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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 21.01.2009
Aktenzeichen: 4 M 355/08
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 4 Satz 3
Ernstliche Zweifel i. S. des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO bestehen nicht schon, wenn der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist. Bereits aus dem Wortlaut des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO folgt, dass einfache Zweifel an der Richtigkeit des Verwaltungsaktes nicht genügen, mögen sie auch den Ausgang des Hauptsacheverfahrens noch als offen erscheinen lassen. Vielmehr sollen nur Einwände, die von solchem Gewicht sind, dass sie mehr als nur einfache Zweifel rechtfertigen, zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung führen können.
Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Einwand des Antragsgegners, das Verwaltungsgericht habe sich bei der Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen ernstliche Zweifel i. S. des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO anzunehmen sind, von unrichtigen Maßstäben leiten lassen, führt nach den im vorläufigen Rechtsschutzverfahren anwendbaren Maßstäben zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Bei der Erhebung von Beiträgen - wie hier - ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG-LSA auf der Grundlage des § 122 AO zu bestimmen. Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, bei einer Übermittlung im Geltungsbereich dieses Gesetzes am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel - wie hier - hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Dieser Beweis kann auf Indizien gestützt und im Wege der freien Beweiswürdigung geführt werden. Das hindert insbesondere auch nicht, von dem Grundsatz der der Behörde obliegenden Nachweislast Ausnahmen zuzulassen und dem Adressaten auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles besondere Darlegungslasten aufzuerlegen (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 27. Oktober 2006 - 4 M 344/06 -); vgl. auch BFH, Urteile v. 12. März 2003 - X R 17/99 -, zit. nach JURIS, und v. 15. September 1994 - XI R 31/94 -, BStBl. II 1995, 41).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Antragsgegner nach der im Rahmen des vorliegenden Verfahrens lediglich gebotenen summarischen Prüfung, wovon auch die Vorinstanz ausgeht, einen Beweis über den Zugang des Beitragsbescheids vom 15. November 2004 bei dem Antragsteller (bisher) nicht geführt.

Ernstliche Zweifel i. S. des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO bestehen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts indes nicht schon, wenn der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist. Bereits aus dem Wortlaut des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO folgt, dass einfache Zweifel an der Richtigkeit des Verwaltungsaktes nicht genügen, mögen sie auch den Ausgang des Hauptsacheverfahrens noch als offen erscheinen lassen (OVG LSA, Beschl. v. 03.02.2000 - 1 M 3/00 -). Vielmehr sollen nur Einwände, die von solchem Gewicht sind, dass sie mehr als nur einfache Zweifel rechtfertigen, zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung führen können. Denn nach der Regelung in § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen Abgabenbescheid im Regelfall ausgeschlossen. Die in § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO vorgesehenen Möglichkeiten, die Vollziehung gleichwohl auszusetzen, sind daher als Ausnahme von der vom Gesetzgeber vorgesehenen Regel eng auszulegen (OVG LSA, Beschl. v. 03.02.2000, a. a. O.). Danach rechtfertigt entgegen der Auffassung der Vorinstanz die - auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts aufgrund des vorgelegten Postausgangsbuchs sowie der eidesstattlichen Versicherung des Mitarbeiters des seinerzeit für die Beförderung der Briefsendungen zuständigen Unternehmens nicht fern liegende - Möglichkeit des Nachweises des Zugangs des Bescheides im Rahmen einer gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren durchzuführenden Beweisaufnahme, den Adressaten des Bescheides während des Klageverfahrens mit den sich aus dem Sofortvollzug des Bescheides ergebenden Folgen zu belasten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 52 Abs. 3, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG und folgt in Übereinstimmung mit der vorinstanzlichen Wertfestsetzung in Anlehnung an den sog. Streitwertkatalog 2004 (NVwZ 2004, 1327) aus Nr. 1.5 Satz 1.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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