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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 31.08.2004
Aktenzeichen: 3 U 748/03
Rechtsgebiete: BGB, GG, SaarlStrG, StVO, ZPO, SPolG


Vorschriften:

BGB § 839
GG Art. 34
SaarlStrG § 9 Abs. 3a
StVO § 32
ZPO § 529 Abs. 1
SPolG §§ 68 ff.
Verkehrssicherungspflicht einer Kommune beim Aufstellen eines versenbaren Pollers.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

3 U 748/03

Verkündet am 31.8.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Brach als Vorsitzenden und die Richter am Oberlandesgericht Göler und Dr. Dörr auf die mündliche Verhandlung vom 17. August 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 20. November 2003 - AZ.: 4 O 118/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.066,24 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Gegenstand der Klage sind Schadenersatzansprüche des Klägers unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs Mercedes 200 E mit dem amtlichen Kennzeichen bei einem Verkehrsunfall, der sich am.04.2002 gegen 11.30 Uhr an einem versenkbaren Straßenpoller in der ~straße in ereignete. Die ~straße ist eine gepflasterte und relativ schmale Altstadtgasse ohne Bürgersteige (vgl. hierzu die Fotos Bl. 9 [= 25] und 52 d.A.). An ihrem Anfang waren - aus Richtung ~platz sowie in Fahrtrichtung des Fahrzeugs des Klägers gesehen - übereinander angeordnet mehrere Verkehrsschilder angebracht, darunter u.a. das Schild "Durchfahrt verboten", das Zusatzschild "Anwohner, Lieferverkehr, Linienbusse u. Radfahrer frei" sowie das Schild "Schrittgeschwindigkeit, Parken nur in gekennzeichneten Flächen erlaubt". Etwa 50 m dahinter stand das Schild "Gefahrenstelle" mit dem Zusatz "beweglicher Poller nach 50 m". Weitere 50 m dahinter befand sich auf der rechten Straßenseite der Hinweis "VORSICHT POLLER, bitte nicht parken" (vgl. die Fotos Bl. 9 [= 25] und 52 d.A.). In Höhe des zuletzt genannten Schildes war bzw. ist etwa in der Straßenmitte ein versenkbarer Poller angebracht (Foto Bl. 25 d.A. unten). Dieser Poller kann von Busfahrern mittels eines Funksignals versenkt werden. 10 Sekunden später wird er automatisch wieder hochgefahren.

Der Kläger hat behauptet, am.04.2002 habe sich seine Ehefrau mit dem genannten Fahrzeug in der ~straße hinter einem Bus befunden, der angehalten habe. Als der Bus mit Schrittgeschwindigkeit weitergefahren sei, sei auch seine Ehefrau weiterfahren. Plötzlich habe sie unter dem Fahrzeug einen starken Schlag gespürt, der vom Poller verursacht worden sei und sein Fahrzeug an der Unterseite beschädigt habe. Kurz vor dem Schlag habe seine Ehefrau, die ein Geschäft in der ~straße habe aufsuchen wollen und deshalb zum Einfahren in die ~straße berechtigt gewesen sei, den Poller nicht wahrgenommen. Die Höhe des Schadens belaufe sich auf 2.132,49 € (= 1.917,- € Reparaturkosten + 195,49 € Abschleppkosten + 20,- € pauschale Kosten).

Die Beklagte hat den Unfallhergang sowie die Schadenshöhe bestritten und sich darauf berufen, dass die Ehefrau des Klägers zum Befahren der ~straße nicht berechtigt gewesen sei. Jedenfalls aber treffe sie eine überwiegende Mithaftung. Der behauptete Schaden wäre nicht entstanden, wenn die Ehefrau mit Schrittgeschwindigkeit gefahren wäre.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M. (Ehefrau des Klägers) und R.. Es hat sodann durch das am 20.11.2003 verkündete Urteil - Az. 4 O 118/03 - die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von 1.066,24 € nebst Zinsen verurteilt. Es hat den Unfallhergang auf Grund der Bekundungen der Zeugin M., die es für glaubhaft gehalten hat, als bewiesen angesehen und ausgeführt, dass die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darin liege, dass die Beklagte eine nicht genügend gesicherte Verkehrsanlage geschaffen habe. Der Kläger müsse sich jedoch ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen, weil seine Ehefrau das Hinweisschild "Vorsicht Poller" nicht beachtet habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie die völlige Abweisung der Klage erreichen möchte. Sie ist der Ansicht, dass der Poller nicht nachweislich die Schadensursache gewesen sei (Bl. 94 d.A.). Die Ausführungen zum elektromagnetischen Sicherheitssystem im Tatbestand des angefochtenen Urteils seien verfahrensfehlerhaft, weil dies von keiner Partei vorgetragen worden sei (Bl. 93 ff d.A.). Die Zeugin M. sei entgegen der Ansicht des Landgerichts im höchsten Maße unglaubwürdig, weil sie hartnäckig an ihrer Falschaussage, dass im Unfallzeitpunkt das Schild "Anlieger frei" angebracht gewesen sei, festgehalten habe. Der streitgegenständliche Unfall sei allein von der Ehefrau des Klägers verschuldet worden, die die ~straße nicht hätte befahren dürfen. Gegenüber einem unbefugten Benutzer aber sei die Beklagte nicht verkehrssicherungspflichtig.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und bringt vor, dass das Landgericht im Termin auf das elektromagnetische Sicherheitssystem hingewiesen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

A. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO), noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine andere Entscheidung.

Die Beklagte ist dem Kläger gemäß § 839 BGB i.V. mit Art. 34 GG und § 9 des Saarländischen Straßengesetzes zum Ersatz des entstandenen Sachschadens, dessen Höhe nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts im Berufungsverfahren außer Streit steht, verpflichtet.

1. Gemäß § 9 Abs. 3a SaarlStrG sind dem Träger der Straßenbaulast die sich aus der Überwachung der Verkehrssicherheit der öffentlichen Straßen ergebenden Aufgaben als Amtspflicht in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit übertragen. Demnach obliegt es dem Träger der Straßenbaulast in Erfüllung dieser Amtspflicht, die Straße in einem hinreichend sicheren Zustand zu erhalten und in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die zur Herbeiführung und Erhaltung eines für die Benutzer hinreichend sicheren Zustandes erforderlich sind. Zwar ist keine absolute Gefahrlosigkeit herzustellen. Dennoch sind im Einzelfall alle diejenigen Gefahren auszuräumen und erforderlichenfalls vor ihnen zu warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzustellen vermag (BGH, VersR 1979, 1055, NJW 1985, 1076; Palandt/Thomas, BGB, 63. Aufl., § 823 Rdn. 221).

2. Allerdings hat die verkehrssicherungspflichtige Körperschaft mit dem bloßen Aufstellen eines absenkbaren Betonpollers kein Verkehrshindernis i. S. des § 32 StVO geschaffen, weshalb allein in dem Aufstellen des Betonpollers noch keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht erblickt werden kann (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1999, 753, 753; vgl. Saarbrücken OLGR 2004, 177 zum Aufstellen eines nicht versenkbaren Pollers zur Abgrenzung von Parkraum). Dennoch stellt eine funkelektronisch zu steuernde Absperrvorrichtung eine besondere Gefahrenquelle im Straßenraum dar. Die Gefahr resultiert zum einen daraus, dass der Poller in abgesenktem Zustand für die Benutzer der Straße nur schwer erkennbar ist. Diese Gefahr besteht in gesteigertem Maße, wenn sich der Poller - wie im vorliegenden Fall aus den beigefügten Lichtbildern zu ersehen - nicht aus einem glatten Teerbelag, sondern aus einer mit Pflastersteinen belegten inhomogenen Straßendecke erhebt, deren Oberflächenbeschaffenheit sich dem fließenden Verkehr nicht leicht erschließt. Zum andern birgt der Poller, der sich mitten auf der Fahrbahn befindet, ein erhebliches Schadenspotential für den fließenden Verkehr. Diese Gefahren rechtfertigen es, an den Straßensicherungspflichtigen besonders hohe Anforderungen zu stellen, damit diese Gefahrenquelle beherrscht werden kann (OLG Hamm, NJW-RR 1999, 754).

Insbesondere genügt es zur Herstellung eines verkehrssicheren Zustandes nicht, durch Aufstellen von Verkehrszeichen auf den Poller hinzuweisen. Denn diese Maßnahme ist nicht geeignet, den genauen Standort des Pollers zu signalisieren. Auch versagt die in einer Beschilderung bestehende Sicherungsmaßnahme dann, wenn der Poller - so das Landgericht - im toten Winkel eines heranfahrenden Fahrzeugs ausgefahren werden kann. Vielmehr ist der Verkehrssicherungspflichtige gehalten, ergänzend durch geeignete technische Mittel zu verhindern, dass der Poller auch dann ausgefahren wird, wenn sich ein Fahrzeug unmittelbar über dem Poller oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet. Diesen Anforderungen hat die Beklagte, die nach unangegriffenen Feststellungen hinsichtlich der ~straße in verkehrssicherungspflichtig war bzw. ist, nicht genügt.

3. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat die Beklagte keine hinreichenden technischen Vorkehrungen getroffen, die ein plötzliches, von in unmittelbarer Nähe befindlichen Verkehrsteilnehmern unbemerktes Hochfahren des Pollers verhindert hätte.

a) Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Poller mit einem Sicherungssystem ausgestattet gewesen sei. Dieses System gewährleiste ein Absenken des Pollers, wenn sich ein Fahrzeug dem Poller bis auf 50 cm nähere. Dennoch könne es diese technische Funktion nicht verhindern, dass der Poller im toten Winkel eines sich nähernden Fahrzeugs ausgefahren werde.

b) Diese Feststellungen werden von der Berufung nicht in verfahrensrelevanter Weise angegriffen. Es kann dahinstehen, ob die als gerichtsbekannte Tatsachen (§ 291 ZPO) in die erstinstanzliche Entscheidung eingeflossenen Feststellungen zum etwaig vorhandenen elektronischen Sicherheitssystem verfahrensfehlerhaft getroffen sind, weil dies von den Parteien nicht vorgetragen worden sei (so die Rüge der Beklagten, Bl. 93 f d.A.). In jedem Fall legt die Berufung nicht dar, inwieweit die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensfehler beruht (§ 513 Abs. 1 ZPO). Hätte das Landgericht mit der Berufungsrüge die Ausführungen zum vorhandenen Sicherungssystem außer Betracht lassen müssen, so wäre der Schluss auf die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht erst recht gerechtfertigt. Denn die Beklagte legt nicht dar, irgendeine konkrete elektronische Sicherungsmaßnahme ergriffen zu haben, die geeignet gewesen wäre, ein plötzliches Hochfahren des Pollers zu verhindern.

4. Soweit das Landgericht die Beschädigung des Fahrzeugs des Klägers durch den automatisch hochfahrenden Poller nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als bewiesen erachtet hat, ist der Senat gem. § 529 Abs. 1 ZPO an die erstinstanzlichen Feststellungen gebunden, da die Feststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen worden sind und keine Anhaltspunkte erkennbar sind, die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen wecken.

a) Das Landgericht stützt sich auf die Bekundungen der Zeugin M., der Ehefrau des Klägers. Diese Zeugin hat ausgesagt, nach dem Anfahren des Busses langsam hinter diesem in einem Abstand von 2 - 3 Metern hergefahren zu sein und nach kurzer Fahrtstrecke plötzlich einen Schlag verspürt zu haben. Sie sei stehen geblieben und habe sich die Schadensursache nicht erklären können, als eine am Unfallort anwesende Frau ihr erklärt habe, dass die Ursache der Poller gewesen sei, der hochgefahren sei (Bl. 40 d.A.). Nach dieser Aussage bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Beschädigung durch den Poller verursacht worden ist, zumal die Zeugin etwa eine Woche später (Bl. 42 d.A.) die Unfallstelle aufgesucht, Fotos von der Unfallstelle gemacht und hierbei an der früheren Unfallstelle den hochgefahrenen Poller festgestellt hat.

b) Entgegen der Auffassung der Berufung ist die Glaubwürdigkeit der Zeugin nicht deshalb zweifelhaft, weil die Zeugin an ihrer - im Ergebnis unzutreffenden - Aussage "hartnäckig" festgehalten habe, dass am Unfalltag das Schild "Anlieger frei" angebracht gewesen sei.

Dass die Aussage der Zeugin hinsichtlich des aufgestellten Verkehrsschildes nicht der Wahrheit entsprochen hat, ist durch den Zeugen R. bewiesen. Wenn das Landgericht gleichwohl zur Überzeugung gelangt ist, dass die Zeugin insoweit einem Irrtum erlegen ist, der ihre Glaubwürdigkeit im Übrigen nicht in Frage stellt, ist dies nicht zu beanstanden. Denn ein nachgewiesener Irrtum hinsichtlich eines Aussagedetails stellt nicht zwangsläufig die Glaubhaftigkeit der gesamten Aussage in Zweifel. Ein derart weitreichender Rückschluss ist insbesondere dann verfehlt, wenn der Irrtum situationsadäquat plausibel und nachvollziehbar erscheint.

Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen: Es leuchtet ohne weiteres ein, dass ein Kraftfahrer, der an einem Ständer mit einer Reihe übereinander angeordneter Verkehrsschilder bzw. Hinweistafeln vorbeifährt, die Begriffe "Anwohner" und "Anlieger" leicht verwechseln kann. Hinzu kommt, dass nicht jeder Verkehrsteilnehmer den subtilen Unterschied zwischen den Begriffen "Anwohner" und "Anlieger" auf Anhieb erkennt und dass ihm eher der Begriff "Anlieger frei" geläufig ist. Fehlen in einer solchen Aussagesituation - wovon das Landgericht entgegen der Auffassung der Berufung mit Recht ausgegangen ist - verlässliche Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin bewusst die Unwahrheit gesagt hat, bietet der Irrtum in einem eher untergeordneten Aussagedetail keine tragfähige Grundlage dafür, den Kerngehalt der Aussage in Zweifel zu ziehen.

5. Ohne Erfolg wendet die Berufung ein, gegenüber der Zeugin M. habe deshalb keine Verkehrssicherungspflicht bestanden, weil die Zeugin M. auf Grund des für sie geltenden Durchfahrverbotes durch die ~straße unberechtigte Benutzerin gewesen sei. Zwar ist es im Ausgangspunkt zutreffend, dass dem Eigentümer bzw. dem Sicherungspflichtigen die Sicherung des unbefugten Verkehrs nicht schlechthin obliegt. Gleichwohl ist es in der Rechtsprechung ebenso anerkannt, dass es hiervon eine Reihe von Ausnahmen bzw. Modifikationen gibt. So bleibt die Verkehrssicherungspflicht auch gegenüber unberechtigten Benutzern insbesondere dann bestehen, wenn der Verkehrssicherungspflichtige eine besondere Gefahrenlage geschaffen hat (z.B. steil abfallender Abhang an einem Autobahnparkplatz, BGH, VersR 1966, 562 [563 li. Sp.]). Auch dann, wenn der Verkehrssicherungspflichtige mit einer naheliegenden bestimmungswidrigen Nutzung rechnen muss, kann er sich nicht entlasten (BGH, VersR 1965, 515 [re. Sp.]; OLG Celle, NJW-RR 1995, 984 [re. Sp.]; LG Aachen, VersR 1974, 682 [683 li. Sp.]; zur einer erweiterten Haftung gegenüber Kindern: BGH, NJW 1980, 1745 [1746 li. Sp.]; BGH, VersR 1989, 155 [156 re. Sp. f]; OLG München, VersR 1988, 961 [re. Sp.]; vgl. hierzu im Einzelnen Staudinger/Hager, Kommentar zum BGB, 13. Auflage, § 823, Rdnr. E 42 ff; MünchKomm(BGB)/Wagner, 4. Aufl., § 823 Rdnr. 260, jeweils m.w.N.).

Im Streitfall kommt dem Gesichtspunkt Bedeutung zu, dass eine bestimmungswidrige Nutzung nach Lage der Dinge nicht ganz fern gelegen hat. Erfahrungsgemäß werden Straßen, für die - wie hier - ein Durchfahrverbot besteht, das Ausnahmen hiervon ausdrücklich zulässt, auch von unberechtigten Benutzern in Kenntnis des für sie bestehenden Verbotes benutzt. Hinzu kommt, dass auch mit solchen Benutzern gerechnet werden muss, die sich - wenn auch irrtümlich - für nutzungsberechtigt halten. Liegt somit aber eine bestimmungswidrige Benutzung nicht ganz fern, löst schon die Erkennbarkeit einer konkreten Gefährdung, die hier auf Grund der Automatik des Hochfahrens des Pollers gegeben war, die Pflicht des Verkehrssicherungspflichtigen zum Einschreiten aus (BGH, VersR 1989, 155 [157]).

6. Steht nach alldem fest, dass der Schaden durch eine objektive Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verursacht worden ist, so besteht kein Anlass, die subjektive Verantwortlichkeit der Beklagten in Zweifel zu ziehen (zur Darlegungs- und Beweislast: Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl., § 823 Rdn. 54). Das in der Betriebsweise der Poller begründete Gefahrenpotenzial lag für die Beklagte bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt ohne weiteres auf der Hand, weshalb sie bereits bei der Installation des Pollers Veranlassung sehen musste, der Gefahr durch geeignete Maßnahmen vorzubeugen oder von einer Installation des Pollers abzusehen. Auch die Berufung der Beklagten zeigt keine konkreten Umstände auf, die die subjektive Verantwortlichkeit der Beklagten zweifelhaft erscheinen lassen.

7. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Mitverschulden der Ehefrau des Klägers nicht derart schwerwiegend, dass es zur einer vollständigen Entlastung der Beklagten führen könnte. Es ist mit 50 % jedenfalls nicht zum Nachteil der Beklagten unangemessen bewertet. Ein höhere Mithaftung ist nicht gerechtfertigt, da das unberechtigte Befahren der Straße als solche den Haftungsanteil der Verkehrssicherungspflichtigen nicht überwiegt und der Gesichtspunkt, die Zeugin M. hätte den Zusammenstoß vermeiden können, wenn sie genauer nach dem Poller Ausschau gehalten hätte, nicht bewiesen worden ist. Der Senat ist an die diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichts nicht gebunden, da die Feststellungen nicht widerspruchsfrei begründet worden sind und konkrete Anhaltspunkte Zweifel an ihrer Richtigkeit wecken (§ 529 Abs. 1 ZPO). Denn das Landgericht zeigt in anderem Zusammenhang die Möglichkeit auf, dass der Poller im toten Winkel der Zeugin ausgefahren sein kann. Trifft diese Vermutung zu, hätte die Zeugin die Gefahr auch bei größerer Aufmerksamkeit nicht rechtzeitig bemerken können (zur Kasuistik: OLG Hamm, NJW-RR 1999, 753, das die Mitverschuldensquote in einem vergleichbaren Sachverhalt mit einem Drittel bemisst).

8. Steht die Haftung der Beklagten mithin aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG fest, so kann es im Ergebnis dahinstehen, ob der Anspruch - so das Landgericht - ergänzend auch aus §§ 68 ff. des Saarländischen Polizeigesetzes hergeleitet werden kann (vgl. hierzu OLG Köln, VersR 2004, 474 und OLG Düsseldorf, VersR 1997, die das Hochfahren und Absenken von automatisch gesteuerten Pollern, die bestimmte Straßenbereiche absperren, als ordnungsbehördliche Maßnahmen gem. § 39 Abs. 1b OBG NW ansehen).

B. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO. Gegen die Nichtzulassung der Revision ist die Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 544 Abs. 1 ZPO nicht statthaft, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000,- € nicht übersteigt, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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