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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 07.11.2001
Aktenzeichen: 1 U 504/01
Rechtsgebiete: GWB, ZPO


Vorschriften:

GWB § 18 Abs. 1 Nr. 2 a.F.
GWB § 34 a.F.
ZPO § 91
ZPO § 704 Abs. 1
ZPO § 745 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 504/01

Verkündet am 7. Nov. 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Theis, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Gehrlein sowie die Richterin am Oberlandesgericht Fritsch-Scherer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 26. Juni 2001 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 7 IV O 54/01 - abgeändert:

Der Beschluss des Landgerichts in Saarbrücken vom 22. Mai 2001 - 7 IV O 54/01 - wird aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens fallen der Verfügungsklägerin zur Last.

3. Das Urteil ist vollstreckbar.

Tatbestand:

(abgekürzt gemäß § 543 ZPO)

Die Verfügungsklägerin (fortan: Klägerin), eine Fleischwarenfabrik, ist Eigentümerin des in gelegenen Geschäftshauses, wo die Klägerin eine Metzgereifiliale unterhält. Ein in dem Anwesen gelegenes Ladenlokal vermietete die Klägerin durch schriftlichen Vertrag vom 8. September 1998 zum Betrieb eines Imbissverkaufsgeschäfts an die Verfügungsbeklagte (künftig: Beklagte). § 2 des Vertrages hat folgenden Wortlaut (Bl. 11 d.A.):

"Nutzungsänderungen bedürfen der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung des Vermieters. Mieter und Vermieter sind sich bei Abschluss dieses Vertrages einig über das zu verkaufende Sortiment, da die Vermieterin im gleichen Anwesen eine Metzgerei mit heißer Theke betreibt."

Die Beklagte, die ihre Ware zuvor stets von der Klägerin bezog, erwirbt für das Imbissverkaufsgeschäft bestimmte Metzgereierzeugnisse seit Mitte April 2001 von anderen Herstellern.

Auf Antrag der Klägerin hat das Landgericht der Beklagten durch Beschluss vom 22. Mai 2001 aufgegeben, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes oder Ordnungshaft zu unterlassen, in dem von ihr von der Antragstellerin angemieteten Geschäftslokal andere Fleisch- und Wurstwaren zu verkaufen, als von der Klägerin gegen Barzahlung geliefert (Bl. 19 f. d.A.). Diesen Beschluss hat das Landgericht durch das angefochtene Urteil aufrechterhalten. Mit ihrer Berufung begehrt die Beklagte, in Abänderung des angefochtenen Urteils die einstweilige Verfügung aufzuheben.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Beklagten ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Das von der Klägerin verfolgte Eilrechtsgesuch entbehrt eines Verfügungsanspruchs (§ 935, 936, 916 ZPO).

Weder der Mietvertrag vom 8. September 1998 noch eine mündlich mit dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten getroffene Abrede vermittelt der Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte, den Bezug von Fleischwaren bei Drittanbietern zu unterlassen.

1. Eine Bezugsbindung auf die von der Klägerin hergestellten Erzeugnisse wurde zwischen den Parteien durch den Mietvertrag vom 8. September 1998 nicht schriftlich vereinbart.

a) Diesem Vertrag kann eine die Beklagte treffende Abnahmeverpflichtung nicht entnommen werden. Insbesondere die Regelung unter Ziffer 2. der Vereinbarung gestattet keinen Rückschluss auf eine zwischen den Parteien verabredete Bezugsbindung. Darin wird lediglich ausgeführt, dass Nutzungsänderungen der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung des Vermieters bedürfen und sich die Parteien über das von der Beklagten in dem Imbissbetrieb zu verkaufende Sortiment einig sind. Ein Zwang, Metzgereierzeugnisse bei der Klägerin zu erwerben, kommt damit nicht einmal entfernt zum Ausdruck.

b) Diese Regelung lässt auch im Gesamtzusammenhang keine Verpflichtung der Beklagten erkennen, ihre Erzeugnisse von der Klägerin zu beziehen. Da der Vertrag - die Zustimmung der Klägerin vorausgesetzt - die Möglichkeit einer Nutzungsänderung nicht ausschloss, kam von vorneherein in Betracht, das Ladenlokal statt als Imbissbetrieb zu anderen Zwecken zu nutzen. Schon dieser Gesichtspunkt spricht dagegen, die Vertragsklausel im Sinne einer Bezugsbindung zu verstehen. Im übrigen wurde lediglich eine Vereinbarung über das Sortiment eingegangen, wobei aber offen blieb, bei wem die Beklagte die benötigte Ware erwirbt. Nicht zuletzt hat auch die Klägerin selbst schriftsätzlich ausgeführt, zwischen den Parteien sei eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung über die Bezugsbindung nie getroffen worden (Bl. 3 d.A).

2. Die Wirksamkeit einer zwischen der Klägerin und dem früheren Geschäftsführer der Beklagten mündlich getroffenen Ausschließlichkeitsbindung scheitert am Schriftformerfordernis des § 34 GWB a.F.

a) Mangels Beachtung des Schriftformgebots des § 34 GWB a.F. ist eine zwischen den Parteien mündlich getroffene Ausschließlichkeitsbindung als nichtig zu erachten.

aa) Die gesetzliche Schriftform des § 34 GWB a.F. in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Nr. 2 GWB a.F. ist zu beachten, wenn Mietverträge Bestimmungen wie Ausschließlichkeits- und Konkurrenzklauseln enthalten, nach denen sich der Mieter verpflichtet, Waren oder gewerbliche Leistungen nur von dem Vermieter oder einem Dritten zu beziehen (Soergel/Heintzmann, BGB, 13. Aufl., §§ 535, 536 Rn. 20).

bb) Der zwischen den Parteien am 8. September 1998 vereinbarte Vertrag unterliegt dem Schriftformerfordemis des § 34 GWB a.F.. Das durch diese Vorschrift begründete Schriftformerfordernis ist zwar mit dem In-Kraft-Treten der 6. GWB-Novelle am 1. Januar 1999 ersatzlos entfallen. Eine Übergangsvorschrift enthält das Gesetz nicht. Der Wegfall des Formerfordernisses kann sich grundsätzlich nur auf Verträge auswirken, die unter der Geltung des neuen Rechts abgeschlossen werden. Bei Verträgen, die noch unter der Geltung des alten Rechts geschlossen wurden und nach altem Recht wegen Nichteinhaltung der gebotenen Schriftform unwirksam sind, führt die Rechtsänderung dagegen nicht nur nachträglichen Wirksamkeit. Denn die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts beschränkt sich nach den Formvorschriften, die bei seiner Vornahme galten ("tempus regit actum"; BGH NJW-RR 1999, 689; BGH NJW-RR 1999, 1199; Senat OLGR-Saarbrücken 2000, 267 f.). Mithin ist eine mündliche Absprache von vornherein als unwirksam zu beachten.

b) Abgesehen von dem Verstoß gegen das Schriftformgebot ist aus Sicht des Senats eine mündliche Absprache der Parteien im Sinne einer Ausschließlichkeitsbindung auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung des früheren Geschäftsführers der Beklagten lässt nicht erkennen, wann oder bei welcher Gelegenheit und mit welchem konkreten Inhalt eine Ausschließlichkeitsbindung zwischen den Parteien eingegangen wurde. Überdies begegnet die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen Vorbehalten, weil er sich im Unfrieden von der Beklagten getrennt und offenbar versucht hat, Teile der Geschäftstätigkeit der Beklagten auf seine eigene Person überzuleiten.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, während die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 704 Abs. 1, 745 Abs. 2 ZPO beruht.

Ende der Entscheidung

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