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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 05.09.2006
Aktenzeichen: 4 L 313/05
Rechtsgebiete: KAG LSA, WG LSA, AVBWasserV, DIN 1988


Vorschriften:

KAG LSA § 5 Abs. 1 S. 1
KAG LSA § 5 Abs. 3 S. 5
WG LSA § 147
AVBWasserV § 10
AVBWasserV § 12
AVBWasserV § 13
DIN 1988
Der Benutzungstatbestand für eine Grundgebühr ist bei einer leitungsgebundenen öffentlichen Einrichtung ab dem Zeitpunkt erfüllt, von dem der Gebührenpflichtige einen betriebsbereiten Anschluss an das Leitungsnetz unterhält. Das Bestehen eines Trinkwasseranschlusses hängt grundsätzlich davon ab, ob zwischen dem Verteilungsnetz und der Kundenanlage auf dem anzuschließenden Grundstück eine Verbindungsleitung besteht. In den Fällen, in denen auf Grund der fehlenden Bebauung des Grundstücks keine anschlussbereiten Hausleitungen, d.h. keine ordnungsgemäße Kundenanlage, vorgehalten werden, reicht es aus, dass die Anschlussleitung an einem Wasserzähler auf dem Grundstück endet. Einem unbebauten Grundstück insoweit gleichgestellt ist aber ein Grundstück mit einem unbewohnbaren Wohnhaus oder einer nicht nutzungsfähigen Bebauung, auf dem (noch) kein Wasser verbraucht wird und wo ebenfalls keine ordnungsgemäße Kundenanlage vorgehalten wird.

Wird ein Grundstück an die Wasserversorgung angeschlossen, entfällt die Grundgebührenpflicht nicht, wenn der Grundstückseigentümer einerseits durch fehlende Nutzung und Spülung der Anschlussleitung die (wasser)rechtliche Notwendigkeit einer Absperrung oder Abtrennung der Anschlussleitung herbeiführt, andererseits aber nicht selbst eine solche Maßnahme beantragt oder sich zumindest auf Anfrage damit einverstanden erklärt und so auf sein Anschlussrecht aus der Wasserversorgungssatzung verzichtet.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 4 L 313/05

Datum: 05.09.2006

Tatbestand:

Der Kläger ist Miteigentümer des Grundstückes "An der G. 14" in A-Stadt, das er zusammen mit seiner Ehefrau 1994 erwarb. Das auf dem Grundstück befindliche Haus steht seit Anfang 1995 leer; der Wasseranschluss war seitdem stillgelegt. Im Zuge der Grundsanierung der vor dem Grundstück verlaufenden Straße wurde dann Ende 1996 oder Anfang 1997 eine neue Trinkwasseranschlussleitung gelegt, die in das Haus führt, aber nicht an Leitungen im Haus angeschlossen ist. Gegen die danach erfolgten Festsetzungen von Trinkwassergrundgebühren hat der Kläger jeweils Widerspruch erhoben; diese Widersprüche wurden bislang nicht beschieden.

Mit einem Gebührenbescheid vom 23. Januar 2003 wurde der Kläger für das Jahr 2002 zu einer Trinkwassergrundgebühr in Höhe von 118,13 € herangezogen. Den gegen den Bescheid fristgerecht erhobenen Widerspruch wies der Trinkwasserzweckverband "Landkreis A-Stadt" mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2003 zurück.

Der Kläger hat am 2. April 2003 beim Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben und darauf verwiesen, die Installation in dem auf Grund fehlender Sanierung unbewohnbaren Haus sei nicht an die Wasserleitung angeschlossen. Die Leitung sei nur auf Drängen der früher für die Wasserversorgung zuständigen MIDEWA bzw. des Trinkwasserzweckverbandes "Landkreis A-Stadt" gelegt worden. Die erhobene Gebühr sei für die Vorhaltung eines Anschlusses ohne Inbetriebnahme zudem nicht angemessen.

In einem Schreiben vom 15. Juni 2004 hat der Trinkwasserzweckverband "Landkreis A-Stadt" den Kläger und seine Ehefrau unter Hinweis auf die Tatsache, dass auf dem Grundstück seit mehreren Jahren kein Trinkwasser mehr entnommen würde, um Mitteilung bis zum 9. Juli 2004 gebeten, ob auf dem Grundstück alsbald wieder Trinkwasser verbraucht werde. Andernfalls sollten sie auf ihre Kosten die Wasserwerke S. GmbH mit dem dann rechtlich notwendigen Rückbau (Beseitigung) des Hausanschlusses beauftragen. Mit Schreiben vom 4. September 2004 haben der Kläger und seine Ehefrau mitgeteilt, dass sie derzeit versuchten, das Objekt zu verkaufen. Sie würden für sich keinen Anlass sehen, den Anschluss auf ihre Kosten beseitigen zu lassen. Es stehe dem Verband frei, die Leitung abzuklemmen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Wasserwerke S. vom 23. Januar 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2003 aufzuheben.

Der Trinkwasserzweckverband "Landkreis A-Stadt" hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Klage im Einzelnen entgegen getreten. Solange der Hausanschluss nicht zurückgebaut sei, nehme der Kläger eine Vorhalteleistung in Anspruch und sei deshalb grundgebührenpflichtig

Das Verwaltungsgericht Halle hat den angefochten Bescheid mit Urteil vom 17. August 2005 aufgehoben.

Die Leistung des Verbandes, die Bereitstellung von Wasser und die sich hieraus ergebende Entnahmemöglichkeit durch den Kläger sei rechtswidrig. Die Grundstücksanschlussleitung sei unter Verstoß gegen § 147 WG LSA i.V.m. den allgemein anerkannten Regeln der Technik, wie sie sich insbesondere aus der DIN 1988 ergäben, errichtet worden. Den Anforderungen der DIN 1988 genüge der Grundstücksanschluss nicht, weil er bereits zu einem Zeitpunkt errichtet worden sei, an dem vorauszusehen gewesen sei, dass mehr als ein Jahr lang kein Wasser entnommen werden würde. Der Verstoß habe sich dann fortgesetzt. Der Verband sei mehrfach gehalten gewesen, die Grundstücksanschlussleitung auch ohne Antrag des Klägers vom Versorgungsnetz abzutrennen. Der Verband könne sich nicht darauf berufen, er habe tatsächlich seine Lieferbereitschaft hergestellt. Dies greife nicht durch, weil die Rechtswidrigkeit in der Aufrechterhaltung der Versorgungsmöglichkeit bestehe und gerade diese Möglichkeit den Gebührentatbestand erfüllen solle.

§ 4 Abs. 1 Satz 2 der heranzuziehenden Gebührensatzung des Verbandes verstoße in der gewählten pauschalen Fassung gegen höherrangiges Recht. Soweit darin ausgeführt werde, die Gebührenpflicht für die Grundgebühr ende erst, wenn der Anschluss vom öffentlichen Netz baulich beseitigt werde, könne dies den Verband nicht von der Einhaltung des § 147 WG LSA suspendieren.

Offen bleiben könne, ob die Grundgebühr weiterhin deshalb nicht gerechtfertigt sei, weil sich die Lieferbereitschaft des Verbandes nicht auf Trinkwasser beziehe.

Durch eine Neufassung der Verbandssatzung vom 12. Dezember 2005 hat sich der Beklagte als Rechtsnachfolger des Trinkwasserzweckverbandes "Landkreis A-Stadt" gebildet.

Mit Beschluss vom 19. April 2006 hat der erkennende Senat die Berufung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.

Der Beklagte macht zur Begründung der Berufung geltend, der vollumfänglich rechtmäßige Betrieb der öffentlichen Einrichtung sei - was von der Rechtsprechung zu den sog. Bürgermeisterkanälen bestätigt werde - nicht Voraussetzung für die Erhebung von Gebühren. Weiterhin sei die Bereitstellung der Leistung durch ihn einrichtungsbezogen zu betrachten. Bezüglich der Gesamteinrichtung der Trinkwasserversorgung liege eine unbestritten weit überwiegend rechtmäßige Leistung vor. Die Grundgebühr diene zur Abgeltung der Liefer- und Betriebsbereitschaft der öffentlichen Einrichtung insgesamt. Schließlich könne die Kontamination der Leitung durch ein längeres Spülen beseitigt werden. Eine geringfügige Verkeimung der Anschlussleitung hindere deswegen nicht die Erhebung der Grundgebühr. Dabei sei auch der Gesichtspunkt der Treuwidrigkeit des Grundstückseigentümers zu beachten.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 5. Kammer - vom 17. August 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, der Sondervorteil, für dessen Erbringung ihn der Beklagte satzungsgemäß zur Grundgebühr heranziehen wolle, sei nicht vollständig ausgeprägt. Der Beklagte habe die in den Satzungen statuierten Anforderungen an die Gewährung der Liefer- und Betriebsbereitschaft in Bezug auf die öffentliche Wasserversorgungsanlage nicht erfüllt. Ein tatsächlich hergestellter Anschluss im Sinne des § 4 Abs. 2 der Gebührensatzung liege nur dann vor, wenn eine gesundheitsgemäße und den hygienischen Anforderungen entsprechende Versorgung garantiert sei. Vorliegend seien aber die Vorgaben der DIN 1988 nicht eingehalten worden. Der Hausanschluss sei so hergerichtet worden, als wenn er unmittelbar danach an die Hausanlage angeschlossen werden sollte, was offensichtlich überhaupt nicht möglich gewesen sei und von der MIDEWA auch hätte erkannt werden müssen. Die Ursache dafür, dass der Hausanschluss nach den Regeln der Technik überhaupt nicht hätte hergestellt werden dürfen, liege nicht in seiner Sphäre. Der Beklagte habe die von ihm selbst statuierten Standards nicht eingehalten. Es sei ihm auch nicht zumutbar, zunächst einige Zeit "braunes Wasser" aus der Versorgungsleitung zu beziehen. Zudem bestehe die Möglichkeit, dass sich die hygienischen und gesundheitlichen Gefahren verwirklichten, die die DIN-Vorschriften gerade verhindern sollten. Dass er die Abtrennung des Grundstücks von der öffentlichen Leitung nicht in Auftrag gegeben habe, betreffe die Beendigung einer bereits entstandenen Gebührenpflicht. Vorliegend sei die Gebührenpflicht aber noch nicht entstanden.

Die Argumentation, dass die Vorhalteleistungen auch erbracht seien, obwohl die technischen Standards unterschritten würden, ließe keine rechtssichere Abgrenzung zu, wann der Gebührentatbestand vorliege und wann nicht. Die vom Beklagten zu erbringenden Leistungen würden letztlich an Hand der DIN-Vorschriften definiert. Es komme auch nicht darauf an, dass die Trinkwasserversorgung überwiegend in Bezug auf die gesamte Einrichtung rechtmäßig und den Standards entsprechend erbracht werde. Soweit eine Abgabenerhebung von der Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung gelöst werde, beruhe dies zumeist ausschlaggebend auf der Erwägung, ein unzulässiges oder allgemein zu missbilligendes Verhalten des potentiellen Abgabenschuldners dürfe nicht belohnt werden. Die hier in Rede stehende Rechtswidrigkeit sei aber nicht auf sein Verhalten, sondern auf ein solches des Beklagten zurückzuführen. Für diese Ansicht spräche auch die Regelung des § 125 BauGB.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet, weil das Verwaltungsgericht der Klage zu Unrecht stattgegeben hat. Der Gebührenbescheid vom 23. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Trinkwasserzweckverbandes "Landkreis A-Stadt" vom 11. März 2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage der Erhebung der Grundgebühr ist § 5 KAG LSA i.V.m. §§ 1 Abs. 2 Buchst. b, 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserversorgungssatzung in der 1. Neufassung vom 14. Oktober 2002 des Trinkwasserzweckverbandes "Landkreis A-Stadt" - BGS -, die rückwirkend zum 1. Januar 1996 in Kraft getreten ist (§ 13 BGS). Bedenken an der formellen Rechtmäßigkeit der Satzung sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA erheben Landkreise und Gemeinden als Gegenleistung die für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen erforderlichen Benutzungsgebühren, soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Die nach § 5 Abs. 3 Satz 5 KAG LSA zulässige Grundgebühr stellt eine Form der Benutzungsgebühr dar, die für die Inanspruchnahme der Liefer- und Betriebsbereitschaft einer öffentlichen Einrichtung (hier des Wasserversorgungssystems) erhoben wird. Sie dient zur Deckung derjenigen verbrauchsunabhängigen Betriebskosten (auch Fixkosten oder invariable Kosten genannt), die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 1. August 1986 - 8 C 112.84 -, KStZ 1987, 11; OVG LSA, Beschl. v. 4. Dezember 2000 - 3 M 368/00 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 26. August 2002 - 9 LA 305/02 -).

Der Benutzungstatbestand für eine Grundgebühr ist bei einer leitungsgebundenen öffentlichen Einrichtung ab dem Zeitpunkt erfüllt, von dem der Gebührenpflichtige einen betriebsbereiten Anschluss an das Leitungsnetz unterhält. Von diesem Zeitpunkt an kommen ihm die Vorhalteleistungen in Gestalt der Unterhaltung eines öffentlichen Leitungsnetzes voll zugute, weil er über den vorhandenen Anschluss und das ständig lieferbereit gehaltene Leitungsnetz jederzeit die Leistungen der öffentlichen Einrichtung (hier: Wasserversorgung) abrufen kann (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25. August 1995 - 9 A 3907/93 -, NVwZ-RR 1996, 700; vgl. auch OVG LSA, Beschl. v. 4. Dezember 2000 - 3 M 368/00 -; Driehaus, Kommunalabgabenrecht Bd. I, § 6 Rdnr. 221c; Bd. II Rdnr. 755a; Forst, KStZ 2001, 141, 147; zweifelnd: OVG Niedersachsen, Beschl. v. 12. September 1990 - 9 L 119/89 - jeweils für die Abwasserentsorgung). Dementsprechend entsteht die Grundgebühr gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 BGS erstmals mit dem Tage, an dem der Anschluss tatsächlich hergestellt worden ist.

1. Mit der Verlegung der Trinkwasseranschlussleitung von der (Haupt)Versorgungsleitung auf das klägerische Grundstück bis zum Wasserzähler in dem Haus wurde der Anschluss i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 BGS tatsächlich hergestellt und war in dem dargelegten Sinne betriebsbereit. Der Kläger konnte ab diesem Zeitpunkt ohne größeren technischen Aufwand aus der Leitung Wasser entnehmen. Dass die Anschlussleitung nicht mit Hausleitungen, d.h. einer Kundenanlage in dem Haus (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Wasser - AVBWasserV -), verbunden worden ist, steht der Entstehung der Gebührenpflicht in der hier gegebenen Sonderkonstellation nicht entgegen. Zwar hängt das Bestehen eines Trinkwasseranschlusses grundsätzlich davon ab, ob zwischen dem Verteilungsnetz und der Kundenanlage auf dem anzuschließenden Grundstück eine Verbindungsleitung besteht (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 20. Dezember 2004 - 1 L 106/03 -). Auch gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV besteht der Hausanschluss, der nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AVBWasserV zu den Betriebsanlagen des Wasserversorgungsunternehmens gehört, aus der Verbindung des Verteilungsnetzes mit der Kundenanlage, der Anlage hinter dem Hausanschluss. Nach § 13 Abs. 1 AVBWasserV schließen das Wasserversorgungsunternehmen oder dessen Beauftragter die Kundenanlage an das Verteilungsnetz an und setzen sie in Betrieb.

Da aber allein der Anschlussnehmer u.a. für die ordnungsgemäße Errichtung der Kundenanlage verantwortlich ist (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV), reicht es in den Fällen, in denen auf Grund der fehlenden Bebauung des Grundstücks keine anschlussbereiten Hausleitungen, d.h. keine ordnungsgemäße Kundenanlage, vorgehalten werden, aus, dass die Anschlussleitung an einem Wasserzähler auf dem Grundstück endet. Denn auch der Eigentümer eines unbebauten Grundstücks darf im Grundsatz die Verlegung eines Trinkwasseranschlusses verlangen (vgl. § 3 Abs. 1 und 2, § 8 Abs. 1 Satz 1 WVS 1995; § 4 Abs. 1 WVS 1998). Einem unbebauten Grundstück insoweit gleichgestellt ist aber ein Grundstück mit einem unbewohnbaren Wohnhaus oder einer nicht nutzungsfähigen Bebauung, auf dem (noch) kein Wasser verbraucht wird und wo ebenfalls keine ordnungsgemäße Kundenanlage vorgehalten wird. Da hinsichtlich der Wasserversorgung dann kein Anschluss- und Benutzungszwang angeordnet werden kann (vgl. § 4 WVS 1995; § 4 Abs. 1 WVS 1998), steht es allein in der Befugnis des Grundstückseigentümers, ob und wann er eine Kundenanlage errichtet und den Anschluss daran vornehmen lässt.

Der Kläger hat selbst geltend gemacht, eine Kundenanlage (eigene Hausinstallation) sei nicht erstellt worden. Weiterhin ist nach der vom Beklagten nicht substanziiert bestrittenen Darlegung des Klägers, die durch Fotos gestützt wird, davon auszugehen, dass das Haus wegen der fehlenden Sanierung unbewohnbar und hinsichtlich des Anschlusses an die Wasserversorgung einem unbebauten Grundstück gleichzustellen ist.

Das Satzungsrecht des Rechtsvorgängers des Beklagen, des Trinkwasserzweckverbandes "Landkreis A-Stadt", sah keine weitergehenden Voraussetzungen vor. Eine wirksame Satzung über die Wasserversorgung lag nach den Darlegungen des Beklagten zum Zeitpunkt der tatsächlichen Anschlussnahme nicht vor. Die erst im Mai 1997 veröffentlichte Wasserversorgungssatzung des Verbandes vom 2. September 1995 - WVS 1995 - nahm keine nähere Definition des (Grundstücks)Anschlusses (vgl. § 8 Abs. 2, 3 und 4 WVS 1995) vor. Nach § 9 Abs. 1 der Wasserversorgungssatzung des Verbandes vom 31. Januar 1998 - WVS 1998 - umfasst der Hausanschluss unter Einbeziehung des Grundstücksanschlusses die darüber hinausgehende Leitungsstrecke von der Grundstücksgrenze bis zum Wasserzähler auf dem Grundstück, in der Regel in einem Gebäude (Satz 2). Der Wasserzähler ist Bestandteil des Grundstücks- bzw. Hausanschlusses (Satz 3). Daraus folgt, dass die Anschlussleitung nach dieser Satzung lediglich auf das Grundstück führen und mit einem Wasserzähler verbunden sein muss.

2. Die (Grund)Gebührenpflicht entfällt nicht dadurch, dass der Anschluss unter Verletzung wasserrechtlicher Vorschriften errichtet und/oder betrieben wurde bzw. eine Verpflichtung des Rechtsvorgängers des Beklagten zur Absperrung oder sogar Abtrennung der Anschlussleitung bestand.

Gemäß § 147 WG LSA a.F. (= § 147 Satz 1 WG LSA i.d.F. des Änderungsgesetzes v. 15. April 2005) sind Anlagen für die Versorgung mit Trink- oder Betriebswasser, die dem allgemeinen Gebrauch dienen (öffentliche Wasserversorgung), nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu errichten und zu betreiben. Zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik gehören auch die Vorschriften der DIN 1988. Nach der DIN 1988, Teil 8 Nr. 5 sind Trinkwasseranlagen, die nach ihrer Fertigstellung nicht innerhalb von 4 Wochen in Betrieb genommen oder die länger als 6 Monate stillgelegt werden, am Hausanschluss (Hauptabsperrarmatur) abzusperren und zu entleeren (Satz 1). Anschlussleitungen, die nach ihrer Fertigstellung nicht sofort benutzt oder vorübergehend stillgelegt werden, sind an der Versorgungsleitung abzusperren (Satz 2). Anschlussleitungen, die mehr als ein Jahr nicht benutzt werden, sind von der Versorgungsleitung abzutrennen (Satz 3). In der DIN 1988, Teil 4 Nr. 3.5 ist bestimmt, dass aus hygienischen Gründen empfohlen werde, nach Stagnationszeiten, z.B. im häuslichen Bereich von mehr als 4 Wochen, Spülungen der Leitungsanlagen vorzunehmen (Satz 4). Leitungen, die bestimmungsgemäß nur selten oder längere Zeit nicht benutzt werden, sind während der Stillstandzeiten abzusperren und vor Wiederinbetriebnahme zu spülen (Satz 5). Leitungen, die nicht mehr benutzt werden, sind abzutrennen (Satz 6).

Es ist schon zumindest problematisch, ob sich § 147 WG LSA auch auf die Anschlussleitung von der (Haupt)Versorgungsleitung bis zum Haus bezieht, die lediglich der Versorgung eines einzelnen Grundstücks dient. Ebenfalls bestehen gewisse Bedenken gegen die vom Verwaltungsgericht ohne weiteres angenommene Anwendbarkeit der DIN 1988 für die Errichtung und den Betrieb der Anschlussleitung durch den Rechtsvorgänger des Beklagten. So gilt der Teil 8 zwar für den "Betrieb und die Instandhaltung von Trinkwasseranlagen", soll aber nach seinen Nr. 1 und 2 " dem Betreiber (Anschlussnehmer)" ermöglichen, seine vertraglichen Verpflichtungen nach der AVBWasserV sowie seine allgemeinen Verkehrssicherungspflichten zu erfüllen. Der damit in Bezug genommene § 15 AVBWasserV richtet sich an den Anschlussnehmer und nicht an das Wasserversorgungsunternehmen.

Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass Errichtung und/oder Betrieb der Grundstücksanschlussleitung gegen wasserrechtliche Vorschriften verstoßen haben, folgt daraus noch nicht, dass die Grundgebührenpflicht für den streitbefangenen Zeitraum entfallen ist.

Die Grundgebühr dient nicht zur Abgeltung des tatsächlichen Bezuges von Trinkwasser, sondern nur zur Abgeltung der Liefer- und Betriebsbereitschaft der öffentlichen Einrichtung. Die dazu aufgewandten Vorhalteleistungen des Rechtsvorgängers des Beklagten wurden aber unabhängig davon aufgewandt, ob dem Anschluss des klägerischen Grundstücks oder dem Betrieb der Leitung öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen standen. Eine Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA lag also so lange vor, so lange nicht die Abtrennung oder Absperrung von der (Haupt)Versorgungsleitung erfolgte. Dass die Aufrechterhaltung der Liefer- und Betriebsbereitschaft selbst gegen öffentlich-rechtliche Rechtsnormen verstieß, hat auf die Grundgebührenpflicht deshalb keine Auswirkungen, weil eine Überlagerung durch eine den Anschlussnehmern zuzurechnende Pflichtenverletzung des entstandenen Benutzungsverhältnisses vorliegt. Nach § 3 Abs. 1 der im streitbefangenen Zeitraum geltenden WVS 1998 war grundsätzlich jeder Eigentümer eines im Gebiet des Verbandes liegenden Grundstücks berechtigt, den Anschluss seines Grundstücks an die Wasserversorgungsanlage und die Belieferung mit Trinkwasser nach Maßgabe dieser Satzung zu verlangen. Wird ein Grundstück an die Wasserversorgung angeschlossen, liegt eine Pflichtenverletzung vor, wenn der Grundstückseigentümer einerseits durch fehlende Nutzung und Spülung der Anschlussleitung die (wasser)rechtliche Notwendigkeit einer Absperrung oder Abtrennung der Anschlussleitung herbeiführt, andererseits aber nicht selbst eine solche Maßnahme beantragt oder sich zumindest auf Anfrage damit einverstanden erklärt und so auf sein Anschlussrecht aus der Wasserversorgungssatzung verzichtet. Dann entfällt die Grundgebührenpflicht nicht.

Der Kläger und seine Ehefrau haben als Grundstückseigentümer erst mit Schreiben vom 4. September 2004 dem Beklagten auf dessen Anfrage mitgeteilt, es stehe ihm frei, "die Leitung abzuklemmen". Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, sie hätten keinen neuen Anschluss gewollt und der seinerzeitige Versorgungsträger habe auf die Verlegung neuer Anschlüsse "bestanden". Unabhängig davon, dass die klägerische Beschreibung der Einflussnahme des Versorgungsträgers im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens immer weiter gesteigert wurde, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass seine Ehefrau und er zu der Verlegung ihr Einverständnis erteilt haben. Dass bei der Verlegung der Anschlussleitung keine Kundenanlage vorhanden war, kann der Grundgebührenpflicht nicht entgegen gehalten werden. Der damalige Wasserversorger konnte nicht wissen, ob nicht die Grundstückseigentümer einen späteren Anschluss an eine Kundenanlage planten und bis dahin auf anderem Wege eine Nutzung und Spülung der Anschlussleitung vornehmen wollten. Aus der vom Kläger angesprochenen Bestimmung des § 125 BauGB kann er schon deshalb nichts für sich herleiten, weil es sich dabei um eine Beitragsregelung handelt.

Soweit der Kläger gegen frühere Gebührenbescheide Widerspruch eingelegt hat, lässt sich diesen Widersprüchen nicht in hinreichender Weise entnehmen, dass eine Abtrennung oder Absperrung der Anschlussleitung von der (Haupt)Versorgungsleitung bzw. eine Stilllegung des Hausanschlusses verlangt wurde. Vielmehr ging der Kläger lediglich davon aus, dass keine Gebührenpflicht bestehe, weil kein Anschluss an Hausleitungen im Gebäude erfolgt sei. Auch wenn auf Grund dieser Widersprüche für den Rechtsvorgänger des Beklagten hinreichender Anlass bestand, schon vor dem Jahre 2004 Aufklärungsmaßnahmen durchzuführen, ist dadurch doch die Gebührenpflicht nicht erloschen.

3. Der Grundgebührenpflicht steht ebenfalls nicht entgegen, dass zumindest im streitbefangenen Zeitraum das Wasser aus der Anschlussleitung möglicherweise nicht bzw. nicht ohne weiteres Trinkwasserqualität hatte. Zwar ist in § 4 Abs. 3 Satz 1 AVBWasserV vorgeschrieben, dass das Wasser den jeweils geltenden Rechtsvorschriften und den anerkannten Regeln der Technik für die vereinbarte Bedarfsart (Trink- oder Betriebswasser) entsprechen muss; weitere Vorgaben enthielten die §§ 1 bis 3 der von 1986 bis 31. Dezember 2002 geltenden Trinkwasserverordnung 1986. Allerdings spricht schon Einiges dafür, dass eine länger andauernde Spülung ausreichend gewesen wäre, um gegebenenfalls verkeimtes Wasser zu entfernen. Dem muss aber nicht nachgegangen werden. Auch insoweit ist durchgreifend, dass die fehlende Trinkwasserqualität letztlich auf das Verhalten der Grundstückseigentümer - mangelnde Spülung der Leitung - zurückzuführen ist.

4. Die Gebührenpflicht war auch nicht vor Ablauf des streitbefangenen Zeitraumes nach den satzungsrechtlichen Vorgaben beendet. Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 BGS endet die Gebührenpflicht erst, wenn der Anschluss vom öffentlichen Netz baulich beseitigt (Rückbau) wird. Es kann offen bleiben, ob mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen ist, dass diese Regelung zu weitgehend ist. Jedenfalls käme eine frühere Beendigung nur dann in Betracht, wenn die Grundstückseigentümer als Anschlussnehmer eine Abtrennung oder Absperrung der Anschlussleitung von der (Haupt)Versorgungsleitung bzw. eine Stilllegung des Hausanschlusses verlangt oder zumindest gebilligt hätten. Dies war aber - wie oben gesehen - erst mit ihrem Schreiben vom 4. September 2004 der Fall.

5. Andere Einwendungen gegenüber der erhobenen Grundgebühr von 9,84 €/Monat hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht erhoben. Fehler bei der Gebührenfestsetzung sind auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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