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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 23.01.2009
Aktenzeichen: 4 L 8/07
Rechtsgebiete: LSA-GO, LSA-VwVfG


Vorschriften:

LSA-GO § 137
LSA-VwVfG § 49 a.F.
LSA-VwVfG § 49 Abs. 1 S. 1 a.F.
LSA-VwVfG § 49 Abs. 1 S. 2 a.F.
Die in einer kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügung gem. § 137 GO LSA enthaltene Verpflichtung einer Gemeinde, eine Vereinbarung zur Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft mit anderen Kommunen zu beschließen, ist stets als belastender Verwaltungsakt anzusehen.
Gründe:

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

1. Die Anordnung in dem Bescheid des Rechtsvorgängers des Beklagten vom 1. Dezember 2004, mit dem der Klägerin unter Fristsetzung und Androhung einer Ersatzvornahme aufgegeben worden war, eine genehmigungsfähige Verwaltungsgemeinschaftsvereinbarung zur Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft mit den in § 2 Nr. 9 der Zweiten Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften vom 1. November 2004 (GVBl. LSA 2004, 763 f.) genannten Kommunen zu beschließen, zu unterzeichnen und dem Landesverwaltungsamt zur Genehmigung vorzulegen, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht "insgesamt als begünstigend zu werten". Ein begünstigender Verwaltungsakt lag nach § 48 Abs. 1 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in der bis 30. November 2005 gültigen Fassung - VwVfG LSA a. F. - nur vor, wenn dieser Verwaltungsakt ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat. Die in einer kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügung gem. § 137 GO LSA enthaltene Verpflichtung einer Gemeinde, eine Vereinbarung zur Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft mit anderen Kommunen zu beschließen (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 9. Mai 2005 - 4 M 23/05 -, zit. nach JURIS), begründet oder bestätigt aber ersichtlich kein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil, sondern ist stets als Beschränkung des Selbstverwaltungsrechts dieser Gemeinde (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG; Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 Abs. 1 Verf LSA) und damit als belastender Verwaltungsakt anzusehen (vgl. auch Gern, Deutsches Kommunalrecht 3. A., Rdnr. 813 Nr. 4.3.2.). Dass nach dem Inhalt des der Androhung beigefügten Entwurfs einer Verwaltungsgemeinschaftsvereinbarung die Klägerin teilweise - z. B. durch die Bestimmung des Sitzes der Verwaltungsgemeinschaft - begünstigt worden wäre, stellt von vornherein keinen rechtlichen, sondern nur einen faktischen Vorteil dar. Darüber hinaus hatte der Beklagte den Inhalt des Entwurfs einer Verwaltungsgemeinschaftsvereinbarung (noch) nicht durch eine kommunalaufsichtsrechtliche Anordnung verbindlich festgelegt.

2. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch festgestellt, dass der auf der Grundlage des § 49 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA a.F. erlassene Widerrufsbescheid des Rechtsvorgängers des Beklagten vom 13. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 4. Juli 2005 trotz der fehlenden Ermessensausübung nicht zu beanstanden ist, weil eine sog. Ermessensreduzierung auf Null vorlag. Eine Anordnungsverfügung über den Beschluss einer genehmigungsfähigen Vereinbarung zur Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft war nicht nur gegenüber der Klägerin, sondern auch gegenüber den anderen Kommunen ergangen, die durch § 2 Nr. 9 der Zweiten Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften vom 1. November 2004 zu einer Verwaltungsgemeinschaft zusammengeschlossen worden waren. Die Rechtslage hatte sich aber derart geändert, dass diese Anordnungsverfügungen sämtlich aufgehoben werden mussten. Die im August 2004 erteilte Genehmigung der Verwaltungsgemeinschaftsvereinbarung, die von den Gründungsmitgliedern der Verwaltungsgemeinschaft "Südliches Anhalt" - einem Großteil der in § 2 Nr. 9 der Zweiten Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften vom 1. November 2004 genannten Kommunen - beschlossen worden war, war durch den Rechtsmittelverzicht eines dieser Gründungsmitglieder bestandskräftig geworden. Der Verordnungsgeber hatte aus dieser Entwicklung Konsequenzen gezogen und mit § 1 Nr. 5 der Zweiten Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften vom 10. Dezember 2004 (GVBl. LSA 2004, 822 f.) nur noch die Zuordnung der Klägerin und anderer Kommunen zu der Verwaltungsgemeinschaft "Südliches Anhalt" verfügt. Daher durfte nach Erlass dieser Verordnung gegenüber der Klägerin nicht mehr die Verpflichtung zum Abschluss einer Gemeinschaftsvereinbarung durchgesetzt werden, sondern die Kommunalaufsichtsbehörde durfte lediglich eine Anpassung der bestandskräftig genehmigten Verwaltungsgemeinschaftsvereinbarung verlangen. Denn § 1 Nr. 5 der Zweiten Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften vom 10. Dezember 2004 machte gerade diese von den Gründungsmitgliedern der Verwaltungsgemeinschaft "Südliches Anhalt" beschlossene Verwaltungsgemeinschaftsvereinbarung zur Grundlage der erfolgten Zuordnung. Soweit die Klägerin erklärt, es seien u.a. durch den Widerrufsbescheid "elementare Rechte" ihrer Selbstverwaltung verletzt worden, könnte sie durch die Anordnung vom 1. Dezember 2004 überhaupt nur Rechte erlangt haben, wenn alle von diesen Anordnungen betroffenen Kommunen eine Verwaltungsgemeinschaftsvereinbarung vorgelegt hätten. Wie oben dargelegt hatte sie durch die Anordnung selbst kein Recht oder einen rechtlichen Vorteil erlangt.

3. Soweit die Klägerin geltend macht, dem Rechtsvorgänger des Beklagten sei es aus "dieser beschriebenen rechtlichen Situation heraus" aufgegeben, auch über den Sitz der Verwaltungsgemeinschaft zu entscheiden, und § 137 GO LSA sei "jedenfalls dahingehend die einschlägige Rechtsnorm", soweit die anderen Mitgliedsgemeinden die "raumordnerische Wertigkeit der Klägerin vollends" negierten, genügt dieser Vortrag schon nicht den Darlegungserfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

Dem Vortrag lässt sich nicht entnehmen, gegen welche rechtliche Erwägung des Verwaltungsgerichts sich die Klägerin damit wenden will bzw. welcher der erhobenen Klagebegehren das Vorbringen zugeordnet werden soll. Das Gericht hat zu der Anfechtungsklage gegen die auf § 137 GO LSA gestützte Anordnungsverfügung vom 3. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 4. Juli 2005 ausgeführt, es sei nicht zu beanstanden, dass darin keine Abänderung der Bestimmung des Sitzes der Verwaltungsgemeinschaft erfolgt sei. Zu einer solchen Maßnahme sei der Rechtsvorgänger des Beklagten durch § 137 GO LSA nicht ermächtigt gewesen. Die Verpflichtungsklage der Klägerin hinsichtlich einer anderen Zuweisung des Sitzes der Verwaltungsgemeinschaft hat das Verwaltungsgericht u. a. abgewiesen, weil es an einer Rechtsgrundlage dafür fehle. Es bleibt offen, auf der Grundlage welcher Klageanträge die ohne hinreichende Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Ausführungen bleibenden Rügen erhoben werden. Zudem wird der entsprechende Absatz in der Antragsbegründung abgeschlossen mit dem Hinweis, dass "aus den vg. Gründen ... keine Ermessensreduzierung auf Null" vorgelegen habe. Daher käme auch in Betracht, dass die Klägerin ihre Rüge in Bezug auf die Abweisung ihrer Anfechtungsklage gegen den Widerrufsbescheid vom 13. Dezember 2004 erheben wollte.

4. Auch die Rüge der Klägerin, der "Hinweis des Verwaltungsgerichts Dessau hinsichtlich des Zitiergebotes" sei unzutreffend und § 76a GO LSA sei "für den Beklagten als maßgebende Rechtsgrundlage zu beachten gewesen", ist schon entgegen § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht hinreichend aufbereitet. Denn das Verwaltungsgericht hat seine Feststellung, für die Regelung in § 1 Nr. 5 der Zweiten Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften vom 10. Dezember 2004 sei § 76 Abs. 1a Satz 1 GO LSA die Ermächtigungsgrundlage, im Rahmen der Anfechtung der Anordnungsverfügung vom 3. Januar 2005 getroffen. Die Klägerin bezieht sich in ihrem Vortrag aber lediglich auf die vorinstanzlich gerade nicht herangezogene "Anordnungsverfügung vom 13.12.2004", so dass offen bleibt, welche der erhobenen Klagen gemeint ist.

Im Übrigen entspricht die Feststellung des Verwaltungsgerichts zur Rechtsgrundlage der Verordnung der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 9. Mai 2005, a. a. O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 1 GKG. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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