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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 20.04.2006
Aktenzeichen: 5 L 9/05
Rechtsgebiete: PersVG LSA, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

PersVG LSA § 78 II
ArbGG § 85 I 3
ZPO § 891
ZPO §§ 883 ff.
Bestreitet der Personalrat ein gerichtliches Vollstreckungsverfahren, so sind hinsichtlich der Kostenfolge die Regelungen der §§ 891, 91 ZPO anzuwenden. Insoweit handelt es sich nicht um ein - objektives - Beschlussverfahren, sondern um ein Parteiverfahren, in welchem sich die Beteiligten als Schuldner und Gläubiger gegenüberstehen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 5 L 9/05

Datum: 20.04.2006

Gründe:

I.

Gegenstand dieses Rechtsstreits ist die Frage, ob der Antragsteller zur Tragung von Kosten aus dem erstinstanzlichen Verfahren verpflichtet ist, nachdem dieses infolge Antragsrücknahme durch gerichtlichen Beschluss eingestellt worden ist. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Beschluss vom 12. April 2005 - 11. B 3/05 HAL - hatte das Verwaltungsgericht Halle dem Beteiligten zu 1. untersagt, das begonnene Wahlverfahren zur Wahl des Personalrats bei dem Gericht C fortzuführen. Mit "Antrag nach § 888 ZPO" vom 20. April 2005 beantragte der Antragsteller, gegen die Mitglieder des Wahlausschusses ein Zwangsgeld festzusetzen.

Diesen Antrag nahm der Antragsteller mit Schriftsatz vom 28. April 2005 wieder zurück mit der Begründung, dass die Wahl an jenem Tage stattgefunden habe. Der Beteiligte zu 1. beantragte sodann,

dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens gemäß § 891 ZPO i. V. m. § 91 ZPO aufzuerlegen.

Das Verwaltungsgericht Halle stellte das Vollstreckungsverfahren mit Beschluss vom 2. Mai 2005 ein. Eine Kostenentscheidung erging nicht, wobei das Verwaltungsgericht zur Begründung ausführte, das personalrechtliche Beschlussverfahren sei kein Parteiprozess - auch nicht im Rahmen der Vollstreckung -, sondern diene dazu, einem im Bereich des öffentlichen Dienstes bestehenden objektiven Klärungsbedürfnis zu entsprechen.

Gegen den Einstellungsbeschluss hat der Beteiligte zu 1. fristgemäß Beschwerde erhoben, mit welcher er eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers begehrt. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung, dass es sich bei dem Verfahren um ein reines personalrechtliches Beschlussverfahren gehandelt habe, sei unzutreffend; vielmehr habe es sich dabei ausschließlich um eine Vollstreckungsangelegenheit gehandelt mit der Folge, dass insoweit der Grundsatz des Ausschlusses einer Kostenentscheidung in personalrechtlichen Verfahren nicht gelte, sondern eine Kostenentscheidung auf der Grundlage der Regelungen der §§ 891 Satz 3, 91 ff. ZPO zu treffen gewesen sei.

Der Beteiligte zu 1. beantragt sinngemäß, wie erkannt.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält sie bereits für unzulässig mit der Begründung, dass der ehemalige Bezirkswahlvorstand im Hinblick auf die durchgeführten Wahlen gar nicht mehr bestehe. Im Übrigen hält er die Beschwerde für unbegründet: Es habe bei dem Grundsatz zu bleiben, dass eine Kostenentscheidung in personalrechtlichen Streitigkeiten nicht ergehe; dies gelte in allen personalrechtlichen Verfahren, auch in dem beim Verwaltungsgericht anhängig gewesenen Vollstreckungsverfahren.

Zur Ergänzung der Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass die Wahlen des Bezirkspersonalrats bei dem Gericht C zwischenzeitlich durchgeführt worden sind. Diesem Umstand ist bereits mit dem erstinstanzlichen Einstellungsbeschluss vom 2. Mai 2005 Rechnung getragen worden. Hier geht es nicht um die Frage, ob und unter welchen Umständen überhaupt Personalratswahlen durchgeführt werden konnten, sondern lediglich darum, welche kostenrechtliche Folge die Rücknahme des erstinstanzlichen Vollstreckungsantrages auslöst. Dementsprechend kann es auch dahinstehen, ob der Bezirkswahlvorstand bei dem Gericht C weiter besteht.

Es bedurfte auch keiner ausdrücklichen Beschlussfassung über die Führung des hier streitgegenständlichen Beschwerdeverfahrens. Dies folgt schon daraus, dass es sich hier - wie noch auszuführen sein wird - nicht um ein personalvertretungsrechtliches Verfahren im eigentlichen Sinne handelt, sondern um ein solches auf der Grundlage der §§ 888 ff. ZPO.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, denn die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, in dem hier zugrunde liegenden erstinstanzlichen Verfahren habe eine Kostenentscheidung nicht zu ergehen, ist unzutreffend. Zwar nimmt der Senat nicht in Abrede, dass in personalrechtlichen Verfahren grundsätzlich keine Kostenentscheidung ergeht, weil es sich insoweit um ein objektives Verfahren handelt; allerdings gilt dieser Grundsatz nicht in den Verfahren, in welchen eine Entscheidung der Fachkammer für Personalvertretungssachen im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden soll. Mit Recht weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass es sich bei den Parteien in einem Vollstreckungsverfahren nicht um Beteiligte i. S. des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens handelt, sondern dass diese sich als Gläubiger und Schuldner gegenüberstehen. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der - über § 78 Abs. 2 PersVG LSA anwendbaren - Regelung in § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, wonach derjenige, welcher die Erfüllung der Verpflichtung aufgrund eines Beschlusses verlangen kann, als Gläubiger i. S. der ZPO gilt. Danach sind für das Vollstreckungsverfahren grundsätzlich die Regelungen der §§ 891, 883 ff. ZPO anwendbar.

Der Anwendbarkeit der Verfahrensgrundsätze der ZPO entspricht im Übrigen auch die vom Antragsteller selbst gewählte Verfahrensweise: Dieser hat ausdrücklich einen "Antrag nach § 888 ZPO" zum Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gemacht, welches dementsprechend das Verfahren als D-Verfahren (Vollstreckungsverfahren) geführt hat. Im Übrigen hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers in seinem an den Bezirkswahlvorstand bei dem Gericht C gerichteten Schreiben vom 19. April 2005 selbst ausdrücklich auf die Anwendbarkeit der "Vorschriften des 8. Buches der Zivilprozessordnung" und damit auch auf seine Rolle als Bevollmächtigter des (Vollstreckungs-)Gläubigers hingewiesen.

Ist danach das hier zugrunde liegende Vollstreckungsverfahren nicht als personalrechtliches Verfahren im engeren Sinne gemäß § 78 Abs. 2 PersVG LSA anzusehen, sondern richtet sich dieses nach den Vorschriften der §§ 891, 888 ff. ZPO, so ist damit auch die Statthaftigkeit einer kostenrechtlichen Entscheidung auf der Grundlage der Zivilprozessordnung in einem gerichtlichen Einstellungsbeschluss gegeben. Gemäß der hier anwendbaren Vorschrift des § 91 ZPO hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens bereits deswegen zu tragen, weil er seinen Antrag zurückgenommen und sich damit in die Rolle des Unterlegenen begeben hat. Auf die Frage, ob seinem Antrag gemäß § 888 ZPO überhaupt Erfolgsaussichten zugekommen wären, muss nicht weiter eingegangen werden. Der Kostentragungspflicht unterfallen auch die Kosten für die Inanspruchnahme eines Prozessbevollmächtigten (Verfahrensbevollmächtigten).

Danach war die Beschwerde insgesamt stattzugeben.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 72 Abs. 2 ArbGG bezeichneten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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