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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 05.11.2009
Aktenzeichen: 4 M 94/09
Rechtsgebiete: KAG LSA


Vorschriften:

KAG LSA § 6 Abs. 8 Satz 1
1. Entstehen die sachlichen Beitragspflichten (ausnahmsweise) erst nach der Bekanntgabe des Bescheids, ist gemäß § 6 Abs. 8 Satz 1 KAG LSA derjenige persönlich beitragspflichtig, dem der Bescheid bereits bekannt gegeben worden ist, sofern er im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten noch Eigentümer ist. Allerdings hängt die verbindliche Festlegung der persönlichen Beitragspflicht davon ab, dass die Bekanntgabe des Beitragsbescheids an den (Vor-)Eigentümer rechtlich beachtlich ist und bleibt. Das ist z.B. nicht der Fall, wenn der Beitragsbescheid nichtig ist oder er auf einen Rechtsbehelf hin mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe aufgehoben wird.

2. Ein Nacherhebungsbescheid ist zu richten an den Grundeigentümer, dem auch der erste, den entstandenen Beitragsanspruch nicht voll ausschöpfende Heranziehungsbescheid (wirksam) bekannt gegeben worden ist.


Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Einwand der Antragstellerin, sie sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht persönlich beitragspflichtig, weil gegen den Voreigentümer des Grundstücks unter dem 21. November 1996 ein - das Beitragsschuldverhältnis für das Grundstück bereits wirksam begründender - Herstellungsbeitragsbescheid ergangen sei, führt nach den im vorläufigen Rechtsschutzverfahren anwendbaren Maßstäben zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Gemäß § 6 Abs. 8 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt - KAG LSA - ist beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist. Für die Bestimmung des persönlich Beitragspflichtigen im (landesrechtlichen) Beitragsrecht sind daher grundsätzlich maßgebend nicht die Rechtsverhältnisse am Grundstück im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht für dieses Grundstück, sondern die im (regelmäßig) späteren Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids (zur wortgleichen Bestimmung des § 134 Abs. 1 Satz 1 BauGB: Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., Rdnr. 15 zu § 24). Entstehen die sachlichen Beitragspflichten (ausnahmsweise) erst nach der Bekanntgabe des Bescheids, ist allerdings derjenige persönlich beitragspflichtig, dem der Bescheid bereits bekannt gegeben worden ist, sofern er im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten noch Eigentümer ist (Driehaus, a. a. O., Rdnr. 19 zu § 24). Nur wenn dies nicht zutrifft, d.h. wenn zwischen der Bekanntgabe des Bescheids und dem das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten herbeiführenden Ereignis ein Wechsel im Eigentum an dem der Beitragspflicht unterliegenden Grundstück stattgefunden hat, ist für eine Heilung mit Wirkung ex-nunc kein Raum (BVerwG, Urt. v. 27.09.1982 - 8 C 145/81 -, Buchholz 406.11 § 130 BBauG Nr. 26; Driehaus, a. a. O., Rdnr. 19 zu 24). Allerdings hängt die verbindliche Festlegung der persönlichen Beitragspflicht davon ab, dass die Bekanntgabe des Beitragsbescheids an den (Vor-)Eigentümer rechtlich beachtlich ist und bleibt. Das ist z.B. nicht der Fall, wenn der Beitragsbescheid nichtig ist oder er auf einen Rechtsbehelf hin mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe aufgehoben wird. In solchen Fällen kann nach einem eingetretenen Eigentumswechsel nicht derjenige herangezogen werden, der Eigentümer im Zeitpunkt der ersten, rechtlich unbeachtlichen Bekanntgabe war, sondern nur derjenige, der nunmehr im Zeitpunkt der neuen Bekanntgabe Eigentümer des Grundstücks ist (BVerwG, Urt. v. 20.09.1974 - IV C 32.72 -, BVerwGE 47, 49, Urt. v. 14.02.2001 - 11 C 9/00 -, BVerwGE 114, 1; Driehaus, a. a. O., Rdnr. 18 zu § 24).

Ein Nacherhebungsbescheid ist demnach zu richten an den Grundeigentümer, dem auch der erste, den entstandenen Beitragsanspruch nicht voll ausschöpfende Heranziehungsbescheid (wirksam) bekannt gegeben worden ist (Driehaus, a. a. O., Rdnr. 24 zu § 10). Das gilt nach dem Vorhergesagten selbst dann, wenn das Eigentum zwischenzeitlich auf eine andere Person übertragen worden ist (OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 24.06.1998 - 2 M 7/98 -, zitiert nach juris; Driehaus, a. a. O., Rdnr. 24 zu § 10).

Vorliegend ist das Beitragsschuldverhältnis für das streitbefangene Grundstück im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht am 24. September 2000 mit der Bekanntgabe der Abwasserbeseitigungsabgabensatzung vom 13. September 2000 zwischen dem Voreigentümer des Grundstücks, dem der bestandskräftige Bescheid vom 21. November 1996 bereits bekannt gegeben worden war, und dem Antragsgegner entstanden. Zu diesem Zeitpunkt war dieser unstreitig noch Eigentümer des Grundstücks; denn der Eigentumswechsel auf die Antragstellerin erfolgte erst am 28. Mai 2001.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG und folgt in Übereinstimmung mit der vorinstanzlichen Wertbestimmung in Anlehnung an den sog. Streitwertkatalog 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.) aus Nr. 1.5 Satz 1.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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