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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 29.02.2008
Aktenzeichen: 3 O 364/08
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 152a
VwGO § 166
Nach § 152a Abs. 1 Satz 2 VwGO findet die Anhörungsrüge gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung nicht statt. Endentscheidung ist im Regelfall das Endurteil; in Betracht kommen auch Beschlüsse, die entweder die Instanz im Hauptsacheverfahren oder aber einen Beschwerderechtszug abschließen. Bei einer Fallgestaltung, bei der im noch anhängigen erstinstanzlichen Verfahren Gerichtskostenfreiheit besteht und kein Anwaltszwang vorgesehen ist, ist die Anhörungsrüge nach § 152 a VwGO gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, mit dem eine Beschwerde gegen einen Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen wird, nicht statthaft.
Gründe:

Die von der Klägerin sinngemäß gemäß § 152a VwGO gegen den Beschluss des Senates vom 18. Januar 2008 erhobene Anhörungsrüge ist unzulässig.

Nach § 152a Abs. 1 Satz 2 VwGO findet die Anhörungsrüge gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung nicht statt. Endentscheidung ist im Regelfall das Endurteil; in Betracht kommen auch Beschlüsse, die entweder die Instanz im Hauptsacheverfahren oder aber einen Beschwerderechtszug abschließen (vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 15/3706, S. 16 zur entsprechenden Regelung in § 321a Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Sicherstellung umfassenden Rechtsschutzes durch Kontrolle gerichtlicher Entscheidungen bedeutet jedoch nicht, dass jeder nicht anfechtbare Beschluss auf eine Anhörungsrüge hin zu überprüfen ist, sondern nur diejenigen Entscheidungen, die ein Ersuchen um gerichtliche Entscheidung rechtskräftig beschieden haben (vgl. BAG, Beschl. v. 14.02.2007, 5 AZA 15/06 B, NJW 2007, 1379).

Der Beschluss des Senates vom 18. Januar 2008, mit dem die Beschwerde gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen worden ist, ist eine solche der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung im Sinne des § 152a Abs. 1 Satz 2 VwGO. Die nicht mehr mit Rechtsmitteln angreifbare Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrages hindert im vorliegenden Verfahren die Klägerin nicht an der Weiterführung des eigentlichen - noch bei der Vorinstanz anhängigen - nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfreien Rechtsstreits, für den in dieser Instanz auch kein Anwaltszwang besteht. Jedenfalls bei dieser Fallgestaltung ist die Anhörungsrüge daher nicht statthaft. Hinzu kommt, dass der den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnende Beschluss der Rechtskraft im Sinne des § 121 VWGO nicht fähig ist und - worauf die Klägerin auch selbst hinweist - eine Wiederholung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe - wenn neue Tatsachen vorliegen oder sich die Rechtslage geändert hat - jederzeit möglich ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.12.2007 - L 11 R 5526/07 R u. a. -, juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 13.07.2006 - L 8 B 171/06 -, NdsRpfl. 2006, 380, jeweils zur entsprechenden Regelung in § 178a SGG; zur Regelung des § 321a ZPO auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.12.2005 - 24 U 204/05, juris -, a. A. jeweils ohne nähere Begründung zur Regelung des § 321 a ZPO: Musielak, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 321a Rdnr. 3; zur Regelung des § 78a ArbGG: Prütting in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 6. Aufl. 2008, § 78a Rdnr. 11). Der Senat lässt es in diesem Zusammenhang ausdrücklich offen, ob eine andere Betrachtungsweise geboten ist, wenn Gegenstand einer Anhörungsrüge Entscheidungen in Prozesskostenhilfeverfahren in nicht gerichtskostenfreien bzw. dem Vertretungszwang nach § 67 Abs. 1 VwGO unterliegenden Verfahren sind.

Soweit die Klägerin zudem (sinngemäß) eine Gegenvorstellung erhoben hat, ist dieser außerordentliche Rechtsbehelf wegen Unstatthaftigkeit bereits unzulässig. Denn neben der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO ist für sonstige außerordentliche Rechtsbehelfe gegen unanfechtbare verwaltungsgerichtliche Entscheidungen kein Raum mehr (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.10.2007 - 2 B 101.07 u. a. - juris; Beschl. v. 08.10.2007 - 3 B 16.07 - juris m. w. N.). Mit der Regelung des § 152a VwGO hat der Bundesgesetzgeber in Umsetzung des Plenarbeschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 30. April 2003 (Az.: 1 PBvU, BVerfGE 107, 395) aus Gründen des Rechtsstaatsprinzipes eine Möglichkeit fachgerichtlicher Abhilfe bewusst nur für den Fall geschaffen, dass ein Gericht den sich aus Art. 103 Abs. 1 GG ergebenden Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO) verletzt hat. Für eine analoge Anwendung von § 152a VwGO über die Möglichkeit der Abhilfe bei Erhebung von Gehörsrügen hinaus mangelt es aufgrund dessen sowohl an einer planwidrigen als auch an einer absichtlichen Regelungslücke (vgl. hierzu: BT-Drs. 15/3706, S. 14 [Ziffer 3 a. E.]).

Ungeachtet dessen wäre die Gegenvorstellung auch zurückzuweisen. Gegenvorstellungen gegen Beschlüsse, die - wie hier nach § 152 Abs. 1 VwGO - mit Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbar sind, waren jedenfalls bislang nur in solchen Fällen zulässig und konnten im Wege einer etwaigen "Selbstkorrektur" überhaupt nur zu einer erneuten Sachentscheidung führen, wenn es um die Beseitigung erheblicher prozessualer Fehler im Zusammenhang mit der vorangegangenen Entscheidung geht. Solche schwerwiegenden Fehler wurden angenommen etwa bei einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (siehe nunmehr aber § 152a VwGO), der anderenfalls nur mit der Verfassungsbeschwerde erfolgreich geltend gemacht werden könnte, oder soweit die Entscheidung jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt (vgl. etwa: BVerwG, Beschl. v. 16.05.2002 - 6 B 28.02 und 6 B 29.02 -, DVBl. 2002, 1055; [jeweils m. w. N.]).

Solche Fehler hat die Klägerin nicht dargelegt; sie sind ebenso wenig ersichtlich. Mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen wendet sich die Klägerin vielmehr in der Art eines Rechtsmittels, das im Verwaltungsprozess gegen Beschlüsse des Berufungsgerichtes gerade nicht gegeben ist (§ 152 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nur gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des Senates. Die Klägerin setzt sich im Übrigen (erneut) nicht den Einwänden des Beklagten aus dem Schriftsatz vom 1. August 2006 und der Begründung des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 2. November 2006 auseinander. Nach den bislang vorliegenden Verfahrensakten hat die S. gGmbH für die von der Klägerin durchgehend als "Gutachten" bezeichnete Epikrise (ein zusammenfassender, kritischer Abschlussbericht über den Verlauf einer Erkrankung im Krankenhaus, vgl. Psychrembel, Klinisches Wörterbuch) vom 26. November 2001 weder gegenüber dem Beklagten noch gegenüber Dritten eine Kostenrechnung erstellt (vgl. Vermerk Bl. 216 der Verfahrensakte). Das Verwaltungsgericht hat in dem Beschluss vom 2. November 2006 hierzu ausgeführt, dass die Klägerin bei der stationären Aufnahme ihres Sohnes K. in der Einrichtung der S. gGmbH in U-Stadt angegeben hatte, dass sie und ihr Sohn in der DAK versichert seien und auch eine entsprechende Krankenversicherungskarte der DAK vorgelegt. Es habe sich jedoch später herausgestellt, dass (zu diesem Zeitpunkt) weder die Klägerin noch ihr Sohn bei der DAK krankenversichert gewesen seien. Die Klägerin ist diesen vom Verwaltungsgericht als entscheidungserheblich angesehenen Umständen bislang nicht entgegen getreten. Es ist insoweit derzeit nicht ersichtlich, inwieweit von der S. gGmbH überhaupt Gutachtenkosten gegenüber der Klägerin geltend gemacht worden sind. Die von der S. gGmbH erstellte Kostenrechnung mit einer Aufstellung der einzelnen Gebührenpositionen ist von der Klägerin bislang nicht vorgelegt worden. Die Klägerin legt auch im Rahmen ihrer Gegenvorstellung nicht dar, inwieweit der Beklagte aufgrund der von ihr genannten Rechtsvorschriften Kosten für die Behandlung ihres Sohnes in der Einrichtung der S. gGmbH vom 7. September bis zum 1. November 2001 zu erstatten hätte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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