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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 14.07.1999
Aktenzeichen: 1 U 18/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1004
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2
BGB § 922 Satz 2
BGB § 922
ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

1 U 18/99 -101- 9 O 116/94

Verkündet am 14. Juli 1999 gez. Ludwig Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Haßdenteufel, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Gehrlein und den Richter am Landgericht Schmidt

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 1. Dezember 1998 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 9 O 116/94 - abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger als Gesamtschuldner zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Kläger und der Streitwert des Berufungsverfahrens werden auf jeweils 15.000 DM festgesetzt.

Tatbestand:

(abgekürzt gemäß § 543 ZPO)

Die Parteien sind Nachbarn, deren Eigenheime durch eine gemeinsame Giebelwand getrennt werden. Die Klägerin verlangen wegen behaupteter Geräuschemissionen von den Beklagten, die gemeinsame Giebelmauer gegen Schallübertragungen isolieren zu lassen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1. Das Klagebegehren kann nicht auf § 1004 BGB gestützt werden. Diese Vorschrift räumt lediglich einen Unterlassungsanspruch ein, bildet indes keine Grundlage für das Verlangen positiver Handlungen wie der Vornahme eine Mauerisolierung.

a) Der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB ist darauf gerichtet, dass der Störer dafür sorgen soll, dass die zu erwartende Rechtsüberschreitung nicht eintritt (Staudinger/Gursky, BGB, 13. Bearb. § 1004 Rn. 194). Die zu treffenden Abwehrmaßnahmen sind grundsätzlich dem Störer vorzubehalten (RGRK/Pikant, BGB, 12. Aufl. § 1004 Rn. 108). Nur ausnahmsweise ist der Störer zu einem positiven Tun verpflichtet, sofern sich die vom Zustand einer Sache drohende Beeinträchtigung nur durch ein aktives Eingreifen vermeiden lässt (Staudinger/Gursky a.a.O. m.w.N.).

b) Nach diesen Grundsätzen können die Kläger von den Beklagten allenfalls Unterlassung von Geräuschemissionen, aber nicht die Durchführung bestimmter Vorsorgemaßnahmen beanspruchen. Laut Inhalt des Sachverständigengutachtens kann schon nicht als bewiesen gelten, dass abends in der Wohnung der Kläger tatsächlich von den Beklagten herrührende Geräusche zu vernehmen sind. Die gegenteilige Vermutung der Sachverständigen, die abends keine Messungen ins Werk gesetzt hat, ist reine Spekulation. Selbst wenn man von einer Lärmübertragung ausgeht, kann diese Beeinträchtigung ohne bauliche Eingriffe vermieden werden, indem die Beklagten die Geräuschentwicklung vor allem in der Nähe der Giebelmauer herabsetzen. Da die Schallisolierung nach Auskunft der Sachverständigen den DIN-Anforderungen genügt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass selbst bei einem rücksichtsvollen Verhalten der Beklagten entstehende Geräusche bei den Klägern hörbar sind und ihrem Anliegen daher nur durch bauliche Vorkehrungen Rechnung getragen werden könnte.

2. Hinzu kommt, dass die Unterhaltungskosten einer Giebelwand gemäß § 922 Satz 2 BGB von beiden Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen sind, aber nicht ein Nachbar vom anderen die Durchführung bestimmter Handlungen verlangen kann.

Ausnahmsweise ist die alleinige, auch deliktische Verantwortung eines Nachbarn für Unterhaltungskosten gegeben, wenn er die gemeinsame Einrichtung beschädigt hat (BGHZ 78, 397, 399). Von den Beklagten zu verantwortende Eingriffe in den Bestand der Giebelmauer, welche die Geräuschemissionen bedingen, sind indes nicht vorgetragen. Vor diesem Hintergrund ist vielmehr von der Regelung des § 922 BGB auszugehen, derzufolge die Unterhaltungskosten von beiden Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen sind. Mithin können die Kläger allenfalls Beteiligung an dem für den Schallschutz erforderlichen Kosten fordern (§§ 922, 748 BGB). Ein Anspruch auf Vornahme, wie er hier verfolgt wird, besteht indes nicht.

3. Schließlich ist die Klage gegen den Beklagten zu 1) nicht aufgrund der von ihm am 28. November 1991 unterzeichneten schriftlichen Bestätigung (Bl. 20 d.A.) begründet. Dieses Schreiben ist als bloße Absichtserklärung, aber nicht als verbindliche rechtsgeschäftliche Verpflichtung zu bewerten. Im übrigen kann die Erklärung höchstens dahin gedeutet werden, dass der Beklagte zu 1) persönlich anläßlich eines Tapetenwechsels eine Schallisolierung errichtet. Dieses Schreiben gibt aber keinen Anspruch darauf, nach Maßgabe des Klagebegehrens eine fachgerechte Isolierung durch einen von der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes zugelassenen Unternehmer durchzuführen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, während die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO beruht.

Ende der Entscheidung

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