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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 29.01.2003
Aktenzeichen: 1 U 405/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 529 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 405/02

Verkündet am 29.1.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Theis, des Richters am Oberlandesgericht Dr. Gehrlein sowie der Richterin am Oberlandesgericht Fritsch-Scherer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. Mai 2002 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 7 III O 54/00 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Klägerin und der Streitwert des Berufungsverfahrens werden auf jeweils 51.014,34 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Bauunternehmen slowakischen Rechts, war für die Beklagte, ein in der Rechtsform einer GmbH geführtes Bauunternehmen, verschiedentlich als Subunternehmerin tätig.

Die Schlussrechnung der Klägerin für das Bauvorhaben ... in ... vom 22. Oktober 1999 (fortan: Schlussrechnung; vgl. Bl. 58 ff., 111 ff. d.A.) kürzte die Beklagte um 51.014,34 EUR (99.775,38 DM). Gegenstand der erstinstanzlichen Klage waren neben dieser Kürzung weitere Zahlungsansprüche der Klägerin in Höhe von insgesamt 533.390,96 DM.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat der Klage durch das angefochtene Urteil (Bl. 285 ff. d.A.) lediglich in Höhe von 10.460,86 EUR (20.459,68 DM) stattgegeben. Aufgrund der Aussagen der Zeugen ... und ... (Bl. 208 f., 235 ff. d.A.) ist das Erstgericht zu der Auffassung gelangt, dass die Parteien die Schlussrechnung einvernehmlich um den Betrag von 51.014,34 EUR (99.775,38 DM) reduziert haben (Bl. 300 d.A.).

Mit ihrer Berufung rügt die Klägerin ausschließlich die Billigung der Kürzung ihrer Schlussrechnung um 51.014,34 EUR durch das Landgericht, das rechtsfehlerhaft von einer einvernehmlichen Preisermäßigung ausgegangen sei. Im Rahmen der Beweiswürdigung sei die Aussage des Zeugen ... überbewertet, indes die gegenteilige Darstellung des Zeugen ... nicht hinreichend berücksichtigt worden. Schließlich könne angesichts der kurzen Dauer der zwischen den Zeugen geführten Unterredung nicht davon ausgegangen werden, dass sie eine detaillierte Preisvereinbarung über die gesamte Schlussrechnung getroffen hätten.

Die Klägerin beantragt (Bl. 374, 336 d.A.),

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 51.014,34 EUR zuzüglich 17 % Zinsen seitdem 25. Januar 2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 374, 329 d.A.),

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und macht geltend, das Landgericht sei zu dem zutreffenden Ergebnis einer einvernehmlichen Abrede der Parteien über eine Verminderung der Schlussrechnung gelangt.

Im Übrigen wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerin ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

I.

Der Klägerin steht ein weiterer Zahlungsanspruch in Höhe von 51.014,34 EUR (99.775,38 DM) gegen die Beklagte nicht zu.

1. Nach der Rechtsprechung hat grundsätzlich derjenige, der an einen bestimmten Sachverhalt eine für ihn günstige Rechtsfolge anknüpft, dessen tatsächliche Voraussetzungen zu beweisen. Aus dem Grundsatz folgt, dass bei der Behauptung einer Vertragsänderung die Beweislast grundsätzlich denjenigen trifft, der aus ihr Rechte herleiten will (BGH NJW 1995, 49 f. m.w.N.; Senat OLGR Saarbrücken 2001, 209, 211; Senat OLGR Saarbrücken 1999, 413 f.).

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Beklagte für die von ihr behauptete Nachträgliche Preisanpassung, die eine Vertragsänderung darstellt, darlegungs- und beweispflichtig. Die Beklagte hat jedoch nach der Überzeugung des Landgerichts den Beweis erbracht, dass sich die Parteien über eine Reduzierung der Schlussrechnung in Höhe der Klageforderung geeinigt haben.

II.

Der Senat ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die Feststellungen des Landgerichts gebunden, dass die Parteien eine vertragliche Einigung über eine Ermäßigung der Schlussrechnung in Höhe von 51.014,34 EUR (99.775,38 DM) erzielt haben. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen begründen, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.

1. Eine fehlerhafte Beurteilung des materiellen Rechts wie auch Verfahrensfehler können Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen nahelegen (Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 529 Rn. 21; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 529 Rn. 2).

a) Das Landgericht ist auf Grund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass sich die durch den Zeugen vertretene Klägerin und die durch den Zeugen ... vertretene Beklagte auf die von der Beklagten angesetzten, verminderten Beträge geeinigt haben (Bl. 300 f. d.A.). Mithin hat das Vordergericht die zum Nachteil der Beklagten ausschlagende Beweislast erkannt und das materielle Recht zutreffend angewendet.

b) Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Sonstige - nicht von Amts wegen beachtliche - Verfahrensfehler können Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit der Tatsachenfeststellung aber nur dann begründen, wenn sie gemäß §§ 520 Abs. 3, 529 Abs. 2 ZPO in der Berufungsbegründung geltend gemacht werden (Senat OLGR Saarbrücken 453 f.; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 529 Rn. 9). Verfahrensrügen hat die Klägerin indes nicht erhoben.

2. Auch die Beweiswürdigung wirft keine Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen auf.

a) Eine erneute Vernehmung kann nicht auf die Erwägung gestützt werden, dadurch lasse sich eine bessere Aufklärung gewinnen. Zweifel sind vielmehr erst begründet, falls die Zeugenaussage die Urteilsgründe nicht deckt, weil die Beweisaufnahme entweder nicht erschöpfend war oder die protokollierte Aussage im Widerspruch zu den Urteilsgründen steht (Zöller/Gummer a.a.O. § 529 Rn. 7). Revisionsrechtlich beachtliche Fehler der Beweiswürdigung wie Verstöße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze können ebenfalls Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen aufwerfen (Meyer-Seitz, a.a.O., § 529 Rn. 21; Baumbach/Albers, ZPO, 61. Aufl., § 529 Rn. 3).

b) Die Beweiswürdigung des Erstgerichts ist in sich geschlossen, widerspruchsfrei, durchaus plausibel und nicht mit Verstößen gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze behaftet. Mithin ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die erstinstanzlichen Feststellungen gebunden.

aa) Der Zeuge ... bekundete, er habe sich mit dem Zeugen ... über die Streichungen der Schlussrechnung verständigt. Entsprechend der zwischen ihnen erzielten Einigung habe er die Schlussrechnung handschriftlich (Bl. 111 ff. d.A.) korrigiert (Bl. 208 f. d.A.). Demgegenüber äußerte der Zeuge ... bei der lediglich 5 Minuten dauernden Unterredung sei mangels einer näheren Aufschlüsselung der Kürzungen eine Einigung nicht zu Stande gekommen.

bb) Ungeachtet dieser kontroversen Bekundungen durfte das Erstgericht den Angaben des Zeugen ... den Vorzug einräumen und die Beweisfrage als erwiesen erachten. Für die Glaubwürdigkeit des Zeugen ... streitet der Umstand, dass er freimütig äußerte, in einzelnen Punkten der Schlussrechnung mit dem Zeugen ... kein Einvernehmen hergestellt zu haben (Bl. 208 f. d.A.). Da es lediglich auf den Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Einigung ankommt, können Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen ... nicht daraus hergeleitet werden, dass er die genaue Dauer des mit dem Zeugen ... geführten Gesprächs nicht mitteilen konnte. Gerade die Offenheit des Zeugen ... die genaue Gesprächsdauer nicht angeben zu können, spricht für seine Glaubwürdigkeit. Im Vergleich dazu begegnet die durch Widersprüche geprägte Aussage des Zeugen ... durchgreifenden Bedenken. Einerseits will der Zeuge mit einer Gesprächsdauer von zwei Stunden gerechnet haben, andererseits gab er an, eine Einigung sei von vorneherein nicht möglich gewesen, weil er die diesbezüglichen Unterlagen nicht mit sich geführt habe (Bl. 236 f. d.A.). Konnte der Zeuge jedoch nicht auf die notwendigen Unterlagen zurückgreifen, so waren von vorneherein jegliche Verhandlungen entbehrlich und erst recht keine längere Gesprächsdauer zu erwarten. Schließlich räumte der Zeuge ... ein, sich in Abwesenheit der weiteren Verhandlungsteilnehmer mit dem Zeugen ... zu einer separaten Besprechung in dessen Büro zusammengefunden zu haben, wo über einzelne Positionen der Schlussrechnung gesprochen worden sein (Bl. 235 d.A.). Auch dieser Umstand legt die Schlussforderung nahe, dass zwischen den Zeugen verbindliche Absprachen getroffen wurden.

Bei dieser Sachlage ist der Beweiswürdigung des Landgerichts, die keine Zweifel an der Richtigkeit seiner Feststellungen erkennen lässt (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), zu folgen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, während die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO beruht.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die von § 543 Abs. 2 ZPO hierfür geforderten Voraussetzungen nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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