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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 28.01.2009
Aktenzeichen: 4 L 335/08
Rechtsgebiete: BGB, LSA-VwKostG, VwVfG


Vorschriften:

BGB §§ 164 ff
LSA-VwKostG § 2 Abs. 1 Nr. 1
VwVfG § 1 Abs. 4
1. Die BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH ist weder eine Behörde im Sinne des § 1 Abs. 2 VwVfG LSA noch als "andere Behörde" in irgendeiner Form in den Organismus der Staatsverwaltung eingegliedert. Sie handelt nicht in öffentlich-rechtlicher Rechtsform, sondern ist eine juristische Person des Privatrechts und handelt als solche ausschließlich in diesem Rechtsgebiet, so dass eine persönliche Gebührenbefreiung ausscheidet.

2. Auch auf die Behördeneigenschaft der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben kann die BVVG sich nicht berufen, da sie nicht in deren Namen, sondern treuhänderisch im eigenen Namen handelt.


Gründe:

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; insbesondere ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin sich gegenüber dem noch streitgegenständlichen Kostenbescheid der Beklagten vom 19. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2006 nicht auf den in § 5 Abs. 1 Nr. 7 der hier noch anwendbaren Verwaltungskostensatzung der Beklagten vom 16. August 2001 - VwKostS -, veröffentlicht im Amtsblatt vom 21. September 2001, normierten Befreiungstatbestand berufen kann.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 7 VwKostS werden Gebühren nicht erhoben für Tätigkeiten, zu denen in Ausübung öffentlicher Gewalt Behörden des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände oder eine andere Behörde Anlass gegeben haben. In Anlehnung an die ähnlich lautende Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG LSA ist alleiniger Sinn dieser Vorschrift, Zahlungen aus einer Staatskasse in eine andere Staatskasse zu vermeiden (vgl. OVG LSA, Urt. v. 22.05.1996 - A 2 S 269/95 -; NdsOVG, Urt. v. 14.09.1993 - 1 L 334/91 -, OVGE Bd. 44, 357 zu einer vergleichbaren Rechtslage in Niedersachsen). Da die Klägerin weder eine Behörde im Sinne des § 1 Abs. 2 VwVfG LSA noch auch nur als "andere Behörde" in irgendeiner Form in den Organismus der Staatsverwaltung eingegliedert ist, scheitert die persönliche Gebührenbefreiung schon aus diesem Grund. Darüber hinaus kommt diese Gebührenbefreiung ohnehin nicht für jedes Handeln in öffentlich-rechtlicher Rechtsform, sondern nur für hoheitliches Verwaltungshandeln in Betracht (so auch NdsOVG, a. a. O.). Die Klägerin handelt allerdings nicht in öffentlich-rechtlicher Rechtsform, sondern ist eine juristische Person des Privatrechts und handelt als solche ausschließlich auf diesem Rechtsgebiet; insbesondere hat die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben der Klägerin per Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrag vom 5. Juni 1996 das zivilrechtliche Eigentum an den land- und forstwirtschaftlichen Flächen übertragen. Damit führt die Klägerin - mit Ausnahme der hoheitlichen Aufgaben (vgl. dazu Drucksache 13/5886 vom 23.10.1996: Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage - Drucksache 13/5176 -) - alle im Zusammenhang mit dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen bisher von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben wahrgenommenen Aufgaben fort. Sie verwaltet und verwertet damit die ehemals volkseigenen land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen sowie Gebäude und Anlagen in den neuen Bundesländern (Treuhandgeschäft). Hauptaufgaben sind hierbei der Verkauf von land- und forstwirtschaftlichen Flächen nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) und der Flächenerwerbsverordnung (FlErwV), der Verkauf von Bauboden für investive Zwecke und das Vertragsmanagement.

Auch auf die Behördeneigenschaft der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben kann die Klägerin sich nicht berufen, da sie nicht als "verlängerter Arm" dieser Behörde, sondern treuhänderisch im eigenen Namen handelt. Insoweit hat bereits der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt in seinem rechtskräftigen Urteil vom 22. Mai 1996 (a. a. O.) festgestellt, dass die Klägerin weder im Außenverhältnis als Vertreterin der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben auftrete, noch ihr ein aus dem Innenverhältnis, insbesondere dem Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrag vom 5. Juni 1996, ableitbares rechtliches Können im Außenverhältnis, unmittelbare Rechtswirkungen für und gegen den Geschäftsherrn zu erzeugen, zustehe (vgl. im Einzelnen dazu OVG LSA, Urt. v. 22.05.1996, a. a. O.).

Diesen Feststellungen schließt sich der erkennende Senat an, zumal die gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen bis heute keine Änderung erfahren haben. Die Klägerin kann dem nicht erfolgreich entgegensetzen, die Beklagte und das Verwaltungsgericht hätten zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass es sich - abweichend von der Entscheidung des OVG Greifswald vom 14. April 2004 - bei dem hier streitgegenständlichen Verfahren um eine Auskunft im Zusammenhang mit der Privatisierung von Flächen nach dem EALG und damit um eine (hoheitliche) öffentliche Aufgabe gehandelt habe. Unabhängig davon, dass die Klägerin damit nach den vorgenannten Ausführungen ein hoheitliches Tätigwerden nicht aufgezeigt hat, kann es im Übrigen auch dem Gebührengläubiger im Rahmen einer Gebührenfestsetzung nicht zugemutet werden, sämtliche rechtlichen Regelungen, die das Tätigwerden der Klägerin im Innenverhältnis zur Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben bestimmen, zu berücksichtigen. Die Abgaben erhebende Behörde darf sich darauf verlassen, dass derjenige, der auf einem amtlichen Formular bei ihr einen Antrag stellt, auch als Antragsteller angesehen werden kann (so auch OVG MV, Urt. v. 14.04.2004 - 1 L 344/02 -, zitiert nach juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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