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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 21.03.2005
Aktenzeichen: 3 Sa 513/04
Rechtsgebiete: UKG, SHG, AVB, BGB, TVG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

UKG § 11 Abs. 1
UKG § 11 Abs. 5
UKG § 11 Abs. 5 Satz 2
SHG § 75 Abs. 2 Satz 4
AVB § 3 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 305
BGB § 306
BGB § 307
BGB § 308
BGB § 309
BGB § 310
BGB § 613 a
TVG § 3 Abs. 3
TVG § 4 Abs. 1
ArbGG § 64
ZPO § 256
Eine arbeitsvertragliche Gleichstellungsabrede verliert bei Übergang des Arbeitsverhältnisses im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber i.d.R. ihre dynamische Wirkung.
Sächsisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes URTEIL

3 Sa 513/04

Verkündet am 21.03.2005

In dem Rechtsstreit

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 3 - durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 21.03.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufungen der Parteien wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 22.04.2004 - 9 Ca 5995/03 - teilweise abgeändert:

a) Die Klage wird mit dem Klageantrag Ziffer 2 (Zahlungsantrag) abgewiesen.

b) Auf den Hilfsantrag der Klägerin wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Vergütungsleistungen auf der Grundlage der Vergütungsgruppe IV b BAT-O nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden Tarifverträgen in der zum 31.12.2002 gültigen Fassung zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 75 %, die Beklagte zu 25 %.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Frage, ob auf das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen der BAT-O und diesen ergänzende Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung, hilfsweise in der Fassung vom 31.12.2002, Anwendung finden.

Die 1965 geborene verheiratete Klägerin, ein Kind, ist seit 01.09.1984 im U... als medizinisch-technische Fachassistentin Labor beschäftigt.

Mitwirkung zum 01.07.1999 wurde das U... an der U... als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts aufgrund des Gesetzes über die Hochschulmedizin im Freistaat Sachsen errichtet. Artikel 1 dieses Gesetzes bildet das Gesetz über das Universitätsklinikum ... und das U... "..." an der T... U... (UKG).

§ 11 Abs. 1 UKG lautet:

"Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes werden das sonstige Personal im Sinne des § 75 Abs. 2 Satz 4 SHG im Anstellungsverhältnis, die Arbeiter und die Auszubildenden beim bisherigen Universitätsklinikum mit Ausnahme der in der Anlage aufgeführten theoretischen Institute Arbeitnehmer und Auszubildende des U... nach § 1 Abs. 1. Dieses tritt in die Rechte und Pflichten der bestehenden Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse ein."

In § 11 Abs. 5 UKG heißt es:

"Für die Beschäftigten des bisherigen Universitätsklinikums gilt das geltende Tarifrecht des öffentlichen Dienstes der neuen Bundesländer in der jeweiligen Fassung bis zum 31. Dezember 2002 weiter. Danach gilt das zu diesem Zeitpunkt gültige Tarifrecht des öffentlichen Dienstes der neuen Bundesländer bis zum Abschluss eines neuen Tarifvertrages einzelvertraglich weiter. Das U... kann zur Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Tarifverträge abschließen."

Der Änderungsvertrag vom 08.08.1991 (Bl. 96 d. A.), es handelt sich um den nach Inkraftsetzen des BAT-O üblichen Formulararbeitsvertrag für die Angestellten des Freistaates Sachsen, lautet in § 2:

"Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften -(BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung."

Die Klägerin hat diesen Vertrag mit dem Zusatz "unter Vorbehalt einer rechtlichen Prüfung" unterzeichnet.

Mit Änderungsvertrag vom 07.11.2002 (Bl. 5/6 d. A.) vereinbarten die Parteien eine weitere Befristung der bereits bisher geltenden Teilzeitbeschäftigung der Klägerin mit 35 Wochenstunden mit Wirkung ab 01.02.2003. In § 2 dieses Vertrages heißt es sodann u. a.:

"Soweit der BAT-O bzw. BMT-G-0 gemäß § 11 Abs. 5 UKG einzelvertraglich fortwirkt, werden diese Bestimmungen durch die Bestimmungen durch die Arbeitsvertragsrichtlinien, die vom Arbeitgeber erlassen wurden, abgelöst. Mit Wirkung vom 01.01.2003 gelten daher abschließend die Arbeitsvertragsrichtlinien in ihrer jeweils geltenden Fassung einschließlich der diese ergänzenden Regelungen."

Mit Schreiben vom 17.06.2003 (Bl. 7 d. A.) brachte die Beklagte der Klägerin die ab 01.01.2003 in Kraft getretenen "Allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen (AVB)" mit ihren Teilen "Mantel", "Vergütung" mit den Anlagen 1 bis 3, "Zulagen und Dienste" sowie "Ergebnisabhängige Jahreseinmalzahlung" (siehe Bl. 8 bis 25 d. A.) zur Kenntnis. Die Beklagte wies darauf hin, dass die Regelung des BAT-O zum 01.01.2003 entfielen und sich die Vergütung nunmehr nach den AVB (Vergütung) richte. Gemäß § 3 Abs. 1 AVB (Vergütung) werde die der Klägerin am 31.12.2002 zustehende monatliche Vergütung in Höhe von € 2.222,13 weiterhin als Sicherungsbetrag gezahlt, wobei die Differenz zwischen der nach den AVB (Vergütung) geschuldeten € 1.840,13 und dem Sicherungsbetrag als monatliche nicht abschmelzende persönliche Zulage gewährt werde.

Aus den AVB ergibt sich ferner, dass ein Urlaubsgeld entfällt und eine gegenüber dem für den öffentlichen Dienst geltenden Zuwendungstarifvertrag geringere Jahreszuwendung gezahlt wird.

Das Schreiben der Beklagten vom 17.06.2003 wies gleichzeitig einen "Einspruch" der Klägerin vom 27.03.2003 und 06.05.2003 "gegen die Eingruppierung nach den AVB" zurück.

Mit am 11.08.2003 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage hat die Klägerin u. a. geltend gemacht, der Änderungsvertrag vom 07.11.2002 sei nicht wirksam, denn er enthalte eine mehrdeutige Klausel. Die AVB seien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht erstellt und nicht der Klägerin zur Verfügung gestellt worden. Sie hätten abschließend erst am 17.06.2003 vorgelegen. Sie seien der AGB-Kontrolle gemäß den §§ 305 bis 310 BGB zu unterwerfen. Es verbleibe bei der einzelvertraglichen Fortwirkung des BAT-O.

Mit der Zahlungsklage werde eine Vergütung und das Urlaubsgeld kraft dynamischer Anwendung des BAT-O - Tariferhöhungen ab 01.01.2003 und ab 01.01.2004 - geltend gemacht. Die Feststellungsanträge seien zulässig, wie es auch für Eingruppierungsfeststellungsklagen gälte.

Die AVB verstießen auch gegen § 11 Abs. 5 Satz 2 des Gesetzes über das U... das U... "..." an der T.... Danach gälte das zum 31.12.2002 gültige Tarifrecht des öffentlichen Dienstes der neuen Bundesländer bis zum Abschluss eines neuen Tarifvertrages einzelvertraglich weiter. Ein neuer Tarifvertrag sei jedoch nicht geschlossen worden.

§ 2 des Änderungsvertrages vom 08.08.1991 enthalte eine große dynamische Verweisung. Deshalb gälte der BAT-O dynamisch weiter. Daran habe sich durch das UKG nichts geändert.

Im Übrigen sei von einer weiterbestehenden Tarifbindung kraft Rechtsscheins auszugehen. Die Abtrennung der U... vom tarifgebundenen Freistaat Sachsen sei "gekünstelt".

Ferner sei § 3 Abs. 3 TVG analog anzuwenden. Die Interessenlage sei derjenigen bei Austritt aus der TdL vergleichbar.

Schließlich wäre es ein Verstoß gegen die Tarifautonomie aus Artikel 9 Abs. 3 GG, wenn sich der Freistaat Sachsen auf diesem Wege der Tarifbindung entzöge. Der Entzug der Tarifbindung nehme den Gewerkschaften die Möglichkeit der Durchsetzung der Tarifverträge in ihrer weiteren Entwicklung.

Die Klägerin hat nach Rücknahme des ursprünglichen Antrags Ziff. 1 folgende Anträge gestellt:

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.02.2003, einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.03.2003, einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.04.2003, einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.05.2003, einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.06.2003, einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.07.2003, einen Betrag von 311,37 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.08.2003, einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.09.2003, einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.10.2003, einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.11.2003, einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.12.2003, einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.01.2004, einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.02.2004, einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.03.2003, einen Betrag von 55,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.04.2004 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Vergütungsleistungen nach dem BAT-O und den diesen ersetzenden und ergänzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung zum Ende eines jeden Monats mit einer Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b BAT-O zu zahlen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Jahreszuwendung des Jahres 2003 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Bruttobetrag seit dem 01.12.2003 zu zahlen.

hilfsweise

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Vergütungsleistungen nach dem BAT-O und den diesen ersetzenden und ergänzenden Tarifverträgen in der Fassung vom 31.12.2002 zum Ende eines jeden Monats mit einer Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b BAT-O zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Ansicht der Beklagten sind die Feststellungsanträge unzulässig, da kein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung bestünde; es stünde ein einfacherer Weg in Form der Leistungsklage zur Verfügung.

Es fehle auch an der hinreichenden Bestimmtheit. Es sei nicht erkennbar, ob eine Feststellung, der Tarifvertrag solle in seiner jeweiligen Fassung gelten, begehrt werde.

Aufgrund des Änderungsvertrages vom 07.11.2002 seien die AVB anwendbar. Soweit diese nicht anwendbar wären, sei jedenfalls der BAT-O nur in seiner Fassung vom 31.12.2002 gemäß § 11 Abs. 5 UKG anzuwenden.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 22.04.2004 der Klage mit dem Zahlungsantrag stattgegeben, im Übrigen die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin zu 85/100 und der Beklagten zu 15/100 auferlegt sowie den Streitwert auf € 7.379,10 festgesetzt.

Es hat in den Entscheidungsgründen, auf welche im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 113 bis 119 d. A.), u. a. ausgeführt, die Feststellungsanträge seien unzulässig, da eine Leistungsklage möglich sei; im Übrigen seien sie teilidentisch mit dem Zahlungsantrag.

Die Klage sei mit dem Zahlungsantrag begründet. Dabei könne unentschieden bleiben, ob die §§ 305 bis 310 BGB n. F. Anwendung fänden. Auch nach altem Recht ergäbe eine Billigkeitskontrolle der Vertragsänderung, dass diese unbestimmt und daher unwirksam sei (§ 315 BGB). Keine der Parteien hätte gewusst, welche Änderung in Kraft treten solle. Die Beklagte habe gleichsam auf Vorrat eine verschlechternde Änderung vorgeschlagen. Deshalb träte an die Stelle der unwirksamen Regelung die ursprüngliche Regelung. Auf das Arbeitsverhältnis sei daher die Vergütungsregelung des BAT-O in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

§ 11 Abs. 5 UKG berühre die einzelvertragliche Regelung nicht.

Zinsen seien nicht in Höhe von 8 Prozentpunkten zuzusprechen; diese Höhe gelte nur für Geschäftsvorfälle zwischen Unternehmen.

Gegen dieses den Parteien am 09.06.2004 zugestellte Urteil richten sich die Berufungen beider Parteien. Die Beklagte hat ihre Berufung am 05.07.2004 eingereicht und am 06.08.2004 ausgeführt. Bei der Klägerin war dies am 07.07.2004 und, nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 09.09.2004, am 09.09.2004 der Fall.

Die Beklagte führt aus, § 2 des Änderungsvertrages vom 08.08.1991 sei als Gleichstellungsabrede aufzufassen. Da die Beklagte nicht tarifgebunden sei, sei ein vertraglicher Anspruch auf die verlangte Tariflohnerhöhung nicht begründet. Geschuldet sei nur die Vergütung in Höhe der BAT-O-Vergütung zum 31.12.2002. Diese werde gezahlt. Im Übrigen sei die Verweisung auf die AVB im Änderungsvertrag vom 07.11.2002 nicht unbillig.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 22.04.2004 - 9 Ca 5995/03 - abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin wendet ein, die AVB seien nicht anwendbar. Mit der Trennung des Personals am U... in Personen, die dem BAT-O unterlägen, hierbei handele es sich um das wissenschaftliche Personal der medizinischen Fakultät, und Personen, bei denen der BAT-O keine dynamische Anwendung fände, verstoße der Landesgesetzgeber gegen die Tarifautonomie und gegen das Prinzip der Tarifeinheit. Da "bei der Beklagten" auf einen Großteil der Beschäftigten der BAT-O kraft Tarifbindung anzuwenden sei, umfasse die Gleichstellungsabrede ebenfalls dieses Tarifwerk in seiner dynamischen Fortschreibung. Die Nachbindungsregelung des § 11 Abs. 5 UKG könne nicht wirksam eine Tarifvergütung beenden.

Im Rahmen ihrer Berufung führt die Klägerin aus, die Feststellungsanträge seien zulässig; sie seien erheblich umfassender als der Leistungsantrag, da die grundsätzliche Anwendung des BAT-O festzustellen sei, z. B. für die Stufensteigerung, den Bewährungsaufstieg, für Nebenregelungen. Im Übrigen reiche der Zahlungsantrag nur bis März 2004.

Der erhöhte Zinssatz werde beansprucht, da die Klägerin nicht Verbraucherin sei.

Die Klägerin beantragt,

auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 22.04.2004 - 9 Ca 5995/03 - abzuändern und

a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Vergütungsleistungen nach dem BAT-O und den diesen ersetzenden und ergänzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung (dynamisch) - hilfsweise: in der zum 31.12.2002 gültigen Fassung (statisch) - nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den monatlich jeweils rückständigen Differenzbetrag zwischen offener und gezahlter Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b BAT-O zu zahlen;

b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Jahreszuwendung des Jahres 2003 nach dem Zuwendungstarifvertrag nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Bruttobetrag seit dem 01.12.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte entgegnet, der erhöhte Zinssatz gemäß § 288 Abs. 2 BGB sei entsprechend der EU-Richtlinie 2000/35/EG nur auf Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmern oder zwischen Unternehmern und öffentlichen Stellen anzuwenden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze bei den Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß § 64 ArbGG statthaften Berufungen der Parteien sind auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Berufung der Klägerin ist lediglich mit dem Hilfsantrag im Rahmen des Antrages a) begründet, im Übrigen unbegründet.

1.

Die Klage ist mit dem in der Berufungsinstanz neu gefassten Feststellungsantrag a) (früherer Klageantrag Ziff. 3) zulässig, jedoch mit dem Feststellungsantrag b) (früherer Klageantrag Ziff. 4) unzulässig.

Für den Feststellungsantrag a) steht der Klägerin ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO zur Seite. Mit dem Hauptantrag geht es um die dynamische, in dem Hilfsantrag um die statische Geltung des BAT-O auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien. Der Antrag erfasst verschiedene Leistungen und Leistungsvoraussetzungen des BAT-O. Die Geltung ist zwischen den Parteien umstritten. Leistungsklagen wären derzeit nur punktuell möglich und dienten nicht einer umfassenden Klärung des Streitpunkts.

Es besteht auch ein Interesse an einer alsbaldigen Feststellung. Tarifleistungen könnten jederzeit aktiviert werden.

Der Klageantrag b) (bisheriger Klageantrag Ziff. 4) ist jedoch unzulässig. Zum einen wäre hier eine Klage auf Leistung als die bessere Rechtsschutzmöglichkeit ohne weiteres wegen der leichten Errechenbarkeit zumutbar. Der Antrag betrifft einen abgeschlossenen Zeitraum. Darüber hinaus erfasst bereits der Antrag a) auch die Zuwendung 2003. Im Falle der Zulassung bestünde doppelte Rechtshängigkeit. Vorrangig war hier der weitergehende Antrag a) (vgl. auch BAG, NZA 97, 337).

2.

Die Klage ist mit dem Klageantrag in der Fassung des Berufungsantrags a) im Hauptantrag unbegründet, jedoch mit dem Hilfsantrag begründet. Demzufolge ist die Klage mit dem ausgeurteilten (Zahlungs-) Antrag Ziff. 2 (= Tenor Ziff. 1 des erstinstanzlichen Urteils) unbegründet.

Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist der BAT-O und sind die diesen ergänzende Tarifverträge in der Fassung vom 31.12.2002 (statisch) anwendbar.

a) Zum 01.07.1999 ging das zwischen der Klägerin und dem Freistaat Sachsen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund Gesamtrechtsnachfolge gemäß dem UKG auf die neu gegründete Beklagte über. Auf diesen Vorgang ist § 613 a BGB nicht anzuwenden (vgl. auch BAG, Urteil vom 08.05.2001 - 9 AZR 95/00 - diese Frage hat das Arbeitsgericht entgegen den Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Urteil nicht behandelt). Die Folgen der Gesamtrechtsnachfolge sind im Einzelnen im UKG geregelt und konnten dort landesgesetzlich auch geregelt werden. So sieht § 11 Abs. 1 UKG den Übergang der Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten, damit auch mit der Klausel des § 2 des Änderungsvertrages vom 08.08.1991, vor.

Unbeachtlich ist hierbei, dass die Klägerin diesen Änderungsvertrag mit dem Zusatz "unter Vorbehalt einer rechtlichen Prüfung" unterzeichnet hatte. Zwar könnte man annehmen, es handele sich hierbei um die Annahme unter einer Einschränkung. Dann läge eine Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag vor (§ 150 Abs. 2 BGB). Die Parteien haben jedoch auf der Grundlage dieses Vertrages langjährig weitergearbeitet. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Beklagte bzw. der Rechtsvorgänger, der Freistaat Sachsen, die Einschränkung akzeptiert hatte und die "rechtliche Prüfung" der Klägerin, die in der Folge keine Bedenken geäußert hatte, positiv ausfiel.

b) § 2 des Änderungsvertrages vom 08.08.1991 stellt als dynamische Klausel eine Gleichstellungsabrede dar (vgl. auch BAG, Urteil vom 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 -, in NZA 2003, 1207 bis 1209).

Mit einem Wechsel zu einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber - um einen solchen handelt es sich bei der Beklagten - verliert eine solche Klausel ihre Dynamik. Denn es kann nicht angenommen werden, dass der tarifgebundene Arbeitgeber Freistaat Sachsen eine Anwendbarkeit von Tarifverträgen begründen wollte, die über die normative Geltung aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit hinausreichte. Für tarifgebundene Arbeitnehmer, bei denen Tarifverträge kraft § 4 Abs. 1 TVG zwingend anwendbar gewesen wären, endete in einem solchen Fall die zwingende Wirkung mit dem Wechsel zu einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber.

§ 11 Abs. 5 UKG verlängert lediglich die dynamische Wirkung der Vertragsklausel bis zum 31.12.2002. Die sodann getroffene Festlegung in dieser Vorschrift gibt lediglich die Rechtslage, zeitlich verschoben auf den 31.12.2002, wieder, wenn nunmehr die statische Weitergeltung des BAT-O festgeschrieben wird.

Soweit erkennbar will die Klägerin allerdings geltend machen, die rechtliche Ausgliederung des U... aus der U... mit der Folge der Herausnahme der Beschäftigten des Klinikbereichs, soweit ausschließlich dort tätig, aus der Zuständigkeit des Freistaates Sachsen als Arbeitgeber verstoße gegen grundrechtlich geschützte Positionen des Tarifrechts.

Dem ist jedoch nicht so. Die tarifrechtliche Situation ist lediglich Folge einer dem Landesgesetzgeber obliegenden politischen Entscheidung über die Struktur der Landesverwaltung und ihrer Einrichtungen. Bedenken könnten sich nur dann ergeben, wenn der Landesgesetzgeber die Ausgliederung ausschließlich zum Zwecke des Entzugs der Beschäftigten aus der Tarifdynamik vorgenommen hätte. Dafür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte.

Die Klägerin hatte deshalb Anspruch lediglich auf Tarifleistungen, basierend auf der unstreitigen Vergütungsgruppe IV b BAT-O, wie sie zum Zeitpunkt des 31.12.2002 galten. Damit stehen ihr die Zahlungsansprüche, die mit dem bisherigen Klageantrag Ziff. 2 geltend gemacht waren und auf der Tarifdynamik ab 01.01.2002 beruhten, nicht zu.

3.

Über die Höhe des Zinssatzes war demgemäß nicht zu entscheiden. Angemerkt sei lediglich, dass der höhere Zinssatz gemäß § 288 Abs. 2 BGB nach der ratio legis nur für Geschäfte zwischen Unternehmern oder zwischen Unternehmern und der öffentlichen Hand gilt.

Die Kostentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

IV.

Gegen diese Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst. Die Entscheidung folgt der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Ende der Entscheidung

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