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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 03.04.2002
Aktenzeichen: 1 U 577/01
Rechtsgebiete: ZPO, AGBG, BGB, StGB


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
AGBG § 9 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
StGB § 264 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 577/01

Verkündet am 3. April 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Theis, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Gehrlein sowie die Richterin am Oberlandesgericht Fritsch-Scherer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten zu 1. und die Berufung der Klägerin gegen das am 22. Juni 2001 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 15 O 279/99 - werden zurückgewiesen.

2. Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin und der Beklagten zu 1. je zur Hälfte zur Last.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Auslagen des Beklagten zu 2. und die Beklagte zu 1. die Hälfte der außergerichtlichen Auslagen der Klägerin. Im Übrigen tragen die Klägerin und die Beklagte zu 1. ihre außergerichtlichen Auslagen selbst.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte zu 1. kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 140.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000 EUR abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 2. vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Klägerin und der Beklagten zu 1. und der Streitwert des Berufungsverfahrens werden auf jeweils 119.285,35 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, befasst sich mit dem Vertrieb vom Anlageobjekten.

Über die Beklagte zu 1., die durch den Beklagten zu 2. vertreten war, beteiligte sich die Klägerin im November 1996 an der "Reha-Klinik-S" F GmbH und Co. KG (fortan: Reha-Klinik S) mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 200.000 DM. Zweck des Fonds war die Errichtung einer in Mecklenburg-Vorpommern gelegenen onkologischen Reha-Klinik für Kinder, die als Mieter vom A Landesverband Mecklenburg-Vorpommern (künftig: A) betrieben werden sollte. In einer der Klägerin vor Vertragsschluss ausgehändigten Projektbeschreibung heißt es (Bl. 24 d.A.):

"Die Erstellung einer Klinik durch einen privaten Träger kann deshalb eine sinnvolle Investition darstellen, wenn die Belegung durch eine öffentlich-rechtliche oder gemeinnützige Organisation gewährleistet ist. Ideal ist in diesem Fall die Zusammenarbeit zwischen einem privaten Bauträger und einem öffentlichrechtlichen oder gemeinnützigen Nutzer, der die Belegung und den Betrieb der Klinikimmobilie mit geeignetem Personal organisiert........

Für einen privaten Investor ist für die Wirtschaftlichkeit einer Klinikimmobilie der Mietvertrag mit dem zukünftigen Nutzer entscheidend. Ohne die feste Bindung eines namhaften öffentlich-rechtlichen oder gemeinnützigen Trägers ist die Investition in ein solches Bauvorhaben aus Risikogründen üblicherweise nicht zu vertreten.

Der S Fonds hat für die gesamte zu erstellende Reha-Klinik einen Mietvertrag mit dem A Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. abgeschlossen. Der Mietvertrag beginnt frühestens am 1.4.1996, spätestens jedoch am 1.7.1996 und erstreckt sich über eine feste Laufzeit von 20 Jahren. Eine vorzeitige Kündigung oder sonstige Beendigung des Mietvertrages durch den A ist nicht vorgesehen. Jedoch wurde dem A im Anschluss an die feste Mietvertragsdauer von 20 Jahren eine Mietoption für weitere 10 Jahre eingeräumt, die auf jeweils 5 Jahre verteilt ist.......

Für den Betrieb der späteren Klinik ist ausschließlich der A zuständig, der allerdings seinerseits auch durch Untervermietung den Betrieb einem geeigneten Klinikbetreiber überlassen kann. Eine Verpflichtung des S Fonds zum Betrieb der Klinik ist nicht vereinbart."

Ferner verwendete die Beklagte zu 1. zum Vertrieb der Anlage einen mit ihrem Briefkopf versehenen Kurzprospekt (Bl. 143 a d.A.), der folgenden auszugsweise wiedergegebenen Inhalt hat:

"Das Land Mecklenburg-Vorpommern sowie die Krankenkassenverbände und Krankenhäuser aus ganz Deutschland waren aktiv an der Realisation und Auswahl der notwendigen Maßnahmen beteiligt. Für die jährlich 2.500 an Krebs neuerkrankten Kinder und Jugendlichen in Deutschland entsteht somit ein für die Rehabilitation einmaliges Projekt.......

Ein 20jähriger Mietvertrag und weitere zweimal 5 Jahre Option besteht mit dem A. Ein weiterer Untermieter, zuständig für das kaufmännische Konzept, verpflichtet sich mit einer Mietbürgschaft in Höhe von DM 3.800.000 ebenfalls in diesen Vertrag einzusteigen."

Bereits im Jahre 1995 war es zwischen der Reha-Klinik S und dem A Mecklenburg-Vorpommern, der sich von seiner Mietverpflichtung und dem Projekt lossagte, zu Unstimmigkeiten gekommen. Die wegen einer Bauzeitüberschreitung am 5. September 1996 vom A. erklärte fristlose Kündigung des Mietvertrages wurde durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Schwerin vom 28. Januar 1998 als wirksam erachtet (Bl. 63 ff. d.A.).

Anfang des Jahres 1997 nahm die Reha-Klinik S in eigener Regie den Klinikbetrieb auf, ohne jedoch in der Folgezeit eine kostendeckende Auslastung erreichen zu können. Am 30. Januar 1998 wurde über das Vermögen der Reha-Klinik S das Konkursverfahren eröffnet. Die Beteiligung der Klägerin ist wertlos. Einschließlich Beteiligungs- und Finanzierungskosten ist der Klägerin bis zum Jahr 1999 ein Schaden von 233.301,86 DM entstanden. In Höhe dieses Betrages nimmt die Klägerin beide Beklagten auf Zahlung in Anspruch.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO im Übrigen Bezug genommen wird, hat die Klage durch das angefochtene Urteil (Bl. 251 ff. d.A.) gegen die Beklagte zu 1. für begründet erklärt, jedoch gegen den Beklagten zu 2. abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte zu 1. ihren Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin mit ihrer Berufung die Verurteilung auch des Beklagten zu 2. begehrt.

Gründe:

Die zulässigen Rechtsmittel der Beklagten zu 1. und der Klägerin bleiben aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung in der Sache ohne Erfolg.

A.

(Berufung der Beklagten zu 1.)

Die Berufung der Beklagten zu 1. ist unbegründet, weil die Beklagte zu 1. der Klägerin wegen Verletzung eines Auskunftsvertrages zur Schadenersatzleistung in Höhe von 233.301,86 DM verpflichtet ist. Den sie danach treffenden Informationspflichten hat die Beklagte zu 1. nicht genügt.

I.

Zwischen dem Anleger und dem Vermittler einer Kapitalanlage kommt ein Auskunftsvertrag zu Stande, der den Vermittler zur Erteilung wahrheitsgemäßer und vollständiger Information über das Anlageprojekt verpflichtet.

1. Es ist zwischen den Beratungspflichten eines Anlageberaters und den Auskunftspflichten eines Anlagevermittlers zu unterscheiden.

a) Einen Anlageberater wird der Kapitalanleger im Allgemeinen hinzuziehen, wenn er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat. Er erwartet nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung. Häufig wünscht er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung, die er auch besonders honoriert. In einem solchen Vertragsverhältnis hat der Berater regelmäßig weitgehende Pflichten gegenüber dem betreuten Kapitalanleger. Als unabhängiger individueller Berater, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird, muss er besonders differenziert und fundiert beraten (BGH WM 1993, 1238).

b) Dem Anlagevermittler, der für eine bestimmte Emmission im Interesse des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die ihm von diesem versprochene, Provision den Vertrieb übernommen hat und deshalb einem Handelsvertreter oder Verkäufer ähnlich dafür wirbt, tritt der Anlageinteressent dagegen selbständiger gegenüber. An ihn wendet er sich in der Regel in dem Bewusstsein, dass der Werbende und anpreisende Charakter der Aussage im Vordergrund steht. Daher zielt der Vertrag, der zwischen dem Anlageinteressenten und einem solchen Anlagevermittler zu Stande kommt, lediglich auf Auskunfterteilung ab. Er verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (BGH NW 1982, 1095 f.).

2. Der Anlageinteressent geht grundsätzlich auch bei einem bloßen Anlagevermittler davon aus, dass die von ihm bekundete Überzeugung von einer sicheren Kapitalanlage auf objektiven Informationen über den wirtschaftlichen Stand des Unternehmens beruht. Wer sich als Anlagevermittler betätigt, hat über die dafür nötigen und erwarteten Kenntnisse zu verfügen oder offen zu legen, dass das nicht der Fall ist. Es gereicht einem Anlagevermittler zum Verschulden, wenn er ein Kapitalanlage als sicher hinstellt, obwohl seine Informationsgrundlagen erkennbar nicht ausreichen; zumindest muss er dann offenbaren, dass ihm gesicherte Informationen über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens nicht zur Verfügung stehen (BGH WM 1993, 1238, 1240). Nicht nur unrichtige Unterrichtung, sondern auch das Unterlassen gebotener Information kann also Schlechterfüllung darstellen (BGH NJW 1982, 1095). Liegen also objektive Daten nicht vor oder verfügt der Anlagevermittler mangels Einholung entsprechender Informationen insoweit nur über unzureichende Kenntnisse, so muss er dies dem anderen Teil zumindest offenlegen (BGH NJW-RR 2000, 998; WM 1993, 1238 f.). Die Informationspflicht hat auch zum Inhalt, dass dem Kunden alle diejenigen Informationen geliefert werden müssen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Diese Informationen müssen wahrheitsgemäß und sorgfältig, insbesonders vollständig erteilt werden. Dabei handelt es sich um die Mitteilung von Tatsachen, grundsätzlich nicht um deren Wertung und Auswertung (BGH WM 1987, 531 f.).

II.

Nach diesen Grundsätzen ist die Beklagte zu 1. als Anlagevermittlerin der Klägerin zur Schadensersatzleistung verpflichtet, weil die Beklagte zu 1. einmal keine Erkundigungen über das Anlagemodell eingezogen und zum anderen die Klägerin im Rahmen des Kurzprospekts objektiv fehlerhaft unterrichtet hat.

1. Der Beklagten zu 1. ist vorzuwerfen, keine Informationen über die Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage eingeholt zu haben.

a) Der zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler zu Stande gekommene Auskunftvertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und Vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind. Dazu bedarf es - jedenfalls grundsätzlich - vorab der eigenen Information des Anlagevermittlers hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und der Bonität des Kapitalsuchenden. Denn ohne zutreffende Angaben über die hierfür maßgeblichen Umstände kann der Anlageinteressent sein Engagement nicht zuverlässig beurteilen und keine sachgerechte Anlageentscheidung treffen. Liegen dazu objektive Daten nicht vor oder verfugt der Anlagevermittler mangels Einholung entsprechender Informationen insoweit nur über unzureichende Kenntnisse, so muss er dies dem anderen Teil zumindest offenlegen (BGH NJW-RR 2000, 998).

b) In der bei Vertragsschluss der Klägerin vorgelegten Projektbeschreibung ist überdeutlich darauf hingewiesen, dass die Errichtung einer Klinik durch einen privaten Träger ökonomisch nur zu verantworten ist, sofern eine Belegung durch einen öffentlich-rechtlichen oder gemeinnützigen Träger sichergestellt ist. Ohne die feste Bindung eines namhaften öffentlichrechtlichen oder gemeinnützigen Trägers wird eine solche Investition in der Projektbeschreibung ausdrücklich als "nicht zu vertreten" bezeichnet (Bl. 24 d.A.). Im Blick auf den mit dem A, über 20 Jahre abgeschlossenen Mietvertrag wird als Mietbeginn frühestens der 1. April 1996, spätestens aber der 1. Juli 1996 angegeben (Bl. 24 d.A.). Die Beklagte zu 1. hat jedoch keine eigene Erkundigungen über die wirksame Einbeziehung des A in das Projekt und dessen tatsächliche Realisierung eingeholt.

c) Die Klägerin durfte bei Zeichnung der Anlage im November 1996 nicht nur von der Verbindlichkeit des Mietverhältnisses zwischen der Reha-Klinik S und dem A ausgehen, sondern weitergehend darauf vertrauen, dass das Mietverhältnis schon seit Monaten, jedenfalls spätestens ab 1. Juli 1996, verwirklicht war. Nach dem Inhalt der Projektbeschreibung durfte die Klägerin die Überzeugung gewinnen, dass der Klinikbetrieb bereits seit geraumer Zeit durch den A aufgenommen worden war. Tatsächlich hatte der A Mecklenburg-Vorpommern jedoch am 6. September 1996 das Mietverhältnis gekündigt und von einem Betrieb der Klinik Abstand genommen. Angesichts der in dem Prospekt herausgestellten Bedeutung der Übernahme des Klinikbetriebes durch einen gemeinnützigen oder öffentlich-rechtlichen Träger hätte die Beklagte zu 1. die Klägerin darauf hinweisen müssen, dass sie weder über die Wirksamkeit des Vertragsverhältnisses zwischen der Reha Klinik S und dem A noch über den entscheidenden Punkt der inzwischen erfolgten Aufnahme des Klinikbetriebes eigene Erkundigungen eingezogen hatte. Insoweit geboten der Inhalt des Prospekts und die Darstellung der Trägerschaft eine Plausibilitätsprüfung (BGH NJW-RR 2000, 998). Der Beklagte zu 2. hat im Rahmen seiner gerichtlichen Anhörung ausdrücklich eingeräumt, gegenüber der Klägerin erklärt zu haben, dass der A "Sicherheit verspreche" (Bl. 183 d.A.). Da der Beklagte zu 2. der Einbindung des A Mecklenburg-Vorpommern in das Anlagemodell mithin beim Vertrieb entscheidende Bedeutung beimaß, hätte er gegenüber der Klägerin offenlegen müssen, dass er keine eigene Überprüfung angestellt, sondern sich auf die Auskünfte der Firma M als übergeordnetem Vermittler verlassen hatte (Bl. 182 d.A.).

2. Ferner ist der Beklagten zu 1. anzulasten, der Klägerin objektiv unrichtige Informationen über das Anlagemodell erteilt zu haben.

a) In dem mit dem Briefkopf der Beklagten zu 1. überschriebenen Kurzprospekt sind unrichtige Angaben enthalten, soweit von einer Mitwirkung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, der Krankenhausverbände und der Krankenhäuser aus ganz Deutschland an der Reha-Klinik S. gesprochen wird. Dadurch wird der unrichtige Eindruck erweckt, dass weite Teile des Gesundheitswesens an einer Belegung der Klinik interessiert seien. Tatsächlich war allein der A in das Projekt eingebunden. Ebenso unzutreffend wird auf einen für das kaufmännische Konzept zuständigen Untervermieter verwiesen. Demgegenüber war nicht eine auf - wie auch immer zu verstehende - kaufmännische Fragen beschränkte Untervermietung, sondern eine vollständige Trägerschaft durch eine andere, vom A zu bestimmende Organisation vorgesehen. Da ein Untermieter nicht gewonnen werden konnte, war auch die Angabe über die Entrichtung einer Mietbürgschaft in Höhe von 3.800.000 DM falsch.

b) Diese unrichtige Darstellung ist der Beklagten zu 1. zuzurechnen.

Die Beklagte zu 1. hat eingestanden, den mit ihrem Briefkopf versehenen Kurzprospekt hergestellt zu haben (Bl. 168 d.A.), jedoch eine Verwendung des Kurzprospekts im Rahmen der mit der Klägerin geführten Gespräche in Abrede gestellt. In Übereinstimmung mit dem Vordergericht ist der Senat jedoch aufgrund der Aussage des Zeugen Dr. K, des Ehemannes der Klägerin, zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte zu 1. den Kurzprospekt tatsächlich der Klägerin vorgelegt hat. Der Zeuge Dr. K, bekundete glaubhaft, dass sich der Kurzprospekt in einer gelben Mappe befand, in der auch die weiteren Unterlagen enthalten waren (Bl. 184 d.A.). Demgegenüber erscheint die Darstellung des Beklagten zu 2., den Kurzprospekt überhaupt nie eingesetzt zu haben (Bl. 182 d.A.), nicht glaubhaft. Wenn ein Kurzprospekt mit dem Briefkopf der Beklagten zu 1. tatsächlich gefertigt wurde, so liegt es mehr als nahe, dass er Interessenten bei Verkaufsgesprächen tatsächlich zugänglich gemacht wurde. Außerdem ist nicht ersichtlich, wie der Kurzprospekt auf anderem Wege in die Hände der Klägerin gelangt sein soll. Selbst wenn die Klägerin tatsächlich mit weiteren Geschädigten in Kontakt stand, kann sie von dieser Seite den Kurzprospekt nicht erhalten haben, weil er in weiteren mit der Beklagten zu 1. geführten Rechtsstreitigkeiten keine Erwähnung fand. Schließlich spricht es nicht gegen die Richtigkeit der klägerischen Sachdarstellung, dass der Kurzprospekt nicht gleich zu Beginn des Rechtsstreits, sondern erst in einem späteren Stadium zu den Akten gereicht wurde. Als Nichtjuristin konnte die Klägerin die Bedeutung des Kurzprospekts für eine Haftung der Beklagten zu 1. ersichtlich nicht erkennen.

III.

Vergeblich beruft sich die Beklagte zu 1. auf eine vertraglich vereinbarte Haftungsfreistellung.

1. In dem an die Klägerin gerichteten Beteiligungsvorschlag hat die Beklagte zu 1. lediglich erklärt, "keine Haftung für das Berechnungsbeispiel" übernehmen zu können (Bl. 12 d.A.). Das Berechnungsbeispiel bezieht sich jedoch allein auf die zu Gunsten der Klägerin und ihres Ehemannes zu erwartende Steuerersparnis (Bl. 13 ff. d.A.). Folglich kann darauf nicht im Umkehrschluss ein Haftungsausschluss auch im Blick auf die Angaben über das Beteiligungsobjekt selbst hergeleitet werden.

2. Im Übrigen wäre ein solcher Haftungsausschluss unwirksam. Bei einer solchen Freistellungsklausel handelt es sich um eine den Vertragspartner unangemessen benachteiligte Bestimmung in AGB, die gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist. Darin ist nämlich eine unzulässige Einschränkung der Haftung für die ordnungsgemäße Erfüllung einer sog. Kardinalpflicht zu sehen. Die Erfüllung eines Auskunftsvertrages "steht und fällt" aber gerade mit der Erteilung einer richtigen und vollständigen Auskunft. Davon kann sich der Auskunftsverpflichtete nicht durch AGR freizeichnen (BGH NJW-RR 2000, 998 f.).

IV.

Die Klägerin kann Ersatz ihres Vertrauensschadens in Höhe von 233.301,86 DM beanspruchen.

Als Rechtsfolge einer Verletzung der Aufklärungspflicht ist der Anleger so zu stellen, wie er ohne Vornahme des Anlagegeschäfts stehen würde (BGH NJW-RJR 2000, 998 f.). Ist die Anlage wertlos, folgt daraus ein Schadensersatzanspruch in Höhe des Kaufpreises (Kienle: Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 110 Rn. 10). Ausgangspunkt der Schadensberechnung ist danach, dass die Klägerin ihr Kapital behalten hätte und ihr grundsätzlich ein Verlust in dieser Höhe zu erstatten ist (BGH NJW 1998, 2524). Ferner sind die für die Finanzierung des Anlagemodells von der Klägerin aufzubringenden Zinsen als nutzlose Aufwendungen zu ersetzen. Der substantiierten Schadensberechnung der Klägerin (Bl. 7 ff d.A.) ist die Beklagte zu 1. nicht substantiiert entgegengetreten.

B.

(Berufung der Klägerin)

Die Berufung der Klägerin hat ebenfalls keinen Erfolg. Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zu 2. als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. sind nicht gegeben.

1. Eine Haftung der Beklagten zu 2. unter dem Gesichtspunkt von Verschulden bei Vertragsschluss wegen eines wirtschaftlichen Eigeninteresses und der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens kommt nicht in Betracht.

a) Die Beteiligung eines Geschäftsführers an einer GmbH ist, wie heute unbestritten ist, keine tragfähige Grundlage für seine persönliche Haftung. Setzt der Gesellschafter neben seiner Kapitalbeteiligung teilweise sein Privatvermögen für die GmbH ein, so muss ihm zwar daran gelegen sein, seinen sich daraus ergebenden Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft nicht zu gefährden. Dieses Interesse gibt aber keinen Anlass, ihn deswegen persönlich für die sonstigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft einstehen zu lassen (BGHZ 126, 181, 187).

b) Der Geschäftsführer einer GmbH nimmt, wenn er für diese in Vertragsverhandlungen eintritt, grundsätzlich nur das normale Verhandlungsvertrauen in Anspruch, für dessen Verletzung der Vertragspartner, in diesem Fall also die GmbH, einzustehen hat; von einem persönlichen Vertrauen lässt sich nur sprechen, wenn der Vertreter beim Verhandlungspartner ein zusätzliches, von ihm selbst ausgehendes Vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Erklärungen hervorgerufen hat. Es wird sich dabei im Allgemeinen um Erklärungen im Vorfeld einer Garantiezusage handeln (BGHZ 126, 181, 189). An diesen Voraussetzungen fehlt es, weil der Beklagte zu 2. gegenüber der Klägerin kein besonderes Vertrauen in Anspruch genommen hat.

2. Ebenso scheidet ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 264 a StGB aus. Der von § 264 a StGB geforderte Vorsatz ist auch Voraussetzung der Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB (BGHZ 116, 7, 14). Selbst ein bedingter Vorsatz des Beklagten zu 2. im Hinblick auf die Unrichtigkeit der Prospektangaben und den der Klägerin erwachsenen Schaden ist weder vorgetragen noch sonst festgestellt.

3. Schließlich kann ein Schadensersatzanspruch auch nicht aus § 826 BGB hergeleitet werden. Die Vorschrift knüpft an einen Schädigungsvorsatz an. Dieser subjektive Tatbestand ist, weil der Beklagte zu 2. ersichtlich auf die Funktionsfähigkeit des Anlagemodells vertraut hat, nicht gegeben.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, während die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO beruht.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht eingreifen.

Ende der Entscheidung

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