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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 07.06.2007
Aktenzeichen: 4 O 137/07
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 227
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Verwaltungsgericht gerichtete Beschwerde hat keinen Erfolg. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO.

Gemäß § 13a Abs. 1 Satz 5 KAG LSA i.V.m. § 227 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur in den durch § 114 VwGO gezogenen Grenzen nachprüfbar ist (vgl. GmS-OGB, Beschl. v. 19. Oktober 1971 - 3/70 -, BFHE 105,101). Nach dieser Vorschrift ist die gerichtliche Prüfung des den Erlass ablehnenden Bescheides darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 12. März 2007 - 4 O 69/07 -; BFH, Urt. v. 27. September 2001 - X R 134/98 -, zit. nach JURIS).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Beklagte, die ihre Ermessenserwägungen gem. § 114 Satz 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren durch die Berufungserwiderung ergänzt hat, hat den Erlass der Grundsteuer nach § 227 AO wegen persönlicher und sachlicher Unbilligkeit ermessensfehlerfrei abgelehnt.

1. Persönliche Unbilligkeit ist gegeben, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde. Das ist der Fall, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann. Lebt der Steuerpflichtige allerdings unabhängig von Billigkeitsmaßnahmen in wirtschaftlichen Verhältnissen, die - z.B. weil Einkünfte und Vermögen gering sind und im Übrigen dem Pfändungsschutz unterliegen - eine Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis ausschließen, könnte ein Erlass hieran nichts ändern und wäre aus diesem Grund nicht mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Steuerpflichtigen verbunden. Ein persönlicher Billigkeitserlass setzt damit immer voraus, dass er sich auf die wirtschaftliche Situation des Steuerpflichtigen noch konkret auswirken kann (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 12. März 2007 - 4 O 69/07 - m.w.N.). Bei Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit kommt deshalb grundsätzlich weder eine zinslose Stundung noch ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen in Betracht (vgl. BFH, Urt. v. 27. September 2001 - X R 134/98 -, zit. nach JURIS).

Die Beklagte ist davon ausgegangen, dass es auf Grund der Überschuldung des Klägers an der insoweit erforderlichen Kausalität fehle und auch der Kläger hat diese Einschätzung nicht hinreichend in Frage gestellt. Soweit er mit seiner Beschwerde vorträgt, auf Grund von Vereinbarungen mit der Stadt- und Saalkreissparkasse H. könne er bei Erlass der Steuerschulden ein Insolvenzverfahren vermeiden, und soweit er auf seine gesundheitliche Situation verweist, ist schon problematisch, ob diese - anscheinend erst nach Ergehen des Widerspruchsbescheides vorgebrachten Gesichtspunkte - noch berücksichtigt werden dürfen. Jedenfalls aber ist - worauf das Verwaltungsgericht zu Recht abgestellt hat - der etwaige Vorteil, der sich für den Steuerpflichtigen aus einem Erlöschen der Steuerschuld ergibt, für die Erlassbedürftigkeit in diesem Zusammenhang unerheblich. Darauf kommt es schon deshalb nicht an, weil § 227 AO nach Wortlaut und Gesetzeszusammenhang und systematischer Stellung im Erhebungsverfahren nur die in der Einziehung liegenden Unbilligkeiten betrifft. Ein Erlass kann daher auch nicht mit dem Hinweis auf die psychische Belastung durch die Steuerschuld begehrt werden. Solche Umstände können zwar bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Situation des Steuerpflichtigen unter dem Aspekt der Zumutbarkeit des Einsatzes vorhandener Mittel zur Tilgung von Steuerschulden von Bedeutung sein. Ist jedoch der Steueranspruch gar nicht durchsetzbar, und wird deshalb durch einen Erlass die wirtschaftliche Lage des Steuerpflichtigen nicht verbessert, mangelt es an dem für einen Erlass erforderlichen konkreten Zusammenhang zwischen der (ohnehin tatsächlich nicht möglichen) Einziehung einerseits und der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen andererseits (vgl. BFH, Urt. v. 7. Juli 1999 - X R 87/96 -, zit. nach JURIS).

Ob die Verhältnisse ausnahmsweise dann anders zu beurteilen sind, wenn die Steuerrückstände den Steuerpflichtigen hindern, eine neue (selbständige) Erwerbstätigkeit aufzunehmen und sich so eine eigene, von Sozialhilfeleistungen unabhängige wirtschaftliche Existenz aufzubauen, weil der Erlass in diesem Fall mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Steuerpflichtigen verbunden ist (so BFH, Urt. v. 27. September 2001 - X R 134/98 -, zit. nach JURIS zu einer Taxikonzession), muss nicht abschließend entschieden werden. Denn der Vortrag des Klägers, er könne ohne die Steuerschulden "in den Grenzen der von der Stadt- und Saalkreissparkasse genannten Bedingungen einer geregelten Arbeit nachgehen" ist dazu nicht ausreichend. Es lässt sich dem Vorbringen des Klägers schon nicht entnehmen, dass mögliche Vereinbarungen mit der Stadt- und Saalkreissparkasse nur unter der Bedingung des Erlasses der Steuerschulden abgeschlossen werden sollen. Darüber hinaus soll auch nach dem Vorschlag der Stadt- und Saalkreissparkasse kein Forderungsverzicht für Restverbindlichkeiten erfolgen und es ist weiterhin unklar, warum der Kläger ohne Erlass der Steuerschulden nicht einer geregelten Arbeit nachgehen kann.

2. Die Beklagte hat auch ermessensfehlerfrei angenommen, dass sachliche Billigkeitsgründe nach § 227 AO nicht vorliegen. Der Vortrag des Klägers, die Unbilligkeit ergebe sich im Übrigen daraus, "dass die Forderungen der Beklagten aus tatsächlichen Gründen nicht berechtigt sein" könnten und die Forderungen seien nur deshalb tituliert, weil der frühere Steuerberater den Kläger "nicht richtig beraten und vertreten" habe, ist unsubstanziiert und von vornherein nicht geeignet, die Entscheidung der Beklagten insoweit in Frage zu stellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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