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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 16.01.2003
Aktenzeichen: A 2 S 412/98
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 51 I
1. Die Stellung eines Asylantrags im Bundesgebiet führt nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu politischer Verfolgung bei einer Rückkehr nach Togo.

2. Ob exilpolitische Tätigkeiten Verfolgungen auslösen können, ist eine Frage des Einzelfalls.

3. Weder die Mitgliedschaft in togoischen Auslandsorganisationen noch die Teilnahme an De-monstrationen lösen für sich genommen die beachtlich wahrscheinliche Gefahr der Verfolgung aus. Entscheidend ist auch nicht notwendig die Stellung innerhalb einer solchen Organisation, sondern der Grad der politischen Betätigung und deren Bekanntheit sowie die anzunehmende "Gefährdung" des Machtanspruchs der Diktatur in Togo.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: A 2 S 412/98

Datum: 16.01.2003

Tatbestand:

Der ... Beigeladene ist togoischer Staatsangehöriger. Nach seinen Angaben verließ er Ghana ... mit einem Flugzeug der Fluggesellschaft Aeroflot und reiste nach einem Zwischenaufenthalt in Moskau ... über den Kölner Flughafen in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am ...1996 beantragte der Beigeladene in Köln seine Anerkennung als Asylberechtigter.

Im Termin zur Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) trug der Beigeladene zur Begründung seines Asylbegehrens im Wesentlichen vor: Nach der Demokratisierungsbewegung vom 05.10.1990 sei er Mitglied in der Partei Parti pour la Démocratie et le Renouveau (PDR) und der Protestgruppe EKPEMOG geworden. Sie hätten sich für die Einführung des Mehrparteiensystems und die Demokratie in Togo eingesetzt. Sie hätten Protestdemonstrationen organisiert gegen die Politik des Präsidenten Eyadéma. Dabei habe es viele Tote gegeben. Er und die anderen Jugendlichen, die bei den Protestaktionen mitgemacht hätten, seien von dem Militär gesucht worden. Um weiteren Verfolgungen zu entgehen, sei er nach den Präsidentschaftswahlen im Oktober 1993 nach B. in Mali gegangen. Erst im Februar 1995 sei er nach Togo zurückgekehrt, habe sich dort aber versteckt gehalten. Am 04.01.1996 habe er eine Ladung zur Gendarmerie bekommen, der er keine Folge geleistet habe. Am 19.04.1996 sei er daraufhin auf der Straße von fünf Personen in Zivil festgenommen worden. Er sei gefesselt, und ihm seien die Augen verbunden worden. Dann habe er sich auf die Ladefläche eines LKW legen müssen. Schon auf der Ladefläche sei er gefoltert worden. Sie hätten so auf ihn eingeschlagen, dass er das Bewusstsein verloren habe. Sie seien schließlich - wie er am nächsten Tag festgestellt habe - im Militärlager ... angekommen, und er sei in ein dunkles Zimmer gestoßen worden. Es sei unerträglich heiß gewesen, und es habe fürchterlich gestunken. Am nächsten Tag habe man ihn zum Chef des Lagers gebracht. Dieser habe ihn angeschrieen und ihm Konsequenzen für sein Verhalten angedroht. Schließlich sei er wieder in die Zelle gesperrt und misshandelt worden. Am 27.04.1996 habe er Glück gehabt; denn er habe im Gefängnis einen Diensthabenden getroffen, mit dem er gemeinsam seine Berufsausbildung absolviert habe. Dieser habe ihm zur Flucht verholfen, indem er eines Nachts an seine Tür geklopft, ihm diese geöffnet und gesagt habe, er solle hinausgehen. Er habe sich sodann mit einem Taxi bis kurz vor die togoisch-ghanaische Grenze begeben, um dann zu Fuß illegal die Grenze nach Ghana zu überschreiten. Er sei dann zu der ghanaischen Stadt A. gekommen und mit einem PKW weiter nach K. gefahren. Dort habe er zunächst seinen Onkel und anschließend einen Arzt aufgesucht. Aufgrund seiner erlittenen Folterungen habe er sich etwa vierzehn Tage in ärztliche Behandlung begeben. Sein Onkel habe mit Hilfe eines Autohändlers seine Ausreise aus Ghana organisiert und er habe schließlich mit dem Reisepass eines Freundes auch dieses Land über den Flughafen in Accra verlassen.

Zum Nachweis seiner Identität und erlittenen Verfolgung legte der Beigeladene einen Mitgliedsausweis der PDR, ein medizinisches Gutachten, eine Ladung zur Gendarmerie, eine Bescheinigung der Gruppe EKPEMOG, seine togoische Identitätskarte, sein Abschlusszeugnis als Schlosser, eine Meldebescheinigung der Stadt B. (Mali), eine Staatsbürgerschaftsurkunde und seine Geburtsurkunde vor.

Das Bundesamt stellte mit Bescheid vom 25.06.1996 fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes hinsichtlich Togo vorliegen und der Beigeladene nicht nach Togo abgeschoben werden darf; im Übrigen wurde der Asylantrag des Beigeladenen im Hinblick auf seine mutmaßliche Einreise über einen sicheren Drittstaat abgelehnt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung des Bundesamtsbescheides verwiesen.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 11.07.1996 unter Hinweis auf die Verbesserung der Menschenrechtslage in Togo Klage vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg erhoben. Im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat der Beigeladene unter Vorlage eines Mitgliedsausweises des Vereins Amical des Ressortissants Togolais en Sachsen-Anhalt (ARTSA e.V.) und einer Mitgliedsbestätigung dieses Vereins, einer Bescheinigung der Vereinigung "Bâtir le Togo" (Togo aufbauen e.V.) ... sowie zahlreicher Einladungsschreiben und Fotos ergänzend vorgetragen, er sei Mitglied des Vereins ARTSA mit der Funktion eines Beraters. Die Aktivitäten dieses Vereins würden mit höchster Wahrscheinlichkeit vom togoischen Geheimdienst als regierungsfeindlich eingestuft. Er habe an zahlreichen Versammlungen der ARTSA teilgenommen und am 19.12.1997 mit anderen Mitgliedern zusammen eine Petition verfasst, in der u. a. auf die Diktatur in Togo hingewiesen worden sei. Schließlich sei er als aktiver Sympathisant für die exilpolitische Vereinigung "Bâtir le Togo" tätig. Aufgrund dieser exilpolitischen Aktivitäten müsse er im Falle seiner Rückkehr nach Togo mit Verfolgungshandlungen durch den togoischen Staat rechnen.

Mit Urteil vom 11.09.1998, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Bundesamts vom 25.06.1996 insoweit aufgehoben, als dort die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG getroffen worden ist. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beigeladene habe ein persönliches Verfolgungsschicksal nicht glaubhaft machen können, so dass Abschiebungshindernisse gemäß §§ 51, 53 AuslG nicht gegeben seien.

Der Senat hat auf den Antrag des Beigeladenen mit Beschluss vom 20.02.2001 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beigeladene unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen ergänzend vor, er sei vom Militärlager ... zu Fuß zur togoisch-ghanaischen Grenze gegangen und habe diese in der Nähe des Grenzübergangs Segbe überquert. Erst in der ghanaischen Grenzstadt A. habe er ein Sammeltaxi bestiegen und sei damit nach K. zu seinem Onkel gefahren, der auch das Taxi bezahlt habe. Anschließend habe er sich zu einem Arzt namens ... begeben, der ihn für zwei Wochen traditionell behandelt habe. Aus den beiden Bescheinigungen dieses Arztes ergebe sich, dass er sich blutend, mit geschwollenen Beinen, mit Kopf- und Bauchschmerzen sowie deutlich unterernährt vorgestellt habe, was nach Auffassung des Arztes auf die Folterung von togoischen Soldaten während seiner Haft in Lomé zurückzuführen sei. Zu dieser Inhaftierung sei es gekommen, nachdem ihn am 19.04.1996 fünf Personen in Zivil im Quartier Tokoin von Lomé, wo er einen Freund besucht habe, überwältigt hätten. Schon auf der Ladefläche eines kleinen LKW sei er mit Stöcken und Gürteln bewusstlos geschlagen worden und erst in einer Zelle des Militärlagers in ... wieder erwacht. Dann habe man ihn in das Büro des Lagerchefs gebracht, wo ihn zwei zusätzliche Wächter bewacht hätten. Ihm sei vorgeworfen worden, die Opposition gegen Eyadéma unterstützt und bei drei Überfällen auf Polizeistationen mitgewirkt zu haben, wobei diese Vorwürfe auch zuträfen. Schließlich sei er in eine Zelle gebracht worden, in der kurzzeitig zwei weitere Personen untergebracht gewesen seien. Am Abend des 20.04.1996 sei er in einer anderen Zelle von drei Personen auf das Übelste geschlagen und getreten worden. Diese "Prozedur" habe etwa 30 Minuten gedauert und sich jeden Abend wiederholt. Eine Anklage oder gar ein Gerichtsverfahren habe es nicht gegeben. Am 27.04.1996 sei ihm schließlich die Flucht gelungen, weil er einen Wächter gekannt habe, mit dem er die Berufsausbildung absolviert habe. Dieser Mann ... habe ihm einen Fluchtweg über eine etwa 1 1/2 Meter hohe Mauer gezeigt und ihn zum Leeren des Fäkaleimers nach draußen geschickt. Ihm sei dann über die Mauer die Flucht gelungen.

Des Weiteren hat der Beigeladene zahlreiche aktuelle Unterlagen vorgelegt, die seine umfangreiche exilpolitische Tätigkeit und seine Teilnahme am Hungerstreik der togoischen Flüchtlinge vom 08.03. bis 21.03.1999 in Halle sowie an weiteren zahlreichen Veranstaltungen exilpolitischer Organisationen dokumentieren sollen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beiakte C verwiesen. Er trägt insoweit vor, dass er aufgrund seiner herausragenden exilpolitischen Tätigkeit im Falle seiner Rückkehr nach Togo extrem gefährdet sei.

Der Beigeladene beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und der Beklagte haben sich nach Anhörung nicht geäußert.

Der Senat hat zur Echtheit der von dem Beigeladenen vorgelegten Staatsbürgerschaftsurkunde (Certificat de Nationalité Togolaise), Geburtsurkunde (Jugement Civil sur Requête) und Vorladung zur Gendarmerie vom 05.01.1996 (Convocation) eine Auskunft des Auswärtigen Amtes eingeholt, das mit Schreiben vom 28.05.2002 und 24.07.2002 die Echtheit der vorgelegten Urkunden bestätigte. Im Übrigen hat der Senat die zu verwertenden Auskünfte sachverständiger Stellen aufgelistet und den Beteiligten übersandt; darauf wird Bezug genommen. Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Ausländerbehörde haben vorgelegen; diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der Sitzung vom 16.01.2003 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger und der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren; denn auf die Folgen ihres Ausbleibens sind sie in der ihnen rechtzeitig zugestellten Ladung hingewiesen worden (§ 125 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987), i. V. m. § 102 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung des Beigeladenen, deren Gegenstand allein die Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungsverbots gemäß § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes - AuslG - (= Art. 1 des Gesetzes vom 09.07.1990 [BGBl I 1354], geändert durch Gesetz vom 30.06.1993 [BGBl I 1062], zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.01.2002 [BGBl I 361 <368>]) ist, ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den diese Feststellung aussprechenden Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 25.06.1996 zu Recht aufgehoben; denn dieser Bescheid entspricht nicht der gegenwärtigen Lage.

Dabei ist in Asylstreitverfahren - wie hier - auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen, und zwar auch bei der Beanstandungsklage des Bundesbeauftragten, bei der es sich der Klageart nach um eine Anfechtungsklage handelt; denn bei der Beurteilung eines Asylbegehrens ist allein maßgeblicher Gesichtspunkt, ob eine "gegenwärtige Verfolgungsbetroffenheit" vorliegt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 02.07.1980 - 1 BvR 147/80 u. a. -, BVerfGE 54, 341; BVerwG, Urt. v. 27.04.1982 - BVerwG 9 C 308.81 -, BVerwGE 65, 250; Urt. v. 03.12.1985 - BVerwG 9 C 33.85 u. a. -, BVerwGE 72, 269). § 77 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG - i. d. F. d. Bek. v. 27.07.1993 (BGBl I 1361), geändert durch Gesetz vom 02.08.1993 (BGBl I 1442), zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.01.2002 (BGBl I 361 [371]), gibt insoweit die bisherige Rechtsprechung wieder. Im danach maßgeblichen Zeitpunkt liegen die Voraussetzungen für die Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungsverbots gemäß § 51 Abs. 1 AuslG in der Person des Beigeladenen nicht vor.

I. Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Das Verbot des § 51 Abs. 1 AuslG schützt damit - ebenso wie Art. 16a Abs. 1 GG - den Personenkreis der politisch Verfolgten und dient der Umsetzung des Art. 33 Nr. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention) vom 28.07.1951 (BGBl II 1953, S. 59).

Die Erfordernisse des § 51 Abs. 1 AuslG sind mit den Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter deckungsgleich, soweit es um die Frage der politischen Verfolgung geht (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 26.10.1993 - BVerwG 9 C 50.92 -, NVwZ 1994, 500 m. w. N.). Auch gilt für die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG der gleiche Prognosemaßstab wie für eine Verfolgungsgefahr i. S. d. Art. 16a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.07.1994 - BVerwG 9 C 1.94 -, NVwZ 1995, 391). Ist der Ausländer danach schon in seinem Heimatland verfolgt worden, genießt er bereits dann einen Schutzanspruch, wenn im Fall seiner Rückkehr Verfolgungsmaßnahmen nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können (sog. herabgestufter Prognosemaßstab, vgl. nur BVerwG, Urt. v. 18.02.1997 - BVerwG 9 C 9.96 -, BVerwGE 104, 97; BVerfG, Beschl. v. 02.07.1980 - 1 BvR 147/80 u. a. -, BVerfGE 54, 341). Ist er dagegen unverfolgt ausgereist, wird ihm Schutz nur dann gewährt, wenn ihm bei der Rückkehr ins Heimatland politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.11.1992 - BVerwG 9 C 21.92 -, BVerwGE 91, 150 [154]).

Dies setzt voraus, dass bei qualifizierender Betrachtungsweise die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (BVerwG, Urt. v. 05.11.1991 - BVerwG 9 C 118.90 -, BVerwGE 89, 162 [169]; Urt. v. 14.12.1993 - BVerwG 9 C 45.92 -, DVBl. 1994, 524 [525]). Entscheidend ist eine wertende Betrachtungsweise, die auch die Schwere des befürchteten Verfolgungseingriffs berücksichtigt. Je gravierender die möglichen Rechtsverletzungen sind, desto weniger kann es dem Betroffenen zugemutet werden, sich der Verfolgungsgefahr auszusetzen. Die für eine Verfolgung sprechenden Umstände müssen nach ihrer Intensität und Häufigkeit von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer, der Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG begehrt, die begründete Furcht ableiten lässt, selbst ein Opfer solcher Verfolgungsmaßnahmen zu werden. Letztlich maßgebend ist der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Rückkehr (BVerwG, Urt. v. 23.02.1988 - BVerwG 9 C 32.87 -, Buchholz 402.25 [AsylVfG] § 1 Nr. 80; BVerwG, Urt. v. 23.07.1991 - BVerwG 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, 367 [377]). Bestimmend hierfür ist eine objektive Beurteilung der Verfolgungsgefahr. Bei der Entscheidung, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint, sind die Zahl der Referenzfälle stattgefundener politischer Verfolgung, das Vorhandensein eines feindseligen Klimas und die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in die Betrachtung einzubeziehen (BVerwGE 89, 162 m. w. N.).

1. Von diesem generellen und nicht von dem "herabgestuften" Wahrscheinlichkeitsmaßstab ("nicht auszuschließende" Verfolgung) ist auszugehen, weil der Beigeladene nach Überzeugung des Senats unverfolgt aus Togo ausgereist ist.

Die von ihm im Termin zur Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und im Laufe des Klage- und Berufungsverfahrens vorgetragene Verfolgungsgeschichte ist unglaubhaft. Schon den sehr dünnen Sachverhalt zu den Erlebnissen in Togo nach seiner Rückkehr aus Mali im Februar 1995 konnte er nicht widerspruchsfrei darstellen. So hatte der Beigeladene im Termin zur Anhörung vor dem Bundesamt noch angegeben, er habe sich seit seiner Rückkehr im Februar 1995 versteckt gehalten, während der Prozessbevollmächtigte in seinen Ausführungen im Rahmen des Berufungsverfahrens erklärte, der Beigeladene sei lediglich selten zu Hause gewesen und habe öfter bei Freunden und Bekannten übernachtet und sich dort aufgehalten, sogar ab und zu Autos repariert. Dass letztere Schilderung den Tatsachen entspricht, hat der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung insofern bestätigt, als er erklärte, er habe sich im Haus seiner Mutter versteckt und dort die Autoreparaturen durchgeführt; anderenfalls hätte ihn die Vorladung zur Gendarmerie auch nicht erreichen können. Das Verhalten des Beigeladenen belegt aber zur Überzeugung des Senats, dass dieser sich nach seiner Rückkehr in Lomé relativ frei bewegt, mithin keine Furcht vor staatlichen Repressionsmaßnahmen empfunden hat.

Der Senat wird in seiner Auffassung auch durch die Aussage des Beigeladenen bestätigt, er habe am Tag seiner Festnahme den Lastwagen und fünf Personen außerhalb des Fahrzeugs, mit dem er in das Militärlager ... gebracht worden sei, am Rand stehen sehen und dieses als Armeefahrzeug erkannt; denn es ist in keiner Weise nachvollziehbar, dass jemand, der eine echte Verfolgungsfurcht empfindet, ohne Bedenken an einem Armeefahrzeug vorbei geht, vor allem wenn er - wie hier der Beigeladene - kurze Zeit vorher eine Vorladung zur Gendarmerie erhalten hat. Der Einwand des Beigeladenen, die Straße sei der einzige Weg zu seinem Haus gewesen, überzeugt nicht; denn bei Vorliegen einer echten Verfolgungsgefahr hätte es aus der Sicht eines vernünftig Denkenden nahe gelegen, umzukehren.

Seine Ausführungen zu den Protestdemonstrationen in Togo, die am 05.10.1990 begannen und von Studentenprotesten ausgelöst wurden, und die sich daran anschließende Welle von Gewalt und Willkür fügen sich zwar durchaus in die damalige politische Lage ein. Der Senat hat auch keine Zweifel, dass der Beigeladene als "Mitläufer" an den Protestdemonstrationen teilgenommen und er möglicherweise aufgrund dieser Beteiligung am 05.01.1996 eine Vorladung zur Brigade der Nationalen Gendarmerie von Lomé erhalten hat; schließlich ist die Echtheit der Vorladung vom 05.01.1996 vom Auswärtigen Amt (Auskunft vom 24.07.2002 an das OVG LSA) bestätigt worden. Allerdings ist der Senat davon überzeugt, dass der Beigeladene über diese Vorladung hinaus nicht Opfer weitergehender staatlicher Repressionsmaßnahmen geworden ist; denn die Schilderung der angeblichen Verfolgung durch Angehörige der Sicherheitsdienste des Regimes (fünf Personen in Zivil; Militärbedienstete des Militärlagers ...) einschließlich der Inhaftierung, die der Beigeladene zur Begründung seiner angeblichen Vorverfolgung abgegeben hat, ist in sich widersprüchlich und gesteigert. So ließ der Beigeladene erstmals im Berufungsverfahren vortragen, er habe vor seiner Ausreise nach Mali im Oktober 1993 an drei Überfällen auf Polizeistationen teilgenommen, nämlich am Überfall der Demonstranten auf das Kommissariat im 3. Arrondissement, auf die Polizeistation neben dem Markt im Stadtteil Bé und auf diejenige im Stadtteil Akolisseva. Hiervon war aber weder im Anhörungstermin noch im Klageverfahren die Rede; vielmehr hatte der Beigeladene lediglich behauptet, nach der Demokratisierungsbewegung vom 05.10.1990 Mitglied der PDR und der Protestgruppe EKPEMOG geworden zu sein. Es hätte aber nahe gelegen, derartig einschneidende Erlebnisse, die offensichtlich zu Toten und Verletzten geführt haben, von sich aus bereits im Anhörungsverfahren zu schildern und sich zumindest ansatzweise an die Daten der Überfälle zu erinnern. Auch die Angaben des Beigeladenen im Rahmen der Berufungsverhandlung vermochten die Zweifel des Senats an der Glaubhaftigkeit seines Vorbringens zu seiner Beteiligung an den Überfällen nicht auszuräumen; denn der Beigeladene hat auch in der mündlichen Verhandlung nicht von sich aus von den Überfällen berichtet, sondern erst auf mehrmaliges Nachfragen des Gerichts und seines Prozessbevollmächtigten. Aus diesem Grund hat der Beigeladene nach der Überzeugung des Senats im Berufungsverfahren seine Verfolgungsgeschichte anhand von tatsächlichen Ereignissen konstruiert, um die Erfolgsaussichten seines Asylbegehrens zu verbessern.

Ebenso wenig sind die Angaben des Beigeladenen zu seiner Inhaftierung und Flucht stimmig. So behauptete der Beigeladene erstmals im Rahmen des Berufungsverfahrens, nach seiner Rückkehr in seine Zelle hätten sich dort zwei weitere Personen aufgehalten, die einen Tag später wieder aus seiner Zelle herausgeholt worden seien, und er sei am 20.04.1996 in einer anderen Zelle von drei Personen auf das Übelste geschlagen und getreten worden; diese 30-minütige Prozedur habe sich jeden Abend wiederholt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat verwickelte sich der Beigeladene in weitere Widersprüche, indem er zunächst erklärte, er habe sich jeden Morgen und jeden Abend auf einen Stuhl legen müssen und sei ausgepeitscht worden, und auf weitere Nachfrage behauptete, er sei einmal pro Tag geschlagen worden, jedes Mal, wenn der Kommandierende Zeit gehabt habe, manchmal morgens, manchmal nachmittags. Wenig wahrscheinlich erscheint außerdem, dass ein ihm noch aus der Berufsausbildung bekannter Wächter ihn aus der Zelle befreit haben soll, obwohl dies für jenen mit großen persönlichen Gefahren verbunden sein musste. Letztlich ist auch die Schilderung des Beigeladenen zu seiner angeblichen Flucht nicht stimmig; denn im Anhörungstermin behauptete er noch, sein Bekannter habe einfach seine Zellentür geöffnet und ihm gesagt, er solle hinausgehen, während er im Berufungsverfahren erklären ließ, der Wächter habe ihm einen Fluchtweg über eine 1 1/2 Meter hohe Mauer gezeigt und ihn zum Leeren des Fäkaleimers nach draußen geschickt. Zudem erweckt der Vortrag des Beigeladenen zu den Umständen seiner Flucht in der Berufungsverhandlung den Eindruck, dass er den Senat durch konstruierte Angaben zu seiner angeblichen Flucht aus dem Militärlager von der Richtigkeit seines Asylschicksals überzeugen wollte. So reduzierte der Beigeladene die Höhe der von ihm angeblich überwundenen Mauer auf 1,30 m und gab an, die Mauer habe Löcher enthalten, die ihm das Überklettern erleichtert hätten. Es ist allerdings völlig lebensfremd, dass ein Militärlager, in dem sich nach den Angaben des Beigeladenen nicht nur Militärangehörige aufhielten, sondern auch ein Lager und ein Gefängnis vorhanden waren, vollkommen unbewacht ist und über eine niedrige Mauer jederzeit problemlos verlassen werden kann.

Völlig widersprüchlich schilderte der Beigeladene schließlich seine Flucht nach Ghana. So behauptete er noch im Anhörungstermin und im Klageverfahren, er sei nach seiner Flucht aus dem Gefängnis mit einem Taxi bis kurz vor die togoisch-ghanaische Grenze gefahren und habe in der Nähe des Grenzübergangs S. (... in Togo?) zu Fuß illegal die Grenze nach Ghana überschritten, während er im Berufungsverfahren vortrug, er sei vom Militärlager ... zu Fuß zur togoisch-ghanaischen Grenze gegangen und habe erst in der ghanaischen Stadt A. ein Sammeltaxi nach K. bestiegen. Demgegenüber erklärte der Beigeladene im Rahmen der Berufungsverhandlung erstmals, er habe schon in S. (in Ghana) gemeinsam mit sieben Personen ein Sammeltaxi bestiegen, mit dem er nach A. gefahren sei. "S." sei ein Ort sowohl auf ghanaischer als auch auf togoischer Seite; einen Grenzübergang gebe es dort aber nicht. Diese unterschiedlichen Angaben des Beigeladenen zu seiner Flucht von Togo nach Ghana belegen zur Überzeugung des Senats, dass er dieses Ereignis nicht tatsächlich erlebt, sondern sein Asylschicksal in wesentlichen Punkten konstruiert hat.

Aufgrund des Gesamteindrucks und des vorstehend Ausgeführten vermochte daher der Senat nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass der Beigeladene sein Heimatland Togo aufgrund individueller Verfolgungsschläge verlassen hat. Daran ändert auch die ärztliche Bescheinigung des Dr. ... nichts; denn diese bestätigt nicht mit der erforderlichen Sicherheit, dass die Verletzungen des Beigeladenen auf Folterungen durch togoische Sicherheitskräfte oder des Militärs zurückzuführen sind; vielmehr kann die Annahme des Arztes nur auf den Angaben des Beigeladenen bzw. auf Vermutungen basieren, da er selbst nicht Zeuge der Geschehnisse in Togo war.

Die angeblichen Vorfälle in Togo scheiden damit sowohl als Hinweis auf eine bereits erlittene, wie auch als Anlass für eine künftige politische Verfolgung aus, so dass für die Prognose, ob dem Beigeladenen aufgrund einer möglicherweise vermuteten oppositionellen Haltung zum herrschenden Regime bei der Rückkehr nach Togo Verfolgung droht, der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen ist.

2. Dem nicht vorverfolgt ausgereisten Beigeladenen droht im Falle seiner Rückkehr nach Togo (2.1.) keine Verfolgung mit der einen Schutzanspruch auslösenden beachtlichen Wahrscheinlichkeit, und zwar weder wegen seiner Asylantragstellung (2.2.) noch seiner exilpolitischen Betätigung in Deutschland (2.3.).

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass Menschenrechtsverletzungen und politische Verfolgung von Gegnern des togoischen Staatspräsidenten nicht von vornherein in jedem Fall ausgeschlossen sind, dass aber die einen Schutzanspruch auslösende beachtliche Wahrscheinlichkeit einer solchen Verfolgung nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall gegeben ist (vgl. OVG LSA, Urt. v. 27.11.1997 - A 2 S 14/97 -; diese Rechtsprechung unter Auswertung der neuesten Auskünfte bestätigend: OVG LSA, Beschl. v. 29.08.2002 - 2 L 247/02 -; im Ergebnis übereinstimmend die meisten Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe, vgl. VGH BW, Urt. v. 22.11.2000 - A 13 S 1205/97; BayVGH, Urt. v. 30.03.1999 - 25 BA 95.34283 -; HambOVG, Urt. v. 25.02.2000 - 1 Bf 150/98.A - [juris]; OVG MV, Urt. v. 09.05.2001 - 2 L 58/98 -; OVG NW, Beschl. v. 03.08.2000 - 11 A 2079/00.A -; OVG RP, Urt. v. 10.08.2000 - 1 A 11211/99.OVG -; SaarlOVG; Urt. v. 26.08.1999 - 1 R 5/99 -; OVG SH, Urt. v. 23.03.1999 - 4 L 159/98 -; ThürOVG, Beschl. v. 05.04.2001 - 2 KO 529/97 - [alle nicht veröffentlicht]).

2.1. Die Republik Togo bietet nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht die Gewähr für eine lückenlose Achtung der Menschenrechte. Der derzeitige Staatspräsident General Gnassingbé Eyadéma gelangte am 13.01.1967 durch einen Militärputsch an die Macht. Seither steht Togo unter seiner faktischen Alleinherrschaft. Diese hatte bis 1991 offen diktatorische Züge; es existierte nur eine Partei, die Einheitspartei RPT (Rassemblement du Peuple Togolais). Demokratische Strukturen gab es bis dahin nicht. Eine politische Opposition war verboten und wurde verfolgt. Zahlreiche politische Gegner wurden während dieser Zeit inhaftiert und gefoltert. Erst im Oktober 1990 begann, ausgelöst von Studentenprotesten, ein Demokratisierungsprozess, der eine grundlegende Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung in Togo einleitete. Eine Verfassung, die die Grundlagen für die Errichtung eines der Demokratie und den Menschenrechten verpflichteten Rechtsstaats schuf, trat am 14.10.1992 in Kraft (Auswärtiges Amt [AA], Lagebericht vom 02.10.2002).

Charakteristisch für Togo ist allerdings immer noch die große Diskrepanz zwischen den formellen Rechten und ihrer Beachtung im Alltag. Das gilt insbesondere für die Menschenrechtslage. So gibt es zwar eine Reihe von Oppositionsparteien; der Staatspräsident beschneidet aber deren Einflussmöglichkeiten vor allem mit Hilfe von Armee und Sicherheitskräften. Diesbezüglich kann zunächst auf die Ausführungen im grundlegenden Urteil des Senats vom 27. November 1997 (Az: A 2 S 14/97) verwiesen werden, das die wesentlichen Entwicklungen des Demokratisierungsprozesses vor den Präsidentschaftswahlen im Jahre 1998 berücksichtigt.

Trotz internationaler Proteste hat sich das in Togo herrschende Klima subtiler politischer Einschüchterung verbunden mit schwersten Menschenrechtsverletzungen auch nach den Präsidentschaftswahlen vom 21.06.1998 nicht geändert. Schon im Vorfeld der Wahl kam es zu vereinzelten Übergriffen der Sicherheitskräfte gegen Oppositionelle und die europäischen Wahlbeobachter. Als sich bei Auszählung der Stimmen ein Sieg des Kandidaten der UFC (Union des Forces du Changement), Gilchrist Olympio, abzeichnete, wurde die weitere Auszählung unterbrochen und eine angebliche absolute Mehrheit des bisherigen Amtsinhabers Eyadéma verkündet. Die Wahl wird allgemein und insbesondere von der Europäischen Union als manipuliert und undemokratisch angesehen (vgl. AA, Lagebericht vom 10.02.1999; UNHCR, Auskunft vom 10.12.1998 an VG Oldenburg). Nach den bekannten Unruhen im Anschluss an die Präsidentschaftswahl hat es noch weitere Zwischenfälle gegeben, die die nach wie vor prekäre Sicherheitslage für Oppositionelle in Togo kennzeichnen. Am 16.08.1998 kam es an verschiedenen Orten in Togo zu mehreren bewaffneten Zwischenfällen. Während die Regierung behauptete, togoische Exilanten seien mit Waffengewalt von Ghana aus nach Togo eingedrungen, erklärten alle Oppositionsparteien übereinstimmend, mit den Zwischenfällen nichts zu tun zu haben. Am selben Tag wurden die Parteizentrale sowie Häuser von führenden Mitgliedern der UFC und Parteibüros der PDR zerstört (Institut für Afrika-Kunde [IfA], Auskunft vom 16.12.1998 an OVG RP; AA, Lagebericht vom 10.02.1999; UNHCR, Auskunft vom 10.12.1998 an VG Oldenburg). Im September 1998 wurde das Haus eines Abgeordneten der CAR (Comité d'Action pour le Renouveau) beschossen und das CAR-Mitglied Koffi Matthieu Kegbe verstümmelt und getötet (IfA, a.a.O.; UNHCR, a.a.O.). Die Oppositionsparteien berichten seither über zunehmend politische Verfolgung ihrer aktiven Mitglieder in vielen Landesteilen (AA, Lagebericht vom 10.02.1999). Auch die europäischen Wahlbeobachter waren Drohungen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt. Die von den Vereinten Nationen und der Organisation für Afrikanische Einheit eingesetzte Untersuchungskommission zur Überprüfung der von amnesty international (ai) erhobenen Vorwürfe kam in ihrem im Februar 2001 veröffentlichten Bericht zu dem Ergebnis, dass im Jahr 1998 systematisch Menschenrechtsverletzungen begangen worden sind (AA, Lagebericht vom 02.10.2002).

Auch der im Juli 1999 mit großen Hoffnungen begonnene innertogoische Dialog zwischen Vertretern der Regierung und der Oppositionsparteien, unter Beteiligung von vier ausländischen Mittlern, brachte keine wesentlichen Fortschritte im Demokratisierungsprozess. In einem von Regierung und Opposition am 29.07.1999 unterzeichneten Rahmenabkommen (Accord-Cadre) war insbesondere die Ausarbeitung eines neuen Wahlgesetzes und die Einsetzung einer paritätisch besetzten "Unabhängigen Nationalen Wahlkommission" (CENI) vereinbart worden, die nicht nur die Wahlen beaufsichtigen, sondern auch organisieren sollte. Das in langwierigen Verhandlungen ausgehandelte und von der Nationalversammlung verabschiedete neue Wahlgesetz wurde am 08.02.2002 von der Nationalversammlung jedoch in wesentlichen Punkten einseitig geändert, mit der Folge, dass die Oppositionsparteien eine Teilnahme an Parlamentswahlen unter diesen Bedingungen überwiegend ablehnten (AA, Lagebericht vom 02.10.2002).

Bis zum heutigen Tage ist Togo ein Staat, der von Gewalt, Willkür, Unberechenbarkeit und Schikane vor allem gegenüber den oppositionellen Kräften im Lande geprägt ist: Am 24.02.2001 wurde eine Demonstration der Partei CAR, die zuvor vom Innenminister verboten worden war, unter Einsatz von Schlagstöcken und Tränengas aufgelöst. Studentendemonstrationen wurden am 11.04., 03.05. und 02.06.2001 von Sicherheitskräften aufgelöst. Am 04.05.2001 wurde eine Versammlung der Oppositionspartei CAR (Comité d'Action pour le Renouveau) in Niamtougou (Nordtogo) von mit Steinen und Knüppeln bewaffneten RPT-Anhängern verhindert und das Versammlungslokal demoliert. Am 11.08. und 18.08.2001 wurden Demonstrationen für die Freilassung von Rechtsanwalt Agboyibo, der am 03.08.2001 von einem der RPT angehörenden Einzelrichter der Diffamierung des damaligen Premierministers Kodjo für schuldig befunden und zu sechs Monaten Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt worden war, von Sicherheitskräften unter Einsatz von Tränengas aufgelöst. Am 06.09.2001 wurden Vertreter der Oppositionspartei CPP (Convergence Patriotique Panafricaine) in Tchitchao von RPT-Anhängern mit Eisenstangen angegriffen und z. T. schwer verletzt, als sie versuchten, ein lokales CPP-Büro einzurichten (AA, Lagebericht vom 02.10.2002). Zwar ordnete der togoische Präsident Eyadéma im März 2002 die Haftentlassung des prominenten Oppositionsführers Yaovi Agboyibo an (Frankfurter Rundschau vom 16.03.2002); die großen Oppositionsparteien Togos boykottierten aber dennoch die Abstimmung bei den Parlamentswahlen vom 27.10.2002 und kritisierten deren mangelnde Transparenz. Bei der Parlamentswahl in Togo hatte die Regierungspartei einen eindeutigen Sieg davongetragen. Die RPT gewann bei der Abstimmung nach offiziellen Angaben 72 der 81 Parlamentssitze; vier kleinere Oppositionsparteien und ein unabhängiger Abgeordneter teilen sich die neun übrigen Mandate (Frankfurter Rundschau vom 31.10.2002).

2.2. Unter Berücksichtigung dieser politischen Verhältnissen begründen dennoch allein die Stellung eines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland und der langjährige Auslandsaufenthalt keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung des Beigeladenen im Falle seiner Rückkehr nach Togo.

Schon mit seinem Urteil vom 27. November 1997 - A 2 S 14/97 - hat der Senat, bezogen auf den damaligen Zeitpunkt, grundsätzlich entschieden, dass die Stellung eines Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland und der Auslandsaufenthalt für togoische Staatsangehörige im Hinblick auf ihr Heimatland kein Abschiebungsverbot nach § 51 Abs. 1 AuslG begründen. An dieser Einschätzung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der im vorliegenden Verfahren zusätzlich eingeführten Erkenntnisquellen und der sich daraus ergebenden Tatsachen und Bewertungen zur Gefährdung von Rückkehrern nach Togo fest.

Nach der Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse in Togo durch das Auswärtige Amt in den Auskünften und Lageberichten, die der Senat in seinem Urteil vom 27. November 1997 (S. 5-7 UA) beigezogen hatte, führen ein längerer Auslandsaufenthalt in Deutschland, die Eigenschaft als abgelehnter Asylbewerber und die anschließende Abschiebung nach Togo auch dann nicht zu Verfolgungsmaßnahmen togoischer Sicherheitskräfte, wenn diesen die Tatsache der Asylantragstellung bekannt wird. Dies hatte das Auswärtige Amt daraus geschlossen, dass den togoischen Behörden bekannt sei, dass eine nicht unerhebliche Gruppe von Wirtschaftsflüchtlingen ohne jeden politischen Hintergrund von Schlepperorganisationen nach Deutschland verbracht werde und dass ferner bislang kein nachweislicher Fall bekannt geworden sei, in dem ein abgeschobener Asylbewerber bei seiner Rückkehr besonderen Schwierigkeiten ausgesetzt gewesen wäre. Dabei ging das Auswärtige Amt davon aus, dass schwerwiegende Fälle von Verfolgung nach Rückkehr durch die in Togo vertretenen Menschenrechtsorganisationen und politischen Gruppen bekannt gemacht würden.

Auch in seinem neuesten Lagebericht vom 02.10.2002 stellt das Auswärtige Amt hinsichtlich der Behandlung von Rückkehrern nach Togo fest, dass nach den Erfahrungen aus der jüngeren Vergangenheit die togoischen Behörden um korrekte Behandlung der Rückkehrer bemüht seien, um weder den deutschen Behörden noch den togoischen Exilorganisationen Anlass zur Kritik zu geben. Das bei der Einreise auf dem Flughafengelände durchgeführte Personenfeststellungsverfahren diene vorrangig der Klärung der Staatsangehörigkeit. Auch nach dem Deutschlandbesuch von Staatspräsident Eyadéma im Oktober 2000, bei dem es zu Protestdemonstrationen gekommen war, sei keine Änderung der Behandlung von Rückkehrern festgestellt worden. Es sei aber nicht auszuschließen, dass Grenzkontroll- oder andere Beamte Rückkehrer in Einzelfällen unkorrekt behandeln würden. Gegenüber dem Auswärtigen Amt sei in mehreren Fällen vorgetragen worden, verschiedene aus Deutschland rückgeführte togoische Staatsangehörige seien nach ihrer Rückkehr Opfer staatlicher Repressionen geworden. Allen konkret vorgetragenen Behauptungen dieser Art sei das Auswärtige Amt nachgegangen. In keinem Fall hätten sich solche Behauptungen bei der Nachprüfung bestätigt. Eine Asylantragstellung allein löse nach den dem Auswärtigen Amt vorliegenden Erkenntnismitteln keine Repressionen aus.

Demgegenüber halten sowohl das Institut für Afrikakunde als auch amnesty international auch heute noch an ihrer Einschätzung fest, allein die Stellung eines Asylantrags und der längere Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland begründeten für einen Togoer die Gefahr staatlicher Repressionsmaßnahmen im Falle der Rückkehr nach Togo. Begründet wird das mit ihnen bekannt gewordenen und in den Auskünften namentlich aufgeführten Fällen von Misshandlungen von in den Jahren nach 1995 aus der Bundesrepublik Deutschland abgeschobenen Togoern im Anschluss an deren Rückkehr nach Togo (siehe ai, "Stellungnahme zu Menschenrechtsverletzungen an togoischen Staatsangehörigen, die im Jahre 1998 aus Deutschland nach Togo abgeschoben wurden" vom 19.01.1999, "Togo - Staatlicher Terror" vom 05.05.1999, Auskunft vom 12.07.2000 an VG Hamburg, sowie IfA, Auskunft vom 17.01.2000 an VG Oldenburg).

Allerdings ließen sich die von amnesty international in ihren Berichten genannten Fälle von aus Deutschland und der Schweiz abgeschobenen Asylbewerbern nicht verifizieren. Offenbar hat auch amnesty international insoweit keine näheren Informationen; denn die übrigen in den Berichten erwähnten Fälle werden im Gegensatz dazu sehr detailliert dargestellt. Auch der Fall des im Januar 1998 abgeschobenen und angeblich festgenommenen ehemaligen Gewerkschafters O.-A. Djeri lässt sich nicht bestätigen. Das Auswärtige Amt hat diesen Fall überprüft, wobei die Angaben des Betroffenen widersprüchlich waren (Lageberichte vom 25.4.2001 und vom 23.11.2001). Den Vorwurf mangelnder Sorgfalt bei den Ermittlungen, den amnesty international in dem Bericht vom 05.05.1999 gegen das Auswärtige Amt erhebt, hält der Senat angesichts unterschiedlicher Angaben Djeris, dessen Rechtsanwalt bei den Befragungen anwesend war, für unberechtigt. Auch aus den sonstigen vom Verwaltungsgericht herangezogenen Quellen - einschließlich der Stellungnahmen des UNHCR, der UN/OAU-Untersuchungskommission und des Instituts für Afrika-Kunde - lässt sich kein konkreter Fall von politischer Verfolgung eines aus Europa abgeschobenen togoischen Asylbewerbers verifizieren (so auch VGH BW, Urt. v. 22.11.2000 - A 13 S 1205/97 -).

Der Senat folgt daher der Einschätzung des Auswärtigen Amtes, dass die Asylantragstellung und Abschiebung allein nicht bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen gegenüber dem betroffenen togoischen Staatsangehörigen durch togoische Sicherheitskräfte nach sich ziehen; denn die Berichterstattung des Auswärtigen Amtes beruht auf einer verlässlichen und umfangreichen Informationsbasis, die die Deutsche Botschaft in Lomé im Rahmen ihrer Kontakte und Recherchen erlangt hat. Es werden dabei sämtliche vor Ort zur Verfügung stehenden Quellen ausgewertet. Dies gilt insbesondere für Erkenntnisse lokaler Menschenrechtsgruppen und vor Ort vertretener Nichtregierungsorganisationen. Weitere Informationsquellen sind Oppositionskreise, Rechtsanwälte, Botschaften westlicher Partnerstaaten, internationale Organisationen, wie z. B. UNHCR oder IKRK, Regierungskreise sowie abgeschobene Personen. Darüber hinaus tauscht das Auswärtige Amt regelmäßig mit Vertretern von Nicht-Regierungs-Organisationen und dem UNHCR Informationen über die Lage aus (AA, Lagebericht vom 02.10.2002). Allein die kurzfristige Ingewahrsamnahme am Flughafen im Rahmen eines Personenfeststellungsverfahrens stellt schon von der Intensität dieser Maßnahme her keine politische Verfolgung im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG dar.

2.3. Dem Beigeladenen droht im Falle seiner Rückkehr nach Togo auch nicht wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG.

2.3.1. Im Hinblick auf eine exilpolitische Tätigkeit geht das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 02.10.2002 unverändert davon aus, dass die bloße Mitgliedschaft in einer Exilorganisation bei der Rückkehr nach Togo keine Repressionen auslöst. Repressionsopfer seien vor allem politisch aktive Mitglieder der Opposition. Da nahezu jede politisch aktive Person in Togo einer Partei angehöre, sei es dabei weniger auf den Rang in oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität angekommen. Gefährdet seien die Führer der Parteien und auch die örtlichen Funktionsträger. Parteiführer nähmen daher regelmäßig privaten Personenschutz in Anspruch. Auf engagierte Mitglieder oppositioneller Parteien werde z. B. durch die Drohung mit Verlust des Arbeitsplatzes oder Versetzung Druck ausgeübt. Soweit feststellbar, blieben Personen unbehelligt, die lediglich Mitglieder in einer Oppositionspartei (oder auch Verwandte eines Oppositionsmitglieds) seien. Gefährdet seien ferner Augenzeugen von schweren Menschenrechtsverletzungen. Journalisten, deren Kritik an der Staatsführung als Beleidigung des Staatsoberhaupts aufgefasst würde, unterlägen zeitweise staatlichen Repressalien. Besonders massiv gingen die Machthaber gegen den Führer der Oppositionspartei CAR, Rechtsanwalt Yaovi Agboyibo, vor, der trotz Aufhebung des gegen ihn ergangenen Urteils im Berufungsverfahren erst nach internationalen Protesten und über siebenmonatiger Haft am 14.03.2002 auf Weisung von Staatspräsident Eyadéma freigekommen sei. Durch die am 04.01.2000 vom Parlament beschlossene Änderung des Pressegesetzes seien die Sanktionsmöglichkeiten bei Pressedelikten verschärft worden. In besonderem Maße gefährdet seien Angehörige des Militärs und der Heimat-Ethnie des Präsidenten Eyadéma (Kabye), die sich oppositionell betätigten bzw. den Präsidenten und sein Regime kritisierten; denn diesen Personen werde von den Verfolgern zusätzlich mangelnde Loyalität zum Oberbefehlshaber bzw. zur eigenen Volksgruppe vorgeworfen (IfA, Auskunft vom 11.05.2000 an das OVG MV).

Der UNHCR beurteilt die Rückkehrgefährdung für togoische Asylbewerber im Übrigen ähnlich wie das Auswärtige Amt: "Insbesondere im Hinblick auf die Evaluierung der Risikofaktoren Asylantragstellung in der Bundesrepublik Deutschland und Mitgliedschaft in einer exilpolitischen Organisation möchten wir darauf hinweisen, daß die togoische Regierung, die - wie wir bereits in früheren Stellungnahmen ausgeführt hatten - seit jeher mit einem gewissen Argwohn die Aktivitäten der Opposition in der Bundesrepublik Deutschland beobachtet, den togoischen Asylsuchenden in Europa eine Mitschuld an der Entscheidung der europäischen Union zusprechen könnte. Eine schablonenhafte Entscheidung anhand solcher Kriterien wie "aktive/exponierte" oder "nicht-aktive/untergeordnete" (exil-)politische Tätigkeit wird deshalb u. E. den Verhältnissen in Togo spätestens seit den Präsidentschaftswahlen nicht mehr gerecht. Erforderlich ist nach Ansicht unseres Amtes die bereits in unserer Stellungnahme vom 12.8.1997 an das VG Neustadt an der Weinstraße empfohlene Gesamtschau der in jedem Einzelfall vorhandenen Risikofaktoren, wobei vor dem Hintergrund der derzeitigen Lage in Togo davon auszugehen sein dürfte, daß bereits wenig profilierte Oppositionelle bei einer Rückkehr nach Togo gefährdet wären. Eine exakte Grenzziehung mit dem Anspruch einer längerfristigen Verläßlichkeit ist uns allerdings angesichts der nicht absehbaren weiteren Entwicklung in Togo und der Willkürlichkeit der ergriffenen Maßnahmen nicht möglich" (UNHCR, Auskunft vom 10.12.1998 an VG Oldenburg und [daran festhaltend] Auskunft vom 28.07.2000 an VG Oldenburg).

Diese Befürchtung des UNHCR hat sich auch im Zeitablauf nach dem Dezember 1998 nicht weiter bestätigen lassen. Während insbesondere der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 02.10.2002 und der Bericht der Botschaft in Lomé vom 19.10.1999 (an VG Hamburg) Gegenteiliges berichten, enthalten die jüngeren Auskünfte des UNHCR (vom 16.08.2001 an VG Hamburg) und des Auswärtigen Amtes (vom 26.10.2001 an VG Münster) keinerlei neuen Tatsachen, welche die im Dezember geäußerte Befürchtung des UNHCR erhärten könnten. Vielmehr stellt auch der UNHCR in seiner Auskunft vom 16.08.2001 wiederum fest, dass "die jeweils in dem Einzelfall hinzutretenden Umstände für die Gefährdungsprognose von ausschlaggebender Bedeutung" sind.

Auch andere Organisationen gehen in ihren Auskünften von einer prekären Menschenrechtslage und Vorkommnissen mit politischem Verfolgungscharakter in Togo aus. Amnesty international hat in seiner Stellungnahme vom 11.10.1999 (an das VG Hamburg) an seiner bisherigen Einschätzung festgehalten, dass auch die aktive Auslandsopposition von staatlichen Zwangsmaßnahmen ebenso bedroht sein dürfte wie diejenigen Personen, die sich im Inland in der Opposition oder für die Menschenrechte betätigten. Allerdings lägen seit Mai 1999 über konkrete Vergleichsfälle, in denen exilpolitische aktive Togoer nach negativ abgeschlossenem Asylverfahren nach Togo abgeschoben worden seien, keine Erkenntnisse vor (ebenso Stellungnahme vom 12.07.2000 an VG Hamburg). Das Institut für Afrika-Kunde führt in neueren Auskünften (vom 11.05.2000 an OVG MV; vom 17.01.2000 an das VG Oldenburg; vom 18.09.1998 an das VG Ansbach) aus, dass ihm eine Änderung der Politik der togoischen Regierung gegenüber abgeschobenen oder zurückkehrenden Asylbewerbern nicht bekannt sei. In seiner Stellungnahme vom 23.02.1998 an das VG Greifswald hat das Institut für Afrika-Kunde die Ansicht vertreten, alle nach Togo zurückkehrenden aktiven Gegner des Eyadéma-Regimes seien verfolgungsgefährdet. Der Gefährdungsgrad sei nicht automatisch an den politischen Status oder Bekanntheitsgrad gekoppelt, weshalb allein eine Differenzierung in einfache und bekannte Oppositionsmitglieder zur Einschätzung des Risikos einer politischen Verfolgung in Togo wenig hilfreich sei.

2.3.2. Wegen der dargestellten Verhältnisse und mit ihrer Einschätzung durch die Auskunftsstellen hält der Senat an seiner Auffassung fest, dass einem togoischen Staatsangehörigen wegen seiner bloßen Mitgliedschaft in einer togoischen Oppositionspartei oder einer Exilorganisation sowie einer damit verbundenen "nicht exponierten" Parteiarbeit nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung bei seiner Rückkehr nach Togo droht. Vielmehr ist stets nach den Umständen des Einzelfalls über die Gefahr der politischen Verfolgung bei einer Rückkehr zu entscheiden. Dabei kann nicht schematisch auf eine "aktive" oder "nicht aktive" Betätigung für derartige Organisationen abgestellt werden. Vielmehr muss angesichts der komplexen Situation eine umfassende Würdigung und Gesamtschau vorgenommen werden. Dabei sind die Asylantragstellung und die Dauer des Auslandsaufenthaltes nur einige der Risikofaktoren; zu bewerten sind ferner der Umfang und die Exponiertheit der exilpolitischen oder oppositionellen Betätigung, die Bedeutung sowie der Bekanntheitsgrad der Exilorganisation, eine eventuelle Medienberichterstattung in der Bundesrepublik Deutschland und der Grad der Wahrscheinlichkeit, dass die Betätigung von dem Regime in Togo wahrgenommen wird (so schon OVG LSA, Beschl. v. 23.01.2002 - 2 M 323/01 -).

Zunächst ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass die togoische Regierung die exilpolitische Szene in der Bundesrepublik Deutschland durch ihre Botschaft aufmerksam beobachtet. Die aus der Sicht der togoischen Regierung wegen der Einstellung der Entwicklungshilfe gespannten deutsch-togoischen Beziehungen werden zum Teil auch dem Wirken dieser Organisationen in Deutschland angelastet (UNHCR vom 19.06.1998 an VG Weimar). Das Regime nutzt insoweit auch eigene Informanten; allerdings ist das Regime technisch nicht in der Lage, die exilpolitischen Tätigkeiten der mehr als 11.000 Togoer, die sich in Deutschland aufhalten, wirklich systematisch zu erfassen (AA, Lagebericht vom 15.11.2000). Nach den vorliegenden Erkenntnisquellen kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die in Deutschland tätigen togoischen exilpolitischen Organisationen von dem Regime nahe stehenden Kreisen infiltriert sind (AA, Auskunft vom 17.02.1998 an das VG Hamburg; UNHCR vom 19.06.1998 an das VG Weimar; ai vom 11.10.1999 an das VG Hamburg). Der UNHCR weist in seiner Stellungnahme vom 28.07.2000 an das VG Oldenburg darauf hin, dass durch den Zuzug einer Reihe besonders profilierter togoischer Oppositioneller in die Bundesrepublik Deutschland seit 1998 das Interesse der togoischen Regierung an den exilpolitischen Aktivitäten in der Bundesrepublik noch gewachsen sein dürfte.

Die bloße Mitgliedschaft in einer togoischen Exilorganisation zieht aber dennoch nach wie vor nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen in Togo nach sich. Dies ist zunächst aus dem Umstand zu schließen, dass nahezu jeder togoische Asylbewerber, wie dem Senat aus den bisherigen anhängigen Verfahren togoischer Staatsangehöriger bekannt ist, einer, häufig sogar mehreren Exilorganisationen angehört. Damit bilden diese Asylbewerber einen hohen Anteil der Rückkehrer nach Togo. Aus den vorstehenden Ausführungen zu 2.2. ergibt sich aber, dass nach dem erfolglosen Abschluss ihres Asylverfahrens zurückkehrende Togoer obwohl sie in aller Regel einer exilpolitischen Organisation angehört haben, bisher keinen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren.

Dass die bloße Mitgliedschaft in einer exilpolitischen Organisation nicht die Gefahr einer politischen Verfolgung begründet, kann ferner aus dem Vergleich mit der Gefährdungslage, der ein Togoer bei einem entsprechenden politischen Engagement in Togo ausgesetzt ist, abgeleitet werden. Allerdings wird die Verfolgungsgefahr für einen zurückkehrenden Togoer schon dadurch herabgesetzt, dass die Exilorganisationen im europäischen Ausland trotz der möglichen Beeinflussung der öffentlichen Meinung in den westlichen Aufnahmeländern zu Ungunsten des Eyadéma-Regimes als Bedrohungsfaktor für den Herrschaftsanspruch des Regimes nur eine untergeordnete Rolle spielen können. Die Verfolgungsgefahr wird noch weiter dadurch gemindert, dass auch den interessierten togoischen Stellen bekannt sein dürfte, dass häufig ohne ernsthafte politische Ambitionen in Exilorganisationen mitgearbeitet wird, allein um die Chancen im Asylverfahren zu verbessern. Hinsichtlich der Reaktion des togoischen Regimes auf eine oppositionelle politische Betätigung in Togo führt das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 02.10.2002 unverändert aus, dass Personen unbehelligt blieben, die lediglich Mitglied in einer Oppositionspartei (oder auch Verwandte eines Oppositionsmitglieds) waren. Hinsichtlich der Gefährdung von bloßen Mitgliedern von oppositionellen Parteien in Togo ist ferner zu berücksichtigen, dass in Togo seit Juni 1991 wieder eine große Zahl von Oppositionsparteien zugelassen ist und diese auch politisch tätig sind. Wie oben dargelegt, ist die innenpolitische Lage, verglichen mit der Situation im Anschluss an die manipulierten Präsidentschaftswahlen vom Juni 1998, infolge des politischen Dialogs des Präsidenten und der Regierungspartei RPT mit den Führern der Opposition, darunter Gilchrist Olympio, durch eine gewisse Entspannung gekennzeichnet. Eine generelle, gewissermaßen "automatisch" an die Mitgliedschaft in einer togoischen Oppositionspartei oder an die Verwandtschaft mit einem Mitglied einer Oppositionspartei anknüpfende Verfolgung findet daher in Togo nach wie vor nicht statt (AA, Lagebericht vom 02.10.2002). Anderenfalls hätte angesichts der großen Zahl von Oppositionsparteien und ihrer Mitglieder eine Massenverfolgung in Togo einsetzen müssen, für die es in den dem Senat vorliegenden Erkenntnisquellen keine Anhaltspunkte gibt.

Führt allein die Mitgliedschaft in einer Oppositionspartei in Togo nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu Verfolgungsmaßnahmen, so kann für die bloße Mitgliedschaft in einer oppositionellen Exilorganisation, deren politische Ziele mit denen der in Togo zugelassenen Parteien identisch sind oder die gar vorwiegend den kulturellen, gesellschaftlichen oder sonstigen Interessen ihrer Mitglieder dienen, nichts anderes gelten; denn, wie oben dargelegt, stellen die exilpolitischen Organisationen für das herrschende Regime eine geringere Gefahr dar als die in Togo tätige politische Opposition. Begründet danach die Zugehörigkeit zu einer exilpolitischen Organisation als solche nicht die Gefahr einer politischen Verfolgung, so gilt dies auch für Tätigkeiten, die mit dieser Mitgliedschaft gewissermaßen im Rahmen der "gewöhnlichen Parteiarbeit" ohne weiteres verbunden sind, wie z. B. die bloße Teilnahme an Versammlungen und Parteiveranstaltungen sowie die Weitergabe von Informationen innerhalb der Organisation (ebenso BayVGH, Urt. v. 25.06.1996 - 25 BA 96.31447 - und OVG NW, Urt. v. 26.08.1996 - 23 A 286/85A. -).

Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen begründet auch das Innehaben einer nominell herausgehobenen Stellung in einer exilpolitischen Organisation in der Bundesrepublik Deutschland nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen im Falle der Rückkehr nach Togo; denn zunächst ist auf die inhaltlich unveränderte Darstellung des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 02.10.2002) zu verweisen, wonach es für die Verfolgungsmaßnahmen in Togo nicht auf den Rang innerhalb einer Organisation, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität ankommt. Dies muss aus den oben ausgeführten Gründen - erst recht - für nominell hochrangige Funktionen in exilpolitischen Organisationen gelten. Ferner ist zu berücksichtigen, dass - wie sich aus den vorliegenden Erkenntnismitteln entnehmen lässt (Bundesverwaltungsamt vom 26.10.1999 an das OVG SH) -, bei den togoischen Exilorganisationen die Zahl der Funktionärsstellen in Relation zur Mitgliederzahl hoch ist und diese Stellen einer häufigen Rotation unterworfen sind. Wenn aber der ganz überwiegende Teil der togoischen Asylbewerber, die nach dem Abschluss des Asylverfahrens aus der Bundesrepublik Deutschland abgeschoben werden, nicht nur einer exilpolitischen Organisation angehört, sondern - vorübergehend - eine zumindest der Bezeichnung nach bedeutsame Funktion wahrgenommen haben, es aber an Referenzfällen für eine politische Verfolgung von zurückkehrenden Asylbewerbern fehlt, so ist daraus zu schließen, dass allein das Innehaben einer Funktionsstellung innerhalb der Organisation von den togoischen Behörden nicht zum Anlass für Verfolgungsmaßnahmen genommen wird.

Der Vergleich mit den Folgen eines politischen Engagements in Togo, wie sie sich den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln entnehmen lassen, zeigt auch auf, unter welchen Voraussetzungen eine exilpolitische Betätigung die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung für den Fall der Rückkehr nach Togo zu begründen vermag. Wegen einer politischen Tätigkeit in Togo sind in erster Linie solche Personen gefährdet, deren politisches Engagement vom Staatspräsidenten und den ihn stützenden Kreisen als konkrete Gefährdung des Herrschaftsanspruchs des Regimes eingeschätzt wird. Dies gilt nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 02.10.2002 für politisch aktive Mitglieder der Opposition und aus politischen Gründen desertierte Angehörige der Sicherheitskräfte. Bei den verfolgten aktiven Mitgliedern der Opposition kommt es, wie bereits dargelegt, nicht auf den Rang in der Organisation, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität an. Für den Bereich der exilpolitischen Betätigung ist hieraus zu schließen, dass togoische Staatsangehörige grundsätzlich nur in besonderen Konstellationen, bei denen die politischen Aktivitäten über die Mitgliedschaft in einer exilpolitischen Organisation hinausgehen, d. h. sie wegen des Grads ihrer politischen Aktivität besonders hervorgetreten sind und sie aufgrund dieser politischen Tätigkeit aus Sicht des Regimes eine ernstzunehmende Bedrohung für den Machtanspruch des Regimes darstellen, die Gefahr einer politischen Verfolgung im Falle der Rückkehr nach Togo angenommen werden kann.

Dass für aus dem Ausland zurückkehrende Togoer grundsätzlich nur dann die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung wegen ihrer exilpolitischen Tätigkeit besteht, wenn sie aufgrund besonderer Umstände eine konkrete Gefahr für die Herrschaft des Präsidenten und der ihn stützenden Kreise darstellen, ergibt sich auch aus der politischen und wirtschaftlichen Lage, in der sich der Präsident und sein Regime seit Jahren befinden. Alles beherrschender Grundsatz der Politik des Regimes ist die Aufrechterhaltung der eigenen Herrschaft über Togo. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Machtanspruch unter allen Umständen durchgesetzt wird, selbst wenn hierdurch die Beziehungen zu den USA und zu den Staaten der Europäischen Union mit der Folge belastet werden, dass finanzielle Hilfen der potentiellen Geberländer weiterhin ausgeschlossen bleiben. Dies zeigt sich z. B. am Ausgang der Präsidentschaftswahlen vom Juni 1998; denn als sich bei der Auszählung der Stimmen ein Sieg des Kandidaten der Opposition (Olympio Gilchrist) abzeichnete, wurde die laufende Auszählung der Stimmen trotz der Anwesenheit von europäischen Wahlbeobachtern, die massiven Drohungen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt waren, abgebrochen. Die Vorsitzende der Wahlkommission, Frau Awa Nana, wurde zum Rücktritt gezwungen, so dass schließlich Eyadéma vom Innenminister zum Sieger der Wahlen erklärt werden konnte (UNHCR vom 10.12.1998 an das VG Oldenburg). Das vom Regime dominierte Verfassungsgericht bestätigte die Gültigkeit der Wahl, die von den Staaten der Europäischen Union einhellig als manipuliert bewertet wird (AA, Lagebericht vom 15.11.2000). Die offenkundige Verfälschung der Präsidentschaftswahlen und die gravierenden Menschenrechtsverletzungen durch togoische Sicherheitskräfte anlässlich der Niederwerfung des politischen Protestes gegen die Wahlmanipulationen im Sommer 1998 waren entsprechend der Ankündigung, die Wahlen als Test für die Beachtung der demokratischen Grundsätze anzusehen, Anlass für die Staaten der Europäischen Union - mit Ausnahme Frankreichs -, die seit Februar 1993 suspendierte Entwicklungshilfe nicht wieder aufzunehmen (IfA vom 16.12.1998 an das OVG RP und UNHCR vom 10.12.1998 an das VG Oldenburg).

Die Aufrechterhaltung des Herrschaftsanspruchs des Regimes ist aber durch die wirtschaftliche Situation des Landes gefährdet. Die wirtschaftliche Lage Togos hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert. Das Pro-Kopf-Einkommen hat sich von 430 US-$ (1990) auf 320 US-$ (1999) verringert. Nach Schätzungen der Weltbank lebten 1999 43 % der Togoer unterhalb der Armutsgrenze; 1990 betrug dieser Anteil nur 32 % (AA, Lagebericht vom 15.11.2000). Die desolate wirtschaftliche Lage kann den Herrschaftsanspruch des Regimes insbesondere dann gefährden, wenn sich das Regime nicht mehr auf die Sicherheitskräfte - Verwaltung, Polizei und Armee - verlassen kann. Dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 15.11.2000 ist zu entnehmen, dass das Regime nicht mehr in der Lage ist, die Gehälter an Angestellte im öffentlichen Dienst, an einfache Beamte und an Pensionäre pünktlich auszuzahlen; die Gehaltszahlungen erfolgen vielmehr mit monatelangen Rückständen. Das Militär ist hiervon - noch - nicht betroffen. Zur Verbesserung der desolaten wirtschaftlichen Lage ist das Land dringend auf wirtschaftliche Hilfe, insbesondere auf die Wiederaufnahme der seit Februar 1993 suspendierten Entwicklungshilfe, durch die hierzu allein fähigen westlichen Staaten angewiesen. Um aber die Chancen auf die Wiederaufnahme der Entwicklungshilfe nicht zu gefährden, muss das Regime seinerseits auf die politischen Interessen der potentiellen westlichen Geberländer besondere Rücksicht nehmen. Das Regime muss der Forderung der USA und der Staaten der Europäischen Union nach Einhaltung der demokratischen Grundprinzipien und der Achtung der Menschenrechte entsprechen, soweit dies sein Machtanspruch zulässt. Da die westlichen Länder ihrerseits auch ein erhebliches Interesse an der Rückführung von solchen togoischen Staatsangehörigen haben, die ein Asylverfahren erfolglos durchlaufen haben, muss das Regime im Interesse der Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu den westlichen Geberländern von der politischen Verfolgung von eigenen Staatsangehörigen absehen, die nach der Durchführung eines Asylverfahrens nach Togo zurückkehren. Diese Rücksichtnahme auf die Interessen derjenigen Staaten, auf deren Hilfestellung das Regime letztendlich auch zur Aufrechterhaltung seiner Herrschaft angewiesen ist, wird nur dann zurückgestellt, wenn der Betreffende aufgrund einer besonderen Konstellation eine konkrete Gefährdung des eigenen Herrschaftsanspruchs darstellt. Dies ist z. B. bei einem aus politischen Gründen desertierten Soldaten gegeben, weil dieser dem Bereich des wichtigsten Herrschafts- und Unterdrückungsinstruments des Regimes zuzurechnen ist. Die Rücksichtnahme auf die politischen Interessen der potentiellen westlichen Geberländer zeigt sich z. B. am Verfahren der Personenkontrolle am Flughafen. Das Auswärtige Amt weist in den Lageberichten seit Jahren unverändert darauf hin (vgl. zuletzt Lagebericht vom 02.10.2002), die togoischen Behörden seien um eine korrekte Behandlung der Rückkehrer bemüht, um weder den deutschen Behörden noch den togoischen Exilorganisationen Anlass zur Kritik zu geben. Auch der oben dargestellte politische Dialog des Regimes mit der gemäßigten Opposition (zuletzt im Mai 2002 in Paris), der zwar bis zum heutigen Tage keine wesentlichen Fortschritte im Demokratisierungsprozess Togos brachte, ist eine Reaktion des Regimes auf die ständigen Forderungen der Staaten der Europäischen Union nach einer tatsächlichen demokratischen Entwicklung in Togo, die insbesondere nach den Repressionsmaßnahmen gegen die Opposition im Anschluss an die zu Gunsten Eyadémas manipulierten Präsidentschaftswahlen vom Juni 1998 erhoben worden waren. Im Oktober 1998 richteten der Ministerrat und die Kommission der Europäischen Union gemeinsam einen schriftlichen Appell an den togoischen Außenminister, in dem die togoische Regierung zur Wiederherstellung rechtsstaatlicher und ziviler Verhältnisse in Togo und zur Darlegung derjenigen Maßnahmen aufgefordert wurde, die sie zur Erreichung dieser Ziele zu ergreifen gedenke. Am 20.11.1998 kam es zu einem ersten Gespräch des Präsidenten Eyadéma mit führenden Vertretern der parlamentarischen und außerparlamentarischen Opposition, in dem Eyadéma auch seine Bereitschaft zu einem Gespräch mit dem prominentesten Oppositionspolitiker, Olympio Gilchrist, erklärte (UNHCR vom 10.12.1998 an das VG Oldenburg). Da sich die Opposition nicht mit ihrer Forderung durchsetzen konnte, die Parlamentswahlen erst nach der Beendigung des politischen Dialogs zwischen dem Präsidenten und der Opposition abzuhalten, boykottierte die Opposition die Parlamentswahlen vom März 1999 (AA, Lagebericht vom 15.11.2000) und vom Oktober 2002 (Frankfurter Rundschau vom 31.10.2002).

2.3.3. Im Falle des Beigeladenen liegt eine besondere Konstellation, die nach den vorstehenden Ausführungen die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung begründet, nicht vor. Die Vereinigungen ARTSA e.V. (Amical des Ressortissants Togolais en Sachsen-Anhalt - Vereinigung togoischer Staatsangehöriger in Sachsen-Anhalt) und Bâtir le Togo (Togo Aufbauen) e.V. sind schon keine Exilorganisationen einer der Oppositionsparteien Togos, sondern ein Zusammenschluss togoischer Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland bzw. Sachsen-Anhalt. Die Mitgliedschaft in diesem Verein kann von den togoischen Behörden nicht wirklich als Gefährdung ihrer Macht im Lande angesehen werden, da beide Vereinigungen aufgrund ihrer geringen, zum Teil sich überschneidenden Mitgliederzahl lediglich kleine Gruppierungen darstellen, deren Wirkungskreis und Bedeutung naturgemäß nur begrenzt sein kann. Der Verein ARTSA ist zudem eine Vereinigung von togoischen Bürgern mit Sitz in Deutschland im Land Sachsen-Anhalt, deren Ziel es gemäß Art. 5 des Statuts der ARTSA (1997) ist, die materiellen und moralischen Interessen seiner Mitglieder bei den deutschen Behörden in Sachsen-Anhalt zu vertreten, und bei seinen Mitgliedern und bei der gesamten togoischen Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt das Gefühl der Solidarität und der bewussten Wahrnehmung ihrer Interessen zu entwickeln. Damit ist der Verein aber mit einer typischen togoischen Oppositionspartei, die sich vorwiegend mit der schwierigen politischen Gesamtsituation in Togo auseinander setzt, nicht zu vergleichen. Die Organisation "Bâtir le Togo, Togo Aufbauen e.V.", die auch im europäischen Ausland und in den USA tätig ist, hat sich demgegenüber zwar zum Ziel gesetzt, auf friedlichem Weg eine starke, unstürzbare und verantwortliche demokratische Opposition in Togo aufzubauen (Bundesamt, Togo-Information; Togoische Exilorganisationen; Stand: Januar 2000). Allerdings kann die in Sachsen-Anhalt tätige Organisation schon aufgrund ihrer Mitgliederzahl (nach den Angaben des Beigeladenen ca. 12) nicht als ernsthafte Bedrohung des Herrschaftsanspruchs des Präsidenten angesehen werden. Zwar ist der Beigeladene inzwischen Mitglied der Koordinationskommission der Vereinigungen in Sachsen-Anhalt; dies ändert aber an der grundsätzlichen Einschätzung des Senats nichts, dass lediglich landesweit tätige Organisationen keine konkrete Gefährdung des Herrschaftsanspruchs des togoischen Regimes darstellen und mithin eine Mitgliedschaft in diesen Organisationen als Anlass für Verfolgungsmaßnahmen togoischer Behörden nicht beachtlich wahrscheinlich ist.

Hinzu kommt, dass togoische Asylbewerber in einer, häufig sogar mehreren Exilorganisationen einen hohen Anteil der Rückkehrer nach Togo bilden. Bisher liegen aber - wie oben bereits ausgeführt - keine Nachweise vor, dass nach erfolglosem Abschluss ihres Asylverfahrens zurückkehrende togoische Staatsangehörige, obwohl sie einer exilpolitischen Organisation angehört hatten, staatlichen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren (AA, Lagebericht vom 02.10.2002).

Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich sogar die Oppositionsparteien in Togo als solche aktiv betätigen können, wie der Wahlkampf zu den Parlamentswahlen im Herbst 2002 gezeigt hat. Es ist davon auszugehen, dass diese Parteien viele tausend Mitglieder haben, die sich in Togo selbst kritisch mit dem herrschenden Regime auseinander setzen, ohne deswegen systematisch verfolgt oder menschenrechtswidrig behandelt zu werden. Zwar wird von gelegentlichen Übergriffen gegen führende Funktionäre von Oppositionsparteien berichtet (AA, Lagebericht vom 02.10.2002); eine solche Funktion bekleidet der Beigeladene aber in den o. g. Vereinigungen nicht.

Vor diesem Hintergrund ist auch das Innehaben einer nominell herausgehobenen Stellung in einem Auslands-Verein - wie hier u. U. die Funktion des Beigeladenen als ... Berater in dem Verein "Bâtir le Togo e.V. " und als ...prüfer der ARTSA e.V. - dahingehend zu beurteilen, dass eine solche Funktion nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen im Falle der Rückkehr nach Togo begründet; denn für die in Togo zu befürchtenden Repressionen kommt es nicht auf den Rang innerhalb einer Organisation, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität an (AA, Lagebericht vom 02.10.2002). Dies gilt aus den oben genanten Gründen erst recht für nominell hochrangige Funktionen in exilpolitischen Organisationen. Die politischen Aktivitäten des Beigeladenen zeichnen sich aber weder inhaltlich noch von ihrem Umfang her durch spektakuläre Aktionen aus, die über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden sind. Die regelmäßige Anwesenheit des Beigeladenen bei den Versammlungen der ARTSA e.V. (22.03.1997, 05.04.1997, 31.05.1997, 09.08.1997, 27.09.1997, 11.10.1997, 08.12.1997), der Vereinigung "Bâtir le Togo" (14.09.1997, 03.07.1999, 03.10.1998, 12.08.2000, 31.03. 2001; 14.07.2001, 11.08.2001) und der Exil-Oppositionspartei UFC (03.07.1999, 04.03.2000, 02.04.2000, 27.05.2000, 14.07.2001, 04.08.2001) sowie seine Teilnahme an Veranstaltungen (29.- 31.01.1998 Informationstage in Magdeburg über die aktuelle Situation in Togo, am 05.02.2001 an der Konferenz der CDFC in Hohenmölsen) und Demonstrationen auch anderer Organisationen, so z. B. im September 1997 in Bernburg, am 19.12.1997 in Magdeburg, am 02.07.1998 in Bonn, am 19.12.2000 an einer Trauerkundgebung in Magdeburg und am 23.12.2000 in Salzwedel, am 23.03.2001 und 31.08.2001 in Berlin, am 18.05.2001 in Stuttgart, begründen nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung im Falle der Rückkehr nach Togo; denn unter Berücksichtigung der Angaben des Beigeladenen ist davon auszugehen, dass seine Aktivität bei diesen Veranstaltungen über die Anwesenheit als Teilnehmer nicht hinausgegangen ist. Er hat sich mithin auf den Veranstaltungen und Demonstrationen in keiner Weise von den übrigen Teilnehmern unterschieden oder sonst in irgendeiner Weise profiliert.

Auch die Teilnahme des Beigeladenen an der Demonstration anlässlich des Expo-Besuchs von Eyadéma am 25.10.2000 vor dem Osteingang des Expo-Geländes in Hannover und seine Aktivitäten vor Ort, u. a. das Rufen von Parolen, lässt eine Verfolgung nicht beachtlich wahrscheinlich erscheinen. Der Senat schließt dies aus dem Umstand, dass es nach dem jüngsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 02.10.2002 auch nach dem Deutschlandbesuch Eyadémas im Oktober 2000, bei dem es zu Protestdemonstrationen gekommen war, keine Änderung der Behandlung von Rückkehrern festgestellt worden ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Auskünfte des UNHCR vom 16.08.2001 und von ai vom 29.01.2001 an das VG Hamburg zu den Ereignissen auf der Expo in Hannover; denn auch diese Auskünfte bieten keine verlässliche Grundlage für die Annahme, dass die Beteiligung an der Protestdemonstration gegen Eyadéma zu politischer Verfolgung führt. Vielmehr stellt der UNHCR in seiner Auskunft fest: "Da UNHCR jedoch keine Informationen vorliegen über Teilnehmer an dieser Demonstration, die nach Togo abgeschoben wurden, ist eine verläßliche Prognose nicht möglich." Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für Verfolgungsmaßnahmen seitens der togoischen Sicherheitskräfte lässt sich auf dieser Tatsachenbasis damit nicht positiv feststellen.

Soweit der Beigeladene auf eine Petition vom 13.12.1997 verweist, war diese an den damaligen Innenminister von Sachsen-Anhalt gerichtet und enthielt keinen Hinweis auf den Beigeladenen, so dass nicht davon auszugehen ist, dass diese Petition überhaupt den togoischen Behörden bekannt geworden ist. Dies gilt auch für die Briefe an den Präsidenten der Menschenrechtsorganisation LTDH, Herrn Jean Yaovi Degli, vom 11.04.1997 und an Heinke Wunderlich, ai, vom 07.11.1997, die lediglich an diese Personen gerichtet waren und denen aus diesem Grund keine öffentlichkeitswirksame Bedeutung zukommt. Soweit der Beigeladene eine Verfolgungsgefahr aus dem Übersenden eines Bürgerbegehrens mit Unterschriftenliste an den Präsidenten Eyadéma im August 1997 herleitet, vermag der Senat diese nicht zu erkennen, weil schon nicht ersichtlich ist, ob den Präsidenten dieses Bürgerbegehren jemals erreicht hat und im Übrigen eine derartiges Begehren einer kleinen Gruppe von 35 Exiltogoern keine ernsthafte Gefährdung des togoischen Regimes darstellt.

Die - gemessen an den bisher genannten - einzige spektakuläre Aktion des Beigeladenen, seine Teilnahme am Hungerstreik vom 08.03. bis 21.03.1999 in Halle, begründet weder allein noch im Zusammenhang mit den anderen Aktivitäten eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für Verfolgungen bei Rückkehr. Der Hungerstreik dürfte von der togoischen Regierung schon deswegen nicht als Angriff auf den Herrschaftsanspruch des Präsidenten Eyadéma und seinen unmittelbaren persönlichen Bereich angesehen werden, weil der Streik sich in erster Linie gegen die Asylpolitik in der Bundesrepublik Deutschland und speziell gegen die Asylpraxis gegenüber togoischen Asylbewerbern in Sachsen-Anhalt richtete. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus dem Schreiben vom 08.03.1999, mit dem der Beginn des Hungerstreiks angekündigt wird, und dem darin enthaltenen Forderungskatalog der Streikenden sowie aus der Pressemitteilung vom 21.03.1999, in der es heißt: (Mit der Unterbrechung des Hungerstreiks) "wollen wir, dass beide Seiten die Möglichkeiten, die erst mit diesem Streik entstanden sind nutzen, um etwas an der schockierenden Asylpraxis der Togolesen in diesem Gebiet Deutschlands zu ändern". Eine ernsthafte Bedrohung des Machtanspruchs Eyadémas kann in diesem Hungerstreik mithin nicht gesehen werden, zumal die im Zusammenhang mit dem Streik geäußerte Kritik am Regime in Togo hauptsächlich in der Tagespresse Sachsen-Anhalts erwähnt wurde. Führen mithin weder die Asylantragstellung und der langjährige Auslandsaufenthalt noch die exilpolitischen Aktivitäten des Beigeladenen zu der Annahme, dass er im Falle seiner Rückkehr nach Togo mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sein wird, liegen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 51 Abs. 1 AuslG nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylVfG; die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und über die Abwendungsbefugnis ergeben sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11; 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil aus Anlass dieses Falls keine weitere Klärung grundsätzlicher Fragen des Bundesrechts oder des Verwaltungsverfahrensrechts zu erwarten ist (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der Senat von keiner Entscheidung im Instanzenzug abweicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und Verfahrensfehler nicht ersichtlich sind (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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