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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 18.01.2006
Aktenzeichen: 1 B 444/05
Rechtsgebiete: VwVfG, SächsDSchG, SächsBO


Vorschriften:

VwVfG § 48
SächsDSchG § 12 Abs. 1 Nr. 2
SächsDSchG § 12 Abs. 3
SächsDSchG § 13 Abs. 4
SächsBO § 70
1. Eine als Kulturdenkmal anerkannte Passage wird in ihrem Erscheinungsbild durch bauliche Maßnahmen beeinträchtigt, die ihren Charakter von dem einer überdachten Straße - i.S. eines gedachten Außenraums im Innenraum - in den eines geschlossenen Einkaufsbereichs wandeln (hier: Einbau einer Ganzglastüranlage in die Eingangsbereiche der Mädler-Passage in Leipzig).

2. Eine im Wege der Fiktion nach § 13 Abs. 4 Satz 1 SächsDSchG erteilte denkmalschutz-rechtliche Genehmigung kann unter den Voraussetzungen des § 48 VwVfG zurückgenommen werden. Für eine fingierte Zustimmung nach § 12 Abs. 3 SächsDSchG findet § 48 VwVfG analoge Anwendung.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 1 B 444/05

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Erteilung einer Baugenehmigung

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Reich, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Verwaltungsgericht Döpelheuer aufgrund der mündlichen Verhandlung

am 18. Januar 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung zum Einbau von drei Glastüren in die Eingänge der Mädler-Passage in Leipzig.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Mädler-Passage, die ein Kulturdenkmal im Sinne von § 2 Abs. 1 Sächsisches Denkmalschutzgesetz - SächsDSchG - ist. Die Zugänge zur Mädler-Passage befinden sich an der Grimmaischen Straße, am Neumarkt und am Messehaus in der Nähe der Petersstraße. Die Klägerin beabsichtigt, an jedem der drei Eingänge eine Ganzglasanlage mit Glastür und Schließautomatik einzubauen. Die Türen zur Grimmaischen Straße und zum Neumarkt sollen jeweils in Torbögen eingebaut werden, die sich in einer Entfernung von ca. 11,50 m bzw. 12,50 m zum jeweiligen Straßenbereich befinden. Der Torbogen Grimmaische Straße ist ca. 7,60 m hoch und hat eine lichte Breite von ca. 4,90 m sowie eine lichte Höhe von ungefähr 4,80 m. Durch die beantragte Tür würde die lichte Breite auf 2,37 m und die lichte Höhe auf 2,96 m reduziert. Im Eingangsbereich Neumarkt beträgt bei einer Höhe des Torbogens von 7,60 m die lichte Breite des Durchgangs 4,20 m und die lichte Höhe 4,10 m. Durch den Einbau der Glastür würde die lichte Breite auf 2,06 m und die lichte Höhe auf 2,96 m verringert. In beiden Eingangsbereichen sind die sich über der Öffnung anschließenden Rundbögen mit Fensterelementen ausgekleidet. Die Türöffnungen sollen über die gesamte Breite des jeweiligen Passageneingangs mit einem ca. 0,15 m breiten Metallträger abschließen, in dem die eigentlichen Glastüren ihren Lauf haben sollen. Darüber sollen bis zu den vorhandenen gemauerten Torbögen sechs Längsstreben angebracht werden, welche fest verglaste Scheiben tragen sollen, die den Torbogen vollständig ausfüllen. Der dritte Zugang zur Mädler-Passage über das Messehaus ist rechteckig ausgebildet. Er hat eine lichte Höhe von 3,80 m und eine lichte Breite von 4,40 m. Durch den Einbau der beabsichtigten Tür würde hier die lichte Höhe auf 3,46 m und die lichte Breite auf 2,15 m verringert.

Die Mädler-Passage liegt im Stadtzentrum, für das am 11.1.1993 eine örtliche Bauvorschrift der Beklagten (Gestaltungssatzung) bekannt gemacht wurde. Sie befindet sich zudem im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 45.2 "Nutzungsarten in Stadtzentrum", welcher seit dem 27.2.1998 in Kraft ist.

Die Klägerin stellte am 3.12.1999 einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Einbau der vorbezeichneten Ganzglasanlagen.

Am 2.3.2000 versagte das Referat Denkmalschutz gegenüber dem Bauordnungsamt seine Zustimmung. Die Wirkung des Denkmals Mädler-Passage beruhe auf der (barrierefreien) Annahme durch die Stadtbevölkerung als (überdachte) Straße. Für eine derartige "Straße" sei ein gewisses Maß an Zugluft und eine eventuell damit einhergehende Verschmutzung üblich und zumutbar. Die Denkmalschutzbehörde habe darauf zu achten, dass das Baudenkmal "Passage" durch die beantragte gläserne Abschottung der Zugänge nicht zu einem beliebig nutzbaren Innenraum werde und damit als spezifische Baudenkmalgattung ihren Sinn verliere.

Die Beklagte versagte mit Bescheid vom 27.3.2000 die Erteilung der Baugenehmigung. Durch den Einbau der Glastüren würden die Durchgangsbreiten der Mädler-Passage an den geplanten Stellen um mindestens 50 % reduziert. Auch sehe der Bebauungsplan ein barrierefreies Gehrecht vor. Ferner würden § 12 Abs. 2 Sächsische Bauordnung - SächsBO - sowie § 2 Abs. 2 lit. e) und § 8 der Gestaltungssatzung verletzt. Hiergegen legte die Klägerin am 3.4.2000 Widerspruch ein.

Das Referat Denkmalschutz der Beklagten nahm durch ein am 24.8.2000 bei dessen Bauordnungsamt eingegangenes Schreiben die infolge verspäteter Versagung fingierte denkmalschutzrechtliche Zustimmung im Baugenehmigungsverfahren zurück. Der Einbau der drei Ganzglastüren sei auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 und 3 SächsDSchG nicht zustimmungsfähig. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in die denkmalschutzrechtliche Zustimmung habe nicht entstehen können, weil eine Baugenehmigung zu keiner Zeit vorgelegen habe. Daher überwiege das Interesse der Denkmalschutzbehörde an einer Rücknahme der fingierten Zustimmung.

Die Beklagte hob durch Bescheid vom 29.8.2000 den Versagungsbescheid vom 27.3.2000 auf (Ziffer 1). Gleichzeitig versagte sie die beantragte Baugenehmigung erneut (Ziffer 2). Die durch Fiktion eingetretene Zustimmung des Referats Denkmalschutz sei nach § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - zurückgenommen worden. Diese Regelung sei auch auf fingierte Verwaltungsakte anwendbar. Die Voraussetzungen der Rücknahme seien erfüllt, weil die Zustimmung aus denkmalschutzrechtlicher Sicht rechtswidrig sei. Im Übrigen wiederholte die Beklagte die ablehnenden Gründe des Bescheids vom 27.3.2000.

Die Klägerin legte am 5.9.2000 gegen den Versagungsbescheid vom 29.8.2000 Widerspruch ein. Die durch die Fiktion eingetretene Zustimmung sei nicht mehr "rückholbar", sodass keine Möglichkeit der Rücknahme nach § 48 VwVfG bestehe. Am 26.9.2000 erhob sie vor dem Verwaltungsgericht Leipzig Untätigkeitsklage (Az.: 5 K 1508/00).

Der Widerspruch der Klägerin wurde durch Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Leipzig vom 11.12.2000 als unbegründet zurückgewiesen. Die fingierte denkmalschutzrechtliche Zustimmung habe nach § 48 VwVfG zurückgenommen werden können. Wegen der Möglichkeit der Aussetzung nach § 13 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SächsDSchG könne ein Bauantragsteller ohnehin nicht davon ausgehen, dass innerhalb der Frist von zwei Monaten klare Verhältnisse über die denkmalschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens geschaffen würden. Eine Klärung der denkmalschutzrechtlichen Belange sei daher von vornherein mit der zeitlichen Unsicherheit einer eventuell notwendigen Aussetzung belastet. Bei fehlender Rücknehmbarkeit der Zustimmung wäre die Möglichkeit, ein Bauvorhaben aus denkmalschutzrechtlichen Gründen abzulehnen, endgültig abgeschnitten. Das Vorhaben der Klägerin verstoße gegen § 8 Abs. 1 SächsDSchG. Der beabsichtigte Einbau der Glastüren widerspreche der historisch-funktionalen Grundlage des Denkmals und ziehe eine erhebliche Beeinträchtigung nach sich. Die Beklagte habe ihr Rücknahmeermessen sachgerecht ausgeübt, weil das öffentliche Interesse am unveränderten Erhalt des Kulturdenkmals vorrangig sei. Gerade der Erhalt des bautypologischen Charakters eines straßenartigen offenen Durchgangs - also einer Passage ohne Innenraumcharakter - sei aus denkmalrechtlicher Sicht schützenswert.

Die Klägerin trug im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - unter Einbeziehung der Widerspruchsbescheides - vor, dass durch die Glastüren kein Abschreckungseffekt entstehe. Bei rechtmäßiger Ermessensausübung sei die denkmalschutzrechtliche Zustimmung zu erteilen. Die Glastüranlage greife optisch nur geringfügig in das Baudenkmal ein und solle gerade keine psychische Barriere bilden. Das streitgegenständliche Bauvorhaben beeinträchtige die Mädler-Passage gerade nicht, sondern runde diesen Bau ganz im Sinne der diesem Baugattungstyp eigenen Wesensdynamik ab. Bei der Abwägung sei zu berücksichtigen, dass ihr bzw. den Mietern der Geschäfte höhere Kosten für Instandsetzung, Heizung und Taubenvergrämung entstünden. Eine wirksame Rücknahme der fingierten Zustimmung sei ihr gegenüber nicht erfolgt, da sie ihr nicht nach § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG bekannt gegeben worden sei. Im Übrigen sei die Rücknahme ermessensfehlerhaft. Die Zugänglichkeit der Passage sei über die bauplanungsrechtlichen Regularien zu sichern, nicht aber über das Denkmalschutzrecht.

Die Beklagte trat der Klage im Wesentlichen mit den Gründen der angefochtenen Bescheide entgegen, die sie wiederholte und vertiefte.

Das Verwaltungsgericht Leipzig wies die Klage durch Urteil vom 13.11.2003 (Az.: 5 K 1508/00) ab. Dem beabsichtigten Vorhaben stehe § 12 Abs. 1 Nr. 2 SächsDSchG entgegen. Die Baugenehmigungsbehörde sei an die Zustimmung oder Verweigerung der Zustimmung der Denkmalschutzbehörde gebunden, welche nach § 12 Abs. 3 SächsDSchG die denkmalschutzrechtliche Genehmigung ersetze. Die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 4 SächsDSchG sei zunächst eingetreten. Die fiktive Genehmigung sei jedoch zurückgenommen worden, was nach Maßgabe des § 48 VwVfG möglich gewesen sei. Auf die fingierte Zustimmung seien alle im Falle der ausdrücklichen Erteilung einer entsprechenden Genehmigung maßgeblichen Vorschriften und Grundsätze anwendbar. Die Rechtsprechung zur Rücknahme der Fiktion der Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB sei hierauf nicht übertragbar. Die Gemeinde habe die Möglichkeit, noch bis zur Erteilung der Baugenehmigung ihren (geänderten) Rechtsstandpunkt zur Geltung zu bringen. Eine eigenständige Prüfung denkmalschutzrechtlicher Belange durch die Baugenehmigungsbehörde erfolge hingegen nicht. Die durch Fiktion erteilte Zustimmung sei bereits deshalb rechtswidrig gewesen, weil die Denkmalschutzbehörde keine Ermessenserwägungen angestellt habe. Die Ganzglastüranlage bewirke eine bautypologische Veränderung des Denkmals, indem der Durchgangsraum eingeschränkt und die Passage in ihrer historisch-funktionalen Grundanlage verändert werde. Hierdurch werde das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals mehr als unerheblich beeinträchtigt.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 29.12.2003 zugestellte Urteil am 8.1.2004 Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Die Berufung wurde durch Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27.6.2005 (Az.: 1 B 196/04) wegen Vorliegens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen. Einer Rücknahme der fingierten Genehmigung stehe die an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum gemeindlichen Einvernehmen nach § 36 BauGB orientierte Auffassung des Senats im Beschluss vom 19.4.1999 - 1 S 419/97 - entgegen. Am 8.7.2005 wurde der Klägerin der Beschluss zugestellt.

Mit am 8.8.2005 und 20.10.2005 beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsätzen hat die Klägerin ihre Berufung unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und den Zulassungsbeschluss begründet und ergänzend und vertiefend ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, warum vor dem Hintergrund der Möglichkeit des Aussetzens der Genehmigungserteilung nach § 13 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SächsDSchG zugunsten der Denkmalbehörde überhaupt eine Korrekturmöglichkeit bestehen müsse. Materiell rechtswidrige denkmalschutzrechtliche Genehmigungen seien nur in Extremfällen zu befürchten. Selbst wenn man die Anwendbarkeit des § 48 VwVfG unterstelle, setze eine Rücknahme voraus, dass materiell-rechtlich durch die Anwendung der Fiktionsvorschrift Unrecht geschehen sei, also die durch den Fristablauf erteilte Zustimmung schlechthin und nach jeder Betrachtungsweise ermessensfehlerhaft und damit unvertretbar erscheine.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 13. November 2003 - Az.: 5 K 1508/00 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 2 ihres Bescheides vom 29. August 2000 und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Leipzig vom 11. Dezember 2000 zu verpflichten, die am 3. Dezember 1999 beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, eine fiktiv eingetretene denkmalschutzrechtliche Zustimmung könne gemäß § 48 VwVfG zurückgenommen werden. Die Rechtsprechung zum gemeindlichen Einvernehmen sei nicht gleichermaßen auf die Fiktion nach § 13 Abs. 4 SächsDSchG anzuwenden. Durch die abschließende Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde bestehe insoweit bei rechtswidriger gemeindlicher Einvernehmensfiktion ein Korrektiv. Hingegen würden denkmalrechtliche Belange allein von der Denkmalbehörde wahrgenommen. Eine Korrektur einer auf der Grundlage einer rechtswidrig eingetretenen Zustimmungsfiktion erteilten und damit wegen Verstoßes gegen denkmalrechtliche Vorschriften materiell rechtswidrigen Baugenehmigung könne nur über § 48 VwVfG erfolgen. Hierbei bestehe keine andere Rechtslage, als wenn die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde in rechtswidriger Weise erteilt worden wäre.

Das Gericht hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll verwiesen.

Dem Senat liegen die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts, die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Widerspruchsakte sowie Unterlagen über den Bebauungsplan Nummer 45.2 und die Gestaltungssatzung der Beklagten vor. Auf ihren Inhalt und den Inhalt der Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zugelassene Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Klägerin kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zusteht (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Weil das Genehmigungsverfahren bereits am 3.12.1999 und damit vor In-Kraft-Treten der Sächsischen Bauordnung vom 28.5.2005 eingeleitet worden ist, richtet sich seine Zulässigkeit gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 Sächsische Bauordnung nach § 70 Abs. 1 Satz 1 Sächsische Bauordnung i.d.F.v. 18.3.1999 - SächsBO - a.F. Hiernach ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn der Einbau der drei Ganzglasanlagen mit Glastüren verstößt gegen § 12 Abs. 1 Nr. 2 Sächsisches Denkmalschutzgesetz - SächsDSchG -.

1. Das Bauvorhaben bedarf der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung bzw. Zustimmung. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 SächsDSchG darf ein Kulturdenkmal nur mit Genehmigung der Denkmalbehörde in seinem Erscheinungsbild oder seiner Substanz verändert oder beeinträchtigt werden. Maßstab der Beurteilung für die Frage der Beeinträchtigung ist in subjektiver Hinsicht das Empfinden des für Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters. In objektiver Hinsicht erfasst der Tatbestand jede nachteilige Veränderung des Erscheinungsbildes. Dagegen setzt die Genehmigungs- oder Zustimmungspflicht nicht voraus, dass die Beeinträchtigung von besonderem Gewicht oder deutlich wahrnehmbar ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 4.6.1991, BRS 52 Nr. 127). Eine erhebliche Beeinträchtigung in diesem Sinne ist gegeben, wenn der Gesamteindruck von dem Kulturdenkmal empfindlich gestört wird. Die damit allgemein gekennzeichneten Anforderungen bleiben einerseits unter der Schranke dessen, was üblicherweise "hässlich" wirkt und deshalb im baurechtlichen Sinne "verunstaltend" ist. Andererseits genügt für eine erhebliche Beeinträchtigung nicht jede nachteilige Beeinflussung des Erscheinungsbildes. Erforderlich ist, dass der Gegensatz deutlich wahrnehmbar ist und vom Betrachter als belastend empfunden wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.7.2000, BRS 63 Nr. 221; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.11.2005, - 1 S 2953/04 -).

Wie die Beweisaufnahme ergeben hat, würde die Mädler-Passage durch den Einbau der drei Glastüren in ihrem Erscheinungsbild beeinträchtigt. Die von Moritz Mädler zwischen 1912 und 1914 errichtete Passage stellt in Gestalt eines wettergeschützten Flanierbereichs eine Art überdachte Straße dar. Sie ist ein hervorragender und für die Leipziger Innenstadt einmaliger Vertreter dieses Straßentypus. Der Straßencharakter würde sich durch den Einbau der Türen in den eines geschlossenen Einkaufsbereichs mit mehreren Geschäften wandeln.

Die Mädler-Passage ist geprägt durch die Ausformung ihres Inneren mit Mitteln der Außenarchitektur. In ihrem Innenraum sind die Fassaden so gestaltet, dass der Beobachter den Eindruck gewinnt, es handle sich um Außenfassaden. Die Anlage der Geschäfte vermittelt das Bild einer Reihung von Geschäften in geschlossener Bebauung. Zwischen den Eingängen und Schaufenstern befinden sich massive - mit modernen Hinweisschildern auf die jeweilige Firma versehene - Mauerpfeiler und Mauerfächer. Die jeweiligen Geschäfte haben ihre Außengestaltung in der Weise, dass ein Sockel von etwa 50 cm besteht, der sich optisch in der Eingangstür fortsetzt. Auch die Türen bestehen - entsprechend dem Sockel - aus Holz mit einem Glasteil. Auf diese Weise wird der Durchgangsbereich deutlich von dem Geschäftsbereich abgegrenzt, was dem Wesen einer Straße entspricht. Der Straßencharakter wird noch dadurch verstärkt, dass Zugangstüren zu oberen Stockwerken als massive Außentüren mit Klingelanlagen und Firmenhinweisen ausgestattet sind und damit wie selbstständige Hauseingänge i.S.v. Außenzugängen gestaltet sind. Die Beleuchtung besteht aus Straßenlampen. Der beidseitige Eingang zur Gaststätte "Auerbachs Keller" ist entsprechend einer Außenanlage mit Treppenabgang gestaltet. All dies macht den Charakter der Passage als überdachte Straße deutlich. Der komplexe Deckenbereich der Passage mindert den Eindruck, dass man sich auf einer Straße befindet, nicht.

Die Mädler-Passage wird von daher als überdachte Einkaufsstraße wahrgenommen. Für diesen Straßentyp ist sowohl die Wahrnehmung des Außenklimas als auch die Möglichkeit eines ungehinderten Durchschreitens typisch. Er ist dadurch gekennzeichnet, wie eine Straße z.B. zu Abkürzungszwecken genutzt zu werden. Die Mädler-Passage wird von der Allgemeinheit als Straße wahrgenommen. Viele Passanten durchqueren sie zügig, wie auch im Augenschein beobachtet werden konnte, teilweise ohne die Schaufenster zu betrachten. Sie wird folglich als Durchgangsmöglichkeit und nicht ausschließlich oder überwiegend zu Einkaufszwecken genutzt. Diesem Straßencharakter entspricht es, dass in ihrem Innenbereich Temperaturen herrschen, die den Außentemperaturen angeglichen sind. Durch den Einbau der Glastüren ginge dieser klimatisch geprägte Außencharakter verloren. Der Passant hätte nicht länger das Gefühl, noch auf einer Straße zu sein, sondern vielmehr den Eindruck, bereits einen Geschäftskomplex betreten zu haben. Der Einbau der Glastüren nähme somit der Passage den Charakter des "gedachten Außenraums im Innenraum" und näherte sie einem modernen Einkaufszentrum an. Dies ist mit dem historischen Bild der Passage nicht vereinbar.

2. Bedarf ein Vorhaben der Baugenehmigung, tritt gemäß § 12 Abs. 3 SächsDSchG an die Stelle der Genehmigung die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde gegenüber der Bauaufsichtsbehörde. Die Regelung des § 12 Abs. 3 SächsDSchG findet auch dann Anwendung, wenn - wie hier - Bauaufsichtsbehörde und untere Denkmalschutzbehörde identisch sind. Dies führt nicht dazu, dass das Einvernehmen entbehrlich wird und die Bauaufsichtsbehörde stattdessen die denkmalrechtlichen Fragen selbst prüfen darf und muss. Dem stehen die besonderen Verfahrensregeln des § 4 Abs. 2 SächsDSchG entgegen. Danach entscheidet die untere Denkmalschutzbehörde nicht allein, sondern im Einvernehmen mit der zuständigen Landesoberbehörde für den Denkmalschutz. Kommt kein Einvernehmen zustande, entscheidet die höhere Denkmalschutzbehörde. Diese Vorschrift gilt auch für die Zustimmung des § 12 Abs. 3 SächsDSchG und schließt es aus, von einer echten Behördenidentität auszugehen (Dahlke-Piel in: Degenhart, SächsBO, Stand: Juni 2002, § 70 RdNr. 45).

a) Eine solche Zustimmung des Referates für Denkmalschutz der Beklagten ist nicht mehr gegeben. Zwar ist eine Zustimmung zu dem Bauvorhaben zunächst im Wege der Fiktion erfolgt. Nach § 13 Abs. 4 Satz 1 SächsDSchG gilt die Genehmigung als erteilt, wenn die zuständige Denkmalschutzbehörde nicht innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags hierüber entschieden hat und die Entscheidung nicht ausgesetzt ist. Bei Vorhaben nach § 12 Abs. 3 SächDSchG gilt der Genehmigungsantrag als mit dem Antrag auf Baugenehmigung gestellt (§ 13 Abs. 1 Satz 2 SächsDSchG). Der Bauantrag der Klägerin ist am 3.12.1999 bei der Beklagten eingegangen, sodass die Zustimmungsfiktion am 4.1.2000 eingetreten ist. Der Genehmigungsversagung am 2.3.2000 kommt mithin keine Bedeutung mehr zu, weil sie verfristet war.

b) Das Referat Denkmalschutz hat jedoch am 24.8.2000 die Rücknahme der fingierten Zustimmung nach § 1 Sächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz - SächsVwVfG -, § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - erklärt.

Eine nach § 13 Abs. 4 Satz 1 SächsDSchG fingierte Zustimmung kann grundsätzlich unter den Voraussetzungen des § 48 VwVfG zurückgenommen werden. Der Senat hält nicht an der im Zulassungsbeschluss vom 27.6.2005 (- 1 B 196/04 -) vertretenen, an der am gemeindlichen Einvernehmen nach § 36 BauGB orientierten Auffassung fest, dass die Anwendung des § 48 VwVfG bei fiktiv erteilten Zustimmungen ausgeschlossen ist.

Zwar sind Rücknahme oder Widerruf der Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB und des nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB fingierten gemeindlichen Einvernehmens nicht zulässig, weil dies den Sinn der Vorschrift, das Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und innerhalb der Zweimonatsfrist für Klarheit über die Einvernehmenserklärung der Gemeinde zu sorgen, leerlaufen ließe. Die Gemeinde, deren Einvernehmen nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB als erteilt gilt, erleidet keine schweren Nachteile, auch wenn sie erst nach Ablauf der Zweimonatsfrist zu der Erkenntnis kommt, dass das Vorhaben gegen §§ 31, 33, 34 oder 35 BauGB verstößt. Die Möglichkeit, ihren Rechtsstandpunkt zur Geltung zu bringen, wird ihr durch diese Regelung nicht endgültig abgeschnitten. Auch wenn sie aufgrund der Fiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB dem Antragsteller gegenüber gebunden ist, bleibt es ihr indes - solange noch keine Entscheidung über die Genehmigung ergangen ist - unbenommen, der Genehmigungsbehörde gegenüber ihre Bedenken vorzubringen. Erweisen sich die Gründe, die sie gegen die Zulässigkeit des Vorhabens ins Feld führt, als stichhaltig, so kann sie ungeachtet des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB damit rechnen, dass der Antrag abgelehnt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996, BauR 1997, 444; BVerwG, Urt. v. 19.2.2004, BVerwGE 120, 138; BVerwG, Urt. v. 16.9.2004, NVwZ 2005, 213).

Diese Grundsätze sind nicht auf die Zustimmungsfiktion des § 13 Abs. 4 SächsDSchG übertragbar. Die Erwägung, der Gemeinde entstünden durch die Einvernehmensfiktion keine schweren Nachteile, weil sie auch nach Fristablauf ihre Bedenken gegen das Bauvorhaben vortragen könne und diese bei der Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde noch Berücksichtigung fänden, trifft gerade auf die denkmalschutzrechtliche Zustimmung nicht zu. Die Bauaufsichtsbehörde ist an die - explizierte oder fingierte - Zustimmung der Denkmalbehörde gebunden und hat sich der Vornahme einer eigenständigen denkmalschutzrechtlichen Prüfung zu enthalten. Zudem erstreckt sich die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 4 SächsDSchG nicht auf die Rechtmäßigkeit der fingierten Genehmigung, weil ihr Eintritt allein vom Zeitablauf abhängt. Im Übrigen wären - wenn man die Rechtsprechung zu § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB auf die denkmalschutzrechtliche Zustimmung anwenden wollte - auch die Rücknahme und der Widerruf einer ausdrücklich erteilten Zustimmung ausgeschlossen.

§ 48 VwVfG ist grundsätzlich auf fingierte Verwaltungsakte anwendbar (Sachs in: Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 RdNr. 49). Eine nach § 67 Abs. 8 Satz 1 SächsBO a.F. oder § 69 Abs. 5 Satz 1 SächsBO i.d.F.v. 28.5.2005 fingierte Baugenehmigung kann nach §§ 48 ff. VwVfG aufgehoben werden, weil sie einer ausdrücklich erteilten Baugenehmigung in jeder Hinsicht gleich steht und sich die Fiktionswirkung nur auf die Erteilung der Genehmigung und nicht auf deren Rechtmäßigkeit erstreckt (Degenhart/ Ruß in: Degenhart, SächsBO, Stand: Juni 2002, § 67 RdNr. 84; Jäde in: Jäde/ Dirnberger/ Böhme, SächsBO, Stand: November 2005, § 67 RdNr. 114). Gleiches gilt für einen fiktiven Bauvorbescheid (OVG Schl.-H., Beschl. v. 1.9.2004 - 1 MB 7/03 -). Ebenso ist es nicht ausgeschlossen, die auf der Grundlage der planungsrechtlichen Zulässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 4 Maßnahmegesetz zum BauGB - BauGBMaßnG - erteilte Genehmigung nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungsverfahren zurückzunehmen, denn die Zulässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 4 BauGBMaßnG hat lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung und ist auf die materielle Rechtswidrigkeit ohne Einfluss (BayVGH, Urt. v. 30.7.2001, BRS 64 Nr. 170 (2001); VG Gera, Beschl. v. 3.8.1998, ThürVBl. 1998, 259). Aus denselben Gründen kann eine nach § 19 Abs. 3 Satz 6 Bundesbaugesetz - BBauG - als erteilt geltende Teilungsgenehmigung nach § 48 VwVfG zurückgenommen werden (BVerwG, Urt. v. 28.2.1975, BVerwGE 48, 87; BayVGH, Urt. v. 22.7.1991, NVwZ 1992, 992). Weil bei sämtlichen dieser Genehmigungsfiktionen ebenfalls allein auf das Verstreichenlassen der Frist abgestellt wird, ist in gleicher Weise auch bei der fiktiven denkmalschutzrechtlichen Genehmigung/Zustimmung eine Rücknahmemöglichkeit zu bejahen. Die Argumentation der Klägerin, dass wegen der Aussetzungsmöglichkeit in § 13 Abs. 4 SächsDSchG nur in Extremfällen die Fiktion einer materiell rechtswidrigen Zustimmung nach § 12 Abs. 3 SächsDSchG denkbar sei und somit kein Korrekturbedarf bestehe, vermag nicht zu überzeugen, da das grundsätzliche Erfordernis einer Rücknahme in keinem Zusammenhang zu der Häufigkeit der Anwendungsfälle steht. Allein die Möglichkeit der Aussetzung des Genehmigungsverfahrens steht noch nicht einer Rücknehmbarkeit entgegen. Dies folgt bereits daraus, dass eine solche Aussetzungsmöglichkeit nach § 67 Abs. 7 Satz 3 SächsBO a.F., § 69 Abs. 4 Satz 3 SächsBauO i.d.F.v. 28.5.2005 auch im Baugenehmigungsverfahren in Betracht kommt, die fiktiv erteilte Baugenehmigung aber zurückgenommen werden kann.

c) Die Regelung des § 1 SächsVwVfG, § 48 VwVfG findet analoge Anwendung, weil es sich bei der Zustimmung nach § 12 Abs. 3 SächsDSchG nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Die Zustimmung wird nicht gegenüber dem Antragsteller, sondern gegenüber der Baugenehmigungsbehörde erteilt, sodass ihr keine Außenwirkung zukommt. Da ihre Wirkungen aber durch § 12 Abs. 3 SächsDSchG denen einer Genehmigung gleichgestellt sind, ist es sachgerecht, an ihre Rücknahme dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Rücknahme einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung.

Die am 24.8.2000 erfolgte Rücknahme der fingierten Zustimmung ist nach § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG bekannt gegeben worden. Da die Zustimmung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde zu erklären ist, muss auch die Rücknahme an diese als Adressatin gerichtet werden. Einer Rücknahmeerklärung gegenüber der Klägerin bedurfte es nicht.

d) Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 VwVfG sind erfüllt. Die fingierte Zustimmung war rechtswidrig. Insoweit kann dahinstehen, ob es sich bei der Erteilung der Zustimmung um eine gebundene Entscheidung handelt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, wenn und soweit das Vorhaben dem Denkmalschutz entspricht oder wenn im Ausnahmefall nach der Abwägung mit anderen Belangen und Umständen der Denkmalschutz zurücktreten muss (Martin in: Martin/ Schneider/ Wecker/ Bregger, SächsDSchG, § 12 Anm. 3.1.1), oder um eine Ermessensentscheidung, bei der die öffentlichen Denkmalschutzinteressen und die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen sind (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.7.2000, BRS 63 Nr. 221; Urt. v. 4.6.1991, BRS 52 Nr. 127; VG Leipzig, Urt. v. 30.5.1996 - 4 K 146/95 -) mit der Folge, dass eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung in verfassungskonformer Ermessensausübung dann zu erteilen ist, wenn ihre Ablehnung für den Eigentümer unzumutbar wäre (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.10.1988, NVwZ-RR 1989, 230; für die Erteilung einer Abrissgenehmigung: OVG Rh.-Pf., Urt. v. 26.5.2004, BauR 2005, 535; Urt. v. 21.8.2003, BauR 2004, 664).

Bei einer gebundenen Entscheidung wäre das Bauvorhaben wegen der Schwere des Eingriffs nicht zustimmungsfähig gewesen. Wie bereits dargelegt, wäre mit dem Einbau der Glastüren eine grundlegende Veränderung des Charakters der Mädler-Passage verbunden. Für ein Zurücktreten denkmalschutzrechtlicher Belange gegenüber den Interessen der Klägerin an der Vermeidung finanzieller Einbußen infolge der - gegenüber anderen Geschäftsanlagen in der Leipziger Innenstadt vorgetragenen - Standortnachteile ist mithin kein Raum.

Bei einer Ermessensentscheidung wäre die Erteilung der Zustimmung nur dann rechtswidrig, wenn das Ermessen dahingehend reduziert war, die Zustimmung zu versagen. Eine solche Ermessensschrumpfung war gegeben, da das öffentliche Interesse an einer Nichtbeeinträchtigung des Denkmals Mädler-Passage vorrangig ist gegenüber den Interessen der Klägerin als Eigentümerin. Die von ihr vorgetragenen finanziellen Mehrbelastungen sind nicht unzumutbar. Unzumutbar ist eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers, der es zwar grundsätzlich hinnehmen muss, dass ihm eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird, nicht aber, dass für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht. Dies ist der Fall, wenn selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch nicht veräußern kann, wenn er also im öffentlichen Interesse eine Last zu tragen hat, ohne dafür die Vorteile einer privaten Nutzung genießen zu können (BVerfG, Beschl. v. 2.3.1999, BVerfGE 100, 226). Wo die Grenze der Zumutbarkeit im Einzelnen verläuft und in welchem Umfang der Eigentümer durch die Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung in unzumutbarer Weise getroffen würde, hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen Sachverhaltes ab (BVerwG, Beschl. v. 7.2.2002, BRS 66 Nr. 209). Die von der Klägerin geltend gemachten Standortnachteile erstrecken sich darauf, dass sie höhere Aufwendungen für die Beseitigung von Witterungsschäden, Instandhaltungsmaßnahmen, Reinigungsarbeiten und Taubenabwehr tätigen muss, ihre Mieter - was sich auf das Mietpreisniveau auswirkt - höhere Heizkosten haben und sich die Zahl der potenziellen Kunden bei ungünstigen Witterungsverhältnissen möglicherweise verringert. Die - auf die Beachtung denkmalschutzrechtlicher Vorgaben zurückzuführende - Erwirtschaftung geringerer Gewinne zählt aber noch zu den Rentabilitätseinbußen, die der Eigentümer eines Denkmals hinzunehmen hat, und ist dem Ausschluss jeglicher Nutzungsmöglichkeit gerade nicht gleichzusetzen.

Das Referat für Denkmalschutz der Beklagten hat sein Rücknahmeermessen sachgerecht ausgeübt. Eine Abwägung des öffentlichen Interesses mit Aspekten des Vertrauensschutzes, der mangels Vorliegens einer Baugenehmigung zu Recht verneint wurde, und den Belangen der Klägerin ist erfolgt.

Somit sind die Voraussetzungen für eine Erteilung der Baugenehmigung nach § 70 Abs. 1 SächsBO a.F. wegen einer Verletzung von § 12 Abs. 1 Nr. 2 SächsDSchG nicht erfüllt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

vom 31. Januar 2006

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 7.669,39 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1 GKG a.F., wobei sich der Senat an der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht orientiert, gegen die die Beteiligten nichts vorgebracht haben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.)

Ende der Entscheidung

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