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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 04.04.2008
Aktenzeichen: 2 W 64/08
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 5 a. F.
GKG § 5 Abs. 6 a.F.
GKG § 11 a.F.
Der Senat schließt sich der in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung an, wonach es für die Frage einer Gebührenermäßigung gemäß Nr. 1211 KV a.F. nicht entscheidend ist, ob das eine Gebührenermäßigung hindernde vorangegangene Gerichtsurteil nur einen Teil des Streitgegenstandes betrifft oder den gesamten Streitgegenstand. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der bei Erlass des Urteils bereits anhängigen Teile des Streitgegenstandes, sondern auch in Bezug auf solche, die erst nach Erlass des Urteils durch Klageerweiterung in den Rechtsstreit einbezogen wurden.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

2 W 64/08

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde der Klägerin gegen den ihre Erinnerung gegen die Gerichtskostenrechnung IV vom 12. September 2007 - Kassenzeichen: ~6 - zurückweisenden Beschluss des Landgerichts in Saarbrücken vom 30. Januar 2008 i.V.m. der Berichtigung vom 20. Februar 2008 - 6 O 277/02 - am 4. April 2008

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Mit am 1. August 2002 eingereichtem Schriftsatz erhob die Klägerin gegen die Beklagte Klage auf Zahlung rückständigen Pachtzinses in Höhe von 49.695,50 EUR - nebst Zinsen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und mit am 25. Oktober 2002 eingereichtem Schriftsatz Widerklage auf Zahlung von 197.715,65 EUR - nebst Zinsen - sowie auf Herstellung eines im Einzelnen näher umschriebenen Schallschutzes in einer bestimmten Gaststätte erhoben. Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Durch Grundurteil vom 12. September 2003 hat das Landgericht den Widerklageantrag auf Herstellung des Schallschutzes dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Durch Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 22. April 2004 wurde die Widerklage auf Herstellung des Schallschutzes unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Die diesbezügliche Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 14. Dezember 2005 zurückgewiesen.

Mit am 4. September 2006 eingereichtem Schriftsatz erweiterte die Klägerin ihre Klage und verlangte nunmehr Zahlung von 656.267,26 EUR - nebst Zinsen. Die Beklagte beantragte auch insoweit, die Klage abzuweisen.

Die Parteien schlossen danach zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich, der durch Beschluss des Landgerichts vom 3. April 2007 in der Form der Berichtigung vom 2. Mai 2007 festgestellt worden ist und in dem die Kosten der zwischen den Parteien geführten Rechtsstreitigkeiten einschließlich des Vergleichs gegeneinander aufgehoben worden sind. Mit Beschluss vom 10. Juli 2007 hat das Landgericht den Streitwert bezüglich "des Streitgegenstandes" auf 1.003.982,91 EUR festgesetzt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Klagesumme in Höhe von 656.267,26 EUR, dem Zahlungsantrag der Widerklage in Höhe von 197.715,65 EUR sowie dem Antrag auf Herstellung des Schallschutzes, der mit 150.000 EUR bewertet worden ist.

Auf der Grundlage dieser Wertfestsetzung hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle in der angefochtenen Kostenrechnung drei Verfahrensgebühren in Höhe von insgesamt 13.818 EUR in Ansatz gebracht. Hiergegen hat die Klägerin "Beschwerde" eingelegt; sie hat die Auffassung vertreten, dass nicht drei Gebühren aus einem Streitwert von 1.003.982 EUR angefallen seien, denn ein Urteil sei nur bezüglich des auf Herstellung des Schallschutzes gerichteten und mit 150.000 EUR zu bewertenden Widerklageantrags zu 2) ergangen, und dies zu einem Zeitpunkt, als die Klageerweiterung noch nicht einmal anhängig gewesen sei. Es könnten daher keine Urteilsgebühren aus einem bis dahin noch gar nicht rechtshängigen Streitgegenstand angefallen sein. Mit gleicher Begründung legte die Beklagte sofortige Beschwerde ein. Das Landgericht hat die Rechtsmittel der Parteien als gegen die Kostenrechnung IV gerichtete Erinnerungen angesehen und zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die nach § 5 GKG a. F. (vgl. BGH, MDR 2007, 115) zulässige Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat zu Recht drei Gerichtsgebühren aus einem Streitwert von 1.003.982,91 EUR in Ansatz gebracht. Nach Nr. 1210 KV a.F. zu § 11 GKG a.F. fallen für das erstinstanzliche Verfahren im Allgemeinen 3,0 Gerichtsgebühren an. Nach Nr. 1211 KV a.F. ermäßigt sich "die Gebühr 1210" auf 1,0, wenn das Verfahren durch Abschluss eines Vergleichs vor Gericht beendet wird, sofern nicht bereits ein sonstiges Urteil vorausgegangen ist. Ein solches Urteil liegt hier vor, nachdem über den auf Herstellung des Schallschutzes gerichteten Widerklageantrag ein Grundurteil erlassen worden war. Damit kommt eine Ermäßigung der Gerichtsgebühren nicht mehr in Betracht.

Dies gilt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur hinsichtlich der bei Erlass des Urteils bereits anhängigen Teile des Streitgegenstandes, sondern auch in Bezug auf solche, die erst nach Erlass des Urteils durch Klageerweiterung in den Rechtsstreit einbezogen wurden. Nach der Rechtsprechung wird die Auffassung vertreten, es sei nicht entscheidend, ob das eine Gebührenermäßigung hindernde vorangegangene Gerichtsurteil nur einen Teil des Streitgegenstandes betrifft oder den gesamten Streitgegenstand. Der Wortlaut der Vorschrift enthalte eine diesbezügliche Differenzierung nicht und nach dem Sinn und Zweck der Regelung solle eine Privilegierung nur eintreten, wenn hierdurch der Rechtsstreit insgesamt erledigt werde; insbesondere solle auch unnötiger Verwaltungsaufwand vermieden werden, der bei der Berücksichtigung auch von Teilerledigungen und der dann notwendigen Differenzberechnungen entstehen würde; dementsprechend sei eine differenzierte Berechnung auch bei einer späteren Klageerweiterung nicht zulässig; dies sei auch nicht unangemessen, weil insoweit durch die in die Gebührentabelle eingearbeitete Degression eine gewisse kostenmäßige Besserstellung ohnehin erfolge (vgl. OLG Düsseldorf, JurBüro 2000, 458; OLG Hamburg, MDR 2000, 111; OLG Stuttgart, NJW-RR 1996, 1535; s. auch Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl., KV 1211, Rz.15; Meyer, Gerichtskostengesetz, 7. Aufl., KV 1210, Rz. 42). Der Senat schließt sich dem an.

Da im Übrigen gegen die Berechnungen in dem Kostenansatz keine Bedenken bestehen und solche auch nicht erhoben werden, erweist sich das Rechtsmittel insgesamt als unbegründet.

Der Kostenausspruch beruht auf § 5 Abs. 6 GKG a.F..

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