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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 30.04.2008
Aktenzeichen: 4 M 332/07
Rechtsgebiete: MG LSA, VwGO, ZWStS


Vorschriften:

MG LSA § 7 Satz 1
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
ZWStS § 1 Abs. 3
Selbst wenn das Innehaben der Hauptwohnung in der Gemeinschaftsunterkunft in einer Kaserne der Bundeswehr nicht auf der freien Willensentscheidung des Steuerpflichtigen beruht, steht dies seiner Zweitwohnungssteuerpflicht für die von ihm bewohnte Nebenwohnung nicht entgegen. Denn das die Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer tragende Merkmal der Verwendung finanzieller Mittel in einer Weise, die typischerweise wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt, ist allein mit dem Innehaben einer Nebenwohnung erfüllt.
Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Unrecht stattgegeben. Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthafte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren Zweitwohnungssteuerbescheid der Antragsgegnerin ist unbegründet, weil nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 29. März 2007 nicht bestehen. Dabei kann dahinstehen, ob der Antragsteller verpflichtet war, die Gemeinschaftsunterkunft zu nutzen, weil er in dem Zeitraum vom 17. August 2005 bis zum 19. Juli 2007 zu einem Lehrgang nach Munster versetzt und daher gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 MG LSA, § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Melderechtsrahmengesetzes - MRRG - gezwungen war, die Gemeinschaftsunterkunft als Hauptwohnung anzumelden. Selbst wenn das Innehaben der Hauptwohnung bei dem Antragsteller nicht auf seiner freien Willensentscheidung beruhte, steht dies seiner Zweitwohnungssteuerpflicht für die von ihm bewohnte Nebenwohnung nicht entgegen. Denn das die Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer tragende Merkmal der Verwendung finanzieller Mittel in einer Weise, die gewöhnlich wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt, ist in der Regel mit dem auf einer freien Willensentscheidung beruhenden Innehaben einer Nebenwohnung - wie hier - erfüllt (vgl. Beschl. d. Senats v. 11.08.2006 - 4 M 319/06 -, m. w. N.).

Die von dem Antragsteller im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin bewohnte Wohnung, in der er seit dem 16. August 2005 mit Nebenwohnsitz gemeldet ist, erfüllt entgegen seiner Auffassung die Vorgaben an eine Zweitwohnung i. S. d. Zweitwohnungssteuersatzung der Antragsgegnerin vom 2. Dezember 2004 i. d. Fassung der rückwirkend zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen 1. Änderungssatzung vom 12. Januar 2006 - ZWStS -.

Nach § 1 Abs. 3a) ZWStS ist eine Zweitwohnung jede weitere Wohnung, die dem Eigentümer oder Hauptmieter als Nebenwohnung i. S. des Meldegesetzes des Landes Sachsen-Anhalt dient. Soweit der Antragsteller die Auffassung vertritt, § 1 Abs. 3 ZWStS sei dahingehend auszulegen, dass neben der Zweitwohnung eine weitere Wohnung vorgehalten werden müsse, unter der ein "Zuhause" i. S. eines räumlichen Mittelpunktes der persönlichen Lebensführung zu verstehen sei, so dass die von ihm bis zum 5. August 2007 in der Kaserne in Munster bewohnte Gemeinschaftsunterkunft, in der eine private Lebensführung nur sehr eingeschränkt möglich sei, insoweit nicht ausreiche, ist dem schon vom Ansatz her nicht zu folgen. Dabei kann offen bleiben, ob es nach der ZWStS genügt, dass die Hauptwohnung nach melderechtlichen Vorgaben als Wohnung anzusehen ist (vgl. dazu VG Schwerin, Urt. v. 22.05.2006 - 3 A 1504/04 -, zitiert nach juris). Selbst wenn man annimmt, dass auch die Hauptwohnung die Vorgaben erfüllen muss, welche die Satzung der Antragsgegnerin an eine Zweitwohnung stellt, wäre diese Voraussetzung erfüllt. Denn solange die Zweitwohnungssteuersatzung keine weitergehenden Vorgaben aufstellt - wie in dem von dem Antragsteller zitierten Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Schleswig-Holstein vom 20. März 2002 (2 L 136/00) -, ist unter einer "Wohnung" i. S. d. Meldegesetzes des Landes Sachsen-Anhalt - MG LSA - jeder umschlossene Raum zu verstehen, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird (§ 7 Satz 1 MG LSA). Sie muss auch keine konkrete Mindestausstattung (z. B. Kochgelegenheit, Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Stromversorgung, Heizung) aufweisen; vielmehr reicht es nach ständiger Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt aus, wenn diese Einrichtungen in vertretbarer Nähe zur Verfügung stehen (OVG LSA, Urt. v. 23.11.2000 - A 2 S 334/99 - m. w. N; Driehaus, Kommunalabgabenrecht Bd. I, § 3 Rdnr. 217 m. w. N.).

Auch die Tatsache, dass die Gemeinschaftsunterkunft in der Kaserne für den Antragsteller nach seinen Angaben nicht den räumlichen Mittelpunkt seiner persönlichen Lebensführung darstellt, hindert die Einordnung als Zweitwohnung nicht, weil ein solches Erfordernis, wie oben dargelegt, gerade nicht besteht.

Hinsichtlich der Höhe der Zweitwohnungssteuer sind Einwände nicht erhoben worden und auch nicht ersichtlich.

Dass die Vollziehung des Steuerbescheides eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO), ist ebenfalls weder ersichtlich noch vorgetragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und erfolgt in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Wertfestsetzung in Anlehnung an den so genannten Streitwertkatalog 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.) Nr. 1. 5 Satz 1.

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