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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 26.03.2003
Aktenzeichen: 1 U 750/02
Rechtsgebiete: UWG, ZPO, EGZPO


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 3
UWG § 7 Abs. 1
UWG § 7 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
EGZPO § 26 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 750/02

Verkündet am 26.3.2003

In dem Rechtsstreit

wegen einstweiliger Verfügung auf Unterlassung unlauteren Wettbewerbs

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Theis und der Richter am Oberlandesgericht Dr. Gehrlein und Schmidt

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das am 13. Dezember 2002 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen III des Landgerichts in Saarbrücken - 7 III O 57/02 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Verfügungsklägerin zur Last.

3. Das Urteil ist vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Verfügungsklägerin (im folgenden Klägerin) nimmt die Verfügungsbeklagte (nachfolgend Beklagte) im Verfahren der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung einer von ihr beanstandeten Werbung in Anspruch.

Die Parteien sind Wettbewerber im Einzelhandel mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen im Saarland.

Die Beklagte verteilte Anfang November 2002 eineen vierseitigen Werbeprospekt im Zeitungsformat (Hülle Bl. 6 d.A.) mit der blickfangmäßig hervorgehobenen Überschrift:

"POLSTERMÖBEL-RÜCKKAUFWOCHEN"

Unter dieser Überschrift fand sich folgender, ebenfalls drucktechnisch hervorgebobene, aber in kleinerer Schrift gehaltene Hinweis:

" Wir nehmen ihre alte Polstergarnitur in Zahlung und erstatten ihnen bei Neukauf bis zu 250.- EUR "

Die Klägerin nimmt an dieser Werbung Anstoß. Sie ist der Auffassung, die Beklagte bewerbe unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 UWG eine Sonderveranstaltung. Dem Publikum werde durch die Bezeichnung " Rückkaufwochen " der Eindruck vermittelt, es handele sich um einen zeitlich eng befristeten, außergewöhnlichen Kaufvorteil. Weil die Aktion nicht auf einzelne Artikel beschränkt sei, sondern sich auf eine gesamte Warengruppe, und zwar die Polstergarnituren, beziehe, dränge sich dem Verbraucher die Vorstellung von einer Veranstaltung auf, die aus dem Rahmen der üblichen Sonderangebote falle. Die Werbung sei zudem irreführend iSv § 3 UWG. Es bestehe die Gefahr, dass nicht unbeachtliche Teile des Publikums wegen der Balkenüberschrift " Polstermöbel - Rückkaufwochen " die Werbung dahin missverstehen, die Beklagte nehme alte Polstergarnituren unabhängig von einem Neukauf entgeltlich zurück.

Nach erfolgloser Abmahnung (Bl. 7, 8 d.A.), hat die Klägerin im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt,

der Beklagten ordnungsmittelbewehrt zu untersagen, im Geschäftsverkehr wie vorbeschrieben zu werben und / oder eine so angekündigte Verkaufsveranstaltung durchzuführen.

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat argumentiert, sie bewerbe schon rein begrifflich keine Sonderveranstaltung. Es handele sich bei der " Rückkaufaktion " nämlich nicht um eine Verkaufs - sondern um eine Kaufveranstaltung. Im übrigen führe sie Rückkaufaktionen dieser Art über Monate hinweg mehrmals jährlich durch, weshalb das Publikum nicht unter Zeitdruck gesetzt werde und die Werbung als Teil des regelmäßigen Geschäftsverkehrs der Klägerin ansehe. Auch sonst würden Verbraucher von dieser Art der Werbung nicht in die Irre geführt.

Durch das nunmehr angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Antrag der Klägerin vom 14.11.2002 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, es könne weder von einem Verstoß gegen § 7 Abs. 1 UWG, noch von einem solchen gegen § 3 UWG ausgegangen werden. Zwar handele es sich um eine Verkaufsveranstaltung ausserhalb des regelmäßigen Geschäftsbetriebs.

Es fehle aber an der Gewährung besonderer Kaufvorteile. Der Neukauf erfolge zum regulären Preis. Durch die Formulierung " Inzahlungnahme bis zu 25o EUR " werde hinreichend deutlich, dass der Rückkauf nicht mit einem generellen Preisnachlass in Höhe dieses Betrages verbunden sei. Vielmehr hänge der Rückkaufwert vom Alter und Zustand der gebrauchten Polstergarnitur ab. Eine Überbewertung werde hiermit nicht in Aussicht gestellt. Die beanstandete Werbung sei auch nicht geeignet, bei maßgeblichen Verbraucherkreisen Fehlvorstellungen dahin hervorzurufen, dass ein Rückkauf unabhängig vom Erwerb einer neuen Polstergarnitur in Aussicht gestellt werde..

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Verfügungsgesuch unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Rechtsstandpunktes weiter verfolgt. Die Klägerin meint, das Landgericht habe bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Zuwiderhandlung gegen § 7 Abs. 1 UWG verkannt, dass der besondere Kaufvorteil des streitgegenständlichen Rückkaufangebotes weniger in der Höhe des gewährten Preisnachlasses als vielmehr darin liege, dass dem Publikum abweichend von den sonstigen Usancen im Möbeleinzelhandel ohne Zusammenhang mit dem ausschliesslich auf den Verkauf neuer Möbel ausgerichteten Geschäftsbetrieb, in Aussicht gestellt werde, Altmöbel problemlos in Zahlung geben zu können.

Weil die Werbung hinsichtlich der Modalitäten des Rückkaufs keinerlei Einschränkungen enthalte, seien - z.B. bei Erwerb eines einzelnen Polstersessels - sogar Fallgestaltungen denkbar, bei denen die Inzahlungnahme dazu führe, dass die Klägerin Kunden einen Wertausgleich in bar zu leisten habe. Es werde daher fraglos der Eindruck besonderer, zeitlich befristeter Kaufvorteile erweckt.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen. Sie verteidigt die ihr günstige Entscheidung des Landgerichts und macht geltend, die Inzahlungnahme gebrauchter Möbel sei im Möbeleinzelhandel verkehrsüblich. Im Übrigen sei das von der Klägerin konstruierte Beispiel, das zu einem Überschuss zu Gunsten des Kunden führe, gänzlich realitätsfern. Neue Polstergarnituren seien jedenfalls nicht zu Preisen von 25o EUR oder gar weniger zu erhalten.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Verfügungsklägerin, auf die gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO neues Prozessrecht Anwendung findet, ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

Im Ergebnis stimmt der Senat mit dem Landgericht darin überein, dass die Klägerin der Beklagten die streitgegenständliche Werbung und die hierdurch angekündigte Verkaufsveranstaltung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verbieten kann. Die Werbung ist wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.

I.

Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht einen Verstoß gegen das Verbot irreführender Werbung (§ 3 UWG) verneint.

Dem verständigen Verbraucher erschliesst sich trotz der plakativen Überschrift " Polstermöbel - Rückkaufwochen " aufgrund des unmittelbar nachfolgenden, ebenfalls drucktechnisch hervorgehobenen Hinweises " Wir nehmen ihre alte Polstergarnitur in Zahlung und erstatten ihnen bei Neukauf bis zu 250.- EUR ", dass die Klägerin nicht ohne weiteres zum Rückkauf alter Polstergarnituren bereit ist. Das ergibt sich zum einen aus dem Begriff " Inzahlungnahme " und zum anderen aus der Einschränkung " erstatten... bei Neukauf... " Aufgrund dieser klaren Hinweise werden verständige Verbraucher nicht der Fehlvorstellung erliegen, die Beklagte sei ohne jede Einschränkung zum Ankauf alter Polstergarnituren gewillt.

II.

Es kann weiter nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte durch die beanstandete Werbung eine nach § 7 Abs. 1 UWG unzulässige Sonderveranstaltung angekündigt hat.

Sonderveranstaltungen sind ausserhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs stattfindende Verkaufsveranstaltungen im Einzelhandel, die - ohne Ausverkäufe oder Räumungsverkäufe zu sein - der Beschleunigung des Warenabsatzes dienen und deren Ankündigungen den Eindruck hervorrufen, dass besondere Kaufvorteile gewährt werden, die nicht Sonderangebote im Sinne des § 7 Abs. 2 UWG sind (BGH MDR 1977, 730). Hiervon ausgehend hat die Beklagte keine Sonderveranstaltung angekündigt.

Zwar ist die Beklagte mit dem Einwand, es handele sich schon deshalb nicht um eine Sonderveranstaltung, weil keine Verkaufs - sondern eine " Ankaufsveranstaltung " beworben werde, nicht zu hören. Es kann keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass die in Aussicht gestellte Inzahlungnahme alter Polstergarnituren den Verkauf neuer Polstergarnituren fördern und damit der Beschleunigung des Warenabsatzes dienen sollte.

Die Verkaufsveranstaltung kann jedoch weder als eine Unterbrechung des regelmäßigen Geschäftsverkehrs angesehen werden, noch stellt die Beklagte den Kunden " besondere Kaufvorteile " in Aussicht.

Ob eine Unterbrechung des regelmäßigen Geschäftsverkehrs vorliegt, beurteilt sich nach der Anschauung der angesprochenen Verkehrskreise, die davon beeinflusst wird, ob entsprechende Verkaufsveranstaltungen in der jeweiligen Branche üblich sind. Von Bedeutung kann in dem Zusammenhang auch sein, ob die Werbung den Eindruck vermittelt, es handele sich um ein einmaliges, zeitlich befristetes und in dieser Form unwiederholbares Angebot (BGH MDR 198o, 202).

Bei dem mit " Rückkaufwochen " überschriebenen Angebot der Inzahlungnahme gebrauchter Polstermöbel beim Kauf neuer Polstergarnituren handelt es sich nicht um ein nach § 7 Abs. 2 UWG privilegiertes Sonderangebot. Sonderangebote sind dadurch gekennzeichnet, dass einzelne nach Güte oder Preis gekennzeichnete Waren, eingefügt in den regelmäßigen Geschäftsbetrieb zeitlich befristet zu günstigen Preisen feilgeboten werden. Die beanstandete Werbung bezieht sich auf eine ganze, im Möbeleinzelhandel nicht unbedeutende Warengruppe, nämlich die Polstergarnituren. Das Angebot ist gerade nicht auf einzelne Waren beschränkt und stellt somit kein Sonderangebot iSv § 7 Abs. 2 UWG dar (zur Abgrenzung vgl. BGH NJW-RR 1998, 616).

Mit dem Landgericht ist weiter davon auszugehen, dass die von der Beklagten beworbene Verkaufsveranstaltung im Möbeleinzelhandel zumindest derzeit nicht der Branchenüblichkeit entspricht.

Nach Kenntnis des Senats ist es im Möbeleinzelhandel gegenwärtig keine gängige Praxis, Kunden durch Inzahlungnahme die entgeltliche Rücknahme alter Polstermöbel beim Kauf neuer Garnituren zu ermöglichen. Gegen eine entsprechende allgemeine Handhabung spricht im Übrigen schon die Werbung der Beklagten. Die Beklagte bezeichnet ihre " Polstermöbel-Rückkaufwochen " nämlich als " Neuheit ! " (vgl. Hülle Bl. 6 d.A.). Ihre mit der Berufung aufgestellte Behauptung, es sei " völlig üblich ", dass Möbeleinzelhandelsunternehmen gebrauchte Möbel in Zahlung nehmen (Bl. 73 d.A.), hat die Beklagte nicht in geeigneter Form glaubhaft gemacht (§ 294 Abs. 2 ZPO). Ob die Beklagte selbst solche Aktionen in der Vergangenheit bereits durchgeführt hat und ob sie sie in Zukunft regelmäßig durchführen will, ist rechtlich unerheblich, denn es kommt im Rahmen des § 7 Abs. 1 UWG - anders als bei § 7 Abs. 2 - nicht auf die individuelle Betriebsüblichkeit, sondern auf die Branchengepflogenheiten an (vgl. BGH GRUR 58, 395, 397; 72, 125, 126; Köhler / Piper, UWG, 3. Aufl. Rdn. 20 zu / 7 mwNw.).

Dennoch beantwortet sich die Frage nach der Branchenüblichkeit nicht ausschliesslich anhand tradierter Anschauungen. Branchenübungen können sich fortentwickeln und damit zu Änderungen der Verkehrsanschauung über das " regelmäßige "Geschäftsgebahren führen. Aber schon im Vorfeld eines solchen Wandels will § 7 Abs. 1 UWG (derzeit sind gesetzgeberische Bestrebungen in Gang, die Vorschrift ersatzlos zu streichen) vernünftige, sachgerechte und deshalb billigenswerte Fortentwicklungen des bislang Branchenüblichen nicht im Wege stehen (BGH GRUR 84, 664, 665; Köhler / Piper, UWG, a.a.O. Rdn. 24 zu § 7). Es soll Mißbräuchen beim Warenabsatz entgegengewirkt, aber nicht eine aus der Sicht der Verbraucher im Prinzip begrüssenswerte Fortentwicklung gehindert oder gehemmt werden (BGH GRUR 82, 56, 57).

Unter diesem Blickwinkel hält der Senat auch und gerade vor dem Hintergrund des Wegfalls von Rabattgesetz und Zugabeverordnung durch die Aufhebungsgesetze vom 23. Juli 2001, den von der Beklagten eingeschlagenen Weg für durchaus im Trend der Zeit liegend. Inzahlungnahmen sind in anderen Branchen, etwa dem Fahrzeughandel, neuerdings aber auch dem Handel mit Elektrogeräten, üblich. Der Handel ist bei Neulieferungen zunehmend bereit, die hierdurch ersetzten Altwaren zu entsorgen. Der Kunde wird es naturgemäß begrüssen, wenn ihm auch beim Neukauf von Polstermöbeln die Mühe der Entsorgung der Altmöbel genommen wird. Auch wenn es sich bei dem Erstattungsbetrag der Sache nach um einen (verdeckten) Rabatt auf den Listenpreis handeln dürfte - der Senat hält es aus praktischen Erwägungen für höchst unwahrscheinlich, dass eine ernsthafte Bewertung der Altmöbel erfolgt - stellt die Verkaufsofferte der Beklagten, mag sie auch derzeit (noch) nicht branchenüblich sein - eine unbedenkliche, aus der Sicht der Verbraucher vernünftige und billigenswerte Fortentwicklung des tradierten Leistungsspektrums dar.

Selbst wenn man entgegen der Rechtsauffassung des Senats von einer Verkaufsveranstaltung außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs ausgehen wollte, würde beim Publikum jedenfalls nicht der Eindruck erweckt, dass besondere Kaufvorteile gewährt werden.

Zu Recht sieht es das Landgericht als erheblich an, dass der Neukauf zum Listenpreis erfolgt. Der Verbraucher wird durch die Einschränkung " bis zu 250 EUR " ferner darauf hingewiesen, dass die Inzahlungnahme alter Polstergarnituren nicht zwangsläufig zu einem Preisnachlass von 25o EUR führt.

Die Frage, ob der seitens der Beklagten in Ansatz gebrachte Erstattungsbetrag tatsächlich vom Alter und Erhaltungszustand und damit vom realen Wert der gebrauchten Polstergarnituren abhängt und ob " besondere Vorteile ", wie das Landgericht meint, schon mit Blick hierauf zu verneinen sind, bedarf keiner Entscheidung.

Von nahezu unbenutzten Polstermöbeln oder solchen mit antiquarischem Charakter abgesehen, auf die die Werbung der Beklagten ersichtlich nicht abzielt, sind alte Polstergarnituren für die Mehrzahl der Verbraucher bei lebensnaher Betrachtung in erster Linie ein Entsorgungsproblem. Sie sind in der Regel mangels Markt unverkäuflich. Im besten Fall können gebrauchte Polstergarnituren kostenneutral an caritative Einrichtungen oder Sozialämter abgegeben werden. Ansonsten fallen Sperrmüllkosten an, verbunden mit der Mühewaltung der Bereitstellung vor der Haustür.

Der Durchschnittsmöbelkäufer wird es fraglos als " Verkaufsvorteil " werten, dass er seine Altmöbel beim Neukauf zurückgeben kann, zumal wenn ihm hierfür ein mehr oder minder hoher Preisnachlass durch Anrechnung eines (der Sache nach wohl fiktiven) Restwertes auf den Listenpreis der Neumöbel gewährt wird.

Dennoch ist das Angebot der Beklagten nach seinem Gesamteindruck nicht geeignet, bei den umworbenen Käuferkreisen die Vorstellung eines besonderen Kaufvorteiles zu erwecken. Angesichts der Flut reisserischer, sich in Superlativen überschlagender Werbung, durch die gerade der Möbeleinzelhandel auf sich aufmerksam zu machen versucht und der hierdurch bewirkten " Abstumpfung " des Publikums, kann die dem Begriff " Polstermöbel-Rückkaufwochen " immanente zeitliche Begrenzung verständigen Verbrauchern für sich allein nicht den Eindruck von einem einmaligen, in dieser Form unwiederholbaren und mit besonderen Kaufvorteilen verbundenen Angebot vermitteln. Die umworbenen Verbraucherkreise sind durchaus in der Lage, die Werbeangebote des Möbeleinzelhandels losgelöst von " gebetsmühlenartig " auf eine Verknappung oder zeitliche Befristung hinweisenden Formulierungen kritisch darauf zu untersuchen, ob diese in der Substanz für sie als Käufer von besonderem Vorteil sind.

Als für den Käufer besonders vorteilhaft erweist sich das von der Beklagten beworbene Angebot nach Wegfall von Rabattgesetz und Zugabeverordnung indes nicht.

Der von der Beklagten für die Rücknahme der alten Polstergarnitur bei gleichzeitigem Neukauf in Aussicht gestellte Erstattungsbetrag auf den Listenpreis beträgt maximal 25o EUR. Er kann und wird bei lebensnaher Betrachtung in erster Linie vom " regulären " Preis der neuen Garnitur anhängig sein, wobei der Senat nicht ausschliessen will, dass Alter und Erhaltungszustand der in Zahlung gegebenen Gebrauchtmöbel evtl. auch eine Rolle spielen könnten.

Wie auch immer bewegt sich die auf diese Weise erzielbare Reduzierung des Listenpreises nicht ausserhalb der im Möbeleinzelhandel angesichts starken Konkurrenzdrucks und stagnierender Umsätze üblichen Preisnachlässe. Nicht selten sind erhebliche Ermässigungen auf den Listenpreis schon auf den Etiketten vermerkt. Selbst wenn dem nicht so ist, kann der Verbraucher nach Wegfall des Rabattgesetzes durch geschicktes Verhandeln, insbesondere den Hinweis auf günstige Alternativangebote der Konkurrenz, in aller Regel Preise aushandeln, die spürbar unter dem Listenpreis liegen. Der von der Beklagten versprochene Erstattungsbetrag bleibt mit hoher Wahrscheinlichkeit hinter den Rabatten zurück, die Käufer bei nicht durch eine Rücknahme " belasteten " Neukaufverhandlungen gegenwärtig erzielen können.

Auch in Verbindung mit der problemfreien Entsorgung alter Polstergarnituren werden Kunden die von der Beklagten praktizierte Inzahlungnahme nicht ohne weiteres als " besonderen " Kaufvorteil ansehen. Selbst wenn man ersparte Sperrmüllkosten in Rechnung stellt, bewegt sich der Kaufvorteil in der Gesamtschau nicht ausserhalb der nach Wegfall von Rabattgesetz und Zugabeverordnung im Möbeleinzelhandel mittlerweile üblichen Margen.

Wollte man im Streitfall dessen ungeachtet ein ausserhalb des regulären Geschäftsverkehrs liegendes, mit " besonderen " Kaufvorteilen verbundenes Angebot bejahen, liefe das zum einen darauf hinaus, dass innovative, kundenfreundliche Leistungsangebote verhindert werden und dass das gerade erst in Wegfall geratene Rabattgesetz und die Zugabeverordnung " durch die (noch offene) Hintertür der Sonderveranstaltung " wieder Geltung gewinnen.

III.

Schliesslich liegt auch kein Verstoss gegen die Generalklausel des § 1 UWG in der Ausprägung des " Übertriebenen Anlockens " vor.

Dass Rabattgesetz und Zugabeverordnung weggefallen sind, bedeutet naturgemäß nicht, dass es wettbewerbsrechtlich zulässig wäre, Rabatte in unbegrenzter Höhe anzubieten oder Zugaben zu gewähren, deren Wert ausser jedem Verhältnis zu dem der Hauptware steht. Nach den von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Grundsätzen liegt der für Rabatte und Zugaben in gleicher Weise zu ziehende Grenzwert, von dem an ein " Übertriebenes Anlocken " in Betracht zu ziehen ist, bei etwa 1/3 bis 1/2 des Wertes der Hauptware (vgl. Köhler / Piper, a.a.O. Rdn. 277, 282, 282 zu § 1 mwNw.).

Dass diese Wertgrenze im Streitfall erreicht oder gar überschritten wird, ist seitens der Klägerin weder einsichtig dargelegt noch glaubhaft gemacht. Ihr mit der Berufung angestelltes " Rechenbeispiel ", wonach es u.U. zu einem an den Kunden auszukehrenden Überschuss kommen kann, geht schon deshalb an der Lebenswirklichkeit vorbei, weil das Angebot der Beklagten nicht für einzelne Polstersessel, sondern für Polstergarnituren gilt, deren Wert in aller Regel deutlich über dem maximal in Aussicht gestellten Erstattungsbetrag von 25o EUR liegen wird.

Um zur Feststellung eines wettbewerbsrechtlich unzulässigen " Übertriebenen Anlockens " zu gelangen, hätten konkrete Einzelfälle aufgezeigt werden müssen, die die Annahme tragen, dass die Beklagte im Rahmen der Rückkaufaktion Erstattungen vornimmt, die zu Rabatten von 1/3 und mehr auf den Listenpreis führen. Dass dem so ist, kann dem Prozessvortrag der Klägerin nicht entnommen werden.

Nach alldem erweist sich die Berufung der Klägerin als nicht begründet.

Das Rechtsmittel war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO und Vollstreckbarkeitserklärung gemäß §§ 545 Abs. 2 S. 1; 704 Abs. 1; 705 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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