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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 12.10.2006
Aktenzeichen: 4 L 286/06
Rechtsgebiete: WG LSA, WVG, KAG LSA


Vorschriften:

WG LSA 1998 § 105 Abs. 1
WG LSA 1998 § 105 Abs. 2 S. 1
WG LSA 1998 § 105 Abs. 2 S. 2
WVG § 6 Abs. 2 Nr. 6
KAG LSA § 1 Abs. 2
Falls in einer Satzung eines Unterhaltungsverbandes die Erhebung von Erschwernisbeiträgen i.S.d. § 105 Abs. 2 Satz 2 WG LSA 1998 angeordnet ist, steht das tatsächliche Unterlassen der Erhebung dieser Erschwernisbeiträge einer uneingeschränkten Erhebung von (allgemeinen) Beiträgen i.S.d. § 105 Abs. 2 Satz 1 WG LSA nach einem Flächenmaßstab entgegen.

Auf Grund des § 105 Abs. 1 HS 2 WG LSA findet die Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 6 WVG Anwendung, wonach in der Satzung des Unterhaltungsverbandes mindestens Bestimmungen über Grundsätze für die Beitragsbemessung enthalten sein müssen. Dazu ist es - im zeitlichen Geltungsbereich des WG LSA 1998 - ausreichend, wenn in der Satzung der Flächenmaßstab des § 105 Abs. 2 Satz 1 WG LSA 1998 aufgenommen wird.

Das KAG LSA findet nicht gem. § 1 Abs. 2 KAG LSA auf Verbandsbeiträge nach § 105 Abs. 2 WG LSA Anwendung.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 4 L 286/06

Datum: 12.10.2006

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Es bestehen im Ergebnis an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keinen ernstlichen Zweifel i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Gemäß § 105 Abs. 1 WG LSA sind die Unterhaltungsverbände Wasser- und Bodenverbände im Sinne des Wasserverbandsgesetzes - WVG -; für sie gelten die Vorschriften des Wasserverbandsgesetzes, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Der für das Veranlagungsjahr 2004 einschlägige § 105 Abs. 2 WG LSA i.d.F. des Gesetzes vom 21. April 1998 - WG LSA a.F. - sah weiterhin vor, dass für die Verbandsbeiträge die Vorschriften des Dritten Teils Zweiter Abschnitt des Wasserverbandsgesetzes mit der Maßgabe gelten, dass die Beitragspflicht für die Gewässerunterhaltung sich nach dem Verhältnis bestimmt, in dem die Mitglieder am Verbandsgebiet beteiligt sind (Satz 1). Für die Erschwerung der Unterhaltung können besondere Beiträge erhoben werden; diese Beiträge können für Erschwernisse gleicher Art entsprechend dem durch sie verursachten Mehraufwand pauschal bestimmt werden (Satz 2). Flächen, die nicht zum Niederschlagsgebiet eines Gewässers zweiter Ordnung gehören, sind beitragsfrei (Satz 3).

In § 29 Abs. 1 der Satzung des Beklagten i.d.F. der 2. Änderungssatzung vom 28. November 2001 - VS -, bei der es sich nach Mitteilung des Beklagten um die im Jahre 2004 gültige Satzungsregelung handelt, ist bestimmt, dass sich die Beitragslast für die Aufgabe der Unterhaltung von Gewässern zweiter Ordnung auf die Mitglieder nach § 3 Abs. 1 und 2 im Verhältnis der Flächeninhalte der zum Verband gehörenden Grundstücke verteilt. Nach § 29 Abs. 3 VS (er)hebt der Beklagte für nachteilige Einwirkungen auf die Unterhaltung von Gewässern zweiter Ordnung besondere Erschwernisbeiträge (Satz 1). Das Beitragsverhältnis ergibt sich aus Veranlagungsregeln, die gegebenenfalls erarbeitet und vom Verbandsausschuss beschlossen werden (Satz 2).

Der streitbefangene Beitragsbescheid ist deshalb zu beanstanden, weil der Beklagte - nach eigenem Vorbringen - entgegen der einschlägigen Satzungsregelung für den streitbefangenen Zeitraum tatsächlich keine besonderen Erschwernisbeiträge erhoben hat. Diese fehlende Erhebung der besonderen Erschwernisbeiträge - z.B. für Erschwernisse durch bebaute Grundstücke, befestigte Straßen, Wege und Plätze, durch Anlagen im Gewässer, wie Brückenpfeiler oder Stauwehre, Anlagen an Gewässern, wie Stützmauern, Entnahme- und Einleitungsbauwerke (so OVG Niedersachsen, Urt. v. 26. August 1996 - 3 L 5612/93 -, zit. nach JURIS zum WG Nds) - steht einer uneingeschränkten Erhebung von (allgemeinen) Beiträgen nach § 29 Abs. 1 VS entgegen. Denn dann ist der Mehraufwand, der auf eine Erschwerung der Unterhaltung zurückzuführen ist, entgegen § 29 Abs. 3 VS mit den gesamten Aufwendungen für die Unterhaltung von Gewässern zweiter Ordnung auf alle Mitglieder nach dem Flächenmaßstab umgelegt worden. Abgesehen davon, dass dies dem Willen des Satzungsgebers widerspricht, ist eine Umlegung von besonderen Erschwernisbeiträgen nach dem Flächenmaßstab auch nach dem WG LSA ausgeschlossen. Es handelt sich um die Finanzierung von Aufwendungen, für die der pauschale Flächenmaßstab von vornherein nicht geeignet ist (so auch OVG Niedersachsen, Urt. v. 26. August 1996, a.a.O.).

Es ist auch weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Satzungsregelung deshalb ins Leere läuft, weil nachteilige Einwirkungen i.S.d. § 29 Abs. 3 Satz 1 VS im gesamten Verbandsgebiet nicht vorkamen. Der Beklagte hat sich vielmehr darauf berufen, die Erschwernisbeiträge seien deshalb nie erhoben worden, weil es infolge der fehlenden Vorlage von Richtlinien des Wasserverbandstages e.V. Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und der unterlassenen Erarbeitung eines Erschwerniskataloges an einer Berechnungsgrundlage gefehlt habe. Diese Versäumnisse in der Umsetzung der Regelung ermöglichen es jedoch nicht, die ausdrückliche Anordnung in § 29 Abs. 3 Satz 1 VS zu missachten und einen danach auszuscheidenden Mehraufwand nach dem Flächenmaßstab auf alle Mitglieder umzulegen.

Offen bleiben kann danach, ob die in § 29 Abs. 3 VS getroffene Regelung zu den besonderen Erschwernisbeiträgen, die auf vom Verbandsausschuss zu beschließende Veranlagungsregeln Bezug nimmt, mit § 6 Abs. 2 Nr. 6 WVG in Einklang steht.

Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts bestehen jedoch gegenüber § 29 Abs. 1 VS keine durchgreifenden Bedenken.

Auf Grund des § 105 Abs. 1 HS 2 WG LSA findet die Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 6 WVG Anwendung, wonach in der Satzung des Unterhaltungsverbandes mindestens Bestimmungen über Grundsätze für die Beitragsbemessung enthalten sein müssen. Daraus folgt aber, dass es genügt, dass in der Satzung die grundsätzliche Bestimmung getroffen wird, nach welchen Prinzipien die Kostenaufteilung vorzunehmen ist, und deren Konkretisierung weiteren Entscheidungen der Verbandsorgane vorbehalten bleibt (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15. September 2004 - 20 A 3166/02 -, zit. nach JURIS; vgl. auch Rapsch, Wasserverbandsrecht 1993, Rdnr. 246 ff., 248). Da sich die allgemeine Beitragspflicht der Verbandsmitglieder infolge der ausdrücklichen Maßgabe in § 105 Abs. 2 Satz 1 WG LSA a.F. nicht nach dem Vorteilsmaßstab der §§ 28 Abs. 4, 30 Abs. 1 WVG richtete, sondern nach dem Flächenmaßstab (vgl. OVG LSA, Urt. v. 6. Dezember 2001 - 1 L 310/01 -, NuR 2002, 240, 241), muss nicht entschieden werden, ob danach eine bloße Wiederholung des Vorteilsmaßstabes der Vorgabe des § 6 Abs. 2 Nr. 6 WVG genügt (ablehnend: VG Schwerin, Urt. v. 23. August 2005 - 4 A 1472/00 -, zit. nach JURIS; offen lassend: VGH Hessen, Beschl. v. 4. März 2004 - 5 TG 185/01 - DÖV 2004, 1010, 1011). Jedenfalls ist der in § 29 Abs. 1 VS vorgesehene Flächenmaßstab, der eine leicht veränderte Wiedergabe des Flächenmaßstabes des § 105 Abs. 2 Satz 1 WG LSA a.F. enthält, insoweit ausreichend (vgl. OVG Niedersachsen, Urt. v. 31. August 2004 - 13 LB 9/03 -, NdsVBl. 2005, 97, 98 zum WG Nds; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15. September 2004, a.a.O.; Rapsch, a.a.O. Rdnr. 249). Dass die Höhe des Beitragssatzes in der Satzung festgelegt wird, ist schon angesichts der Formulierung "Grundsätze für die Beitragsbemessung" nicht erforderlich.

Soweit das Verwaltungsgericht darauf abstellt, in der Satzung sei zudem eine unterschiedliche Berücksichtigung der jeweiligen Flächen je nach ihrer Nutzungsart nicht vorgesehen, so dass die Satzung insoweit auch vom Gesetzeswortlaut abweiche, ist dies in der für den streitbefangenen Zeitraum einschlägigen Gesetzesfassung nicht vorgesehen. Der Beklagte verweist zu Recht darauf, dass erst mit dem § 105 Abs. 2 Satz 2 WG LSA i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 15. April 2005 (GVBl. S. 208, 219), der zu einem besonderen Zeitpunkt, spätestens am 1. Januar 2008, in Kraft tritt (vgl. § 3 Abs. 2 des Änderungsgesetzes vom 15. April 2005), eine solche Regelung getroffen wird.

Mit dem abschließenden Hinweis, dass die Vorgaben des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA nicht erfüllt seien, falls das KAG LSA gem. § 1 Abs. 2 KAG LSA Anwendung fände, lässt das Verwaltungsgericht diese Frage offen. Eine solche Anwendbarkeit besteht jedoch nicht. § 1 Abs. 2 KAG LSA beschränkt den Anwendungsbereich des KAG LSA von vornherein nur auf solche Beiträge, die von Landkreisen und Gemeinden erhoben werden. Ein Unterhaltungsverband, zu dessen Mitgliedern nicht nur Gemeinden zählen (vgl. § 104 Abs. 3 Nr. 2 WG LSA), erfüllt diese Voraussetzung daher nicht. Nicht entschieden werden muss deshalb, ob die Verbandsbeiträge des § 105 Abs. 2 WG LSA a.F., bei denen es sich um Verbandslasten handelt (vgl. dazu Achterberg/Püttner/Würtenberger, Bes. VerwR I 2. A., Wasserverbandsrecht Rdnr. 110) überhaupt als Beiträge i.S.d. § 1 Abs. 2 KAG LSA anzusehen sind.

Aus dem vom Verwaltungsgericht als Beleg für seine Ansicht zitierten Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 6. Dezember 2001 - 1 L 310/01 - (NuR 2002, 240 ff.) ergibt sich - worauf der Beklagte ebenfalls zu Recht verweist - nichts gegenteiliges. Denn diese Entscheidung bezieht sich insoweit ausdrücklich auf Umlagen der Gemeinden i.S.d. § 106 Abs. 1 Satz 1 WG LSA. Dass in dem Urteil Verbandslasten als Beiträge im weiteren Sinne bezeichnet werden (a.a.O. S. 242), ist kein Beleg dafür, dass damit eine Anwendbarkeit des KAG LSA angenommen werden sollte.

2. Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass hinsichtlich der Berücksichtigung der Nutzungsart der Flächen eine Divergenz gem. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zu dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 6. Dezember 2001 besteht. Denn die angefochtene Entscheidung beruht schon auf weiteren entscheidungstragenden Annahmen der Vorinstanz, die nach den vorstehenden Ausführungen (im Ergebnis) nicht mit Erfolg angegriffen worden sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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