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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 27.07.2005
Aktenzeichen: 1 U 515/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 4
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 119
BGB § 119 Abs. 1
BGB § 121 Abs. 1
BGB § 164 Abs. 2
BGB § 179
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 651
Auftragserteilung durch Rückübersendung eines vom Unternehmer erstellten Angebots.
Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23. August 2004 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 3 O 303/03 - aufgehoben.

Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Der Rechtsstreit wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des der Klägerin zuzuerkennenden Anspruchs an das Landgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen vorbehalten bleibt.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

III. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Beklagten wird auf 6.352,76 EUR festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

A. Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das unter Anderem Fensterelemente herstellt und montiert. Sie nimmt die Beklagte auf Schadensersatzleistung in Höhe von 6.352,76 EUR (nebst Zinsen) wegen der Nichtdurchführung eines Werkvertrages in Anspruch, der nach ihrer Darlegung bereits im Rahmen einer Preisverhandlung am 18.6.2002, spätestens aber mit der Übersendung eines Fax-Schreibens vom 4.7.2002 mit der Beklagten geschlossen worden sei.

Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch das nunmehr angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen vollumfänglich gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird (Bl. 95 ff d. A.), die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe weder eine Werklohnvergütung, noch ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, da es bereits an dem Zustandekommen eines wirksamen Werkvertrages bezüglich des in Rede stehenden Bauvorhabens in S. fehle. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme habe die Klägerin weder den ihr obliegenden Nachweis einer mündlichen Auftragserteilung im Rahmen der Preisverhandlung vom 18.6.2002 erbracht, noch sei das der Klägerin übermittelte Fax-Schreiben vom 4.7.2002 im Sinne einer Auftragserteilung interpretierbar. Letzteres Schreiben sei informell gehalten und durch den Geschäftsführer der Beklagten lediglich paraphiert worden. Eine Vergleichbarkeit mit den Umständen der Auftragserteilung für das weitere Bauvorhaben in T. sei nicht gegeben, da dieser Auftrag bereits verbindlich im Rahmen der Preisverhandlung erteilt worden sei, und dem sich hierauf beziehenden Fax-Schreiben dementsprechend lediglich noch deklaratorische Bedeutung zugekommen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die mit ihrem Rechtsmittel ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Zahlungsbegehren in vollem Umfange weiterverfolgt. Zur Rechtfertigung ihres Rechtsmittels macht sie im Wesentlichen geltend, dass die Beklagte ihr sehr wohl bereits mündlich im Rahmen der stattgefundenen Preisverhandlung einen verbindlichen Auftrag auch für das Bauvorhaben in S. erteilt habe. Jedenfalls die per Fax erfolgte Rückübermittlung des Angebotes der Klägerin mit den von der Beklagten vorgenommenen Zusätzen sei schlechterdings lediglich als verbindliche Auftragserteilung zu interpretieren, zumal das Fax-Schreiben zudem mit dem Firmenstempel der Beklagten wie auch der Paraphe des Geschäftsführers der Beklagten versehen worden sei. Dass die Beklagte bezüglich des T. Vorhabens ein ähnliches Fax übermittelt habe, spreche eher dafür, dass für das S. Vorhaben ebenfalls ein Auftrag habe erteilt werden sollen.

Die Klägerin beantragt (Bl. 147, 126 d. A.),

unter Aufhebung des am 23.8.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.352,76 EUR nebst 8 %Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.2.2003 zu zahlen.

hilfsweise (Bl. 148 d. A.),

vorab über den Grund des Klageanspruchs zu entscheiden und die Sache zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 147, 133 d. A.),

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und hält an ihrem bereits erstinstanzlich unterbreiteten Sachvortrag fest.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die in dieser Instanz in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

B. I. Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerin ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässig.

Das Rechtsmittel führt in der Sache zu einer Vorabentscheidung über den Grund des den Gegenstand der Klage bildenden Zahlungsanspruchs und hat insoweit den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg. Was die Höhe des zu zahlenden Betrages - auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten erhobenen Hilfsaufrechnung mit einer unbestrittenen Gegenforderung in Höhe von 263,50 EUR - anbelangt, ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif.

Da in erster Instanz Grund und Höhe des Zahlungsbegehrens streitig waren und das Landgericht den Zahlungsanspruch rechtsfehlerhaft dem Grunde nach verneint hat, hat der Senat von der nach § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, das angefochtene Urteil aufzuheben, ein Grundurteil zu erlassen und die Sache zur Entscheidung über die Höhe an das Landgericht zurückzuverweisen. Den nach neuem Prozessrecht erforderlichen Antrag hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat vom 29. Juni 2005 gestellt (Bl. 148 d. A.). Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., Rdnr. 4 zu § 538).

II. Zu Unrecht verweigert das Landgericht der Klägerin bereits dem Grunde nach einen Anspruch auf "entgangenen Gewinn" aus dem nicht durchgeführten Vertrag über die Lieferung und Montage von Fensterelementen für ein Bauvorhaben in S.. Der Sache nach handelt es sich um den Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung für die nicht erbrachte Leistung unter Anrechnung desjenigen, was die Klägerin infolge der Nichtdurchführung des Vertrages an Aufwendungen erspart hat. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann der Auftragnehmer die vereinbarte Vergütung nach wie vor verlangen, wenn der Auftraggeber die Vertragserfüllung endgültig verweigert hat, weil nach seiner Auffassung kein Vertrag zustande gekommen ist. Er muss sich allerdings anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (BGH NZBau 2005/335 ff; BGH NJW 1990, 3008; BGHZ 50, 175).

1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist unter Einbeziehung der vertraglichen Unterlagen und sonstiger - unstreitiger - Umstände davon auszugehen, dass zwischen den Parteien nicht lediglich hinsichtlich eines Bauvorhabens in T., sondern auch hinsichtlich des Bauvorhabens in S. ein verbindlicher Werklieferungsvertrag (§ 651 BGB) geschlossen worden ist.

Zwar trägt das erstinstanzliche Beweisergebnis - und insoweit ist dem Erstgericht beizupflichten - nicht die Feststellung eines im Verlaufe der Preisverhandlung vom 18. Juni 2002 bereits mündlich erteilten Auftrages. Denn die hierzu vernommenen Zeugen R. und F. haben eine derartige Absprache gerade nicht bestätigt.

Einer vertieften Würdigung des erstinstanzlichen Beweisergebnisses oder der Durchführung einer ergänzend nunmehr seitens der Klägerin beantragten Parteivernehmung des Geschäftsführers der Beklagten zu dem insoweit unterbreiteten Sachvortrag bedarf es indes nicht, da aus der maßgeblichen Empfängersicht der Klägerin die in Rede stehende Auftragserteilung jedenfalls spätestens durch das Fax-Schreiben vom 4. Juli 2002 (Bl. 9 d. A.) erfolgte, mit dem die letzte Seite des Angebots der Klägerin vom 17.6.2002 für das Bauvorhaben in S. an die Klägerin übermittelt wurde, die mit den Vermerken der Beklagten "pauschalisierter Auftrag" und "P = 36.000 EUR" sowie dem Firmenstempel der Beklagten und dem Unterschriftskürzel ihres Geschäftsführers versehen war.

Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (BGHZ 36, 33; BGHZ 47, 78; BGHZ 103, 280, ständige Rechtsprechung). Auch für die Frage, ob ein bestimmter Erklärungsakt als Willenserklärung aufzufassen ist oder nicht, ist nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern die objektive Erklärungsbedeutung seines Gesamtverhaltens maßgebend (BGHZ 21, 106; BGHZ 190, 328). Vor der Übermittlung des Fax-Schreibens vom 4.7.2002 hatte die Klägerin der Beklagten ein detailliertes schriftliches Angebot bezüglich der von ihr zu erbringenden Leistungen unterbreitet. Art und Umfang der gegebenenfalls zu vergebenden Arbeiten standen damit fest. Unstreitig hatten die Parteien sich ferner in der Preisverhandlung vom 18. 6.2002 für den Fall einer Auftragserteilung auf eine zu zahlende Vergütung in Höhe eines Pauschalbetrages von 36.000 EUR geeinigt. Dies berücksichtigend konnte dem Fax-Schreiben vom 4.7.2002 nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont der Klägerin lediglich ein Erklärungsinhalt der Gestalt beigemessen werden, dass die Beklagte nunmehr den Auftrag in verbindlicher Weise bestätigt oder erforderlichenfalls erteilen wollte. Dies gilt um so mehr, als die Beklagte dem von ihr stammenden Vermerk "pauschalisierter Auftrag" ihren Firmenstempel beigefügt hatte, und der Geschäftsführer der Beklagten sein Unterschriftskürzel an die Stelle gesetzt hatte, die für die Unterschrift des Auftraggebers vorgesehen war. Für die Verlautbarung eines Willens zur Auftragserteilung musste aus Sicht der Klägerin fernerhin sprechen, dass die Beklagte ein identisches Erklärungsverhalten zeigte wie bei der zeitgleich erfolgenden Bestätigung des Auftrags für das Bauvorhaben in T.. In diesem Zusammenhang beruft die Beklagte sich ohne Erfolg darauf, dass das maßgebliche Fax-Schreiben lediglich ein Unterschriftskürzel ihres Geschäftsführers zeige. Erforderlich, aber auch genügend ist ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender individueller Schriftzug, der einmalig ist, entsprechende charakteristische Merkmale aufweist und sich als Wiedergabe eines Namens darstellt (BGH NJW 1994, 55). Daran, dass der auf dem Fax- Schreiben vorhandene Schriftzug diesen Erfordernissen noch genügt, können auch unter Berücksichtigung des auf dem weiteren Fax-Schreibens vom 4.7.2002 betreffend das Bauvorhaben in T. in nahezu identischer Weise vorhandenen Schriftzuges keine ernsthaften Zweifel bestehen.

Dessen ungeachtet vermochte die Beklagte auch zweitinstanzlich keine stichhaltige Erklärung dafür zu unterbreiten, welcher hiervon abweichende Erklärungswert dem Fax-Schreiben vom 4.7.2002 zukommen sollte. Der Erklärungsversuch der Beklagten, mit diesem Schreiben habe lediglich das Ergebnis der zuvor geführten Preisverhandlung, nämlich ein Pauschalpreis von 36.000 EUR für den Fall einer eventuellen späteren Auftragserteilung festgehalten werden sollen, widerspricht jeglicher Lebenserfahrung und steht in einem nicht auflösbaren Widerspruch zu dem festgestellten objektiven Erklärungstatbestand. Ihrem weiteren Einwand, sie habe bei der Preisverhandlung vom 18.6.2002 gesondert darauf hingewiesen, dass eine eventuelle Auftragserteilung unmittelbar durch die Bauherrin - die S.- H. GmbH - erfolgen werde, muss die Beklagte sich entgegen halten lassen, dass das maßgebliche Fax-Schreiben ihren Firmenstempel und die Unterschrift ihres Geschäftsführers trägt und keinerlei Hinweise auf die Bauherrin als Auftraggeberin enthält. Ein eventuell bei ihr vorhandener Wille, nicht im eigenen Namen zu handeln, wäre daher gemäß § 164 Abs. 2 BGB unbeachtlich, da er für die Klägerin nicht erkennbar hervorgetreten ist (Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 164 Rz. 1 m. w. N.). Ungeachtet dessen hat die Beklagte nicht einmal konkret behauptet, die Bauherrin bei der Auftragserteilung wirksam vertreten zu haben und gar von dieser zu dem Vertragsabschluss bevollmächtigt gewesen zu sein. Bei dieser Sachkonstellation wäre im Übrigen eine Haftung der Beklagten jedenfalls auch gemäß § 179 BGB als Vertreterin ohne Vertretungsmacht in Betracht zu ziehen.

Ungeachtet der Frage, ob es mit Blick auf das zuvor übersandte detaillierte Angebot und die am 18.6.2002 geführte Preisverhandlung, in der sämtliche Modalitäten des Auftrages für den Fall einer Auftragserteilung festgelegt wurden, noch einer gesonderten Annahmeerklärung seitens der Klägerin bedurfte, kann eine solche jedenfalls konkludent in der von dieser geäußerten Bitte um Vereinbarung eines Aufmaßtermines erblickt werden.

2. Ohne Erfolg beruft die Beklagte sich darauf, das das Bauvorhaben in S. betreffende Fax-Schreiben vom 4.7.2002 sei lediglich "versehentlich" übermittelt worden. Eine Nichtigkeit des nach Maßgabe vorstehender Erwägungen zustande gekommenen Vertrages folgt hieraus nicht, da die seitens der Beklagten hierauf gestützte Anfechtung des Rechtsgeschäftes im Ergebnis nicht durchgreifend ist (§§ 142 Abs. 1, 119 Abs. 1 BGB). Ein fehlendes Erklärungsbewusstsein oder ein Irrtum über den Inhalt der Erklärung haben nach herrschender Auffassung die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts nach § 119 Abs. 1 BGB zur Folge (Palandt- Heinrichs, a. a. O.; § 119 Rz. 22, Münchner Kommentar, Kramer, BGB, 4. Aufl., Rn. 92, Einf. 17 vor § 116; Bamberger-Roth, Rn. 5 - 6 zu § 133 BGB). Zunächst hat die Beklagte nicht einmal nachvollziehbar dargelegt, auf welches wie auch immer geartete Versehen die Übermittlung des Fax-Schreibens vom 4.7.2002 an die Klägerin beruhen soll. Zudem hat die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme keinerlei Anhaltspunkte für eine versehentliche Fax-Übermittlung ergeben. Der Zeuge F. hat hierzu lediglich bekundet, "er wisse nicht, wie die Fax-Schreiben zur Klägerin gekommen seien" (Bl. 72 d. A.).

Eine erfolgreiche Anfechtung der seitens der Beklagten abgegebenen Willenserklärung gemäß § 119 Abs. 1 BGB scheitert aber jedenfalls daran, dass diese nicht unverzüglich im Sinne des § 121 Abs. 1 BGB erklärt wurde. Die Ausschlussfrist des § 121 Abs. 1 BGB beginnt mit der Kenntnis des Anfechtungsgrundes, also des Irrtums im Sinne des § 119 BGB. Bloßes Kennenmüssen genügt nicht, eben so wenig das Vorliegen von Verdachtsmomenten (BGH WM 73, 751; BAG NJW 84, 446; BayObLG NJW RR 98, 797). Seit dem Schreiben der Klägerin vom 20.12.2002 (BL. 15, 16 d. A.) war der Beklagten bekannt, dass der Klägerin am 4.7.2002 eine schriftliche Erklärung zugegangen sein musste, die sie als Auftragserteilung für das Bauvorhaben in S. wertete. Mit weiterem Schreiben vom 4.2.2003 (Bl. 17 d. A.) hatte die Klägerin detailliert geschildert, wie es aus ihrer Sicht zur Auftragserteilung gekommen war. Bei dieser Sachlage bedarf es keiner vertieften Ausführungen, dass die erstmals am 9.9.2003, also über 7 Monate nach dem Schreiben vom 4.2.2003 erklärte Anfechtung nicht unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, erfolgte.

3. Kann aber nach Maßgabe vorstehender Ausführungen von einem rechtswirksam geschlossenen Vertrag ausgegangen werden, so ist das Zahlungsbegehren der Klägerin zumindest als Vergütungsanspruch nach den §§ 651, 631 Abs. 1 BGB aufgrund des Verhaltens der Beklagten gerechtfertigt, die die Vertragserfüllung endgültig verweigerte, weil nach ihrer Auffassung kein Vertrag zustande gekommen ist (BGH a.a.O). Dabei kommt dem Einwand der Beklagten, sie könne ihre Leistung nicht mehr erbringen, weil das Bauobjekt in S. von dritter Seite bereits mit Fensterelementen versehen worden sei, keine rechtliche Relevanz zu. Eine eventuell anzunehmende Unmöglichkeit der vertraglich vereinbarten Leistung der Klägerin beruht nämlich auf Umständen, die die Beklagte zu vertreten hätte, mit der Konsequenz, dass die Klägerin ihren Anspruch auf die Gegenleistung behält (§ 326 Abs. 2 S. 1, S. 2 BGB).

Der Auftraggeber muss sich allerdings anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (BGH NZBau 2005, 335 ff).Entsprechend der ihr obliegenden Darlegungslast hat die Klägerin hierzu Sachvortrag unterbreitet, dessen Richtigkeit die Beklagte in zulässiger Weise bestritten hat (§138 ZPO).

4. Das Zahlungsbegehren der Klägerin ist somit dem Grunde nach gerechtfertigt. Da der Streit über den Grund vollständig in einem für die Klägerin positiven Sinn entscheidungsreif ist, die für die Anspruchshöhe maßgeblichen Anknüpfungstatsachen streitbefangen und weiterer Abklärung bedürfen, sah der Senat es als sachdienlich an, ein Grundurteil zu erlassen und die Sache zur Entscheidung über die Höhe an das Landgericht zurückzuverweisen. Ein Grundurteil darf nach ständiger Rechtsprechung nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und nach dem Sach- und Streitstand der Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (BGH, Urteil vom 21.12.2000 - VII ZR 488/99; BauR 2001, 667; ZFBR 2005, 460). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall sämtlich erfüllt. Insbesondere kann ein Grundurteil auch im zweiten Rechtszug unter Zurückverweisung wegen des Betrages ergehen (BGH NJW 1995, 1093; BGH NJW 1991, 1893).

Im Rahmen des Betragsverfahrens werden hiernach erstmals die notwendigen Tatsachenfeststellungen zur Höhe des verbleibenden Vergütungsanspruches zu treffen sein, wobei hinsichtlich der seitens der Rechtsprechung hierzu aufgestellten Grundsätze auf die bereits eingangs zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs verwiesen wird.

III. Die Entscheidung über die Kosten war dem zu erlassenden erstinstanzlichen Urteil vorzubehalten, da der Umfang des Obsiegens und Unterliegens der Parteien nicht abzusehen ist.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 775 Nr. 1 ZPO (Zöller-Gummer-Hessler, ZPO, 25. Aufl., Rz. 59 zu § 538 ZPO).

Die Festsetzung der Beschwer erfolgt im Hinblick auf § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO, wobei für beide Parteien der volle Hauptsachewert in Ansatz zu bringen ist (Zöller-Gummer, ZPO, 22. Aufl., Rz. 12 b zu § 546 ZPO a. F.).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 3 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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