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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 02.04.2004
Aktenzeichen: 5 W 73/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 888
Zur Berücksichtigung des Erfüllungseinwandes im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 16.2.2004 - 3 O 208/03 - abgeändert und der Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens erster Instanz trägt der Antragsteller, die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500 EUR festgesetzt.

Gründe:

I. Die Antragsgegnerin verpflichtete sich in einem gerichtlichen Vergleich vom 24.7.2003 vor dem Landgericht Saarbrücken, bis zum 30.9.2003 den Abschluss einer Kapitallebensversicherung mit einer Versicherungssumme von 15.000 EUR, Ablaufdatum 1.6.2020, und die unwiderrufliche Abtretung der Ansprüche aus der Kapitallebensversicherung durch den Versicherungsnehmer an den Antragsteller nachzuweisen sowie die Versicherungspolice an den Antragsteller auszuhändigen. In Erfüllung dieses Vergleichs schloss die Antragsgegnerin bei der Lebensversicherung AG eine Kapitallebensversicherung (Versicherungsscheinnummer) ab, räumte dem Antragsgegner ein unwiderrufliches Bezugsrecht für den Todes- und für den Erlebensfall ein und überließ ihm den Versicherungsschein.

Am 30.12.2003 hat der Antragsteller die Verhängung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO beantragt mit der Begründung, die Antragsgegnerin sei ihrer Verpflichtung zur unwiderruflichen Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung nicht nachgekommen. Durch Beschluss vom 16.2.2004 hat das Landgericht Saarbrücken gegen die Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 EUR, ersatzweise 5 Tage Haft, angeordnet. Gegen diesen ihr am 19.2.2004 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 1.3.2004 eingegangenen Beschwerde. Sie macht geltend, dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers sei inzwischen ein von ihr unterzeichnetes und an die Lebensversicherung gerichtetes Schreiben vom 25.2.2004 (Bl. 69 d. A.) zugegangen, mit dem sie die Abtretung aller Rechte und Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag an den Antragsteller erklärt habe und das nur noch der schriftlichen Bestätigung durch den Antragsteller und der Weiterleitung an die Versicherung bedürfe. Der Antragsteller ist demgegenüber der Auffassung, zum einen fehle es nach wie vor an einer unwiderruflichen Abtretung der Ansprüche, zum andern stelle das Schreiben vom 25.2.2004 keinen Abtretungsvertrag dar. Das Landgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 16.3.2004 nicht abgeholfen.

II. Die gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO liegen nicht vor.

1. Grundsätzlich handelt es sich bei der Verpflichtung zum Nachweis der unwiderruflichen Abtretung der Ansprüche aus der Kapitallebensversicherung durch die Versicherungsnehmerin an den Antragsteller um die Verpflichtung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung, die gemäß § 888 ZPO durch Anordnung eines Zwangsgeldes oder von Zwangshaft zu vollstrecken ist. In Betracht kommt weder die Anordnung von Ordnungsgeld, die als repressive, strafähnliche Maßnahme (vgl. Senatsbeschluss vom 21.3.1999 - 5 W 56/99-16) gemäß § 890 ZPO nur zur Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen verhängt werden kann, noch eine Fiktion der Abtretung gemäß § 894 ZPO, weil der Vergleich nicht unmittelbar die Verpflichtung zur Abgabe der Abtretungserklärung beinhaltete, sondern die Antragsgegnerin zunächst zum Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags und erst daran anschließend zum Nachweis der Abtretung der Ansprüche aus diesem Vertrag an den Antragsteller verpflichtete.

2. Der Antrag auf Verhängung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO ist jedoch wegen Erfüllung des vollstreckbaren Anspruchs durch die Antragsgegnerin unbegründet.

a. Zwar vertritt der Senat in ständiger Rechtsprechung auch entgegen neuerer Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte die Auffassung, Einwendungen des Schuldners gegen den vollstreckbaren Anspruch seien mit der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO geltend zu machen und der Erfüllungseinwand im Zwangsvollstreckungsverfahren regelmäßig nicht zu berücksichtigen (vgl. Beschlüsse vom 3.6.2003 - 5 W 260/01 - 80 und vom 7.5.1999 - 5 W 106/99-28, jeweils m. w. Nachw.). Das Gesetz zeigt durch die Bereitstellung der Vollstreckungsgegenklage und die Beschränkung der Kompetenz der Vollstreckungsorgane zur Prüfung des Erfüllungseinwands (vgl. § 775 Nr. 4 und 5 ZPO), dass es das Verfahren der Zwangsvollstreckung nicht mit der unter Umständen von langwieriger Beweiserhebung abhängigen Prüfung der Befriedigung des vollstreckbaren Anspruchs belasten will. Es steht jedoch folglich einer Berücksichtigung des Erfüllungseinwands nicht entgegen, wenn das, was der Schuldner zur Erfüllung geleistet haben will, unstreitig oder liquide - insbesondere durch Urkunden - beweisbar ist und es nur um die Frage geht, ob damit die geschuldete Leistung erbracht ist (Senatsbeschlüsse vom 21.3.1999 - 5 W 56/99-16 und vom 23.11.1999 - 5 W 349/99-96; ebenso OLG Rostock, OLGR 2004, 23; OLG Celle, OLGR 2003, 294; OLG Köln, OLGR 2003, 126). In derartigen Fällen, in denen die Erfüllungswirkung anhand von Urkunden oder Erklärungen zu beurteilen ist, schließt die in jedem Zeitpunkt des Vollstreckungsverfahrens erforderliche Prüfung der Notwendigkeit der Zwangsvollstreckung die Frage ein, ob eine bereits erfolgte Leistung dem Schuldtitel genügt.

b. Diese Frage ist hier zu bejahen. Die Antragsgegnerin schuldete den Nachweis einer unwiderruflichen Abtretung ihrer Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag Nr. . Dem stand die in erster Instanz erfolgte Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts an den Antragsteller nicht gleich. Den Nachweis einer unwiderruflichen Abtretung der Ansprüche hat die Antragsgegnerin jedoch mit ihrer sofortigen Beschwerde, die gemäß § 571 Abs. 2 ZPO auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden kann, durch Vorlage ihres Schreibens vom 25.2.2004 an die Lebensversicherung geführt. Für die Abtretung bedarf es gemäß § 398 BGB eines Vertrages zwischen ihr und dem Antragsteller, die Antragsgegnerin kann den Nachweis also nur durch Vorlage eines Angebotes auf Abtretung der Ansprüche an den Antragsteller erbringen, das dieser selbst annehmen muss. In ihrem Schreiben vom 25.2.2004 hat die Antragsgegnerin uneingeschränkt die Abtretung ihrer Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an den Antragsteller erklärt. Damit hat sie ein Abtretungsangebot abgegeben, das dem Antragsteller zusammen mit der gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten geäußerten Bitte um schriftliche Bestätigung und Weiterleitung an den Versicherer auch zugegangen ist. Der Auslegung des Schreibens als Abtretungsangebot an den Antragsteller steht nicht entgegen, dass das Angebot in die Form eines Anschreibens an die Lebensversicherung gekleidet ist. Diese Form trägt im Zweifel dem Umstand Rechnung, dass die Abtretung gegenüber dem Versicherer nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung regelmäßig erst mit schriftlicher Anzeige der Abtretung durch den bisherigen Berechtigten wirksam wird.

Das an ihn ergangene Angebot braucht der Antragsteller nur noch anzunehmen und aufgrund der von der Antragsgegnerin bereits erklärten Ermächtigung dazu an den Versicherer weiterzuleiten. Damit wird die Abtretung für die Antragsgegnerin von Rechts wegen unwiderruflich, weil eine vertragliche Einigung nicht einseitig durch Widerruf beseitigt werden kann. Einer ausdrücklichen Erklärung der Antragsgegnerin, sie trete die Ansprüche "unwiderruflich" ab, bedurfte es deshalb nicht.

Die Kostenentscheidung für die erste Instanz beruht auf § 891 S. 2 ZPO in Verbindung mit § 91 Abs. 1 ZPO. Bei der Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 891 S. 2 ZPO in Verbindung mit § 97 Abs. 2 ZPO berücksichtigt, dass die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin nur aufgrund ihres neuen Vorbringens im Beschwerdeverfahren Erfolg hatte.

Ende der Entscheidung

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