägers v. 6.6.2002, Bl. 16 d. GA über die Rückgabe der Beiakte A). Bei dieser Sachlage ist eine Zuordnung der im Rahmen der Dokumentenpauschale geltend gemachten Kopien zu anderen Akten als der (ausdrücklich genannten) Beiakte A nicht möglich, zumindest lässt sich die Fertigung von Mehrfachkopien aus der Beiakte A nicht ausschließen. Die Dokumentenpauschale von 36,10 € (Netto) ist mithin um die Kopiekosten Sozialamt C-Stadt vom 25. Mai 2000 in Höhe von 27,60 € (steuerfrei) zu reduzieren, so dass es für das erstinstanzliche Verfahren bei einer Dokumentenpauschale von 8,50 € (Netto) verbleibt. Die Umsatzsteuer (16 v. H. auf 36,10 €) von 5,78 € reduziert sich um 4,42 € auf (16 v. H. auf 8,50 €) einen Betrag von 1,36 €. Der festgesetzte Kostenerstattungsbetrag ist hiernach um weitere 32,02 € (27,60 € zuzüglich 4,42 €) auf 938,70 € zu reduzieren.

Keinen Erfolg hat der Beklagte hingegen mit seinem Einwand, die anlässlich der Akteneinsicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers beim Verwaltungsgericht Magdeburg am 4. Juni 2003 entstandenen Auslagen für Fahrtkosten sowie Tage- und Abwesenheitsgeld in Höhe von 86,08 € zuzüglich 16 % Umsatzsteuer in Höhe von 13,77 €, insgesamt 99,85 €, seien nicht erstattungsfähig, weil sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Akten gegen die übliche Gerichtsgebühr von 8,00 € erheblich kostengünstiger zur Einsichtnahme in seine Kanzlei hätte übersenden lassen können. Soweit sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf berufe, dass eine Einsicht in die vom Gericht eingeholte Auskunft des Bundesbeauftragten erforderlich gewesen sei, sei die vom 6. Februar 2003 datierende Auskunft des Bundesbeauftragten den Beteiligten bereits mit der Ladung vom 18. Februar 2003 zum ursprünglich für den 27. März 2003 vorgesehenen und später wieder aufgehobenen Verhandlungstermin übersandt worden.

Dem Beklagten ist zwar darin zu folgen, dass die Auskunft des Bundesbeauftragten vom 6. Februar 2003 den Beteiligten mit der Terminsladung vom 18. Februar 2003 (vgl. richterl. Vfg. v. 18.2.2003, Pkt. 4, Bl. 38 RS d. GA) zur Kenntnis gegeben wurde; dies machte das Akteneinsichtgesuch des Prozessbevollmächtigten des Klägers aber keineswegs entbehrlich, da die erste, im Juni 2002 erfolgte Akteneinsichtnahme, lediglich die Beiakte A zum Gegenstand hatte (vgl. richterl. Vfg. v. 3.6.2002, Bl. 14 RS u. SS d. PB d. Kl. v. 6.6.2002, Bl. 16 d. GA). Mittlerweile konnte neben der Gerichtsakte aber zudem der Vorgang der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg als Beiakte B zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung werden. Mit Schriftsatz vom 3. April 2003 (Bl. 48 d. GA) beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Akteneinsicht durch Übersendung der gesamten Akte in sein Büro, woraufhin ihm mit richterl. Vfg. v. 4.4.2003 (Bl. 48 RS d. GA) u. a. mitgeteilt wurde, dass eine Einsichtnahme in die Gerichtsakte bei der Geschäftsstelle der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Magdeburg zu erfolgen habe, weil Gerichtsakten laufender Verfahren üblicherweise nicht versandt würden. Mit richterlicher Verfügung vom 9. Mai 2003 wurde dann Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 26. Juni 2003 bestimmt. Bei dieser Sachlage ist die am 4. Juni 2003 beim Verwaltungsgericht Magdeburg erfolgte Akteneinsichtnahme nicht zu beanstanden, die damit verbundenen Kosten erweisen sich als notwendig.

Die Akten sind grundsätzlich in der Geschäftsstelle des Gerichts einzusehen. Wenn die Akteneinsicht in der Geschäftsstelle wegen besonderer Umstände einem Beteiligten oder seinem Vertreter nicht zumutbar ist, kommt eine Übersendung der Akten an die Geschäftsstelle des seinem Wohnsitz nächstgelegenen Gerichts in Betracht. Die Mitnahme oder Übersendung in die Kanzlei oder Wohnung kann gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 (vorher Satz 3) VwGO nach dem Ermessen des Vorsitzenden den nach § 67 Abs. 1 und Abs. 3 bevollmächtigten Personen gestattet werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 100 Rdnr. 6). Hieran gemessen ist der Aspekt, die mit einer Akteneinsichtnahme verbundenen Kosten möglichst gering zu halten, grundsätzlich kein Kriterium für die Bestimmung des Ortes der Akteneinsichtnahme, zumal es im Rahmen einer Ermessensentscheidung auf die Belange des Einsichtnehmenden, nicht auf die eines möglichen Kostenerstattungspflichtigen ankommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Erinnerungsverfahren ist mangels Gebührentatbestand im GKG gerichtsgebührenfrei. Für das Beschwerdeverfahren sieht das Gerichtskostengesetz nur für den Fall der Verwerfung oder Zurückweisung der Beschwerde eine Festgebühr von 50,00 € vor (vgl. Nr. 5502 Anl. 1 GKG). In Fällen einer teilweisen Zurückweisung der Beschwerde - wie hier - steht es im billigen Ermessen des Gerichts, die Gebühr auf die Hälfte zu ermäßigen oder zu bestimmen, dass eine Gebühr nicht zu erheben ist. Der Senat erachtet es für angemessen, im vorliegenden Fall von der letztgenannten Möglichkeit Gebrauch zu machen. Der Festsetzung eines Streitwertes für das Beschwerdeverfahren bedarf es wegen der Festgebühr, im vorliegenden Fall wegen der Nichterhebung von Gerichtsgebühren nicht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Ende der Entscheidung

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