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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.10.2008
Aktenzeichen: PL 9 A 219/08
Rechtsgebiete: BPersVG, SächsPersVG, SächsRKG, SächsTGV


Vorschriften:

BPersVG § 107
SächsPersVG § 45 Abs. 1 S. 2
SächsPersVG § 8
SächsRKG § 6 Abs. 2
SächsRKG § 6 Abs. 2a
SächsRKG § 21
SächsTGV § 6
Ein überwiegend freigestelltes Personalratsmitglied hat Anspruch auf Reisekostenvergütung nach § 45 Abs. 1 Satz 2 SächsPersVG i. V. m. § 21 SächsRKG und § 6 SächsTGV in Form von Trennungsgeld. Offen bleibt, ob bei Vorliegen eines triftigen Grundes für die Benutzung seines privaten Kraftfahrzeugs eine Erstattung nach erhöhten Kilometersätzen in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 2 SächsRKG in Betracht kommt.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: PL 9 A 219/08

In der Personalvertretungssache

wegen Reisekosten eines Personalrats

hier: Antrag auf Zulassung der Beschwerde

hat der 9. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und die ehrenamtliche Richter Ott und Maurer

am 9. Oktober 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Anträge der Antragsteller auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 29. Februar 2008 - PL 9 K 2369/07 - werden abgelehnt.

Auf den Antrag des Beteiligten wird die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 29. Februar 2008 - PL 9 K 2369/07 - zugelassen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller zu 1 ist als Vorstandsmitglied des Antragsstellers zu 2 zum überwiegenden Teil seiner Arbeitskraft (22/26 Stunden) zur Durchführung seiner Personalratstätigkeit freigestellt. Für Fahrten zwischen seinem Wohnort und der Geschäftsstelle des Antragstellers zu 2 erhält er Trennungsgeldentschädigung gemäß § 21 SächsRKG i. V. m. der Sächsischen Trennungsgeldverordnung.

Er begehrt "volle" Erstattung seiner Reisekosten auf der Grundlage von "§§ 3 ff, insbesondere § 6 Abs. 2 SächsRKG" und "ohne gesonderte Anerkennung von triftigen Gründen" für die Benutzung seines privaten Fahrzeugs zu Fahrten zwischen seinem Wohnort und der Geschäftsstelle des Antragstellers zu 2. Der Beteiligte hat den Antrag unter Bezug auf ein Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen vom 3.5.2007 abgelehnt.

Die Antragsteller haben am 30.11.2007 das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet. Mit Beschluss vom 29.2.2008 hat das Verwaltungsgericht den Anträgen der Antragsteller für die Zukunft ("künftig") stattgegeben, wobei sich aus den Gründen ergibt, dass es die für die Vergangenheit ab August 2006 begehrte Feststellung ablehnt und anstelle der Anerkennung triftiger Gründe durch die Dienststellenleitung eine solche durch den Personalrat bzw. den Personalratsvorsitzenden fordert.

Sowohl die Antragsteller als auch der Beteiligte haben gegen den Beschluss Anträge auf Zulassung der Beschwerde eingelegt.

II.

1. Die zulässigen Anträge der Antragsteller auf Zulassung der Beschwerde sind nicht begründet. Die von ihnen geltend gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i. V. m. § 88 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG und der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 88 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG liegen nicht vor.

a) Die Antragsteller begehren die Zulassung der Beschwerde wegen ernstlicher Zweifel, soweit das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers zu 1 auf Reisekostenerstattung gemäß § 6 Abs. 2 SächsRKG "für die Vergangenheit" abgelehnt hat. Das Zulassungsvorbringen der Antragsteller ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung darzulegen, da sich der Beschluss im angefochtenen Umgang im Ergebnis als richtig erweist, ohne dass es darauf ankommt, ob es der vom Verwaltungsgericht für erforderlich gehaltenen Feststellung triftiger Gründe für die Nutzung des privaten Pkw durch den Antragsteller zu 2 bzw. dessen Vorsitzenden oder der entsprechenden Feststellung durch die Dienststellenleitung bedarf.

Dem Antragsteller zu 1 steht ein Anspruch auf Reisekostenerstattung für die Vergangenheit auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 SächsRKG schon deswegen nicht zu, weil für notwendige Fahrten (überwiegend) freigestellter Personalratsmitglieder zum Sitz der Personalvertretung außerhalb ihres Dienstorts Trennungsgeld gemäß § 21 SächsRKG zu gewähren ist.

Der Anwendung dieser Vorschrift steht nicht entgegen, dass § 45 Abs. 1 Satz 2 SächsPersVG Personalratsmitgliedern "Reisekostenvergütungen nach den für Beamte der Besoldungsgruppe A 15 geltenden Bestimmungen" zuspricht. Denn bei Trennungsgeld handelt es sich um eine andere Form der "Reisekostenvergütung", nämlich um Fahrkostenerstattung nach Maßgabe einer entsprechenden Anwendung des § 21 Abs. 1 SächsRKG (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 13.10.1998 - P 5 S 16/96 -; BVerwG, Beschl. v. 21.5.2007, PersR 2007, 387 zu § 42 Abs. 3 Satz 1 HePersVG und § 23 HRKG). Die von den Antragstellern begehrte Anwendung der Bestimmungen des zweiten Abschnitts des Sächsischen Reisekostengesetzes (§§ 2 ff., insbes. § 6 Abs. 2 SächsRKG) scheidet hingegen deshalb aus, weil die Fahrten zwischen der Wohnung des Antragstellers zu 1 und dem Sitz des Antragstellers zu 2 nicht den in § 2 Abs. 2 SächsRKG definierten Dienstreisen vergleichbar sind. Nach dieser Bestimmung sind Dienstreisen Reisen zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb des Dienstortes. Dienstort im reisekostenrechtlichen Sinn ist grundsätzlich die politische Gemeinde, in der die Behörde oder Dienststelle ihren Sitz hat, der der Beamte als Inhaber einer Planstelle oder aufgrund Abordnung zugewiesen ist, wobei bei mehreren Orten derjenige maßgeblich ist, in dem der Beamte längere Zeit hindurch ständig oder überwiegend Dienst leisten muss (BVerwG, Beschl. v. 14.2.1990, PersR 1990, 130). Demnach ist der dem "Dienstort" vergleichbare Ort im Streitfall der Ort des Sitzes des Antragstellers zu 2, an dem der Antragsteller zu 1 aufgrund seiner Freistellung überwiegend tätig ist. Da die streitgegenständlichen Fahrten zum Sitz des Antragstellers zu 2 mithin nicht Fahrten außerhalb des "Dienstortes", sondern zum "Dienstort" sind, handelt es sich nicht um Reisen, die Dienstreisen entsprechen, mit der Folge, dass die Vorschriften des zweiten Abschnitts des Sächsischen Reisekostengesetzes nicht einschlägig sind.

Dem Zulassungsvorbringen lässt sich ferner nicht entnehmen, dass die Gewährung von Trennungsgeld nach den Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 der aufgrund § 21 Abs. 1 Satz 1 SächsRKG erlassenen Trennungsgeldverordnung (SächsTGV), d. h. Fahrkostenerstattung bis zur Höhe der billigsten Fahrkarte der allgemein niedrigsten Klasse zuzüglich notwendiger Zuschläge eines regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittels (Satz 1) bzw. bei Benutzung eines privaten Kraftfahrzeuges eine Wegstreckenentschädigung von 12 Cent je Kilometer bis zur Höchstgrenze nach Satz 1, der Korrektur bedarf, um einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 107 Satz 1 BPersVG und § 8 SächsPersVG zu vermeiden. Nach diesen Vorschriften dürfen Personen mit Aufgaben nach dem Personalvertretungsrecht nicht schlechter behandelt werden als vergleichbare Personen ohne Personalratsamt, denen Fahrkosten in vergleichbarem Umfang nicht entstehen. Das Benachteiligungsverbot wird verletzt, wenn Personalratsmitgliedern unvermeidbare Aufwendungen für ihre Fahrten zum Sitz des Personalrats nicht erstattet erhalten und einen entsprechenden Teil ihrer Einkommen "zuschießen" müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.5.2007, a. a. O.). Aufgrund der in § 6 Abs. 1 Satz 1 SächsTGV geregelten Erstattung der Fahrkosten eines regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittels ist volle Fahrkostenerstattung sichergestellt, wenn es ein regelmäßig verkehrendes Beförderungsmittel zwischen dem Wohnort des Personalratsmitglieds und dem Sitz der Personalvertretung gibt und seine Benutzung dem Personalratsmitglied zumutbar ist. Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist in diesem Fall ausgeschlossen. Gibt es kein regelmäßig verkehrendes Beförderungsmittel oder wäre seine Benutzung dem Berechtigten nicht zumutbar, kann auch die in § 6 Abs. 1 Satz 1 SächsTGV geregelte Höchstgrenze nicht greifen, so dass der Berechtigte pauschaliert eine Wegstreckenentschädigung für die Benutzung des privaten Kraftfahrzeugs von 12 Cent je Kilometer erhält. Auch in diesem Fall werden die Benzinkosten pauschaliert abgegolten und damit eine Benachteiligung gegenüber Personen ohne entsprechende Aufwendungen zur Wahrnehmung eines Personalratsamts verhindert. Allenfalls in dieser Konstellation könnte sich die Frage stellen, ob die in § 6 Abs. 1 SächsTGV im Gegensatz zur Reisekostenvergütung nach § 6 Abs. 2 SächsRKG nicht vorgesehene Berücksichtigung der Anschaffungs-, Unterhaltung- und Betriebskosten sowie der Kosten der Abnutzung des Kraftfahrzeuges eine Benachteiligung gegenüber der Gruppe dienstreisender Beamten und nicht überwiegend freigestellter Personalratsmitglieder (vgl. zu letzteren SächsOVG, Beschl. v. 30.7.2008 - PL 9 A 165/08 -) darstellt. Wäre das der Fall, was offen bleiben kann, so würde das Benachteiligungsverbot des § 107 Satz 1 BPersVG und § 8 SächsPersVG keinesfalls mehr als eine Gleichstellung mit den nach § 6 Abs. 2 SächsRKG Berechtigten erfordern. Diese erhalten aber - wie eindeutig aus § 6 Abs. 2a SächsRKG folgt - eine Erstattung nach erhöhten, die vorgenannten Kosten berücksichtigenden Kilometersätzen nur dann, wenn triftige Gründe für die Benutzung des privaten Kraftfahrzeugs vorliegen; ohne deren Feststellung steht auch ihnen eine Wegstreckenentschädigung in Höhe von lediglich 12 Cent je Kilometer zu. Unter diesen Umständen käme eine Benachteiligung allenfalls in Betracht, wenn dem Antragsteller zu 1 trotz Vorliegens triftiger Gründe im Unterschied zu den nach § 6 Abs. 2 SächsRKG Berechtigten keine erhöhten Kilometersätze erstattet würden. Gleichwohl bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob unter dieser Voraussetzung der Personalrat bzw. dessen Vorsitzender oder die Dienststellenleitung zur Feststellung der triftigen Gründe für die Benutzung des privaten Kraftfahrzeugs zuständig wäre (vgl. aber zum Vorliegen triftiger Gründe nach § 6 Abs. 1 Satz 1 HRKG: BVerwG, Beschl. v. 21.5.2007, a. a. O., wo auf die Verlesung der "Zustimmungserklärung" der beteiligten Dienststellenleiterin im erstinstanzlichen Anhörungstermin abgestellt wird). Denn die erstinstanzlichen Anträge der Antragsteller sind ausdrücklich auf "volle" Fahrkostenerstattung ohne jegliche "gesonderte Anerkennung von triftigen Gründen" gerichtet. Dieser Antrag kann unabhängig von der Frage der Zuständigkeit keinen Erfolg haben.

Etwas anderes ergibt sich nicht aufgrund des Einwandes der Antragsteller, dass die Anwendung des Erfordernisses des Vorliegens triftiger Gründe auf den Erstattungsanspruch eines Personalratsmitglieds aufgrund der Unabhängigkeit der Personalratsfunktion ausgeschlossen sei. Zwar ist die Verweisung in § 45 Abs. 1 Satz 2 SächsPersVG auf die Bestimmungen des Reisekostengesetzes dahin zu verstehen, dass diese auf die Reisen von Personalratmitgliedern wegen der Eigenart der Personalratstätigkeit nur entsprechend anwendbar sind. Demgemäß scheitert der Erstattungsanspruch eines nicht überwiegend freigestellten Personalratsmitglieds aus § 6 Abs. 2 SächsRKG nicht etwa daran, dass notwendige Fahrten freigestellter Mitglieder der Stufenvertretung zu deren Sitz aufgrund der Unabhängigkeit der Personalratsfunktion keiner Genehmigung bedürfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.5.2007, PersR 2007, 387, 389 m. w. N.). Die Unabhängigkeit verwehrt es dem Dienststellenleiter, Einfluss auf die Amtsführung des Personalrats zu nehmen und über die Ausführung der zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Reisen im Wege der Genehmigung oder Anordnung zu befinden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.6.1962, BVerwGE 14, 282). Sie gebietet es jedoch nicht, bei Fahrten des Personalratsmitglieds von dem Erfordernis des Vorliegens eines triftigen Grundes für die Nutzung des privaten Kraftfahrzeugs abzusehen. Eine Einflussaufnahme auf die inhaltliche Aufgabenwahrnehmung des Personalrats ist mit der Anerkennung eines triftigen Grundes für die Nutzung eines bestimmten Verkehrsmittels von vorneherein nicht verbunden (vgl. näher SächsOVG, Beschl. v. 30.7.2008 - PL 9 A 165/08 -).

b) Die Beschwerde ist auch nicht wegen der von den Antragstellern geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Wie sich den Ausführungen zu 1.a) entnehmen lässt, wäre die von den Antragstellern aufgeworfene Frage, ob bei einem zu 22/26 freigestellten Personalratsmitglied die vorherige Feststellung des triftigen Grundes durch den Personalratsvorsitzenden (bzw. bei dessen Verhinderung durch dessen Stellvertreter) für Fahrten zwischen dem Wohnort des Personalratsmitgliedes und der Geschäftsstelle des Personalrats erfolgen muss, um eine vollständige Kostenerstattung gemäß § 6 Abs. 2 SächsRKG zu erhalten, bei der Fassung ihrer erstinstanzlichen Anträge nicht entscheidungserheblich.

2. Der Antrag des Beteiligten auf Zulassung der Beschwerde hat Erfolg. Aufgrund seines Zulassungsvorbringens ergeben sich ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i. V. m. § 88 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass dem Antragsteller zu 1 für die Zukunft Reisekostenvergütung in entsprechender Anwendung von § 6 SächsRKG zustehe.

Eine Entscheidung zu den ebenfalls vorgetragenen Zulassungsgründen der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 88 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 88 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG) erübrigt sich daher.

Eine Kostenentscheidung erübrigt sich (§ 88 Abs. 2 SächsPersVG i. V. m. § 80 Abs. 1, § 2a Abs. 1 ArbGG und § 2 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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