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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 02.05.2005
Aktenzeichen: 4 M 27/05
Rechtsgebiete: LSA-GO


Vorschriften:

LSA-GO § 76 I
LSA-GO § 76 Ia
LSA-GO § 76 III
LSA-GO § 76 IV
LSA-GO § 76 V
LSA-GO § 137
1. Gemeinden einer rechtmäßig durch Verordnung gebildeten Verwaltungsgemeinschaft sind verpflichtet, unverzüglich eine Gemeinschaftsvereinbarung zu schließen.

Dies kann die Kommunalaufsicht durchsetzen.

Dies gilt auch dann, wenn die abzuschließende Gemeinschaftsvereinbarung lediglich an der Mitwirkung einer einzigen Gemeinde mit wenigen Einwohnern scheitert.

2. Wird eine Verwaltungsgemeinschaft durch Verordnung gebildet, so kann die Kommunalaufsicht anordnen, dass bisherige Verwaltungsgemeinschaftsvereinbarungen angepasst werden.

3. Die Kommunalaufsicht ist nicht verpflichtet, in die ersetzte Gemeinschaftsvereinbarung Regelungen aufzunehmen, welche von der Mehrheit der zusammengeschlossenen Gemeinden getragen würden. Das gilt auch dann, wenn die "überwiegende Mehrheit" eine bestimmte Regelung vereinbart hatten.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 4 M 27/05

Datum: 02.05.2005

Gründe:

I.

Die Antragstellerin wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen eine kommunalaufsichtliche Verfügung des Antragsgegners vom 15.12.2004, mit der unter Anordnung der sofortigen Vollziehung im Wege der Ersatzvornahme der Beschluss des Stadtrates der Antragstellerin zu einer genehmigungsfähigen Gemeinschaftsvereinbarung zur Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft Oebisfelde-Calvörde mit den Gemeinden ... ersetzt und eine der Verfügung beigefügte Gemeinschaftsvereinbarung in Kraft gesetzt wurde, die unter § 2 Abs. 1 folgende Regelung beinhaltet: "Die Verwaltungsgemeinschaft bildet einen Gemeinschaftsausschuss, der aus den Bürgermeistern der Mitgliedsgemeinden besteht." Mit Bescheid vom 16.12.2004 genehmigte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt unter Anordnung der sofortigen Vollziehung diese Gemeinschaftsvereinbarung.

Gegen die kommunalaufsichtliche Verfügung des Antragsgegners vom 15.12.2004 hat die Antragstellerin am 22.12.2004 erfolglos bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung hat das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 12. Januar 2005 - 9 B 383/04 MD - ausgeführt, der in § 2 Nr. 11 Buchst. a) der 2. VwGemVO erfolgte Zusammenschluss der Verwaltungsgemeinschaften Oebisfelde und Calvörde zu einer (neuen) Verwaltungsgemeinschaft Oebisfelde-Calvörde sei nicht offenkundig rechtsfehlerhaft, so dass die (alten) Verwaltungsgemeinschaften gemäß § 76 Abs. 1a Satz 5 GO LSA aufgelöst seien, mit der Folge, dass die Mitgliedsgemeinden zum Abschluss einer Gemeinschaftsvereinbarung verpflichtet gewesen seien. Da die Gemeinden dieser Verpflichtung nicht nachgekommen seien, habe der Antragsgegner im Wege der Ersatzvornahme eine Gemeinschaftsvereinbarung in Kraft setzen können, die zu Recht nur solche Regelungen beinhalte, die zur Herstellung der Handlungsfähigkeit der neu gegründeten Verwaltungsgemeinschaft erforderlich und gesetzlich notwendig seien; insbesondere sei es rechtlich unbedenklich, wenn § 2 Abs. 1 der Gemeinschaftsvereinbarung den Wortlaut des § 78 Abs. 1 Satz 1 GO LSA lediglich wiederhole, sich insbesondere nicht an dem Entwurf der Gemeinschaftsvereinbarung orientiere, den die Beteiligten zuvor ohne rechtliche Wirkung vereinbart hätten.

Am 27.01.2005 hat die Antragstellerin gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt Sie meint, schon der durch Verordnung erfolgte Zusammenschluss der Antragstellerin mit den übrigen Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaften Oebisfelde und Calvörde sei unwirksam, weil eine den Zusammenschluss ausschließende öffentlich-rechtliche Vereinbarung im Sinne von § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA mit der von allen Gemeinden - mit Ausnahme der Gemeinde Wieglitz (206 Einwohner) - im September 2004 beschlossenen Gemeinschaftsvereinbarung vorliege. Insoweit bedürfe es nicht einer wirksamen Gemeinschaftsvereinbarung auf einer oder gleichlautenden Urkunden, die nach Vollendung des letzten Verfahrensschritts Wirksamkeit erlangt habe, sondern es genüge die beabsichtigte Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft. Darüber hinaus gebe es auch für die Anordnungsverfügung des Antragsgegners vom 01.12.2004 keine Rechtsgrundlage, da die Verordnung erst am 01.01.2005 in Kraft getreten sei und § 76 GO LSA - anders als § 76a Abs. 2 Satz 2 GO LSA - keine Verpflichtung zum Abschluss einer Gemeinschaftsvereinbarung vorsehe. Schließlich könne der unverzügliche Abschluss einer Gemeinschaftsvereinbarung allenfalls nach Bildung der Verwaltungsgemeinschaft verlangt werden. Da der Zusammenschuss erst mit dem In-Kraft-Treten der Verordnung am 01.01.2005 wirksam geworden sei, habe eine derartige Verpflichtung nicht bestanden. Die Ersatzvornahme selbst sei nicht notwendig; denn eine Verwaltung sei auch ab 01.01.2005 sichergestellt gewesen, weil die alte Verwaltungsgemeinschaft nicht aufgelöst worden sei. § 76 Abs. 1a Satz 5 GO LSA sehe nämlich nur im Falle der Zuordnung aller Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft die Verwaltungsgemeinschaft als aufgelöst an, nicht aber im Falle eines Zusammenschlusses. Insoweit nehme der Wortlaut der Vorschrift eine eindeutige Differenzierung vor. Schließlich sei die Ersatzvornahme ermessensfehlerhaft, weil der Antragsgegner verkannt habe, dass lediglich an einer Gemeinde mit 206 Einwohnern ein freiwillig ausgehandelter Konsens der übrigen Mitgliedsgemeinden scheitere; er habe zumindest die übereinstimmenden Regelungen der gemeinsam ausgehandelten Gemeinschaftsvereinbarung im Rahmen seiner Ersatzvornahme berücksichtigen müssen. Insoweit wäre auch die von den Mitgliedsgemeinden ausgehandelte Stimmverteilung im Gemeinschaftsausschuss in die Gemeinschaftsvereinbarung eingeflossen; denn es entspreche in keiner Weise dem Demokratieprinzip, wenn eine Gemeinde wie die Antragstellerin mit mehreren Ortsteilen und ca. 7.500 Einwohnern ebenso nur eine Stimme erhalte wie eine Gemeinde mit ca. 200 Einwohnern.

Der Antragsgegner vertritt demgegenüber die Auffassung, die Antragstellerin und die übrigen Mitgliedsgemeinden seien gemäß § 76a Abs. 2 GO LSA verpflichtet gewesen, innerhalb der von ihm gesetzten Frist bis zum 14.12.2004 eine Gemeinschaftsvereinbarung abzuschließen. Auch der von der Antragstellerin gerügte Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liege nicht vor; insbesondere hätten die Mitgliedsgemeinden, die mit dem vorgelegten Entwurf einer Gemeinschaftsvereinbarung einverstanden gewesen seien, diese Vereinbarung abschließen können, so dass er lediglich die nicht abschlusswilligen Gemeinden Wieglitz, Mannhausen und Calvörde hätte zuordnen müssen. Dies sei im Vorfeld nicht geschehen, so dass er, da die Erreichung eines Konsenses nicht ersichtlich gewesen sei, habe reagieren müssen, um die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung im Interesse der Allgemeinheit unverzüglich herzustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine kommunalaufsichtliches Einschreiten im Wege der Ersatzvornahme gemäß § 138 der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt - GO LSA - vom 05.10.1993 (LSA-GVBl., S. 568), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.04.2004 (LSA-GVBl., S. 246), i. V. m. §§ 137; 75 ff. GO LSA vorlagen; denn die Antragstellerin ist der in der kommunalaufsichtlichen Verfügung vom 01.12.2004 getroffenen Anordnung, mit den in § 2 Nr. 11 Buchst. a) der Zweiten Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften - 2. VwGemVO - vom 10. Dezember 2004 (LSA-GVBl., S. 822) benannten Gemeinden eine Gemeinschaftsvereinbarung abzuschließen, nicht entsprechend § 76a Abs. 2 GO LSA nachgekommen (vgl. dazu: Becker/Fischer/Pampel/Ulrich, GO LSA, § 76 RdNr. 3 [S. 160]; Klang/Gundlach, Gemeindeordnung und Landkreisordnung für das Land Sachsen-Anhalt, 2. Aufl., GO LSA § 75 RdNr. 3; Lübking/Beck, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 75 RdNr. 6 f; § 76 RdNr. 4).

Die auf die in der Beschwerdeschrift dargelegten Gründe beschränkte Überprüfung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung führt zu keiner Änderung (§ 146 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 [BGBl I 686] - VwGO -, zuletzt geändert durch Gesetz 09.12.2004 (BGBl I 3220 [3223]).

1. Der Auffassung der Antragstellerin, schon der Zusammenschluss auf der Grundlage des § 2 Nr. 11 Buchst. a) der 2. VwGemVO sei gemäß § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA unzulässig, weil die Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Oebisfelde-Calvörde bereits eine Gemeinschaftsvereinbarung abgeschlossen hätten, ist nicht zu folgen; denn die von den Mitgliedsgemeinden in der Zeit vom 09.09.2004 bis 29.09.2004 beschlossene und von den Bürgermeistern unterzeichnete Vereinbarung über die Bildung der Verwaltungsgemeinschaft Oebisfelde-Calvörde ist nicht im Sinne des § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA zustande gekommen, weil die Gemeinde ..., die ausdrücklich in der Präambel dieser Gemeinschaftsvereinbarung erwähnt wird, diese nicht beschlossen und unterzeichnet hat.

Zwar trifft es zu, dass eine Verordnungsregelung wegen § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA nicht erst dann ausscheidet, wenn die öffentlich-rechtliche Vereinbarung über die Gründung oder Änderung der Verwaltungsgemeinschaft wirksam ist, sondern im Grundsatz schon dann, wenn die Vereinbarung getroffen worden ist (vgl. OVG LSA, Urt. v. 14.04.2005 - 4 K 4/05 -). Für diese Auslegung spricht der Wortlaut der Bestimmung, der nicht auf die Wirksamkeit der Vereinbarung, sondern auf deren Zustandekommen abstellt. Mit dieser Wortwahl lehnt sich der Gesetzgeber an die Begrifflichkeit des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 145 ff BGB) an, die über das Recht der öffentlich-rechtlichen Verträge (§§ 54 ff des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt i. d. F. d. Bek. v. 07.01.1999 [LSA-GVBl., S. 3] - VwVfG LSA -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.03.2002 [LSA-GVBl., S. 130, 135 <Nr. 34>]), auch für die Vereinbarungen über Verwaltungsgemeinschaften gilt. Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet deutlich zwischen den Regeln für den Vertragsabschluss einerseits und der Wirksamkeit der Verträge andererseits (vgl. nur §§ 182 ff BGB zur notwendigen Beteiligung Dritter, insbesondere durch eine Genehmigung [§ 184 Abs. 1 BGB]).

Dass auch gerade der Gemeindeordnung diese Unterscheidung zwischen Wirksamkeit und Zustandekommen zu Grunde liegt, zeigt der Wortlautvergleich zwischen einerseits §§ 75 Abs. 1; 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA ("durch Vereinbarung bilden" bzw. "zustande gekommen") und andererseits § 140 Abs. 1 GO LSA ("Wirksamkeit").

Allerdings setzt der Abschluss eines koordinationsrechtlichen Vertrages im Sinne des § 54 VwVfG LSA, bei dem - wie hier - hinsichtlich des Gegenstands des Vertrags kein Vertragsteil dem anderen übergeordnet ist, voraus, dass alle Vertragspartner, also hier Mitgliedsgemeinden, den Vertragsschluss wollen und dies durch entsprechende Anträge und Annahmen bestätigen; denn nur auf diese Weise wird dem Anliegen der sich bei der vertraglichen Gemeinschaftsbildung als gleichberechtigte Partner gegenüber stehenden Mitgliedsgemeinden, die wahrzunehmenden Interessen abzustimmen, Rechtsstellungen auszugestalten und besonderen Lagen gerecht zu werden, Rechnung getragen (Wiegand/Grimberg, Kommentar zur GO LSA, 3. Aufl., § 75 RdNr. 4). Entscheidet sich eine Gemeinde - aus welchen Gründen auch immer - gegen den Vertragsabschluss, ist dieser weder nach den Regeln des Verwaltungsverfahrensrechts oder Bürgerlichen Gesetzbuchs noch gemäß § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA "zustande gekommen", mit der Folge, dass das "Planungsermessen" (§ 76 Abs. 1a Satz 1 GO LSA) auf den Verordnungsgeber übergegangen ist.

2. Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin weiter ein, es habe schon für die Anordnungsverfügung des Antragsgegners vom 01.12.2004 keine Rechtsgrundlage gegeben, weil sie nicht verpflichtet gewesen sei, mit den anderen Gemeinden eine Gemeinschaftsvereinbarung abzuschließen.

Der Antragstellerin ist zwar insoweit zuzustimmen, dass die Zweite Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften vom 10.12.2004 selbst keine Grundlage für kommunalaufsichtliche Maßnahmen bietet, sondern ausschließlich die Zuordnung zu bzw. den Zusammenschluss von Verwaltungsgemeinschaften regelt. Rechtsgrundlage der Anordnungsverfügung des Antragsgegners vom 01.12.2004 ist aber § 137 GO LSA, wonach die Kommunalaufsichtsbehörde, wenn die Gemeinde die ihr gesetzlich obliegenden Pflichten nicht erfüllt, anordnen kann, dass die Gemeinde innerhalb einer angemessenen Frist die notwendigen Maßnahmen durchführt. Diese Voraussetzungen waren vor Erlass der angefochtenen Ersatzvornahme-Verfügung des Antragsgegners vom 15.12.2004 erfüllt; denn die Antragstellerin ist ihrer aus § 76 Abs. 3-5 GO LSA folgenden Pflicht zum Abschluss einer Gemeinschaftsvereinbarung mit den in § 2 Nr. 11 Buchst. a) der 2. VwGemVO benannten Gemeinden nicht nachgekommen. Zwar regeln die §§ 75 ff GO LSA nicht ausdrücklich, dass freiwillig zusammengefundene oder durch Verordnung zugeordnete bzw. zusammengeschlossene Gemeinden eine Gemeinschaftsvereinbarung abzuschließen haben. Allerdings lässt sich aus dem Wortlaut des § 76 Abs. 3 GO LSA, wonach die Gemeinschaftsvereinbarung Namen und Sitz der Verwaltungsgemeinschaft bestimmt, schließen, dass der Abschluss einer Gemeinschaftsvereinbarung nicht in das Belieben der Mitgliedsgemeinden gestellt werden sollte, sondern sie im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zum Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung, also eines öffentlich-rechtlichen Vertrags im Sinne von §§ 54 ff. VwVfG LSA verpflichtet sind, um wirksam Aufgaben auf die Verwaltungsgemeinschaft zu übertragen (Klang/ Gundlach, Kommentar zu Gemeindeordnung, 2. Aufl., § 75 RdNr. 3; Lübking/Beck, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 75 RdNr. 6 f; § 76 RdNr. 4). Ohne diese Gemeinschaftsvereinbarung wäre eine Verwaltungsgemeinschaft zur Besorgung oder Erfüllung aller Aufgaben der Mitgliedsgemeinden im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1; Abs.2 GO LSA nicht in der Lage; denn durch diese Vereinbarung werden nicht nur Name und Sitz der Verwaltungsgemeinschaft bestimmt (§ 76 Abs. 3 GO LSA), sondern auch die Organisation der verwaltungsmäßigen Abwicklung der Aufgaben einer Verwaltungsgemeinschaft (§ 75 Abs. 3 bzw. § 81 GO LSA) oder die Vertretung im Gemeinschaftsausschuss (§ 78 Abs. 1 Satz 2 GO LSA). Um eine zügige Aufgabenwahrnehmung der Verwaltungsgemeinschaft zu gewährleisten, sind die Gemeinden zudem in entsprechender Anwendung des § 76a Abs. 2 GO LSA gehalten, unverzüglich eine Gemeinschaftsvereinbarung abzuschließen.

Dieser Verpflichtung sind die Antragstellerin und die übrigen, in § 2 Nr. 11 Buchst. a) der 2. VwGemVO genannten Gemeinden - wie oben bereits erläutert - nicht durch den (freiwilligen) Abschluss einer Gemeinschaftsvereinbarung nachgekommen. Soweit die Antragstellerin weiter einwendet, eine Anordnung zum unverzüglichen Abschluss einer Gemeinschaftsvereinbarung habe allenfalls nach Bildung der Verwaltungsgemeinschaft erfolgen dürfen, die 2. VwGemVO vom 10.12.2004 sei aber erst am 01.01.2005 in Kraft getreten, ist dem entgegen zu halten, dass der Zusammenschluss der Mitgliedsgemeinden bereits durch § 2 Nr. 12 Buchst. a) der Zweiten Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften vom 01.11.2004 (LSA-GVBl., S. 763) erfolgt ist und sie jedenfalls ab diesem Zeitpunkt in entsprechender Anwendung des § 76a Abs. 2 GO LSA zum unverzüglichen Abschluss einer Gemeinschaftsvereinbarung verpflichtet waren. § 2 Nr. 11 Buchst. a) der 2. VwGemVO vom 10.12.2004 hat die bestehende Rechtslage insoweit nur fortgeschrieben.

Hiergegen kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg einwenden, die Verordnung sei erst nach der Verfügung über die Ersatzvornahme in Kraft getreten; denn das Entstehen einer funktionsfähigen Verwaltungsgemeinschaft zum 01.01.2005 setzte nicht nur den Zusammenschluss selbst voraus, sondern auch die im übrigen von den Beteiligten zu vereinbarenden Grundlagen. Das "Hinausschieben" des Zeitpunkts über das In-Kraft-Treten hatte geradezu den Zweck, es den Beteiligten zu ermöglichen, "in der Zwischenzeit" die übrigen Voraussetzungen zu schaffen.

3. Die Ersatzvornahme gemäß § 138 GO LSA war entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch notwendig; insbesondere findet § 76 Abs. 1a Satz 5 GO LSA - jedenfalls analog - auch im Falle des Zusammenschlusses von Mitgliedsgemeinden mehrerer Verwaltungsgemeinschaften zu einer (neuen) Verwaltungsgemeinschaft Anwendung; denn für eine Differenzierung der Rechtsfolgen einer "Zuordnung" oder eines "Zusammenschlusses" sind ausgehend vom Sinn und Zweck der Regelung und unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens sachliche Gründe nicht ersichtlich.

Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung der verschiedenen Möglichkeiten der (zwangsweisen) Bildung von Verwaltungsgemeinschaften in § 76 Abs. 1a S. 1-5 GO LSA nämlich die Grundlage schaffen, durch Verordnung insgesamt im Land, also "flächendeckend", leistungsfähige Verwaltungsgemeinschaften zu bilden, sei es durch die Zuordnung aller oder einzelner Gemeinden zu einer bestehenden Verwaltungsgemeinschaft oder durch den Zusammenschluss aller oder einzelner Gemeinden zu einer (neuen) Verwaltungsgemeinschaft. Sowohl die Zuordnung als auch der Zusammenschluss führen dazu, dass die ursprüngliche Verwaltungsgemeinschaft aufgelöst (z. B. bei einer "Vollfusion" von mehreren Verwaltungsgemeinschaften oder bei einem Zusammenschluss mehrerer Gemeinden zu einer neuen Verwaltungsgemeinschaft) oder erweitert (z. B. bei einer Zuordnung aller oder einzelner Gemeinden zu einer bestehenden Verwaltungsgemeinschaft) wird, mit der Folge, dass der Mitgliederbestand der (alten) Verwaltungsgemeinschaft angetastet wird. Dies wiederum bedingt eine Auflösung dieser Verwaltungsgemeinschaft, wenn alle Gemeinden zu einer neuen Verwaltungsgemeinschaft zusammen geschlossen oder einer bestehenden zugeordnet werden, oder ein Ausscheiden, wenn nur einzelne Gemeinden von der Neubildung der Verwaltungsgemeinschaft betroffen sind. Sind aber die Rechtsfolgen der Zuordnung und des Zusammenschlusses dieselben, spricht Überwiegendes dafür, dass der Gesetzgeber den Begriff "Zuordnung" bei der Formulierung des Gesetzes und dessen Begründung als Oberbegriff angesehen hat. Das begriffliche Gegensatzpaar ist deshalb bei diesem Hintergrund der Regelung nicht "Zusammenschluss" oder "Zuordnung", sondern die Betroffenheit nur "Einzelner" oder "Aller" durch die Neuordnung. Sähe man gleichwohl wegen des Wortlauts nur die "Zuordnungsfälle" als von der Regelung des § 76 Abs. 1a Satz 5 GO LSA erfasst an, so bestände eine Regelungslücke, die jedenfalls eine analoge Anwendung des § 76 Abs. 1a Satz 5 GO LSA auch auf Zusammenschlüsse im Sinne des § 76 Abs. 1a Satz 1 GO LSA i. V. m. § 2 der 2. VwGemVO verlangte.

4. Schließlich ist die Verfügung des Antragsgegners vom 15.12.2004 entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht deswegen unverhältnismäßig, weil der Antragsgegner nicht berücksichtigt habe, dass lediglich an einer Gemeinde mit 206 Einwohnern ein freiwillig ausgehandelten Konsens der übrigen Mitgliedsgemeinden gescheitert sei; er habe zumindest die übereinstimmenden Regelungen der gemeinsam ausgehandelten Gemeinschaftsvereinbarung im Rahmen seiner Ersatzvornahme berücksichtigen müssen.

Der Gesetzgeber hat sich - wie oben bereits erläutert - bei der Bildung von Verwaltungsgemeinschaften dafür entschieden, dass die Mitgliedsgemeinden ihre Zusammenarbeit durch eine Gemeinschaftsvereinbarung, also durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, regeln. Eine vertragliche Gestaltung setzt aber naturgemäß einen Konsens zwischen den einzelnen Mitgliedsgemeinden voraus, wobei sich die Gemeinden unabhängig von ihrer Struktur, insbesondere Einwohnerzahl, zur Wahrung ihres durch Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 LVerf-LSA garantierten Selbstverwaltungsrechts als gleichberechtigte Vertragspartner gegenüber stehen. Folglich ist eine Gemeinschaftsvereinbarung nur dann gültig, wenn alle Mitgliedsgemeinden diese beschließen und unterzeichnen. Dies war vorliegend nicht der Fall, so dass der Antragsgegner auch im Rahmen der Ersatzvornahme-Verfügung vom 15.12.2004 einzelne Regelungen dieser Gemeinschaftsvereinbarung nicht berücksichtigen musste. Insoweit ist es insbesondere nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner sich bei der Frage der Sitzverteilung im Gemeinschaftsausschuss ausschließlich an den Vorgaben des § 78 Abs. 1 Satz 1 GO LSA orientiert hat, wonach die Verwaltungsgemeinschaft einen Gemeinschaftsausschuss bildet, der aus den Bürgermeistern der Mitgliedsgemeinden besteht. Zwar kann die Gemeinschaftsvereinbarung bestimmen, dass die Mitgliedsgemeinden weitere Mitglieder aus der Mitte ihres Gemeinderates für die Dauer der Wahlperiode in den Gemeinschaftsausschuss entsenden (§ 78 Abs. 1 Satz 2 GO LSA), und es ist auch nicht zu beanstanden, wenn die Entsendung weiterer Mitglieder beispielweise von einer bestimmten Einwohnerzahl abhängig gemacht wird, um sehr unterschiedlichen Gemeindegrößen Rechnung zu tragen (Becker/Fischer/Pampel/Ulrich, a. a. O., § 78 RdNr. 1 [S. 171]). Allerdings ist es nicht sachwidrig, wenn der Antragsgegner es den Mitgliedsgemeinden überlässt, sich im Rahmen einer vertraglichen Regelung auf die Modalitäten der Zusammenarbeit einschließlich der Festlegung der Sitzverteilung im Gemeinschaftsausschuss zu einigen und seine kommunalaufsichtliche Maßnahme auf den im Gesetz geregelten Regelfall beschränkt.

5. Die Antragstellerin kann schließlich nicht mit ihrem Einwand durchdringen, für einen Sofortvollzug der angefochtenen Ersatzvornahme-Verfügung habe es an der erforderlichen Eilbedürftigkeit gefehlt, weil auch ohne diese Anordnung eine ordnungsgemäße Verwaltung der Mitgliedsgemeinden an den bisherigen Sitzen Oebisfelde und Calvörde hätte fortgesetzt werden können; jedenfalls aber sei die Anordnung des Sofortvollzugs nicht im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet gewesen. Diese Argumentation geht bereits deshalb fehl, weil die zusammen geschlossene (neue) Verwaltungsgemeinschaft Oebisfelde-Calvörde - wie oben erläutert - mangels Vorliegen einer Gemeinschaftsvereinbarung nicht berechtigt war, wirksam Aufgaben für ihre Mitgliedsgemeinden wahrzunehmen. Zur Gewährleistung der in § 76a Abs. 2 GO LSA normierten, auch auf Fälle der vorliegenden Art analog anwendbaren Pflicht einer neu gebildeten Verwaltungsgemeinschaft, sich gemäß § 76 Abs. 3 und 4 GO LSA unverzüglich eine Gemeinschaftsvereinbarung zu geben, war die Anordnung des Sofortvollzugs erforderlich. Der Antragsgegner hat den Sofortvollzug auch in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gerecht werdenden Weise begründet; denn er hat in einer auf den Einzelfall der Antragstellerin bezogenen Darstellung des besonderen öffentlichen Interesses (Herstellung der zum 01.01.2005 zu gewährleistenden Arbeitsfähigkeit der Verwaltungsgemeinschaft) dargelegt, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse der Antragstellerin zurückstehen muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs. 1; 53 Abs. 3 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. des Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 05.05.2004 (BGBl I 718) - GKG -sowie in Anlehnung an II. Nr. 1.5 Satz 1, 22.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.).

Ende der Entscheidung

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