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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 13.03.2002
Aktenzeichen: 1 U 702/01
Rechtsgebiete: BGB, HOAI, ZPO


Vorschriften:

BGB § 632 Abs. 1
HOAI § 4
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 702/01

Verkündet am 13. März 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Theis sowie der Richter am Oberlandesgericht Dr. Gehrlein und Schmidt

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 20. August 2001 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 12 O 484/00 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer des Klägers und der Streitwert des Berufungsverfahrens werden auf 10.226 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO)

Der klagende Architekt stand mit der Unternehmensgruppe G zu der die erstbeklagte Kommanditgesellschaft und ihre zweitbeklagte Komplementärin gehören, in geschäftlicher Verbindung. In einem Schreiben vom 20. Februar 1996 fixierte die Unternehmensgruppe G eine - unstreitig - mit dem Kläger getroffene Vergütungsvereinbarung, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat (Bl. 50 d.A.):

"Mit Ausnahme des Projektes Bartumstraße (hier gilt eine separate Vereinbarung) gilt grundsätzlich für alle Objekte, dass erst mit tatsächlichem Baubeginn vor Ort Zahlungsanspruch entsteht und Zahlung über den Baufortschritt generell erfolgt.

Bis zum Zeitpunkt der Realisierung, d.h. bis zum Zeitpunkt der Bauantrag-Einreichung, arbeiten wir im Bereich der Projektentwicklung auf Risikobasis zusammen, d.h. ein Honoraranspruch besteht Ihrerseits zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Sollten wir ein Projekt mit Baurecht verkaufen, ohne dass wir selbst die Bauanträge erteilen, werden wir bemüht sein, Ihre Leistung entsprechend an den Käufer mit zu verkaufen.

Für reine Wohnungsbauprojekte haben wir für die Architektenleistung als Bezugsgröße einen m2-Preis von DM 60,--/m2 Wohnfläche vereinbart. Für andere Bereiche gilt Honorarzone 3 - Mindestsatz. Sonderbauten bedürfen bzgl. der Honorarbemessung einer separaten Vereinbarung."

In einem weiteren, auch von dem Kläger unterzeichneten Schreiben der Unternehmensgruppe G vom 21. Juli 1998 wurde diese Vergütungsvereinbarung wie folgt bestätigt (Bl. 32 d.A.):

"Bis zum Zeitpunkt der Realisierung, d.h. bis zum Zeitpunkt der Bauantragseinreichung, arbeiten wir im Bereich der Projektentwicklung auf Risikobasis zusammen, ein Honoraranspruch besteht Ihrerseits bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Sollten wir ein Projekt in dieser Phase mit Baurecht verkaufen, ohne dass wir selbst die Bauaufträge erteilen, werden wir versuchen, Ihre. Leistung für die weiteren Planungskosten gemäß HOAI entsprechend an den Käufer mitzuveräußern - dann auf Basis Grundlage HOAI.

Das Honorar wird mit Baurecht fällig und in monatlichen Raten parallel zur Abwicklung des Bauvorhabens an Sie gezahlt. Hierfür wird für jedes Objekt in Abstimmung mit Ihnen ein Zahlungsplan vereinbart.

Diese Regelung bedeutet, wenn ein Baurecht, wie beantragt, nicht realisiert werden kann und dadurch das Projekt nicht zur Ausführung kommt, wird kein Honoraranspruch fällig".

Im Jahre 1998 betraute die Beklagte zu 1. den Kläger mit der Durchführung von Planungsleistungen für den Neubau eines Altenwohn- und Pflegeheims (betreutes Wohnen) auf einem in Kaiserslautern gelegenen Grundstück. Nachdem der Kläger einen Bauvorbescheid erwirkt hatte, wurde das Grundstück an die Unternehmensgruppe V (Unternehmensgruppe) veräußert, die weitere Planungsleistungen zur Realisierung des Vorhabens an den Kläger vergab.

Mit Rechnung vom 22. Februar 2000 stellte der Kläger der Beklagten zu 1. die von ihm erbrachten Planungsleistungen mit 311.460 DM in Rechnung (Bl. 7 d.A.). Gegenstand der vorliegenden Klage bildet ein Teilbetrag hieraus in Höhe von 20.000 DM. Das Landgericht hat die Klage wegen der zwischen den Parteien getroffenen Vergütungsvereinbarung abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren in Höhe von 20.000 DM weiter.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung des Klägers ist zulässig, bleibt aber aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung in der Sache ohne Erfolg.

Die auf Zahlung von 20.000 DM gerichtete Teilklage ist unbegründet, weil dem Kläger auf der Grundlage der mit der Unternehmensgruppe G getroffenen und zu Gunsten der Beklagten zu 1. wirkenden (§ 328 BGB) Vergütungsvereinbarungen vom 20. Februar 1996 und 21. Juli 1998 mangels Realisierung des geplanten Vorhabens ein Honoraranspruch nicht zusteht. Ist der Kläger jedoch nicht forderungsberechtigt, scheidet auch eine Inanspruchnahme der Beklagten zu 2. als Komplementärin der Beklagten zu 1. (§§ 128, 161 Abs. 1 HGB) aus.

1. Die Parteien haben über die von dem Kläger erbrachten Architektenleistungen einen Werkvertrag geschlossen. Damit ist Ausgangspunkt für die rechtliche Beurteilung des Falles § 632 Abs. 1 BGB. Danach gilt bei Werkverträgen eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werks den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Beruft sich demgegenüber - wie hier - der Auftraggeber darauf, dass die Parteien sich auf die unentgeltliche Herstellung des Werkes geeinigt hätten, trägt er für diese von der gesetzlichen Regel des § 632 Abs. 1 BGB abweichende Behauptung die Beweislast (BGH NJW 1987, 2742).

2. Die Beklagte zu 1. hat jedoch nach dem Inhalt der mit dem Kläger getroffenen Vergütungsvereinbarungen vom 20. Februar 1996 und 21. Juli 1998 den Beweis geführt, dass für die streitige Planungsleistung mangels Verwirklichung des zu Grunde liegenden Bauvorhabens kein Honorar zu entrichten ist.

a) Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört es, dass die Vertragsauslegung in erster Linie den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarungen und den diesen zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen hat (BGH NJW 2000, 2099; NJW 1995, 1212 f.). Ergibt der Wortlaut einer Willenserklärung einen eindeutigen Inhalt, so ist für eine weitere Auslegung grundsätzlich kein Raum (RGRK/Krüger-Nieland/Zöller, 12. Aufl., § 133 Rn. 5).

b) Dem unmissverständlichen Wortlaut der zwischen den Parteien getroffenen Absprachen ist zu entnehmen, dass der Kläger für die streitgegenständlichen, nicht verwirklichten Planungsleistungen keine Vergütung beanspruchen kann.

aa) Die zwischen den Parteien geschlossene grundlegende Vereinbarung vom 20. Februar 1996 sollte nach dem eindeutigen Wortlaut für "alle Objekte" mit Ausnahme des Projekts Bartumstraße gelten. Nach der in unmittelbaren Anschluss an den Begriff "alle Objekte" geregelten Honorarvereinbarung entsteht ein Zahlungsanspruch "erst mit tatsächlichem Baubeginn vor Ort". Der Zeitpunkt der Realisierung wird nachfolgend abweichend vom Baubeginn auf den Zeitpunkt der Einreichung des Bauantrags vorverlegt. Wie es weiter ausdrücklich heißt, arbeiten die Parteien aber bis zur Einreichung des Bauantrags auf Risikobasis zusammen, ohne dass bis zu diesem Zeitpunkt eine Honoraranspruch des Klägers begründet wird. Damit steht unzweifelhaft fest, dass der Kläger eine Vergütung für seine Planungsleistungen frühestens ab Einreichung eines Bauantrages verlangen kann.

Zu Unrecht beruft sich der Kläger darauf, die Vergütungsvereinbarung erfasse nur "Wohnbauprojekte" und nicht das als "Sonderbau" einzustufende Altenwohn- und Pflegeheim. Eingangs des Vertrages wird die Vergütungsvereinbarung unmissverständlich auf "alle Objekte" erstreckt. Lediglich im Blick auf die Honorarhöhe wird später zwischen Wohnbauprojekten und Sonderbauten unterschieden. Diese Differenzierung trifft die Vergütung der Höhe nach, lässt jedoch die zuvor getroffene Regelung darüber, ab welchem Zeitpunkt eine Vergütungsforderung dem Grunde nach entsteht, unberührt.

bb) Auch die weitere Vereinbarung der Parteien vom 21. Juli 1998 schließt etwaige Zahlungsansprüche des Klägers aus. Dieser Vertrag bestimmt ebenfalls ausdrücklich, dass die Parteien bis zur Einreichung des Bauantrags auf Risikobasis zusammenarbeiten und bis dahin ein Honoraranspruch des Klägers nicht begründet wird. Die Abrede erstreckt sich in Anlehnung an den früheren Vertrag ebenfalls auf "alle Objekte". Wegen dieses eindeutigen Wortlauts kann der Auffassung des Klägers, die Vereinbarung vom 21. Juli 1998 beschränke sich wegen der am Vertragsende erfolgten Bezugnahme auf eine Liste vom 25. Juni 1998 lediglich auf die dort genannten Objekte, nicht gefolgt werden. Durch diese Bezugnahme wird vielmehr lediglich klargestellt, welche Objekte der Beklagten zu 1. von der Unternehmensgruppe V (Unternehmensgruppe) übernommen werden.

c) Die Vergütungsvoraussetzung der Einreichung eines Bauantrags ist für das streitige Vorhaben eines Alten- und Pflegeheims in Kaiserslautern nicht erfüllt. Der Kläger hat lediglich einen "positiven Bauvorbescheid" der Stadt Kaiserslautern vorgelegt (Bl. 104 d.A.). Diesem Bauvorbescheid liegt jedoch ausweislich seines Inhalts kein Bauantrag, sondern lediglich eine Bauvoranfrage zu Grunde. Eine Bauvoranfrage kann jedoch nicht einem Bauantrag gleichgestellt werden, zumal die Vergütungspflicht ursprünglich an den tatsächlichen Baubeginn gekoppelt war. Der Kläger hat nicht substantiiert vorgetragen, dass die Beklagte zu 1. für das Bauvorhaben tatsächlich einen Bauantrag gestellt hat. Ein solcher Sachvortrag ist dem Kläger jedoch zuzumuten, weil er das Vorhaben nach der Veräußerung des Grundstücks an die Untemehmensgruppe V (Unternehmensgruppe) weiter betreut hat.

3. Der zwischen den Parteien vertraglich vereinbarten Beschränkung des Vergütungsanspruchs des Klägers stehen die Vorschriften der HOAI nicht entgegen.

a) Ob ein Honoraranspruch dem Grunde nach gegeben oder nicht gegeben ist, lässt sich nicht mit den Gebührentatbeständen der HOAI begründen. Diese sind nur Bemessungsgrundlage für die Anspruchshöhe. Der vertragliche Vergütungsanspruch des Architekten dem Grunde nach ergibt sich ausschließlich aus der Erreichung des geschuldeten werkvertraglichen Erfolges. Die Gebührentatbestände sind somit lediglich für die Bemessung des Honorars von Bedeutung, und zwar unter der Voraussetzung, dass ein Honoraranspruch nach Werkvertrag besteht (BGH NJW 1997, 586 f.).

b) Die öffentlich-rechtliche Preisvorschrift des § 4 HOAI beschränkt die Privatautonomie der Parteien eines Architektenvertrages nicht in der Weise, dass die Parteien nach Abschluss des Architektenvertrages und vor Beendigung der vertraglich vereinbarten Architektentätigkeit keinen Verzicht des Architekten auf das vereinbarte Honorar vereinbaren können. Die Frage, ob ein Architekt ein Honorar beanspruchen kann, ist nicht nach der HOAI, sondern ausschließlich nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Vertragsfreiheit der Parteien wird nur insoweit durch die HOAI beeinträchtigt, als für die Berechnung eines nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts begründeten Anspruchs die HOAI maßgeblich ist. Daher ist eine Absprache nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts und nicht nach den Vorschriften der HOAI zu beurteilen, wonach der Architekt - wie hier - zunächst auf eigenes Risiko arbeiten und eine Vergütung für die von ihm erbrachten Leistungen nur bei Eintritt einer bestimmten Bedingung erhalten soll (BGH NJW-RR 1996, 728 f.).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, während die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO beruht.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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